Meine Reise ins Unvertraute

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Benutzeravatar
Momo
Liebt es sich mitzuteilen
Beiträge: 975
Registriert: 25 Feb 2016 22:02

Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Momo »

Dieser Beitrag ist etwas ungewohnt für mich, weil es mir nur darum geht, meine Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse zu ordnen und zu teilen. Ich habe weder eine Frage, noch brauche ich Ratschläge oder Tipps.
Über Reaktionen und Erfahrungsberichte ähnlicher oder anderer Abenteuer würde ich mich trotzdem freuen.

Anfang letztes Jahr hat sich für mich das Ziel verfestigt, ins Ausland zu gehen. Genauer nach Irland.
Ich spreche gut englisch, habe also sprachlich wenig Probleme erwartet und mich hat die Mythologie und Musik schon lange fasziniert, aber letztendlich war Irland schlicht der Ort, wo es mich hinzog.
Und ich wollte nicht als Touristin dort hin, weil das zum einen für längere Zeit zu teuer geworden wäre und, viel wichtiger, einem weit weniger Einblick in das Leben dort gibt. Und ich wollte raus, etwas Neues erleben, ich wollte wieder eine Aufgabe haben, ich wollte mich selbst herausfordern, ich wollte herausfinden, ob ich dort leben wollen könnte.
Also habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht und bin dabei auf Workaway gestoßen. Die Seite bringt Menschen, die reisen und helfen wollen, mit Hosts in aller Welt zusammen, die gegen 20-25 Stunden Arbeit pro Woche Unterkunft und Verpflegung bereit stellen.
Eigentlich wollte ich schon letztes Jahr hin, aber da kam mir Omikron in die Quere.
Das hat mich psychisch mehr mitgenommen, als ich mir selbst eingestehen wollte. Und als wahrscheinlich gesund ist, dafür, dass ich so viel Hoffnung an diese eine Sache gehängt hatte.

Statt "nach Corona" wie erst gedacht, habe ich dann entschieden, es dieses Jahr nachzuholen.
Ich habe gerade keine eigene Wohnung, keinen Job und kein Haustier. Das machte "Jetzt" zu einem relativ guten Zeitpunkt, um zu reisen, zumal ich alle drei Punkt relativ zeitnahe ändern will.
Finanziell war der Zeitpunkt definitiv nicht ideal, aber ich wollte nicht viel mehr Geld ausgeben, als für die Reisen Hin und Zurück sowie innerhalb von Irland. Und da habe ich darauf vertraut, dass es reichen würde.

Nachdem ich es wochelang nicht geschafft habe, tatsächlich Leute anzuschreiben, ist es mir in der letzten Juliwoche endlich gelungen. Eine Woche vor dem Zeitpunkt, zu dem ich ungefähr abreisen wollte...
Und habe entweder Absagen oder direkt gar keine Antwort erhalten. Für den August habe ich nichts mehr gefunden. Was mich wiederum ziemlich runtergezogen hat.
Ich hab fast aufgeben, hatte aber immer noch den September und den Oktober, bevor meine Mitgliedschaft auf der Seite auslief. Die Zeit wollte ich mir noch lassen.
Und dann habe ich in der letzten Augustwoche eine positive Antwort bekommen! Ein Paar, das nach jemandem gesucht hat, der die sehr bewegungseingeschränkte Mutter der Frau unterstützt und ihr Gesellschaft leistet, sowie im Haushalt hilft.
Ich hab ein kurzes Skypegespräch geführt, wir waren uns einig und ich hab meine Reise gebucht, auch wenn mir gefühlt noch hunderte Dinge unklar waren.

Mein Hinflug war dann am 11. September.

Ich musste mich erst mal zurechtfinden, war immer wieder überfordert und hatte immer wieder auch mit den Gedanken zu kämpfen, dass ich meine Aufgaben nicht gut genug erledige, dass ich zu wenig mache, dass ich nicht dorthin passe, dass ich zu still bin, zu wenig zum Gespräch beizutragen habe, ob der Mann wirklich nicht mehr sauer ist, nachdem mir versehentlich einer der Hunde in den Hühnerauslauf mit reingeschlüpft war...
Selbstwertprobleme und soziale Ängste halt.
Aber allgemein habe ich mich dort wohl gefühlt. Ich konnte die Haustiere knuddeln, war regelmäßig draußen unterwegs, hatte meine Aufgaben, die dem Tag genug Struktur gegeben haben und war froh darüber, in Irland zu sein.
Irgendwie ist es schon erstaunlich, wie sehr so etwas völlig Neues zum gewohnten "Jetzt und Hier" werden kann.
Die letzten paar Tage war ich dann alleine mit der Mutter im Haus. Und wie es nicht anders kommen konnte, am Samstag habe ich sie noch oben im Flur rufen hören und habe sie dann unten im Wohnzimmer auf dem Boden gefunden. Sie war gestürzt.
Sie hat nur noch in holländisch geredet und ich habe nicht verstanden, was sie mir sagen wollte, den Anruf von einer Art Notdienst, den sie mit einem Panik-Button aktiviert hatte, konnte ich aus irgendeinem Grund nicht annehmen und wusste erst mal nicht, was ich tun sollte. Zum Glück war der Sohn mit seiner Frau auf dem Grundstück in einem Mobilheim. Die beiden habe ich dann geholt und sie haben sich darum gekümmert, die richtigen Leute. Der Krankenwagen hat letztendlich anderthalb Stunden gebraucht!
Nachdem sie nicht ins Krankenhaus wollte, der Krankenwagen wieder weggefahren ist, alles fürs erste geklärt und ich alleine im Raum war, hab ich mich erst mal auf ein Sofa gesetzt und angefangen zu weinen. Ich war so überfordert. Normalerweise hätte ich mich in mein Zimmer verzogen, aber diesmal irgendwie nicht und die anderen haben es mitgekriegt und mir geholfen, mich wieder zu beruhigen.
Es war ein sehr anderer Ablauf die letzten zwei Tage...

Ich wäre eigentlich gerne länger geblieben, nach drei Wochen hatte ich gerade mal das Gefühl, richtig angekommen zu sein und mich endlich zurecht zu finden.
Aber das ging leider nicht, also musste ich weiter und hatte dafür auch eine Woche vorher gerade noch so (das war meine selbstgesetzte Frist, andernfalls hätte ich meinen Rückflug gebucht) einen weiteren Host gefunden.

Dies Mal ein Paar mit einer Farm direkt am Meer im Süden. Ich sollte die Frau im Haushalt unterstützen, weil sie ihr Knie nach einer Operation schonen sollte.
Am ersten Abend wurde ich auch sehr herzlich begrüßt. Hab mit dem Hüte-/Wachhund alles richtig gemacht und sie hat mich direkt akzeptiert.
Allerdings habe ich auch gefragt, was genau denn meine Aufgaben wären, aber erst mal nur zur Antwort bekommen; "Wenn du etwas siehst, was gemacht werden muss, dann mach es."
Kein gutes Zeichen. Aber ich vertraute darauf, dass sich das noch klären würde. Es war ja erst der erste Abend und ich ging davon aus, dass sie mir die Zeit geben würden, mich einzugewöhnen.
Aber das war nicht wirklich vorgesehen.
In den nächsten zwei Tagen habe ich versucht, das zu navigieren. Ein paar klare Aussagen habe ich schon gekriegt, aber dann war da noch ihre unterschwellige Abwehr dagegen, Hilfe anzunehmen, ihre genervten Seufzer, wenn ich ihre Gedanken nicht lesen konnte und sie schon das Geschirr wegräumte, während ich noch am Tisch saß und mich mit ihrem Mann unterhalten habe, sie sich aber eine Aufgabe erst recht nicht mehr abnehmen lassen wollte, wenn sie schon angefangen hatte, das ständige "Korrigieren" mit demselben genervten Seufzer, wenn ich mal etwas nicht genau so gemacht habe, wie sie es erwartet hat.
Ihre Stimmung wurde immer schlechter, aber die Spannung blieb erst mal unausgesprochen. Bis ich dann etwas Dreck aus dem Garten mit reingebracht habe. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, dann wird das halt beim nächsten Fegen mit weggefegt.
Aber nein, da ist sie dann richtig sauer geworden. Ich sei doch da, um zu helfen, nicht um ihr mehr Arbeit zu machen, überhaupt sei das eine Respektlosigkeit, dass nicht direkt wegzufegen und ich sei doch eine erwachsene Frau, ich sollte wissen, wie man einen Haushalt führt...
Nevermind, dass es die Küche in einem Farmhaus war, an einem Ort, wo es jeden Tag geregnet hat, und die Katzen, der Hund und der Ehemann mit seinen dreckigen Stiefeln ein- und ausgegangen sind, ohne sich um den Dreck zu scheren, den sie mit reinbringen. Oder dass ich keine Ahnung habe, wie sie ihren Haushalt führt, weil ich mich generell wenig darum schere, "wie sich das gehört" und abgesehen davon keine Gedanken lesen kann.
Mit der Zeit habe ich immer mehr rausgefunden, was genau sie wollte, aber dadurch, dass ich den ganzen Tag über - abgesehen von den Spaziergängen draußen (auf denen ich festgestellt habe, dass ich mehr Angst vor Kühen als vor Hunden habe, weil ich Hunde deutlich besser einschätzen kann) - aufmerksam und angespannt sie und ihr Verhalten beobachtet habe, und dann meines angepasst habe, nicht weil sie mir gesagt hätte, was sie von mir erwartet...
Wir sind noch ein zweites Mal aneinander geraten und dann hat es mir gereicht.
Diese ständige Wachsamkeit und zu versuchen bzw. immer wieder daran zu scheitern, unausgesprochenen, diffusen Erwartungen gerecht zu werden, war mir schmerzhaft vertraut, dass wollte ich mir nicht länger antun. Zumal es mir Schlafprobleme beschert hat.
Das bescheuertste daran war, dass sie zum Schluss wieder mehr und freundlicher mit mir geredet hat, mir wieder öfter in die Augen gesehen hat und deutlich weniger enttäuscht wirkte. Wir hätten uns aufeinander einstellen können, wenn sie weniger starr in ihren Vorstellungen gewesen wäre, mir mehr Raum zum Eingewöhnen gegeben und sich nicht geweigert hätte, ihre Erwartungen zu kommunizieren...

