Das tut mir leid für Dich Aber tatsächlich beruhigt mich das schon fast, dass auch andere damit zu kämpfen haben (bitte nicht falsch verstehen). Ich erkenne mich in deinen Schilderungen leider total wieder - teils werde/wurde ich sogar mit den gleichen Themenfeldern zugemüllt. Da gab es die Freundin in der Schule, deren Familienstammbaum ich hätte irgendwann aufzeichnen können, die bis dato eigentlich fremde Kommilitonin, die mir plötzlich von einem morgendlichen Stromausfall berichtete, den Arbeitskollegen, der mich - Ironie des Schicksals - nach Datingtipps bzw. zum Thema "Frauen klären" fragte oder brandaktuell, den Kollegen/Kommilitonen, der meine beiläufige Bemerkung zu einer ausgefallenen Exkursion während Corona nutzte, um mich nach Feierabend eine geschlagene dreiviertel Stunde mit einem Monolog über Insekten zu erfreuen.Vogel hat geschrieben: ↑25 Okt 2022 21:24 Ich war am Wochenende neue Sportschuhe kaufen. Ich bat den Käufer um Beratung- die bekam ich auch, aber mehr als mir lieb war, einen Vortrag zu den Schuhen, deren Vorzüge und auf was ich alles achten sollte. O.k., dachte ich mir, er ist Verkäufer, es gehört zu seinem Job. Aber wohl fühlte ich mich trotzdem nicht- denn ich erlebe das ständig in verschiedensten Situationen:
Fremde Menschen - und auch bekannte- erzählen mir einfach ungebeten was von ihren Sorgen, Nöten und Gedanken- egal ob es mich interessiert.
- Da wäre die ehemalige Kommilionnin, die mir von ihren Beziehungs- und Alltagssorgen erzählt. Als guter Freund versuche ich aktiv zuzuhören, versuche einfühlsam darauf einzugehen. Doch wenn ich was im Gegenzug zu dem Thema erzähle- dann wird das ignoriert- um sofort wieder auf das eigene Thema zurück zu kommen.
- Da wäre die andere Kommilitonnin, die auf der Suche nach bestimmten beruflichen Interviewpartnern ist- es wird mir breit und lang erzählt, warum man das macht, was das für einen Zweck hat. Ich bin nett, nenne ihr ein paar Menschen, frage was dazu -und werde ab da sofort ignoriert- Antwort bekomme ich keine mehr.
- Da wäre die weitere Kommilitonnin, deren Geschichten und Leistungen ich zum xten Mal höre.
- Da wäre die andere Kommilitonnin, deren aus gesundheitlichen Gründen unerfüllte Kinderwunsch ich mir lange anhören durfte. Als es dann doch noch klappte- erfuhr ich es nicht von ihr. Höflich nachgehakt, wurde ich kurz angebunden abgewiegelt und ignoriert, ich hatte meine Schuldigkeit getan.
- Beim Alumnitreffen hörte ich dann auch die Partner- und Kindergeschichten aller anderen- bei mir wollte man aber außer ob ich denn jetzt nach dem Studium arbeite (was für ne dämliche Frage!) , nicht viel mehr wissen.
- Da wären die Kolleginnen, mit denen man im gleichen engen Büro sitzt. Auch hier werde ich zugelabert, bekomme Sachen erzählt, die mich nicht interessieren weil sie mich nur von der Arbeit abhalten- trotz mehrfacher Hinweise und hartnäckigen Schweigen wird mein Wunsch nach Ruhe ignoriert. Eine von denen beiden wird sogar lauter, wenn man versucht sie zu unterbrechen.
- Ich erinnere mich an die ältere Dame, die von sich aus an der Bushaltestelle von ihrer Krebsgeschichte erzählte- ich hatte sie nicht mal angesprochen. Die Schulkameradinnen, die einem auf dem Nachhauseweg alles mögliche erzählten- und plötzlich nach der Schulzeit einen nicht mehr kannten.
- Das letzte Match im Frühjahr, das nur von sich erzählte- aber kein Gegeninteresse zeigte- das erste Mal das ich jemanden ghostete.
- Auch die Frau die ich vor zwei Jahren mal daten durfte, erzählte mir fast ununterbrochen 3h lang von ihren Cousinen, ihrer Familie, Ski fahren etc... - auf meine Sachen ging sie nicht ein. Sie wollte ein zweites Treffen- ich dann nicht mehr.
- Die eigene Mutter, die mir morgens am Frühstückstisch von ihren Sorgen erzählte- und meine eigenen nie ernst nahm. Warum vertraute sie sich nicht meinem Vater an?
Es fallen mir noch viel, viel mehr ein - ich könnte ewig so weitermachen -aber das tut jetzt schon weh. Es ist, als wäre ich ein zu Fleisch und Blut gewordener Kummerkasten, der zu nix weiter zu gut ist, als bedingungslos zuzuhören - und dessen eigene Bedürfnisse quasi nicht-existent; unsichtbar und unwichtig sind. Gleichzeitig trägt das zu meiner Einsamkeit bei, wenn man das Gefühl hat nur mißbraucht zu werden und das Gefühl hat, anderen unwichtig zu sein.
- Etc, etc, etc......
Ich erlebe das ständig- und ich frage mich, woran das liegt? Warum erscheine ich anderen Menschen als nix anderes als ein Seelenmülleimer zu sein? Kennt das außer mir noch jemand, dass man ungefragt voll bzw. zugeredet wird?
Ich frage mich auch schon lange, warum ich solche Menschen anziehe ... Meine Mutter meinte mal, ich müsste wohl einen gutmütigen Eindruck machen. Ich glaube mittlerweile, dass das einen Teil ausmacht, also dass man generell eine ruhigere oder empathischere Persönlichkeit ist. Daneben könnte ich mir aber auch vorstellen, dass das mit dem Selbstbewusstsein zusammenhängt: Diese Leute scheinen zu spüren, dass man sich weniger gut durchsetzen kann. Ich denke, jemand selbstsichereres würde irgendwann sagen "Jetzt reicht's mir!" und so eine Grenze setzen.