Hallo DR,
ich finde, wenn man diese Art von Problemen hat, ist man schon ein schönes (!) Stück weiter gekommen. Dazu solltest du dir selbst mal bei Gelegenheit gratulieren, auch wenn es sich vielleicht jetzt gerade nicht so danach anfühlt. Zoom mal raus, aus der aktuellen Problemsicht und vergleiche damit, wo du vor einiger Zeit gestanden bist. In dieser Perspektive kannst du erkennen, dass du weiter gekommen bist und das heisst auch, dass es noch weiter gehen wird. Zu tun gibt es allerdings in der von dir beschriebenen Situation noch was.
Deine Reflektierte Art halte ich für viel versprechend. Du hast drei Ebenen angesprochen.
Das eine ist dein Verhalten, das nächste das ist die Beziehung, und schliesslich ist da die Persönlichkeitsentwicklung - eventuell mit professioneller Unterstützung. Alle drei Bereiche kann man parallel bearbeiten und das parallele Vorgehen ist auch das Beste, weil sie sich gegenseitig fördern.
Grundlegende persönliche Probleme kann man durchaus in einer Psychotherapie angehen. Das ist auch kein "Hochpathologisieren", wie manchmal befürchtet wird. Es ist einfach ein gründliches Angehen dessen, was einem wichtig ist. (Nebenbei gesagt: ich habe mir auch mal eine längere Psychotherapie selbst finanziert, weil ich einige Angelegenheiten gründlich bereinigen wollte. Darunter waren auch Beziehungsprobleme.) Wie du das im Detail angehst, wirst du schon herausfinden.
Das, was du von euren Gesprächen wieder gegeben hast, klingt recht gut. Ihr schaut auf einander und ihr redet. Wenn du deiner Partnerin erzählst, womit du dich herumschlägst, dann weiss sie was los ist. Dabei ist es gar nicht notwendig, dass sie jedes Detail versteht. Oft kennt man sich nicht einmal selbst so richtig mit sich aus. Wichtig ist, dass sie weiss, dass du dich nicht von ihr abwendest, wenn du dich mit deinen Angelegenheiten herum schlägst. Es geht um das Verbindung Halten.
Ganz besonders hilfreich ist es, wenn man sich bei aller Unterstützung von der Partnerin, dessen bewusst bleibt, dass man selbst die Verantwortung für den Umgang mit seinen eigenen Problemen trägt. Das scheint mir bei dir - so weit ich das deinen Beiträgen entnehmen kann - recht gut gegeben sein. Das hilft auch dabei, die Probleme nicht zum Beziehungshauptthema zu machen. Hauptthema sollte die gemeinsame Freude am Leben bleiben.
Der dritte genannte Bereich ist dein Verhalten. Das klingt vielleicht jetzt banal, aber hier kannst du unmittelbar ansetzen und etwas verändern. Es geht so zu sagen darum, dass du ein besseres Umgehen mit Wartesituationen lernst. Das ist ein Bereich, wo auch ich sehr viel lernen musste. In meiner Herkunftsfamilie gab es immer Stress, wenn einer auf den anderen warten musste. Und ich habe als Kind und Jugendlicher viel elende Warterei erlebt, ich habe mich vernachlässigt gefühlt. Dabei habe ich mir eine sehr kontraproduktive emotionale Haltung angewöhnt. Irgendwann war sie sinnvoll, aber später war sie das nicht mehr. Ich war beim Warten blockiert, und geriet in fürchterliche emotionale Zustände. Was mir geholfen hat, war nicht mehr untätig zu warten, sondern die Zeit anders zu nutzen. Wennn ich jetzt mal untätig warte, erkenne ich das schnell und beende es unmittelbar. Ich distanziere mich von den hochkommenden Emotionen und orientiere mich zeitlich und ich schau mir die gerade vorliegende Situation nüchtern an. Ich lese dann was, ich wasche Geschirr, putze Schuhe, entwerfe ein Projekt im Kopf, oder was auch immer - je nach der Verfügbarkeit von Ressourcen.
Vielleicht brauchst du etwas anderes, vielleicht ist deine Ausgangssituation auch anders, aber den Umgang mit Wartesituationen kann man lernen. FÜr Details dazu stehe ich gerne wieder zur Verfügung.