Ich bin nur sechs Tage geblieben.
Glücklicherweise hatte sich verspätet ein anderer Host gemeldet, dem ich zwei Wochen vorher geschrieben hatte. So musste ich nur drei Nächte in einem Hostel in Cork überbrücken, bevor ich dorthin konnte, statt nach Deutschland zurück zu fliegen.
Zwei Tage als Tourist unterwegs zu sein war auch nicht schlecht, hat mir dann aber auch schon wieder gereicht.

Als nächstes ging es an die Westküste, zu einem Paar, deren Job ihre Hunde waren. Ihre vielen Hunde, 22 insgesamt, wenn ich mich nicht verrechnet habe, davon 3 Bulldoggen, der Rest Dobermänner. Sie sind an den Wochenenden auf Shows gefahren, wo sie so 7 bis 9 Hunde hin mitgenommen habe, meine Aufgabe war, mich währenddessen um die anderen Hunde und um die Hühner und Enten zu kümmern. Ich dachte ja, ich kann gut mit Hunden umgehen, aber so viele sind dann doch eine Herausforderung.
Unter der Woche hatte ich so gut wie nichts zu tun, was erstmal irritierend war, nachdem ich bei dem vorigen Host quasi den ganzen Tag auf Abruf stand. Aber jedes Mal wenn ich gefragt habe, ob ich helfen kann, haben sie verneint, und es auch so gemeint.
Gleichzeitig hat der Mann aber auch deutlich gezeigt, dass er seeehr viel zu tun hat und ihn das stark beansprucht. Sodass ich nicht entspannt daneben sitzen konnte, während er sich um alles gekümmert hat...
Aber ich hab irgendwann aufgehört zu fragen, ob ich helfen kann.
Generell bin ich gut mit ihnen zurechtgekommen, habe aber abgesehen vom Abendessen und den Absprachen in Bezug auf die Hunde wenig Zeit mit ihnen verbracht. Ich war fast jeden Tag am Meer.
Nach anderthalb Wochen dann hat mich einer der Hunde gebissen.
Die beiden hatten mir gesagt, dass diese Hündin verhaltensauffällig ist, aber dass sie beißen könnte, haben sie nicht erwartet. Der Mann meinte noch, dass Hunde dass mitkriegen, wenn jemand "soft" ist, und dann eher mal Grenzen austesten.
Er hat mir dann Tipps gegeben, wie ich besser mit ihr umgehen kann. Hat aber nicht funktioniert, sie hat mich an einem anderen Tag noch mal gebissen. Und dies Mal hat sie auch nicht so schnell wieder abgelassen. Im Nachhinein hatte ich den Eindruck, sie wollte mich maßregeln, während der Mann versucht hat, es wegzuerklären. Da sei ja noch ein weiterer Hund dabei gewesen, den sie nicht gewohnt war, dass sie eigentlich gar nicht mich erwischen wollte.
Danach war ich dann erst mal sehr unsicher und schreckhaft bei dieser Hündin, was nicht gerade hilfreich ist. Später hat sie noch eine Standuhr umgeschmissen, worauf der Mann ausgerastet ist und nur nicht auf sie losgegangen ist, weil die Frau ihn davon abgehalten hat.
Danach bin ich eine gewisse Anspannung nicht mehr losgeworden. Auch wenn er nie mir gegenüber aggressiv war und die Hündin in einen der Käfige kam, sodass ich sie immer mit Gitter dazwischen rauslassen und füttern konnte.
So war ich dann auch froh, als die Zeit dort um war.
Am liebsten hätte ich die Hündin, die mich gebissen hat, und einen der Rüden, mit dem sie sich gut verstand und für den das Paar ein neues Zuhause gesucht hat.
Erstere, weil sie das ganze Umfeld ziemlich stresst, sie mir leid tut und ich glaube, dass sie mir und ich ihr zu vertrauen lernen könnte, letzteren, weil er so anhänglich ist und knuffig und mich immer so erwartungsvoll angeguckt hat.
Ging aber leider nicht.
Ich habe es auch leider versäumt, wenigstens ein paar irische Wörter von der Frau zu lernen, die es noch als Mutterspreche spricht. Aber dafür hatte ich den Kopf nicht frei genug.

Nach insgesamt knapp acht Wochen bin ich dann wieder zurück nach Deutschland gereist.
Und ich wünschte, ich wäre noch in Irland. Schon als ich am Flughafen ankam, habe ich mich zurückgewünscht.
Es ging mir so viel besser dort.
Ich hatte Aufgaben, die meinem Tag Struktur gegeben haben, Haustiere, Meer, Wind... Gute Gespräche. Zumindest hin und wieder.
Was noch fehlte, war ein Ort, wo ich mich zugehörig und Zuhause fühle und Menschen habe, die mir vertraut sind und die Geduld mit mir und meinen Unsicherheiten haben.
Und genug Vertrautheit und Raum, dass ich mich auch wieder dem Schreiben und anderen Projekten widmen könnte.

Ich bin stolz auf mich, dass ich mutig genug war, es zu wagen und so froh, dass es geklappt hat. Ich finde es nicht mal schlimm, dass überall etwas schief gelaufen ist, irgendwie ist das einfach ein Teil der Erfahrung, gar keine so große Sache. Ich habe alles irgendwie geschafft und dabei auch auf mich selbst acht gegeben.
Und ich bin nicht geflohen. Ich wollte wirklich dorthin. Auch wenn meine Ängste und Probleme natürlich mitgekommen sind.
Paradox finde ich irgendwie, dass ich einerseits nicht wirklich Angst davor hatte, in einem fremden Land bei fremden Menschen zu wohnen, oder irgendwo in Irland zu stranden (abgesehen von den 10 Minuten, die ich beim letzten Ort mit schlechtem Empfand im Regen und ohne Unterstand gewartet habe, auf den Mann, von dem ich zu dem Zeitpunkt noch nicht mal wusste, wie er aussieht und dessen Adresse ich nicht wusste), aber andererseits zu sehen, wie wütend jemand werden kann, mein Vertrauen so nachhaltig erschüttert kann. Selbst wenn die Wut nicht mal gegen mich gerichtet war...
Und trotzdem habe ich dem Mann am zweiten Ort auf seine Frage hin gesagt, dass ich unter anderem gelernt/festgestellt habe, dass ich schon besser mit Konflikt umgehen kann, als früher.

Jetzt muss ich entscheiden, wie es weitergehen soll und fühle mich dazu gerade absolut nicht in der Lage. Ich könnte mir vorstellen, dauerhaft in Irland zu leben, vor allem am Atlantik.
Mal schauen, erst mal wieder hier zurechtkommen, und mich nicht wieder in alte Muster zurückziehen lassen.

