Gendern?

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Gendern? Ja*Nein*Vielleicht

Umfrage endete am 14 Feb 2022 17:10

Ich gendere immer
2
2%
Ich gendere nie
28
25%
Ich gendere im Schriftlichen
9
8%
Ich gendere im normalen Sprachgebrauch
4
4%
Mir fällt gendern schwer
15
14%
Mir fallt gendern leicht
4
4%
Jeder sollte Gendersprache mit * : _nutzen
2
2%
Gendersprache lehne ich mit * : _ ab
12
11%
Gendersprache ist gerchter
6
5%
Ich fühle mich nur in Gendersprache auch mitangesprochen
2
2%
Ich fühle mich beim generischen Maskulin prinzipiell auch angesprochen
22
20%
Was anderes
4
4%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 110

ERSTER BEITRAG DES THEMAS
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Esperanza
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Gendern?

Beitrag von Esperanza »

Was haltet ihr vom Thema gendern? Gendert ihr oder nicht? Seid ihr dafür oder dagegen?
Ich persönliche finde das ziemlich konstruiert und kompliziert. Es macht nichts einfacher.
Kein Mensch war ohne Grund in deinem Leben. Der eine war ein Geschenk. Der andere eine Lektion. Manche auch beides.

ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Reinhard
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Re: Gendern?

Beitrag von Reinhard »

Ich halte es für reines Virtue Signalling. "Wir Leute, die gendern, gehören zu den Guten."

Was es sonst soll, weiß ich nicht. :gruebel:
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Daswirdwohlnix
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Schwieriges Thema.

Privat gendere ich gar nicht.

Bei der Arbeit gab es vor ca. einem Jahr eine Mail der Geschäftsleitung, dass Geschlechtergerechtigkeit wichtig sei und deshalb auf eine geschlechtergerechte Sprache zu achten wäre. Mittlerweile wird im Unternehmen gegendert, aber eher nach außen als innerhalb (das kann ich zumindest mit Bezug auf die Leute sagen, mit denen ich regelmäßig spreche und schreibe). Wie gegendert wird, ist aber unternehmensweit nicht ganz einheitlich. Keine Ahnung, ob das noch geändert wird.

Ich hätte kein Problem damit, meine Art zu sprechen bzw. zu schreiben zu ändern, wenn ich glaubte, dadurch gerechter bzw. weniger diskriminierend zu handeln. Aus Bequemlichkeit alles beim alten zu lassen hielte ich tatsächlich für keinen guten Grund. Tatsächlich aber ist die sich selbst so nennende "geschlechtergerechte Sprache" keineswegs so klar gerecht bzw. die herkömmliche Sprache so klar ungerecht, wie die Gender-Befürworter meinen.

Ich habe unter anderem Linguistik studiert und kenne mich zumindest ein wenig in der Problematik aus. Das heißt natürlich nichts, denn auch innerhalb der Linguistik ist das Thema umstritten. Pro Gendern sind etwa der an der FU Berlin tätige und medial in diesem Zusammenhang bekannte Linguist Anatol Stefanowitsch sowie Kathrin Kunkel-Razum, die Leiterin der DUDEN-Wörterbuch-Redaktion. Dagegen sind z. B. der altgediente Linguist Peter Eisenberg (früher unter anderem Autor der DUDEN-Grammatik) und die an der Uni Bozen tätige Linguistin Eva Trutkowski, die im Zuge der aktuellen Debatte einige (Online-)Artikel zum Thema verfasst hat.

Mit der Diskussion der Pro- und Contra-Argumente kann man ganze Abende verbringen, ich denke, das führt hier zu weit; aber ich möchte auf ein Interview mit Eva Trutkowski verlinken (https://www.welt.de/kultur/article22381 ... it-ab.html), das meines Erachtens gut die Problematik des Genderns aufzeigt und vor allem klarmacht, dass man keinesfalls ein reaktionärer, frauenfeindlicher alter weißer Mann sein muss, um das Gendern für keine gute Idee zu halten. Hätte ich ein Problem mit Frauen oder mit Gleichberechtigung, hätte ich den falschen Job, denn ich arbeite in einem frauendominierten Umfeld und habe einige Frauen in der Hierarchie über mir. Tatsächlich finde ich die Pro-Gendern-Argumente einfach sachlich falsch, das ist alles.

