Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

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ERSTER BEITRAG DES THEMAS
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Hoppala
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Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Bin gerad auf diesen Buchhinweis gestoßen. Den Rezensionen bzw. dem Autorengespräch nach scheint das mal eine selten sachorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema zu sein.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/ca ... _id=487640
https://www.nzz.ch/feuilleton/anthropol ... ld.1589818

Das Buch selbst habe ich nicht gelesen oder auch nur quer geblättert.

Nachdem Feminismus hier immer wieder zu erregten, meinungsstarken und faktenschwachen Auseinandersetzungen führt, und tendenziöse persönliche Ansichten, in Bücher gegossen, als dünner Beleg fürs eine oder andere herhalten müssen, halte ich diesen kleinen Hinweis hier für angemessen. Vielleicht (sehr kleines vielleicht) hilft's.
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Clochard

Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Clochard »

Hoppala hat geschrieben: 29 Jun 2021 17:17 Klimaveränderungen führten zum Ackerbau, was Arbeitsbelastung und Gesundheit der Frauen massiv verschlechterte. Männer konnten ihr Ansehen nicht mehr durch die Jagd sichern. Aus archäologischen Funden lässt sich rekonstruieren, auf welch fatale Alternativen sie verfielen: die Jagd auf andere Menschen, also den Krieg, das Anhäufen von Besitz und eine Kunst- und Bilderwelt, die männliche Herrschaft überhöhte
Klimaveränderungen, natürlich... :lol:

und das "Anhäufen von Besitz" und die "Jagd auf Menschen" (um deren Besitz zu erlangen) haben wohl vor allem deshalb begonnen, weil durch den Ackerbau der Besitz erst erfunden wurde

vorher, in der nomadischen Urgesellschaft, brachte die "Jagd auf Menschen" nicht viel ein, weil die ja nichts besaßen
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Clochard »

Hoppala hat geschrieben: 29 Jun 2021 17:17 Klimaveränderungen führten zum Ackerbau, was Arbeitsbelastung und Gesundheit der Frauen massiv verschlechterte. Männer konnten ihr Ansehen nicht mehr durch die Jagd sichern. Aus archäologischen Funden lässt sich rekonstruieren, auf welch fatale Alternativen sie verfielen: die Jagd auf andere Menschen, also den Krieg, das Anhäufen von Besitz und eine Kunst- und Bilderwelt, die männliche Herrschaft überhöhte
Klimaveränderungen, natürlich... :lol:

und das "Anhäufen von Besitz" und die "Jagd auf Menschen" (um deren Besitz zu erlangen) haben wohl vor allem deshalb begonnen, weil durch den Ackerbau der Besitz überhaupt erst erfunden wurde

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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Menelaos »

Clochard hat geschrieben: 01 Jul 2021 08:51
Hoppala hat geschrieben: 29 Jun 2021 17:17 Klimaveränderungen führten zum Ackerbau, was Arbeitsbelastung und Gesundheit der Frauen massiv verschlechterte. Männer konnten ihr Ansehen nicht mehr durch die Jagd sichern. Aus archäologischen Funden lässt sich rekonstruieren, auf welch fatale Alternativen sie verfielen: die Jagd auf andere Menschen, also den Krieg, das Anhäufen von Besitz und eine Kunst- und Bilderwelt, die männliche Herrschaft überhöhte
Klimaveränderungen, natürlich... :lol:
Ist schon witzig dass man sowas durch eine reine Formulierung so im Sinn verändern kann.
"Durch die Verringerung der Ressourcen war die Jagd nicht länger ausreichend um den eigenen Familienverband hinreichend zu ernähren, daher sahen sich die Männer gezwungen dies durch das Stehlen der Nahrung von sesshaften Menschen zu erreichen. Dadurch stieg einerseits das Risiko für die Männer, andererseits aber auch das Maß an Anerkennung für ihren Beitrag."

Selbe Grundaussage, aber halt weniger sexistisch eingefärbt...
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Volta »

Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:16
Selbe Grundaussage
Ne sorry, also so gar nicht. Es geht ja nicht um den "Beitrag" sondern die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Giebenrath »

Der Titel des Buches klingt zugleich reißerisch und trivial: "Die Wahrheit über Eva"
Ein Zoologe widerlegt die biblische Genesis. Das kommt ca. 200 Jahre zu spät. ;)
Aber immerhin ist es diesmal die ultimative "Wahrheit".