Wer diesen ganzen langen Beitrag gelesen hat; Danke. Ich hoffe, du konntest irgendetwas daraus mitnehmen.
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.

ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Reinhard
Eins mit dem Forum
Beiträge: 10183
Registriert: 07 Jan 2016 10:53
Geschlecht: männlich
Ich bin ...: verdammt bissig.
Wohnort: Oberpfalz

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Reinhard »

Mutig. :shylove:
Make love not war!
Undomiel

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Undomiel »

Sehr mutig von dir.
Bei mir war es so ähnlich mit dem Reisen. Ich hatte immer eine große Sehnsucht danach, hab es mangels Reisebegleitung aber immer aufgeschoben. Obwohl ich unglücklich damit war. Alleine hab ich mich aber auch nicht getraut. Bis ich mich irgendwann überwunden habe, weil die Sehnsucht zu groß wurde. Als ersten Schritt bin ich mit Reisepartnern verreist, die ich übers Internet gefunden habe, vorher aber nur einmal getroffen habe. Das habe ich dann dreimal gemacht. Anschließend hab ich mich getraut, alleine an einer Gruppenreise teilzunehmen. Für mich waren das unglaublich wertvolle Erfahrungen. Zumal die Reisen auch nicht alle problemlos verliefen. Da merkt man erstmal, dass man entgegen der vorherigen Ängste auch allein damit klar kommt.
Meinem Selbstvertrauen hat es auf jeden Fall gut getan
Meine Therapeutin meinte sogar, dass ich wenn es ums Reisen geht fast eine zweite Persönlichkeit habe, viel wagemutiger, abenteuerlustiger, selbstbewusster etc. als im Alltag.
katebe
Kennt sich hier gut aus
Beiträge: 117
Registriert: 21 Mai 2022 08:56
Geschlecht: weiblich
AB-Status: Softcore AB
Ich bin ...: nur an Frauen interessiert.

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von katebe »

Großen Respekt dafür, dass du dich so ein Abenteuer getraut hast. Ich hoffe für dich, dass davon noch lange zehren kannst. Eine Sache interessiert mich aber:
Momo hat geschrieben: 11 Nov 2022 19:52 Ich hatte Aufgaben, die meinem Tag Struktur gegeben haben, Haustiere, Meer, Wind... Gute Gespräche.
Genau das kannst du hier in Deutschland auch haben, wenn du dir einen entsprechenden Wohnort suchst, ein Haustier aufnimmst und arbeiten gehst, warum also Irland?
Benutzeravatar
Kisuli
Kennt sich hier gut aus
Beiträge: 186
Registriert: 15 Jun 2016 13:38
Geschlecht: weiblich
AB-Status: AB Vergangenheit
Ich bin ...: unfassbar.
Ich suche hier ...: nur Austausch.

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Kisuli »

Ein schöner Bericht mitten aus dem Leben, danke dafür!

Ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht, also im Rahmen von Auslandsaufenthalten Zeit bei lokalen Familien verbracht und/oder gearbeitet. Ich habe einiges gelernt und es gab immer wieder Positives, letztlich musste ich mir aber auch wiederholt eingestehen, dass man die eigenen Fehler und Schwächen überall mit hin nimmt und sich durch so eine Reise ins Ungewisse bei mir zumindest keine dauerhafte Charakterentwicklung ergibt. Gute, langfristige zwischenmenschliche Kontakte sind leider nie entstanden, auch wenn ich mir das gewünscht hätte. Stressbehaftete Situationen, ähnlich wie du sie schilderst, sind bei mir auch immer wieder passiert und wecken noch viele Jahre später ein gewisses Unwohlsein und Selbstzweifel bei mir.

Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass du die Zeit und Erfahrungen auf deine Weise gut für dich nutzen kannst!
Benutzeravatar
Mannanna
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 5093
Registriert: 16 Jun 2013 05:37
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: unfassbar.
Wohnort: im Moment Europa

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Mannanna »

Momo hat geschrieben: 11 Nov 2022 19:52 Anfang letztes Jahr hat sich für mich das Ziel verfestigt, ins Ausland zu gehen. Genauer nach Irland.

