das nachfolgende Zitat von "Kleiner Mann" hat mich getriggert, einen Beitrag zum Thema "Depressionen" zu eröffnen. Einfach, weil ich dazu so viele Fragen habe (siehe unten).
Über was grübelt ihr immer den ganzen Tag? Sind es konkrete Gedanken oder kommen einfach immer nur so Traurigkeitsschübe rein?Kleiner Mann hat geschrieben: ↑28 Mai 2022 00:20 Ich bin in Therapie, unter anderem wegen meiner Depressionen, und kann es nachempfinden, wenn sich alles schwer anfühlt. Es gibt Tage, da liege ich nur im Bett und merke erst am Ende des Tages, dass ich heute mal wieder gar nichts geschafft habe. Gefühlt waren das aber nur Minuten. Ich war eben die ganze Zeit in meinem Kopf und habe gegrübelt. Ich weiß wie schwer es ist, wenn selbst die einfachsten Dinge auf der Welt zur Herausforderung werden. Einkaufen gehen, der Friseurbesuch oder mal einem Freund antworten (dessen Nachricht bereits von vor 2 Wochen war). Vieles was mir früher Spaß gemacht hat, habe ich aufgegeben. Sie machen halt einfach keinen Spaß mehr.
Warum habe ich es nicht nötig ständig darüber zu lamentieren wie schwer ich es doch im Leben habe und wie viel einfacher es die anderen haben?
Bei mir ist es immer so, dass ich negative Gefühle habe, die aber nicht benennen kann. Dazu treten dann immense Traurigkeitsschübe auf. Ich kann mich immer zwischendurch an Kleinigkeiten erfreuen. Das ist wie ein Blitz. Nach einer gewissen Zeit kommen dann aber wieder die Gedankenströme. Gerade sitze ich in einer richtig tollen Strandbar inmitten vieler Griechen, die untereinander viel Freude haben. Ich liebe es immer rauszugehen und das Leben zu sehen und zu beobachten, auch wenn ich immer nur ein stiller Beobachter bin. Es ist ein tolles Gefühl, diese Menschen zu beobachten. Das mochte ich schon immer. In der Stadt das Treiben zu beobachten und einen Kaffee zu trinken. Mittenmal kommen mir aber wieder die Gedanken, warum ich nicht Teil dieser Masse sein kann und weitere ubdefinierbare Gedankenströme.
Es ist so, als wäre ich in meinen Gedanken gefangen. Die Gedanken sind ein Gefängnis.
Wie gehen eure Freunde/Bekannten/Familie damit um? Wie reagieren Freunde, wenn ihr euch erst viel später meldet?
Meine Mutter kann das gar nicht nachvollziehen. Da kommen immer nur Vorwürfe wie: "Du siehst nur das Negative", "Freue dich doch mal". Ich fühle mich dadurch kaum verstanden. Manchmal macht sie mir auch Vorwürfe, dass ich mich über nichts zu freuen scheine und undankbar sei, weil andere Menschen froh seien, gesund zu sein.
Mein Vater leidet seit dem Tod meiner Oma vor zwei Jahren selbst an Depressionen. Er konnte für sie nicht da sein, weil er sie während des Todes im Krankenhaus nicht besuchen durfte. Ärzte sagten ihm später, dass meine Oma (sie war 91 und leicht dement, erkannte uns aber noch) drei Tage lang nach meinem Vater, mir und meiner Mutter gerufen und die ganze Zeit geweint habe. Sie wusste wohl, dass sie sterben wird - und wir konnten sie nicht auf der letzten Reise begleiten.
Mit meinem Vater kann ich zwar auch nicht darüber reden und er schweigt, wenn es mir nicht gut geht. Ich merke aber, dass er Verständnis hat und sich vorstellen kann, dass ich nichts dagegen machen kann, die ganzen negativen Gefühle einfach kommen.
Eine meiner engeren Freundinnen hat mir schließlich geraten, mir Hilfe zu suchen, nachdem sie den Eindruck hatte, dass ich mich immer mehr zurückziehe.
Fühlt ihr euch in einem Teufelskreis gefangen? Ihr macht Dinge nicht mehr, die euch vorher Spaß machten, zieht euch so von sozialen Kontakten zurück. Verstärkt das nicht den Abwärtsstrudel?
Ein aktuelles Beispiel bei mir sind Feiern mit der Verwandtschaft. Wir treffen uns immer so acht bis zehn Mal im Jahr zu besonderen Anlässen. Früher mochte ich es immer sehr. Seit zwei Jahren ist es aber eine Belastung. Der Mann meiner Cousine nannte mich einen Idioten, weil ich aufgrund der Einsamkeitsgefühle bei Querdenken mitgegangen bin. Als mein Vater und ich mich verteidigen wollten, wurde das von meiner Tante abgewirkt. Wir seien auf einer Familienfeier und nicht im Deutschen Bundestag.
Da mich niemand aus der Familie verteidigt hat, habe ich das Gefühl, dass mich alle für einen Idioten halten. Hinzu kommen ständig so Kommentare von meiner Oma wie "In deinem Alter hatte ich schon fünf Kinder." oder "Dein 16-jähriger Cousin hat hier schon eine Freundin präsentiert und du uns noch nicht."
Ich nehme seit Januar an keinen Familienfeiern mehr teil, weil mich das die letzten Male so runtergezogen hat. Gleichzeitig nimmt mir das ja aber auch wieder soziale Kontakte und ich sitze dann zuhause und fühle mich schlecht, weil ich dann immer denke: "Alle sitzen da und haben Spaß und ich sitze alleine zuhause."
Gleiches auf der Arbeit. Wir haben in drei Wochen Firmengrillen. Nach drei Jahren wieder. Ich habe der Geschäftsführung abgesagt mit der Begründung, dass ihr die Vereinsamung der Mitarbeitenden zwei Jahre im Home-Office egal war (es gab keine aufbauende E-Mail, nichts) und ich jetzt keinen Wert auf deren Einladung lege. Gleichzeitig werde ich dann ja aber auch wieder alleine sein.
Habt ihr körperliche Beschwerden durch die Depression?
Ich habe regelmäßige Kopfschmerzen. Ich versuche regelmäßig, mit positiven Gedanken anzukämpfen. Das klappt gelegentlich. Ich werde dadurch aber sehr schnell müde und bekomme Kopfschmerzen, weil es so sehr anstrengt.
Bedingt durch die Antidepressiva kann ich aber zum Glück schlafen und habe auch keine Magenschmerzen mehr. Ich fühle mich durch sie aber müde.
Seid ihr in Therapie und hilft sie euch?
Ich habe Donnerstag einen Ersttermin und könnte sehr schnell beginnen (Selbstzahler). Ich habe aber Sorge, dass es nichts bringt. Ich kann mir so Entspannungsübungen ja auch bei Youtube anschauen. Ich mache das auch schon regelmäßig und es hilft nicht.
Ich habe eigentlich noch viel mehr Fragen, belasse es aber dabei.