Zu den Inhalten, die ich im Internet aufgeschnappt habe:
Es klingt alles irgendwie sehr faktenfern, weil es schlicht kaum Fakten gibt. Über die Gesellschaftstruktur, die Religion, Politik u.a. der Steinzeit vor, nach und während der neolithischen ist ungefähr nichts bekannt. Das alles entspringtmehr oder weniger der Phantasie der Autoren.
Ob die spektakulären Steinmonumente von Göbekli Tepe wirklich Hinterlassenschaften eines toxischen Phalluskultes sind, ist erstmal nur die Phantasie der Autoren und kein Fakt.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Clochard hat geschrieben: 01 Jul 2021 08:51
Hoppala hat geschrieben: 29 Jun 2021 17:17 Klimaveränderungen führten zum Ackerbau, was Arbeitsbelastung und Gesundheit der Frauen massiv verschlechterte. Männer konnten ihr Ansehen nicht mehr durch die Jagd sichern. Aus archäologischen Funden lässt sich rekonstruieren, auf welch fatale Alternativen sie verfielen: die Jagd auf andere Menschen, also den Krieg, das Anhäufen von Besitz und eine Kunst- und Bilderwelt, die männliche Herrschaft überhöhte
Klimaveränderungen, natürlich... :lol:

und das "Anhäufen von Besitz" und die "Jagd auf Menschen" (um deren Besitz zu erlangen) haben wohl vor allem deshalb begonnen, weil durch den Ackerbau der Besitz erst erfunden wurde

vorher, in der nomadischen Urgesellschaft, brachte die "Jagd auf Menschen" nicht viel ein, weil die ja nichts besaßen
Tja Kollege, erst einmal hat "Hoppala" das nicht geschrieben, sondern Frau Susanne Billig auf der Online-Seite von Deutschlandfunk Kultur.

Des Weiteren steht da der aktuelle wisenschaftliche Stand (anders als z. B. beider Ex-Lobo-Frau ...) - abgesehen von der Annahme, dass die Männer solche Dinge taten, um ihr Ansehen zu verbessern. Das ist natürlich notwendigerweise Interpretation der Faktenlage, aber Frau Billig versucht ja auch nur, ein langes wissenscaftliches Buch sehr knapp zusammen zu fassen. Die genaue Herleitung wirst du im Buch nachlesen müssen.

Reines "Neee, das glaub ich nicht!" hilft da wenig.

Ich habe auch den Eindruck - der trügen mag - dass du die Begrifflichkeiten im Kontext nicht richtig versteht. Z. B. geht es bei "Besitz" nicht um dein Taschenmesser, um um das gesellschaftliche Konzept, wer die Verfügungsgewalt über gemeinschaftlich zu nutzende und Leben erhaltende Dinge - insbesondere Land, Nahrung, Werkzeuge, Haus und Hof, Menschen (die man damals of genug nicht so von den "Dingen" unterschied) hat.
Dass der seßhafte Ackerbau vom Menschen eher aus Not (aufgrund landschaftlicher und klimatischer Veränderungen) erfunden wurde, weil Jagen und Sammeln bis dahin einfacher und besser das Leben erhalten hat, ist auch ziemlich wissenschaftlicher Konsens geworden (der Gesundheitszustand der ersten seßhaften Landwirte war, soweit man heute aus Analysen weiß, vergleichsweise erbärmlich; das werden sie sich eher nicht freiwillig angetan haben). Und dass einige unserer weniger schönen Gesellschaftskonzepte im Zuge dessen erst erfunden wurden.
Was nicht heißt, dass vorher nicht auch ziemlich Barbarei geherrscht haben mag. Nur ist man da noch mehr auf Vermutung angewiesen.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Menelaos »

Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:31
Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:16
Selbe Grundaussage
Ne sorry, also so gar nicht. Es geht ja nicht um den "Beitrag" sondern die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
Oh, und ich dachte es geht um die Besitzakkumulation durch die "Jagd auf Menschen" und deren Besitz.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Volta »

Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:40
Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:31
Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:16
Selbe Grundaussage
Ne sorry, also so gar nicht. Es geht ja nicht um den "Beitrag" sondern die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
Oh, und ich dachte es geht um die Besitzakkumulation durch die "Jagd auf Menschen" und deren Besitz.
Also, so wie ich das verstanden habe, geht es darum, dass nur durch die Landwirtschaft es möglich ist, produktives Eigentum anzuhäufen und nur dadurch - so zumindest die Theorie - kann überhaupt eine stratifizierte Gesellschaft entstehen ( = eine Gesellschaft mit Reichen und Armen, Herrschern und Beherrschten etc.).

Die Fähigkeit zur Kriegsführung ist nur eine Folge davon.

Wobei ich in Anbetracht von Dingen wie "Göbekli Tepe" glaube, dass die Realität viel komplizierter ist?

"Klaus Schmidt geht davon aus, dass die Menschengruppen, die das Monument errichteten, sehr viel komplexer organisiert waren, als man dies für Jäger und Sammler bisher annahm."

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6bekli_Tepe
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:31
Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:16
Selbe Grundaussage
Ne sorry, also so gar nicht. Es geht ja nicht um den "Beitrag" sondern die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
Dem einen geht's um den Klimawandel, dem anderen um die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
Beides ist leider aktuell Stand der Wissenschaft, weshalb die Autoren wohl beides ihren Ideen zugrunde legen - und um die geht es eigentlich.
Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:39 Der Titel des Buches klingt zugleich reißerisch und trivial: "Die Wahrheit über Eva"
Ein Zoologe widerlegt die biblische Genesis. Das kommt ca. 200 Jahre zu spät. ;)
Aber immerhin ist es diesmal die ultimative "Wahrheit".

