Blau hat geschrieben:Lion hat geschrieben:
Woher soll bei einem 11-12jährigen Mädchen schon ein (selbst) erlebtes Gefühl der geschlechtlichen Benachteiligung herkommen? Wenn sie gesagt hätte: "Ja, der eine Junge hat mich früher immer geschubst", wäre das noch verständlich gewesen. Wie soll sich ein Kind ein Bild bezüglich einer solchen, großen gesellschaftlichen Frage machen?
Im Alter von 11, 12 Jahren hat man sehr wohl schon ein eigenes Gespür für Ungerechtigkeit.
Sicherlich. Im eigenen, individuellen Bereich. Als eigene, erlebte Ungerechtigkeit (die zudem oft von einzelnen Erwachsenen erzählt wird).
Trotzdem spreche ich Kindern in dem Alter die Fähigkeit ab, über größere Bezüge "von oben drauf schauend" urteilen zu können, dabei das eigene Schicksal außen vor lassend. Wie soll ein Kind die GESAMTSITUATION einschätzen können, losgelöst von Ereignissen im Bereich des eigenen, kleinen Tellerrands? Um solche Sachen zu beurteilen, bedarf es die Beleuchtung von verschiedenen Seiten.
Ja, die gesellschaftliche Situation in den von Dir genannten Punkten (Berufswahl) war damals war ja auch nicht gerecht und Dein kindliches Ungerechtigkeitsempfinden deckte sich mit dem übergeordneten Empfinden, das man heute in dieser Hinsicht hat (und damals schon hätte haben sollen). Das sagt aber nichts darüber aus, ob Du in dem Alter schon weit genug warst, um insgesamt darüber zu urteilen.
Ich bin auch gegen ein Wahlrecht mit 16 Jahren (da sind 18 Jahre schon früh genug), weil meiner Ansicht die Jugendlichen da noch nicht weit genug sind. Sie sind da eher radikal-ideologisch-weltverbessernd "gut". Und so ist es kein Wunder, dass z.B. die Grünen das frühe Wahlrecht propagieren, würden sie doch viel mehr davon profitieren als andere Parteien.
Zurück zum Mädchen von heute, das im Interview war. Ihm stehen heute alle Türen offen. Pilotin, Ingenieurin, Auto-Mechatronikerin, Bundeswehr, alles möglich, wenn die Skills passen. Woher soll dann bitteschön noch das Gefühl einer Benachteiligung hinsichtlich der beruflichen Situation kommen? Klar, das Mädchen war mit so einer politischen Frage in Wirklichkeit überfordert, wollte aber "richtig" antworten und suchte im Gedächtnis nachdem, was eh überall in den Medien mitschwingt: Frauen? Sowieso benachteiligt. Aber warum ... warum nur? Ach ja, weil es viel zu wenig Frauen in Männerberufen gibt, ist das ja auch schon eine Benachteiligung.
Dass das Mädchen antwortet: "Nö, bis auf einige Sachen vielleicht, die noch angegangen werden müssten, ist im Großen und Ganzen alles ok" hätte mich da eher gewundert (wobei so eine Antwort auch eher von einer älteren Person mit mehr Differenzierungsvermögen kommen könnte). Also blieb es beim Nachgeplapperten, was eh lieber alle hören wollen (kein Vorwurf an das Mädel, was soll sie schon groß tun).