NBUC hat geschrieben: ↑02 Mai 2019 14:40
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑02 Mai 2019 13:03
Wenn man sowieso mit jemandem über dessen Spezialgebiet redet, dann wird derjenige sicherlich nicht aus Rücksicht auf den Laien ihm gegenüber seinerseits wie ein Laie reden, damit der Laie a) seinen Kopf nicht anstrengen muß und b) sich gegenüber dem Experten nicht minderwertig fühlt.
Ich denke schon, dass das es - gerade auch in der Hinsicht, dass so ein Gespräch dann hier ja nicht im eigenen Kreis stattfindet - im Interesse des Nerds wäre hier auf sein Gegenüber zu zu gehen. Und didaktische Prinzipien sollten auch einem Kopfmenschen zugänglich sein.
Problematisch wird es halt, wenn er zu dem falschen Schluss kommt, mit dem erklärten Interesse und ggf. ein paar aufgeschnapptren Schlagwörtern oder gar einem kontroversen Diskussionsversuch sein Gegenüber stände auf demselben Spielfeld.
Oder es dann zwar - auch bewußt - klein anfängt, aber irgendwie im Laufe des Gesprächs "Eigendynamik" entwickelt und "um es richtig zu machen" dann doch mehr und mehr aufgehäuft wird.
Es gibt da immer noch Abstufungen. Auf den Gesprächspartner zuzugehen, sollte meines Erachtens kaum bedeuten, selbst in einem langen Gespräch über dieses Thema dauerhaft nicht ein Iota über das Niveau seines Gesprächspartners hinauszugehen und nicht das kleinste bißchen Trivia oder sonstige Information einzustreuen, von dem der Gesprächspartner noch nichts weiß.
Zum einen wird der Nerd so mitnichten seiner Faszination über das Thema Ausdruck verleihen können – zumal einen Nerd-Kopfmenschen so ein Thema anders faszinieren wird als seinen Nichtnerd-Gemütsmensch-Gegenüber. Aber genau das soll er ja zum Ausdruck bringen, was ihn so fasziniert. Was
ihn fasziniert. Und das ist etwas Sachliches und nicht etwas Emotionales. Was einen Nichtnerd-Gemütsmenschen daran faszinieren könnte, kann er nicht wissen, außerdem ist es nicht Gegenstand des Gesprächs. Gegenstand des Gesprächs ist, was
ihn fasziniert und warum.
Zum anderen: Was soll der Nerd dann seinem Gegenüber erzählen, wenn er nichts einbauen darf, was sein Gegenüber nicht weiß? Das Gespräch wäre also sehr kurz. Ein Nerd könnte dir eine Stunde lang etwas zum Thema erzählen. Er kann dir aber nicht eine Stunde lang vorschwärmen, wie schön es ist, ohne auch nur das kleinste bißchen an sachlichen Informationen einzubauen.
Andererseits wird hier aber allem Anschein nach genau das von allen Nerds in allen Gesprächen zu all ihren Hobbys und Leidenschaften gefordert: daß sie darüber zu 100% reden wie ein Nichtnerd-Gemütsmensch und keinerlei sachliche Informationen einfließen lassen, weil das den Gegenüber vielleicht überfordern könnte.
Das ist der Grund, warum viele Nerds ganz einfach keine Lust haben, mit offenkundig extremen Nichtnerds über ihre Nerd-Leidenschaften zu reden: weil es viel zu anstrengend – um nicht zu sagen, unmöglich – ist, es a) faszinierend darzulegen, aber b) es zu 100% aus der Sicht eines Nichtnerd und zu 100% mit dem Vokabular eines Nichtnerd zu erklären, ohne auch nur ein bißchen bis dahin unbekannte Zusatzinformationen einzustreuen. Aber genau das wird von ihnen erwartet. So manch ein Nerd rettet sich dann kurzerhand, indem er die interessierte Anfrage im Keim erstickt mit: „Verstehst du nicht“ oder „Zu kompliziert.“
Wenn ein Nichtnerd an tatsächlichen sachlichen Informationen interessiert ist oder zumindest bereit ist, entsprechenden Schilderungen zuzuhören, dann erzählt der Nerd gern. Blockt der Nichtnerd da aber knallhart ab und akzeptiert ausschließlich Emotionales, blockt auch der Nerd ab und erklärt das Gespräch einseitig für beendet.
Jetzt werden die Gemütsmenschen unter euch mich fragen: „Ja, will der Nerd diesen Menschen denn gar nicht kennenlernen?“
Meine Antwort:
Diesen konkreten Menschen will er in der Tat – sofern er ihn nicht schon kennt –
nicht kennenlernen. Es bringt ihm einfach keinen Vorteil,
diesen Menschen zu kennen. Im Gegenteil: Eine Bekanntschaft aufzubauen und dann aufrechtzuerhalten mit einem Menschen, der so meilenweit von der eigenen Wellenlänge entfernt ist, ist für den Nerd kein bißchen gewinnbringend, dafür aber um so belastender. Das tut er sich nicht an. Da bleibt er lieber unter Nerds. Die verstehen ihn wenigstens, wenn er etwas sagt.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.
Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs