Nehmen wir mal folgende Situation: Man spricht mich irgendwie an und sagen wir mal, derjenige wirkt dabei sympathisch, kann ich da inzwischen durchaus auch erstmal ein bisschen relativ unbefangen rumflirten (wahrscheinlich aber auch erst, seitdem ich diese Partnerlosigkeit für mich als Lebensmodell vermeintlich akzeptiert habe). Nicht, dass es ständig passieren würde, aber kommt vor. Wenn ich das Gespräch dann uninteressant oder plump finde, kriege ich es inzwischen auch hin, mich charmant aus der Affäre zu ziehen. Wenn es netter wird und derjenige deutlicheres Interesse zeigt, gibt es dann schon auch mal ein Kompliment. Bezogen auf meine Erscheinung bin ich mit den Jahren auch selbstbewusster geworden und wenn mir z. B. jemand sagt, dass ich mit meinen langen Beinen elegant wirke, dann weiß ich schon, dass das so ist (und finde das dann eigentlich auch schmeichelhaft, auch wenn ich nichts dafür getan habe, dass sie lang sind). Nur habe ich dann irgendso einen innerlichen Zwang, einen selbstironischen Witz darüber zu machen, entweder so in der Art: Naja, wenn man über 1,80 ist, bleiben lange Beine nicht aus. Manchmal rutscht mir, ohne dass ich mich beherrschen kann, dann aber auch bekloppteres raus wie "Meine Oberschenkel waren aber auch mal schlanker" oder so Sachen, wo man hinterher selbst denkt, oh Mann ... Das ganze aber dennoch mit einem Augenzwinkern, so dass ich bloß auch nicht den Eindruck vermittele, ich würde das jetzt überhaupt ernst nehmen.BartS hat geschrieben: ↑02 Sep 2018 15:03Hmm, der erste Schritt zur Relativierung ist nach der Ernsthaftigkeit eines Komplimentes zu fragen. Vielleicht sollte man es ähnlich wie beim Flirt sehen, die Sache genießen und nicht bierernst nehmen. Man könnte sich aber auch sagen, dass Dein Gegenüber möchte, dass Du Dich gut fühlst und deshalb das Kompliment gibt.Calliandra hat geschrieben: ↑31 Aug 2018 21:46 Das würde mich auch interessieren, wie ernst Komplimente wirklich gemeint sind ... Ich neige übrigens auch immer dazu, Komplimente zu relativieren.
Das ist wahrscheinlich einfach so eine Art Vermeidung aus Angst, dass derjenige mich in bestimmten Punkten erstmal oberflächlich attraktiv finden könnte und wenn er mich dann richtig kennenlernt, ich für ihn dann sowieso als Frau nicht mehr interessant bin und diese ersten äußerlichen Reize dann egal sind. Und genau das ist ja das Problem, dass man in so einer eigentlich noch völlig offenen Situation sich überhaupt unterbewusst Gedanken darüber macht. Aber das ist in meinem Fall als Abine Mitte 40 nun mal leider stark verinnerlicht, dass es niemanden gibt, der ernsthaft und dauerhaft an einem interessiert sein könnte.
Wie du schon sagst, egal, was das jetzt bedeutet, das beste wäre natürlich, einfach erstmal mitspielen und genießen. Aber problematisch ist es halt, wenn das Unterbewusstsein einem da einen Strich durch die Rechnung macht und man nicht so einfach pragmatisch entscheiden kann, dass das jetzt die angemessenste Art ist, darauf zu reagieren.
Es gibt schon Momente, wo ich mir dann ganz bewusst gesagt habe, ok, ich habe ein Kompliment bekommen (jetzt mal unabhängig davon, ob es eine Flirtsituation ist oder nicht – egal, ob von Männlein, Weiblein oder egal ob für irgendwas oberflächliches oder eine Leistung oder sonstwas) und ich freu mich drüber, also lächele ich und bedanke mich. Insofern ist das zumindest schon ein Fortschritt.
Aber nochmal zur Unsicherheit in Bezug auf die Ernsthaftigkeit von Komplimenten:
Ich denke mal, ich krieg schon ganz gut mit, ob jetzt irgendwas nur so dahingesagt ist oder ein ehrliches Kompliment ist. Also meine ich mit Ernsthaftigkeit vielleicht nicht Ehrlichkeit, sondern eher so dieses "wie ernst nimmt derjenige mich jetzt, wenn er mir dieses Kompliment gibt". Aber wie du schon sagst, sollte man sich an der Stelle wohl nicht allzusehr die Rübe zerbrechen ...