Zu den Inhalten, die ich im Internet aufgeschnappt habe:
Es klingt alles irgendwie sehr faktenfern, weil es schlicht kaum Fakten gibt. Über die Gesellschaftstruktur, die Religion, Politik u.a. der Steinzeit vor, nach und während der neolithischen ist ungefähr nichts bekannt. Das alles entspringtmehr oder weniger der Phantasie der Autoren.
Ob die spektakulären Steinmonumente von Göbekli Tepe wirklich Hinterlassenschaften eines toxischen Phalluskultes sind, ist erstmal nur die Phantasie der Autoren und kein Fakt.
Wo steht da was von "ultimativ"?
Wieso "Zoologe"? Die Autoren: Carel van Schaik, Anthropologe. Kai Michel, Historiker.
Dass es "kaum Fakten" gäbe, ist ziemlich faktenfern. Da hat sich aufgrund neuerer Untersuchungsmethoden, unter anderem bezahlbare Massen-Analysemethoden - in den vergangen 10-15 Jahren viel getan.
Sobald es um Kausalketten geht, noch dazu über geslelschaftliche Strukturen, ist notwendigerweise ne Menge Interpretation dabei. Die Frage ist, wie weit sie mit den als gesichert geltenden Fakten übereinstimmt.
Die Fakten schlicht zu leugnen hilft da so wenig, wie falsche dazu erfinden.

Warum ich dem Buch (in Grenzen) beistehe, ohne es gelesen zu haben: es ist eine Empfehlung der Max-Planck-Gesellschaft, die nach meinem Eindruck - ich verfolge das Wirken seit einigen Jahren - solide arbeitet, wie das unter herrschenden Bedingungen möglich ist. Zum andre habe ich in den knappen Auszügenund Zusammenfassungen im Internet nichts gelesen, was ich nicht unter "plausibel genug, um ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden" fassen würde..

Auch der Hintergrund ist nicht unwichtig: van Schaik hat sich zuvor mit der belegbaren(!) Geschichte, besser Genese der Bibel und ihrer zentralen Aussagen beschäftigt und damit wohl einiges Aufsehen erregt. Der Buchverlag hat bei der Titelgebung zielich sicher auf Folgekäufer gesetzt ...
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:48 Also, so wie ich das verstanden habe, geht es darum, dass nur durch die Landwirtschaft es möglich ist, produktives Eigentum anzuhäufen
Nach meiner Kentnnis hat die Landwirtschaft dies nicht nur ermöglicht, sondern, wichtiger: erfordert.
Ich schätze, sich 30 Speere, Bärenschinken und Jungfrauen auf Halde zu legen, war auch vorher möglich - nur weder erforderlich noch irgendwie sinnvoll.
Ich halte diesen kleinen Unterschied (möglich vs. notwendig, weil nur diese Effizienz den Bestand sichern konnte) für einen ziemlich großen.
Denn mit der Anhäufung geht einher, dass man Menschen zur Arbeit für einen selbst nötigen konnte und musste - denn allein kann man ja nur begrenzt Land bestellen, und gemeinschaftliches Teilen verbot sich aufgrund von Knappheit. Die Seßhaftigkeit in einer ansonsten nicht allzu freundlcihen Umgebung ist also ein weiteres notwendiges Kriterium; denn ansonsten hätten die Leut ja einfach wieder zum Jagen und Sammeln übergehen können, statt sich schinden zu lassen. Oder sich besseres Land suchen (Beispiel aus der neueren Geschichte: die Landfluchten aus Schottland und Irland Richtung Amerika). Notwendige Effizienzsteigerung spielte sicher auch eine Rolle. Für den Menschennachschub sorgte eine gesteigerte Geburtenrate - und schnell wird die aufkommende Machtverteilung zwischen den Geschlechtern erkennbar.

Weniger kognitiv begabte Wesen wären unter diesen Bedingungen wohl schlicht ausgestorben. Der Mensch wusste, wie man andere zum eigenen Vorteil nötigt und quält. Okay, das ist Spekulation ...


Dass die Jäger- und Sammlergessellschaften vermutlich viel komplexer und kulturell recht hochstehend organsiiert waren, als wir das lange Zeit annahmen, ist mittlerweile Thema weitreichender Forschung. Die Seßhaftigkeit war vermutlich erst mal kein Fortschritt für die Menschheit - soviel weiß man heut. Um so naheliegender, dass dies durch äußere Umstände erforderlich wurde.