Das generische Maskulinum hat im Deutschen eine Funktion, die durch keine der vorgeschlagenen Alternativen adäquat erfüllt wird. Einzige Ausnahme: Das wenig bekannte, wegen seiner "Putzigkeit" sich wahrscheinlich nie durchsetzende Entgendern nach Phettberg (https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 0176418810), das ich, würde ich das Gendern gutheißen, deshalb für den besten Kandidaten zur Lösung sprachlicher Ungerechtigkeit hielte.

Genug der Fachsimpelei.
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Kalypso
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Re: Gendern?

Beitrag von Kalypso »

Oh, das Gendern nach Phettberg gefällt mir. :daumen:
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Kalypso hat geschrieben: 15 Jan 2022 17:52 Oh, das Gendern nach Phettberg gefällt mir. :daumen:
Es funktioniert genau wie das generische Maskulinum, das ist das Entscheidende: Es bezeichnet eine Einzelperson oder auch eine Personengruppe, über die man sprechen will, wobei

a) man nicht weiß, welches Geschlecht die Person hat bzw. die Personen haben, über die man sprechen möchte, oder

b) das Geschlecht derjenigen, über die man redet, im Gesprächszusammenhang unwichtig ist und deshalb unerwähnt bleibt.

Alle anderen vorgeschlagenen Gender-Alternativen können das entweder gar nicht oder nur viel umständlicher leisten.
Zuletzt geändert von Daswirdwohlnix am 15 Jan 2022 18:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Gendern?

Beitrag von Kalypso »

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:11
Kalypso hat geschrieben: 15 Jan 2022 17:52 Oh, das Gendern nach Phettberg gefällt mir. :daumen:
Es funktioniert genau wie das generische Maskulinum, das ist das Entscheidende: Es bezeichnet eine Einzelperson oder auch eine Personengruppe, über die man sprechen will, wobei

a) man nicht weiß, welches Geschlecht die Person hat bzw. die Personen haben, über die man sprechen möchte, oder

b) das Geschlecht derjenigen, über die man redet, im Gesprächszusammenhang unwichtig ist und deshalb unerwähnt bleibt.

Alle anderen vorgeschlagenen Gender-Alternativen können das entweder gar nicht oder nur viel umständlicher leisten.
Volle Zustimmung und es lässt sich so einfach verwenden.
Vielleicht sollten wir es einfach regelmäßig verwenden und so unters Volk bringen? :frech2:
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Kalypso hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:13
Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:11
Kalypso hat geschrieben: 15 Jan 2022 17:52 Oh, das Gendern nach Phettberg gefällt mir. :daumen:
Es funktioniert genau wie das generische Maskulinum, das ist das Entscheidende: Es bezeichnet eine Einzelperson oder auch eine Personengruppe, über die man sprechen will, wobei

a) man nicht weiß, welches Geschlecht die Person hat bzw. die Personen haben, über die man sprechen möchte, oder

b) das Geschlecht derjenigen, über die man redet, im Gesprächszusammenhang unwichtig ist und deshalb unerwähnt bleibt.

Alle anderen vorgeschlagenen Gender-Alternativen können das entweder gar nicht oder nur viel umständlicher leisten.
Volle Zustimmung und es lässt sich so einfach verwenden.
Vielleicht sollten wir es einfach regelmäßig verwenden und so unters Volk bringen? :frech2:
Warum nicht einfach das generische Maskulinum beibehalten? :frech2:
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Re: Gendern?

Beitrag von Reinhard »

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:19 Warum nicht einfach das generische Maskulinum beibehalten? :frech2:

Es löst das Problem nicht. Das da wäre: das generische Maskulin zu unterscheiden davon, dass man ein explizit männliches Exemplar meint. Das generische Feminimum verschiebt das Problem nur, und das Gendern tut nur so, als wäre es eine Lösung, ändert aber eigentlich nichts.
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Re: Gendern?

Beitrag von Mit müden Augen »

Ach ja, das ist so ein Thema... Darf ich mich als Mann überhaupt dazu äußern? :roll: Ich finde gendern total überflüssig und nervig. Gleichberechtigung, klar, selbstverständlich und wenn ich von einer konkreten Person spreche dann sage ich natürlich auch "Esperanza ist Moderatorin", aber diese Sternchen überall... :roll:

Ich hatte mal ein Gedicht zu diesem Thema geschrieben. :shy: viewtopic.php?p=1152223#p1152223
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Re: Gendern?

