Melli hat geschrieben: ↑31 Jul 2019 14:03
Gatem hat geschrieben: ↑31 Jul 2019 11:49Aber warum sollte sich denn ausgerechnet die Gruppe derer, die den Augenkontakt vermeiden, an diejenigen die ihn suchen anpassen?
Weil letztere sich für die dominantere Gruppe hält, die anderen ihre Positionen aufzwingen kann.
Gatem hat geschrieben: ↑31 Jul 2019 11:49Genauso gut könnte man doch umgekehrt verlangen, dass gefälligst die andere Gruppe nicht ständig mit Augenkontakt provoziert.
Kann man ja auch. Bzw. in anderen kulturellen Kontexten wird erst gar nichts verlangt (oder erklärt), da verlieren sie zur Not auch schonmal ihr Gesicht.
Ist so ähnlich wie mit dem Schreiben. Wenn jemand meint, es sei doch "unkomplizierter", mir 1½ Stunden lang die Ohren abzukauen statt einen Brief von 1½ Seiten zu schreiben, dann ist er bei mir schon
fast unten durch. Und ich kann mir den Luxus leisten, telefonisch meistens nicht erreichbar zu sein
(Nur der Klarheit halber: wenn man sich kennt, geschweige gut kennt, ist das alles ja auch keine Dreistigkeit.)
(Und auch wenn ich mich wiederhole: ein Gesicht besteht nicht nur aus einem paar Augen. Wie wäre es z.B. mit Lächeln?
)
Auf mich wirkt das Geschriebene von euch beiden wie ein gewichtiger Bestandteil einer Vermeidungsstrategie.
Die, die es können werden mit negativen Eigenschaften belegt und man selbst ist durch das Fehlen dieser Fähigkeit auf der moralisch besseren Seite. „Dominant“, „wollen aufzwingen“.
Dabei wird Augenkontakt überwiegend friedlich zum Aufbau von zwischenmenschlicher Beziehung verwendet.
Dann werden andere kulturelle Kontexte aufgeführt. Was nützen die in Europa? Das ist ein Ausweichargument.
Der Wille zu telefonieren wird als negative Eigenschaft dargestellt. Was ich nicht mag oder kann, das ist schlecht. Meine Ersatzherangehensweise jedoch objektiv überlegen.
Und auch ein Nutzen wird gesucht und gefunden (Zeit gespart).
Tatsächlich tritt die Angst vor Telefonaten häufig in Verbindung mit der Schwierigkeit anderen in die Augen zu sehen auf. Weil häufig beides auf die gleiche Ursache zurück zu führen ist.
Und die Karte "Relativierung des Nutzen von Blickkontakten" wird auch noch ausgespielt. (Das Gesicht besteht nicht nur aus Augen)
Niemand hat bezweifelt, dass die Mimik als solche von Bedeutung ist. Und zur Mimik gehört nun mal der Blick zu einem hohen Anteil dazu.
Mir ist es egal, ob ihr nun andere Menschen in die Augen schauen wollt oder könnt. Aber die „andere Seite“ für ihre mühelose Fähigkeit zum Augenkontakt herabzuwürdigen, bringt eigentlich nur einen Nutzen: Die Vermeidung zu begründen in dem das eigene Verhalten zum besseren Verhalten erhoben wird.