Die Idee einer konstanten Menschheitsentwickung ist ja schon lange perdü.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Giebenrath »

Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:58 Wo steht da was von "ultimativ"?
Das war jetzt nicht der O-Ton.
Sein O-Ton war "99 Prozent der Evolutionsgeschichte lang war Gleichberechtigung die Normalität"
Erkenntniskritisch ist das jedenfalls nicht. :roll:
Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:58 Wieso "Zoologe"? Die Autoren: Carel van Schaik, Anthropologe. Kai Michel, Historiker.
Carel van Schaik erforschte Orang-Utans. Er ist Zoologe(!), genauer Primatologe und so durch die Hintertür Anthropologe.
Kai Michel hat ein Abschluss in Geschichte und Literaturwissenschaft, ist aber von Beruf Journalist.
Die Themen des Buches sind aber die Archäologie und Theologie. :specht:

Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:58Dass es "kaum Fakten" gäbe, ist ziemlich faktenfern. Da hat sich aufgrund neuerer Untersuchungsmethoden, unter anderem bezahlbare Massen-Analysemethoden - in den vergangen 10-15 Jahren viel getan.
Natürlich kann man so leicht herausfinden, was die Menschen damals so gegessen haben oder ob sie den Wohnort gewechselt haben etc. pp. Das sind sicherlich auch Fakten.
Aber harte Fakten zur Rolle der Frau oder gar zur Geisteswelt der Steinzeit, wird man so nie herausfinden.


Ich sehe das eher als einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte um Gleichberechtigung.
Antifeministische Positionen werden häufig mit Biologismus und Religion begründet.
Die Autoren wollen dieser Argumentation etwas entgegensetzen und ziehen sich dazu eine phantastische Steinzeit voller Gleichberechtigung aus den Fingernägeln, O-Ton "eine andere Geschichte der Menschheit".
Meine Meinung nach braucht es diese Steinzeit-Argumente aber gar nicht um Gleichberechtigung zu begründen.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 10:57
Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:58 Wo steht da was von "ultimativ"?
Das war jetzt nicht der O-Ton.
Sein O-Ton war "99 Prozent der Evolutionsgeschichte lang war Gleichberechtigung die Normalität"
Erkenntniskritisch ist das jedenfalls nicht. :roll:
Ob das hinreichend erkenntniskritisch ist oder nicht, müsste sich erst mal aus der Prüfung der dargelegten Fakten ergeben.
Dass du da per "keinen O-Ton" eine wenig erkenntniskritische Charakterisierung unterschieben wolltest, ist Fakt.
Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 10:57
Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:58 Wieso "Zoologe"? Die Autoren: Carel van Schaik, Anthropologe. Kai Michel, Historiker.
Carel van Schaik erforschte Orang-Utans. Er ist Zoologe(!), genauer Primatologe und so durch die Hintertür Anthropologe.
Kai Michel hat ein Abschluss in Geschichte und Literaturwissenschaft, ist aber von Beruf Journalist.
Die Themen des Buches sind aber die Archäologie und Theologie. :specht:
Immer diese Halbwahrheiten ...
Ja, er ist ausgebildeter Biologe. Hat aber ein langes Forscherleben in renoimmierten Institutionen hinter sich, so dass er inzwischen durchweg als "Zoologe und Anthropologe", "Verhaltensforscher und Evolutionsbiologe" und ähnliches anerkannt wird. Bill Gates wird man wohl auch kaum heute hinreichend als "Coder" bezeichnen?
Ein Forschungsgegenstand, für den van Schaik bekannt wurde, sind Orang Utans, richtig. Erforscht hat er soziale Interaktionen und den Gebrauch von Werkzeugen und der sich daraus entwickelnden sozialen Kompetenzen bei Primaten - was mir doch sehr nah an der Thematik des Buches liegt.
Zu Kai Michel hab ich mich erst gar nicht weiter schlau gemacht: du sagst ja selbst, Geschichtsabschluss. Ergo ist Historiker zutreffend, wenn auch nicht alles.
Das Thema des Buches ist nicht Archäologie und Theologie. Die Erkenntnisse (und plausiblen Annahmen) aus beiden Disziplinen werden unter anderem fürs Thema des Buches herangezogen. Es geht um die Entwicklung und Ursachenbeschreibung geschlechtlicher Machtverhältnisse der Menschheit. Nachdem auffiel, dass der Mensch sich heutzutage primatenuntypisch verhält, war die Frage: warum. Ob das schon immer so war, quasi genetisch-biologisch, oder ob es sich um menschlich-ubiquitäre, kulturelle Entwicklungen handelt. Die Schlussfolgerung der Autoren auf Basis aktueller Fiorschungsstands: Das meiste ist kulturell bedingt. Dass dies wiederum Ursachen hatte, bestätigt die Schlussfolgerung ja, sonst wär's ja keine.
Die Entwicklung der Landwirtschaft wird ja schon lange als entscheidender Einschnitt in der menschlichen Kulturgeschichte gehandelt.
Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 10:57 Natürlich kann man so leicht herausfinden, was die Menschen damals so gegessen haben oder ob sie den Wohnort gewechselt haben etc. pp. Das sind sicherlich auch Fakten.
Aber harte Fakten zur Rolle der Frau oder gar zur Geisteswelt der Steinzeit, wird man so nie herausfinden.
Das ist nicht ganz richtig. Und auf das "nicht ganz" kommt es hier an. Hängt aber natürlich auch sehr von den jeweiligen Funden und verfügbaren Analysemethoden ab. Da wandelt sich derzeit viel. Und "Steinzeit" ist ein sehr weiter Zeitraum - da wird es nicht "die eine" Geisteswelt gegeben haben.
Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 10:57 Ich sehe das eher als einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte um Gleichberechtigung.
Antifeministische Positionen werden häufig mit Biologismus und Religion begründet.
Die Autoren wollen dieser Argumentation etwas entgegensetzen und ziehen sich dazu eine phantastische Steinzeit voller Gleichberechtigung aus den Fingernägeln, O-Ton "eine andere Geschichte der Menschheit".
Meine Meinung nach braucht es diese Steinzeit-Argumente aber gar nicht um Gleichberechtigung zu begründen.
Ich sehe da einige wenig begründete Annahmen:
- dass die Autoren antifeministischen Argumentationsmustern etwas entgegensetzen wollen. Meines Erachtens wollen sie erst mal nur ihren Forschungs- und Erkenntnisstand darlegen. Natürlich wissen sie, dass der auch politische Relevanz hat, davon darf man ausgehen. Und der Verlag sowieso..
- dass sich die Autoren - beide in ihren Disziplinen renommiert - für ihre Thesen mal eben steil und substanzlos die Kultur einer Menschheitsepoche ausdenken. Not very likely.
- dass die Autoren Gleichberechtigung begründen wollten. Sie werden wohl eher auf den sowohl natürlich-genetisch, als auch kulturell geformten Umgang mit Geschlecht hinweisen wollen. Es ist wohl nicht anzunehmen, dass sie daraus die Forderung erwarten, dass wir nun "zur Natur" zurückkehren und uns das Geschlechtsleben der Orang-Utans oder der Menschen der Früh-Steinzeit (wie immer das ausgehen haben mag) zum Vorbild nehmen ...

Du tust m. E. das, was du den Autoren vorhalten willst: du urteilst auf Basis dünner Vermutungen.
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Giebenrath »

Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 11:53 Ich sehe da einige wenig begründete Annahmen:
- dass die Autoren antifeministischen Argumentationsmustern etwas entgegensetzen wollen. Meines Erachtens wollen sie erst mal nur ihren Forschungs- und Erkenntnisstand darlegen. Natürlich wissen sie, dass der auch politische Relevanz hat, davon darf man ausgehen. Und der Verlag sowieso..
Der Autor sagt eigentlich ganz genau, was er mit seinem Buch aussagen möchte.
Carol van Schaik hat geschrieben:Um Missverständnissen vorzubeugen: «Die Wahrheit über Eva» ist kein Buch, das Wahrheiten über Frauen verkünden will. Es ist nicht einmal ein Frauenbuch, sondern eine andere Geschichte der Menschheit, die zeigt, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Frauen um Gleichberechtigung kämpfen müssen. Unsere Antwort: Daran sind weder Gott noch die Biologie schuld, 99 Prozent der Evolutionsgeschichte lang war Gleichberechtigung die Normalität.
https://www.nzz.ch/feuilleton/anthropol ... ld.1589818
Dann erzählt van Schaik eben andere Geschichten ... dass keiner schuld hat ... dass Gleichberechtigung normal ist ... :brille1:
Das ist also die Moral seiner Geschichte. ;)


Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 11:53 - dass sich die Autoren - beide in ihren Disziplinen renommiert - für ihre Thesen mal eben steil und substanzlos die Kultur einer Menschheitsepoche ausdenken. Not very likely.
Das Deutsche Archäologische Institut hat am Göbekli Tepe geforscht und die Fachwissenschaftler vertreten eine etwas andere Version der Sesshaftwerdung steinzeitlicher Jäger im Nahen Osten. Die religiöse Symbolik bleibt den echten Archäologen unverständlich. Nach ihrer neusten Theorie - basierend auf Göbekli Tepe - wären die Festgelage an diesem Heiligtum wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung des Ackerbaus.
https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/21890

Den echtenn Archäologen ist also unklar, was Bilder von Göbekli Tepe genau bedeuten.
Aber für die Autoren der "Wahrheit über Eva" ist klar, dass die Megalithen ein "düster-bedrohliches Gemisch aus Potenz, Aggression und Tod" sind.
Van Schaiks Interpretation von Göbekli Tepe habe ich der Buchbesprechung der FAZ entnommen.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 24091.html
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Menelaos »

Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:48
Menelaos hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:40
Volta hat geschrieben: 01 Jul 2021 09:31

Ne sorry, also so gar nicht. Es geht ja nicht um den "Beitrag" sondern die Besitzakkumulation durch Landwirtschaft.
Oh, und ich dachte es geht um die Besitzakkumulation durch die "Jagd auf Menschen" und deren Besitz.
Also, so wie ich das verstanden habe, geht es darum, dass nur durch die Landwirtschaft es möglich ist, produktives Eigentum anzuhäufen und nur dadurch - so zumindest die Theorie - kann überhaupt eine stratifizierte Gesellschaft entstehen ( = eine Gesellschaft mit Reichen und Armen, Herrschern und Beherrschten etc.).

Die Fähigkeit zur Kriegsführung ist nur eine Folge davon.

Wobei ich in Anbetracht von Dingen wie "Göbekli Tepe" glaube, dass die Realität viel komplizierter ist?

"Klaus Schmidt geht davon aus, dass die Menschengruppen, die das Monument errichteten, sehr viel komplexer organisiert waren, als man dies für Jäger und Sammler bisher annahm."

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6bekli_Tepe
Gut, dann werfe ich mal wieder all meine bisherigen Vorstellungen über die Prähistorie über den Haufen und warte auf das was die Wissenschaft sagt. :mrgreen:
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 12:35 Der Autor sagt eigentlich ganz genau, was er mit seinem Buch aussagen möchte.
Carol van Schaik hat geschrieben:Um Missverständnissen vorzubeugen: «Die Wahrheit über Eva» ist kein Buch, das Wahrheiten über Frauen verkünden will. Es ist nicht einmal ein Frauenbuch, sondern eine andere Geschichte der Menschheit, die zeigt, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Frauen um Gleichberechtigung kämpfen müssen. Unsere Antwort: Daran sind weder Gott noch die Biologie schuld, 99 Prozent der Evolutionsgeschichte lang war Gleichberechtigung die Normalität.
https://www.nzz.ch/feuilleton/anthropol ... ld.1589818
Dann erzählt van Schaik eben andere Geschichten ... dass keiner schuld hat ... dass Gleichberechtigung normal ist ... :brille1:
Das ist also die Moral seiner Geschichte. ;)
Ich sehe deine Interpretation und Wertungen vom Zitat nicht gedeckt.
Giebenrath hat geschrieben: 01 Jul 2021 12:35
Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 11:53 - dass sich die Autoren - beide in ihren Disziplinen renommiert - für ihre Thesen mal eben steil und substanzlos die Kultur einer Menschheitsepoche ausdenken. Not very likely.
Das Deutsche Archäologische Institut hat am Göbekli Tepe geforscht und die Fachwissenschaftler vertreten eine etwas andere Version der Sesshaftwerdung steinzeitlicher Jäger im Nahen Osten. Die religiöse Symbolik bleibt den echten Archäologen unverständlich. Nach ihrer neusten Theorie - basierend auf Göbekli Tepe - wären die Festgelage an diesem Heiligtum wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung des Ackerbaus.
https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/21890

Den echtenn Archäologen ist also unklar, was Bilder von Göbekli Tepe genau bedeuten.
Aber für die Autoren der "Wahrheit über Eva" ist klar, dass die Megalithen ein "düster-bedrohliches Gemisch aus Potenz, Aggression und Tod" sind.
Van Schaiks Interpretation von Göbekli Tepe habe ich der Buchbesprechung der FAZ entnommen.
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 24091.html
Das mag sein wie es will. Belegt aber in Bezug auf das aktuelle Thema eigentlich gar nix. Es ist ein Aspekt. Es gibt immer strittige Aspekte, sonst bräuchte man keine Forschung und noch weniger Interpretation. Dass unterschiedliche Disziplinen komplexe Prozesse wie die Kulturentwicklung des Menschen auf Basis derselben Fakten unterschiedlich beschreiben, liegt in der Natur der Sache.
Es steht in keiner Weise in Kontrast zu meiner Argumentation, dass nicht anzunehmen ist, dass die beiden Autoren ihre Reputation mit freihändig erfundenen Geschichten aufs Spiel setzen. Womit ich deine Behauptung, die beiden täten das, gekontert habe - und der Konter steht offensichtlich nach wie vor.

Du kannst mir hingegen sicher noch darlegen, was dich qualfiziert, echte von unechten Archäologen, die allesamt wissenschaftlich renommiert publizieren, zu unterscheiden?
Oder was Fachwissenschaftler in der Frage von Durchsetzung der Ackerbau-Kultur und Seßhaftwerdung der Menschheit sind oder nicht sind?
Nehmen die beiden Autoren überhaupt für sich in Anspruch, Archäologen zu sein?
Auf welche Fachwissenschaftler beziehen sie sich? Die haben ja eher nicht selbst alles ausgebuddelt und kategorisiert. Denn ihr thematisches Interesse ist ja eh ein anderes - siehe dein Zitat oben - und die Frage von Ackerbau und Seßhaftwerdung ist "nur" ein zentraler Wendepunkt, der dabei eine fraglos wichtige Rolle spielt.

Deine offensichtlichen Unsauberkeiten (um nicht zu sagen: Erfindungen per Wertung ...) haben mich denn doch veranlasst, mal deinen Göbekli-Link zum Deutschen Archäologischen Institut anzuschauen. Zumal ich die Idee, eine noch so ausschweifende Festivität könnte den Lauf der menschlichen Kultur so drastisch verändern, für fragwürdig hielt. Zu Recht: Da steht gar nichts von "die Festgelage an diesem Heiligtum wahrscheinlich ursächlich für die Ausbreitung des Ackerbau".
Da steht vielmehr, deutlich plausibler: "Die Hypothese, dass die 'Kultgemeinschaft' des Göbekli Tepe mit ihrer Möglichkeit zur schnellen Verbreitung von Innovationen gleichsam als Motor bei der Entstehung nahrungsproduzierender Lebensweisen wirkte, gilt es in der weiteren archäologischen Erforschung dieses Platzes zu überprüfen.".
"Motor" = nicht ursächlich, sondern beschleunigend. Es geht wohl auch eher nicht um die Festgelage und die dafür nötige Nahrungsmittelversorgung, sondern darum, dass die Menschen sich dort untereinander austauschten. "Zu prüfende These" = kann sein, kann nicht sein; nicht "wahrscheinlich". Und kurz zuvor steht da: "Bei der Suche nach einer Antwort rückt die Landschaft Obermesopotamiens mit dem hier gelegenen Göbekli Tepe zunehmend in den Vordergrund." Die Landschaft - womit wir auch unter anderem wieder bei geografischen und klimatischen Grundlagen sind.

Sorry, Giebenrath: ich kann deine Art der einseitig wertenden Aussagen- und Faktenverkleisterung nicht leiden. Du wirfst mit schrägen Behauptungen um dich und tust so, als seien es Argumente für oder gegen irgendwas. Dann muss man halbe Aufsätze schreiben, Quellen lesen, und die Behauptungen sind plötzlich ziemlich substanzlos. Das ist fruchtlos und auch etwas respektlos.

Du meinst, die Behauptung der Autoren, in der Menschheit habe zu 99% der Zeit Gleichberechtigung geherrscht, sei falsch? Lies das Buch, untersuche die Argumentationskette, leg deine Bedenken faktenbasiert dar. Zuallererst, wäre meine Empfehlung, finde heraus, was die beiden mit Gleichberechtigung als sozialem Modell meinen (bedenke: Primatenforscher).

Ich halte die Behauptung übrigens auch für übertrieben und jedenfalls im Kontext der politischen Diskussion für missverständlich und nicht klug gewählt. Aber das ist meine (Bauch)Meinung. Die Darlegung der Autoren, dass es quasi natürlich feminine "Machtnetzwerke" in Balance zu "männlichen" Strukturen und, nicht zu vergessen, jeweils als Beiträge und in prozessualer Vermengung zu den gesamtgesellschaftlichen Strukturen gegeben hat - soweit sie nicht mit kulturell verankerter Gewalt kleingehalten wurden - erscheint mir auf Basis meines Menschenbildes und einer Menge geschichtlicher Berichte allerdings hochplausibel. Der Mensch wäre bzw. ist ja blöd das Potential einer Hälfte der Population künstlich kleinzuhalten - es sei denn, er hat sich selbst Strukturen geschaffen, in denen das für einen Teil von Vorteil ist, und dieser Teil das per Macht auf Kosten des anderen Teils durchsetzen kann. Das Geschlechterverhältnis ist für sowas ja nicht das einzige Phänomen - offenbar ist auch das Mensch. Ebenso offenbar ist das nur insofern "natürlich", als der Mensch sich jeweils so oder auch so entscheiden kann, mit einer Situation umzugehen. Und dann erst sind wir bei Moral usw.
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Giebenrath
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Giebenrath »

Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 15:15Du kannst mir hingegen sicher noch darlegen, was dich qualfiziert, echte von unechten Archäologen, die allesamt wissenschaftlich renommiert publizieren, zu unterscheiden?
Du kannst seriöse wissenschaftliche Abhandlung leicht daran erkennen, dass keine Anaologien zum Scifi-Film Matrix gezogen werden. Der Spielfilm ist allen ernstes die Grundlage für die Wortschöpfung "Patrix" (=patriarchale Matrix). Schon witzig und unterhaltsam. Und mit der Patrix erklären die Autoren dann die unterschiedliche Größe von Gorilla- und Schimpansenhoden, die wahre Geschichte von Jesus und natürlich die hunderste Widerlegung der Killeraffentheorie.
Welche Pille muss man noch mal nehmen? :lol:

Das ist populärwissenschaftliche Unterhaltungsliteratur. Ein bunter Mix aus Biologie, Archäologie, Religionswissenschaft und dem Nähkästchen - eingebetet in eine unterhaltsame Erzählung.
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Hoppala
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Hoppala »