Jetzt muss ich entscheiden, wie es weitergehen soll und fühle mich dazu gerade absolut nicht in der Lage. Ich könnte mir vorstellen, dauerhaft in Irland zu leben, vor allem am Atlantik.
Ich habe fast 2,5 Monate in Irland zugebracht. Nahe der Westküste am Mouth of the Shannon.
Die Steilküste bei Kilkee... :shylove: https://de.images.search.yahoo.com/yhs/ ... urebrowser

Wenn du ernsthaft einen Umzug in Betracht ziehst, bedenke: Die Bezahlung für die meisten Jobs ist recht lausig und die Versicherei bzgl. Rente, Gesundheitssystem und sowas läuft anders als hierzulande (Ich hatte eine Bekannte in Dublin, die halt auch hingezogen war...)
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe. (Descartes)

"Man will immer, was man nicht hat, und wenn man's hat, ist's langweilig" (Rainald Grebe, "Krümel")
Benutzeravatar
Momo
Liebt es sich mitzuteilen
Beiträge: 975
Registriert: 25 Feb 2016 22:02

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Momo »

Undomiel hat geschrieben: 11 Nov 2022 20:40Für mich waren das unglaublich wertvolle Erfahrungen. Zumal die Reisen auch nicht alle problemlos verliefen. Da merkt man erstmal, dass man entgegen der vorherigen Ängste auch allein damit klar kommt.
Ja, das war auch meine Erfahrung :)
Meine Therapeutin meinte sogar, dass ich wenn es ums Reisen geht fast eine zweite Persönlichkeit habe, viel wagemutiger, abenteuerlustiger, selbstbewusster etc. als im Alltag.
Interessant. War das auch dein Eindruck?
Und konntest du im Nachhinein etwas davon auch in deinen Alltag mitnehmen?
katebe hat geschrieben: 12 Nov 2022 19:13
Momo hat geschrieben: 11 Nov 2022 19:52Ich hatte Aufgaben, die meinem Tag Struktur gegeben haben, Haustiere, Meer, Wind... Gute Gespräche.
Genau das kannst du hier in Deutschland auch haben, wenn du dir einen entsprechenden Wohnort suchst, ein Haustier aufnimmst und arbeiten gehst, warum also Irland?
Du hast recht, das gibt es alles auch in Deutschland und anderswo.
Aber irgendwie zieht es mich gerade nach Irland. Die Landschaft und die Mentalität dort sind anders und ich habe den Eindruck, ich passe dort besser hin als hier.
Klar, ich hab nur einen kleinen und wahrscheinlich auch irgendwie einseiten Einblick gekriegt, kann mich also täuschen...
Kisuli hat geschrieben: 12 Nov 2022 20:00Ich habe einiges gelernt und es gab immer wieder Positives, letztlich musste ich mir aber auch wiederholt eingestehen, dass man die eigenen Fehler und Schwächen überall mit hin nimmt und sich durch so eine Reise ins Ungewisse bei mir zumindest keine dauerhafte Charakterentwicklung ergibt.
Hm... Hast du dich in der Zeit denn nicht weiterentwickelt und gelernt?
Ich meine, mich hat allein die Tatsache, dass ich es wirklich durchgezogen habe, gefühlt schon einen riesigen Schritt weitergebracht.
Stressbehaftete Situationen, ähnlich wie du sie schilderst, sind bei mir auch immer wieder passiert und wecken noch viele Jahre später ein gewisses Unwohlsein und Selbstzweifel bei mir.
Das ist schade.
Woran liegt dass denn, dass sie dir immer noch so nachhängen?
Mannanna hat geschrieben: 13 Nov 2022 15:11Ich habe fast 2,5 Monate in Irland zugebracht. Nahe der Westküste am Mouth of the Shannon.
Die Steilküste bei Kilkee... :shylove: https://de.images.search.yahoo.com/yhs/ ... urebrowser
Ich war am Ende etwas weiter südlich auf der Halbinsel Dingle, hat ne sehr ähnliche Landschaft :shylove:
Wenn du ernsthaft einen Umzug in Betracht ziehst, bedenke: Die Bezahlung für die meisten Jobs ist recht lausig und die Versicherei bzgl. Rente, Gesundheitssystem und sowas läuft anders als hierzulande (Ich hatte eine Bekannte in Dublin, die halt auch hingezogen war...)
Oh, ja, dass es kompliziert werden würde, weiß ich. Allein, dass es gerade eine housing crisis gibt...
Aber damit beschäftige ich mich näher, wenn ich entscheidungsfähiger bin.
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.
Benutzeravatar
Mannanna
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 5093
Registriert: 16 Jun 2013 05:37
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: unfassbar.
Wohnort: im Moment Europa

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Mannanna »

Momo hat geschrieben: 13 Nov 2022 16:47
Mannanna hat geschrieben: 13 Nov 2022 15:11Ich habe fast 2,5 Monate in Irland zugebracht. Nahe der Westküste am Mouth of the Shannon.
Die Steilküste bei Kilkee... :shylove: https://de.images.search.yahoo.com/yhs/ ... urebrowser
Ich war am Ende etwas weiter südlich auf der Halbinsel Dingle, hat ne sehr ähnliche Landschaft :shylove:
Ring of Kerry habe ich auch abgefahren. Aber oben Galway und Connemara haben mir noch besser gefallen. Da habe ich auch kurz überlegt, ob ich nicht hinziehen sollte...
btw: Ich war knapp 2,5 Jahre in Irland, nicht Monate. :oops:
Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, daß er genug davon habe. (Descartes)

"Man will immer, was man nicht hat, und wenn man's hat, ist's langweilig" (Rainald Grebe, "Krümel")
Benutzeravatar
Karlsson
Keiner schreibt schneller
Beiträge: 3467
Registriert: 05 Apr 2016 15:27
Geschlecht: männlich
AB-Status: AB
Ich bin ...: nur an Frauen interessiert.
Wohnort: Auf dem Dach

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Karlsson »

Ja, Irland war für mich auch mal ein Thema. Ich war dort für ca. 2 Monate, südlich im County Cork. Killarney ist auch sehr schön... :daumen:
https://www.bing.com/images/search?q=Ki ... HoverTitle

Am liebsten waren mir ja die alten Leute. Immer freundlich und wollen Smalltalk halten. Da sie meistens die alte gälische Sprache pflegen, versteht man sie halt nur schlecht.
Hygge/Kalsarikännit

Musik kann vielleicht nicht die Welt retten, aber Deine Seele
Benutzeravatar
Kisuli
Kennt sich hier gut aus
Beiträge: 186
Registriert: 15 Jun 2016 13:38
Geschlecht: weiblich
AB-Status: AB Vergangenheit
Ich bin ...: unfassbar.
Ich suche hier ...: nur Austausch.

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Kisuli »

Momo hat geschrieben: 13 Nov 2022 16:47
Kisuli hat geschrieben: 12 Nov 2022 20:00Ich habe einiges gelernt und es gab immer wieder Positives, letztlich musste ich mir aber auch wiederholt eingestehen, dass man die eigenen Fehler und Schwächen überall mit hin nimmt und sich durch so eine Reise ins Ungewisse bei mir zumindest keine dauerhafte Charakterentwicklung ergibt.
Hm... Hast du dich in der Zeit denn nicht weiterentwickelt und gelernt?
Ich meine, mich hat allein die Tatsache, dass ich es wirklich durchgezogen habe, gefühlt schon einen riesigen Schritt weitergebracht.
Gelernt und gesehen und gemacht natürlich schon einiges. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, mich dadurch von der Persönlichkeit nicht nennenswert zum Positiven verändert zu haben. Ich bin nach wie vor introvertiert, sehr ruhig, tue mir schwer, Kontakte zu schließen etc. Viele Leute sagen ja, dass sie durch Auslandsaufenthalte zu ganz anderen, viel offeneren Menschen geworden sind. Das war bei mir nicht der Fall. Obwohl es natürlich schon ein gutes Gefühl ist, zu wissen, dass man solche Situationen eigenständig meistern kann.
Momo hat geschrieben: 13 Nov 2022 16:47 Das ist schade.
Woran liegt dass denn, dass sie dir immer noch so nachhängen?
Allgemein schwaches Selbstwertgefühl, denke ich. Anhaltende Traurigkeit und auch Scham darüber, dass ich mit meiner Art nirgends so richtig gut ankomme und mich nirgends zu Hause fühle, trotz der Hoffnungen, die ich teilweise in diese Auslandsaufenthalte gesetzt hatte.
Undomiel

