Jedes mal passiert das gleiche. Es geht um die Extreme: Wahrheit-Lüge, Liebe-Gewalt, Täter-Opfer und natürlich als zentrale Kategorie Mann-Frau. Noch weiter vereinfacht geht es um den Gegensatz von Gut und Böse oder Schwarz und Weiß, dabei lässt die Existenz von Grauzonen gar nicht leugnen. Unter dem Hashtag #me too kann natürlich alles unter einer Kategorie zusammengefasst werden. Natürlich können sich hier auch besonders leicht Minderheitsmeinungen mit besonderer Lautstärke einreihen und auf Solidarisierung hoffen.
Symptomatisch für das Zusammenführen von Dingen, die nicht Zusammengehören, ist natürlich Finkks bescheidener Vergleich einer Grenzüberschreitung bei einer Disko-Fummelei mit der Vergewaltigung von Kindern. Herzlich Glückwunsch
Hier komme ich zurück auf Sonnenklars Beispiel. Er wird in der Disko von einer Frau unterm T-Shirt befummelt und glaubt nun darin ein Einverständnis zu erkennen, dass er das gleiche bei ihr tun könne. Ich kann an dieser Einschätzung, so wie die Situation geschildert wurde, nichts falsches erkennen. Dass sie jetzt offenbar doch nicht einverstanden war, war objektiv nicht zu erkennen. Dass hier eine Frau "einfach so" angefasst wurde, ist auch offensichtlich nicht der Fall.
Im Kontext angemessen und doch "falsch"?
Das einzige was hier falsch war, war die Ohrfeige. Man beachte hier auch das ganze Ausmaß der Grenzüberschreitung: Der gewählte Fummelpartner in der Disko hat sich zu weit vorgewagt.
Wichtig ist auch, dass es gar nicht um die eigentliche Handlung geht. Ob ein Mann ein Frau anfasst hat usw., ist für die eigentliche Fragestellung ziemlich unbedeutet. Die entscheidende Frage ist die Einvernehmlichkeit. Wenn man jetzt annimmt, dass etwas nicht einvernehmlich ist, müste man fragen, ob schuldhaft gehandelt wurde. Konnte oder musste er wissen, dass sie nicht wollte. (Eine Sache macht es kompliziert: Nicht immer kann man alles richtig einschätzen.)
So kann ein Mann vielleicht damit rechnen, dass sich eine zwanzig Jahre jüngere Frau belästigt fühlt, wenn er sie anspricht oder versucht "anzumachen". Die Belästigung wird scheinbar um so größer, wenn er augenscheinlich ausländischer oder wenigstens betrunkener ist, als sie. Andererseits war immer irgendwie Alkohol im Spiel, soweit ich die Kennenlernen und Zusammenkommen von Freunden bezeugen kann.
Der Kontext der Begegnung ist auch kein absoluter Maßstab. Natürlich lässt sich leicht behaupten, dass Flirten im beruflichen Kontext untersagt sei. Dem steht jedoch entgegen, dass sich ca. 10 % der Paare bei der Arbeit kennengelernt haben. Zuzwinkern, ansprechen etc. am Arbeitsplatz ist also nicht per se tabuisiert. Andererseits kann auch Flirtverhalten in Diskotheken als belästigend empfunden werden.
Naehkaestchen hat geschrieben: ↑03 Dez 2017 10:06Das bedeutet ja, dass das Hausverbot in der Diskothek unzulässig ist, weil gegen ihn kein rechtskräftiges Urteil wegen sexueller Belästigung vorliegt. Vielleicht kann er Schadensersatz (Eintrittspreis/Fahrtkosten) von der Diskothek verlangen, weil sie ihm offenbar zu Unrecht Hausverbot erteilten.
Ja, genau: Die Türsteher wegen eines Streitwerts von 10 € verklagen.
Unsere Welt ist so bizarr. Ausgerechnet Türsteher, die Sexismus und Gewalt gerade zu ausstrahlen und bei mitunter Streitigkeiten untereinander eine Schlichtung nach Kanun oder Scharia anstreben, hat unsere Gesellschaft zu informellen Normalitätsrichtern ernannt.