Beitrag von Einzelgänger »

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Damit ist eigentlich alles gesagt.
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Reinhard hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:26
Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 18:19 Warum nicht einfach das generische Maskulinum beibehalten? :frech2:

Es löst das Problem nicht. Das da wäre: das generische Maskulin zu unterscheiden davon, dass man ein explizit männliches Exemplar meint. Das generische Feminimum verschiebt das Problem nur, und das Gendern tut nur so, als wäre es eine Lösung, ändert aber eigentlich nichts.
Vom Prinzip her besteht das von Dir genannte Problem der Verwechslung, aber in den allermeisten Fällen stellt der Kontext sicher, dass sich die – unstrittig vorhandene – Doppeldeutigkeit maskuliner Formen auflöst und das jeweilige Wort eindeutig wird. Das ist das Kernargument von Eva Trutkowski. Ein Satz wie "Die Passagiere verließen das Flugzeug" ist nur selten so uneindeutig, wie von Gender-Befürwortern behauptet wird. Ohne Kontext sind auch andere Wörter mehrdeutig: Handelt "Der neue Anhänger gefiel ihr gut" von einem an einer Halskette getragenen Schmuckstück oder von einem Transportmittel für die hauseigenen Turnierpferde? Bei solchen Wörtern fordert ja auch niemand, dass neue Wörter oder Wortformen benutzt werden sollen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Würde ich "Die Passagierinnen und Passagiere verließen das Flugzeug" schreiben, würde ich mich damit darauf festlegen, dass die Menschen an Bord teils Männer, teils Frauen – und nichts anderes waren. In vielen Fällen weiß ich so etwas aber gar nicht, bspw. als Journalist, der eine Presseagenturmeldung zu einem Zeitungsartikel umschreibt.

Würde ich hingegen "Die Passagier*innen [oder Passagier_innen usw.] verließen das Flugzeug" schreiben, würde ich mich damit darauf festlegen, dass unter den Menschen an Bord Männer, Frauen sowie Menschen waren, die weder Mann noch Frau sind. Auch das kann ich aber nur wissen, wenn ich eine vollständige Passagierliste vorliegen habe und außerdem weiß, welches Geschlecht jede einzelne an Bord befindliche Person hat. Das festzustellen dürfte aber in den allermeisten Fällen äußerst schwierig bis unmöglich sein – gerade in Zeiten, in denen die Transsexuellenbewegung dafür kämpft, dass "Geschlecht" eine bestimmte Form von Identitätsgefühl ist, nicht aber das Vorhandensein bestimmter Körperteile oder bestimmter Chromosomensätze.

Gendern ist meiner Meinung nach ein sehr gutes Beispiel für die Möglichkeit, dass Konzepte, die auf den ersten Blick zumindest einigermaßen plausibel scheinen, immer mehr in sich zusammenfallen, je mehr man sie zu Ende denkt.
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Re: Gendern?

Beitrag von Reinhard »

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:09 Vom Prinzip her besteht das von Dir genannte Problem der Verwechslung, aber in den allermeisten Fällen stellt der Kontext sicher, dass sich die – unstrittig vorhandene – Doppeldeutigkeit maskuliner Formen auflöst und das jeweilige Wort eindeutig wird. Das ist das Kernargument von Eva Trutkowski. Ein Satz wie "Die Passagiere verließen das Flugzeug" ist nur selten so uneindeutig, wie von Gender-Befürwortern behauptet wird.

Das ist ja durchaus richtig, dass es im Alltag selten einen Unterschied macht. Aber wenn man dann schon Vorschläge aufbringt, was man verbessern könnte ("Gendern"), dann sollte es was sein, das die Doppeldeutigkeit auflöst. Weil --- in Programmiererdenkweise (ich kann da nicht anders) --- das der Bug ist.

Also wie kann man klarmachen, dass explizit männliche Mitglieder gemeint sind? Beispiel nur mit generischem Maskulinum:
Aufgrund des Verdachts auf einen männlichen Täter bat die Polizei die Passagiere sitzenzubleiben, während die Passagierinnnen aussteigen durften.


Und selbst bei dem Beispiel musste ich schon den Täter mit Adjektiv "männlich" beschreiben, bei einer Täterin wäre das nicht notwendig. (Obwohl man das im Polizeisprech wahrscheinlich finden würde MIT Adjektiv.) Und was da rauskommt ist halt verwirrend. :verwirrt:
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Re: Gendern?