Giebenrath hat geschrieben: 02 Jul 2021 15:33
Hoppala hat geschrieben: 01 Jul 2021 15:15Du kannst mir hingegen sicher noch darlegen, was dich qualfiziert, echte von unechten Archäologen, die allesamt wissenschaftlich renommiert publizieren, zu unterscheiden?
Du kannst seriöse wissenschaftliche Abhandlung leicht daran erkennen, dass keine Anaologien zum Scifi-Film Matrix gezogen werden. Der Spielfilm ist allen ernstes die Grundlage für die Wortschöpfung "Patrix" (=patriarchale Matrix). Schon witzig und unterhaltsam. Und mit der Patrix erklären die Autoren dann die unterschiedliche Größe von Gorilla- und Schimpansenhoden, die wahre Geschichte von Jesus und natürlich die hunderste Widerlegung der Killeraffentheorie.
Welche Pille muss man noch mal nehmen? :lol:

Das ist populärwissenschaftliche Unterhaltungsliteratur. Ein bunter Mix aus Biologie, Archäologie, Religionswissenschaft und dem Nähkästchen - eingebetet in eine unterhaltsame Erzählung.
Ah ja.
Oh je.
Da ist dann wohl Hopfen und Malz verloren.
Warum: musst du wohl auch selbst erkennen.


Ist, nebenher erwähnt, keine Antwort auf meine Frage. Bekräftigt eher den Anlass für die Frage. Aber ist nun auch egal.
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AviferAureus

Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von AviferAureus »

Das Buch scheint eher der "Herleitung" von Vorstellungen für die heutige Gesellschaft zu dienen als der Geschichtswissenschaft. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern wurde nicht erfunden, sondern ist das Ergebnis der Evolution: Rüden heben das Bein, Zibben setzen sich hin; Hähne sind bunt, Hennen eher erdfarben; Hirsche haben Geweihe, Hindinnen keine (mit der Ausnahme vomRen). Da macht der Mensch keinen Unterschied.

Die mehr oder minder deutlich implizierte Annahme, dass nomadische Gesellschaften friedfertig seien oder keinen Raub von Menschen und Sachen kennten, ist auch eine Fehlannahme. z. B. die Filme Windwalker (1980) und Before the White Man Came (1918) behandeln den Raub von Frauen und Kindern bzw. Frauen zwischen nomadischen Gesellschaften. Der Raub nach der Eroberung eines feindlichen Lagers oder der Tötung eines Feindes von praktisch brauchbaren Gegenständen (z. B. Gewehren, Kugeln, Blei, (Metall-)Gegenständen für den Haushalt, Kleidung) oder prestigiösen Gegenständen (z. B. Spolien, wie man es aus der Ilias oder der Äneis kennt, wie Federhauben, Schilden (wie ihn auch Captain America benutzt), Kriegerhemden) war nicht selten. Diese wurden auch zuweilen bei Duellen als Siegerpreis für den jeweiligen Gewinner ausgesetzt. Bei der Eroberung eines feindlichen Lagers wurden die Zelte gezielt durchsucht. Auch staats- oder gruppensymbolische Gegenstände wie die 4 Pfeile (also einem Pfeilbündel, wie es auch der US-amerikanische Adler in einer Klaue hält) der Cheyenne wurden geraubt bzw. erobert.

Die Sesshaftwerdung hat sich durchgesetzt und dürfte das generell erfolgreichere Modell sein. Sie kann auf demselben Gebiet eine größere Anzahl und damit durchsetzungsstärkere Anzahl von Menschen nähren und wohl auch zuverlässiger ernähren und fördert den technischen Fortschritt, weil größere technische Gerätschaften nicht oder nur schwerlich transportabel sind. Man kann die Produkte einer Schmiede mit sich rumschleppen, aber keine Schmiede.
Giebenrath hat geschrieben: 02 Jul 2021 15:33 .... natürlich die hunderste Widerlegung der Killeraffentheorie....
Was ist denn damit gemeint?
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Galip
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Re: Wie die Ungleichheit von Frauen und Männern erfunden wurde

Beitrag von Galip »

Ich habe das Buch Anfang des Jahres gelesen, und mir hat es gut gefallen. Ich denke, die Diskussion hier im Thread geht ein bisschen am Kern des Buchs vorbei: Natürlich lassen sich die Lebensbedingungen zu prähistorischen Zeiten heute nicht zweifelsfrei rekonstruieren. Durch die Konstruktion einer vollkommen plausiblen, relativ gleichberechtigten Prähistorie soll lediglich der determinisitschen Argumentation der Antifeministen entgegen getreten werden, die Unterdrückung der Frau wäre quasi der Naturzustand.

Ich fand das Buch nicht sehr agitatorisch - es behauptet nicht, irgendwelche letztgültigen historischen Wahrheiten zu verkünden. Das Buch ist eher anti-agitatorisch. Es zeigt nur auf, dass die Argumente der Antifeministen auch nicht stichhaltiger oder überzeugender sind, als deren genaues Gegenteil. Das ist eigentlich alles. Die Frage nach der "wahren" Geschichte von Göbekli Tepe kann da getrost offen bleiben.

:hut:

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