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Undomiel »

Momo hat geschrieben: 13 Nov 2022 16:47
Undomiel hat geschrieben: 11 Nov 2022 20:40 Meine Therapeutin meinte sogar, dass ich wenn es ums Reisen geht fast eine zweite Persönlichkeit habe, viel wagemutiger, abenteuerlustiger, selbstbewusster etc. als im Alltag.
Interessant. War das auch dein Eindruck?
Und konntest du im Nachhinein etwas davon auch in deinen Alltag mitnehmen?
Ich denke schon, dass sie damit nicht verkehrt liegt. Im Urlaub traue ich mir tatsächlich viel mehr zu als im Alltag. Beziehungsweise lasse ich mich von meinen Ängsten nicht (mehr) so zurückhalten. Ich bin auch definitiv unbeschwerter als im Alltag.
Icb stehe gerade erst am Anfang der Therapie, von daher arbeite ich noch daran, davon mehr in den Alltag zu bekommen. Oder wie sie meinte "mehr Abenteuer in den Alltag bringen".
Benutzeravatar
Momo
Liebt es sich mitzuteilen
Beiträge: 975
Registriert: 25 Feb 2016 22:02

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Momo »

Wie es so ist, bin ich schon wieder in ein depressives Loch gefallen und schaffe es mal wieder nicht, ein Gespräch aufrecht zu erhalten.
Es gefällt mir nicht, das hier in diesen Thread zu schreiben, aber noch weniger würde mir gefallen, ihn hier so verwaist stehen zu lassen.
Kisuli hat geschrieben: 13 Nov 2022 17:55Ich bin nach wie vor introvertiert, sehr ruhig, tue mir schwer, Kontakte zu schließen etc. Viele Leute sagen ja, dass sie durch Auslandsaufenthalte zu ganz anderen, viel offeneren Menschen geworden sind. Das war bei mir nicht der Fall. Obwohl es natürlich schon ein gutes Gefühl ist, zu wissen, dass man solche Situationen eigenständig meistern kann.
Hm, dass habe ich so noch nicht oft gehört.
Ich bin auch weiterhin introvertiert, ruhig und zurückhaltend und tue mich nur etwas leichter damit, mit anderen in Kontakt zu kommen. Also vielleicht war unsere Erfahrung gar nicht so verschieden, ich benenne es nur anders als du.
Allgemein schwaches Selbstwertgefühl, denke ich. Anhaltende Traurigkeit und auch Scham darüber, dass ich mit meiner Art nirgends so richtig gut ankomme und mich nirgends zu Hause fühle [...]
Auch das kann ich nachfühlen. Auch wenn es in meinem Fall eher weniger Scham ist. Mittlerweile jedenfalls...
Undomiel hat geschrieben: 13 Nov 2022 18:15Ich bin auch definitiv unbeschwerter als im Alltag.
Icb stehe gerade erst am Anfang der Therapie, von daher arbeite ich noch daran, davon mehr in den Alltag zu bekommen. Oder wie sie meinte "mehr Abenteuer in den Alltag bringen".
Dann wünsche ich dir damit viel Erfolg :vielglueck:
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.
Mit müden Augen
Bringt jede Tastatur zum Glühen
Beiträge: 8851
Registriert: 24 Apr 2015 18:22
Geschlecht: männlich
AB-Status: Hardcore AB
Ich bin ...: nur an Frauen interessiert.

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Mit müden Augen »

Momo hat geschrieben: 28 Nov 2022 03:22Wie es so ist, bin ich schon wieder in ein depressives Loch gefallen
:sadman: :vielglueck:
der Himmel brennt, die Engel fliehen
Benutzeravatar
Momo
Liebt es sich mitzuteilen
Beiträge: 975
Registriert: 25 Feb 2016 22:02

Re: Meine Reise ins Unvertraute

Beitrag von Momo »

Mit müden Augen hat geschrieben: 28 Nov 2022 16:42:sadman: :vielglueck:
Danke :umarmung2:
I want to be a mystery, yet be known
I want to be together, yet alone
Is it too much to ask, to be famous yet unkown?
To be a wanderer, yet have a home?
- Kara Douglas

Ich bin queer.