Beitrag von dr_Levelboss »

Das ist tatsächlich ein schwieriges Thema.

Grundsätzlich ist es leider so, das Frauen in Schubladen gesteckt und benachteiligt wurden und immer noch werden. Das sollten wir auf jeden Fall ändern.

Daran ändert natürlich das Gendern nichts, ich kann aber auch nachvollziehen, dass es Frauen gibt, die das irgendwie als Symbol brauchen, bzw die das als Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung sehen.

Ich halte die Tatsächiche Gleichberechtigung von Frauen auch für viel wichtiger, wenn wir da schon weiter wären, bräuchten wir uns über das Gendern vermutlich nicht unterhalten.

Kommunikativ, finde ich Gendern erstmal gut, weil es auf jeden Fall mehr Menschen miteinschließt. Ich finde es aber auch irgendwie schlecht, da es sehr viel Raum bei der Kommunikation einnimmt und so viellecht die tatsächliche Information die kommuniziert werden soll untergeht.
Es ist leider auch so, dass es unsere Sprache irgendwie Kaputt macht, da wir noch keine Möglichkeit gefunden haben das geschmeidig in unserer Sprache zu integrieren. Da finde ich die Idee mit dem "das Schüly" eigentlich noch am besten, klingt aber in vielen Bereichen zu niedlich und wird sich vermutlich nicht durchsetzten.

Ich gendere hier und da schon mal, da ich verstehen kann wie es sich anfühlt ausgeschlossen zu werden und das möchte ich so gut wie möglich verhindern.
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Reinhard hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:28
Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:09 Vom Prinzip her besteht das von Dir genannte Problem der Verwechslung, aber in den allermeisten Fällen stellt der Kontext sicher, dass sich die – unstrittig vorhandene – Doppeldeutigkeit maskuliner Formen auflöst und das jeweilige Wort eindeutig wird. Das ist das Kernargument von Eva Trutkowski. Ein Satz wie "Die Passagiere verließen das Flugzeug" ist nur selten so uneindeutig, wie von Gender-Befürwortern behauptet wird.

Das ist ja durchaus richtig, dass es im Alltag selten einen Unterschied macht. Aber wenn man dann schon Vorschläge aufbringt, was man verbessern könnte ("Gendern"), dann sollte es was sein, das die Doppeldeutigkeit auflöst. Weil --- in Programmiererdenkweise (ich kann da nicht anders) --- das der Bug ist.

Also wie kann man klarmachen, dass explizit männliche Mitglieder gemeint sind? Beispiel nur mit generischem Maskulinum:
Aufgrund des Verdachts auf einen männlichen Täter bat die Polizei die Passagiere sitzenzubleiben, während die Passagierinnnen aussteigen durften.


Und selbst bei dem Beispiel musste ich schon den Täter mit Adjektiv "männlich" beschreiben, bei einer Täterin wäre das nicht notwendig. (Obwohl man das im Polizeisprech wahrscheinlich finden würde MIT Adjektiv.) Und was da rauskommt ist halt verwirrend. :verwirrt:
Klar, die Alltagssprache ist keine Programmiersprache und auch kein logischer Kalkül. In denen darf es keine Doppeldeutigkeit geben. Im Alltag kommen die meisten Leute gut mit den vorhandenen Sprachmitteln zurecht. Wenn es darauf ankommt, wird so gesprochen, dass Eindeutigkeit gewährleistet ist. Man macht sich eben nicht mehr Mühe, als je nach Situation nötig.

Dein Beispiel wäre wahrscheinlich verständlicher, wenn man die Personengruppen in umgekehrter Reihenfolge genannt hätte:

"Aufgrund des Verdachts auf einen männlichen Täter ließ die Polizei die Passagierinnen aussteigen, während die Passagiere sitzenbleiben mussten."
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

dr_Levelboss hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:34 Es ist leider auch so, dass es unsere Sprache irgendwie Kaputt macht, da wir noch keine Möglichkeit gefunden haben das geschmeidig in unserer Sprache zu integrieren. Da finde ich die Idee mit dem "das Schüly" eigentlich noch am besten, klingt aber in vielen Bereichen zu niedlich und wird sich vermutlich nicht durchsetzten.
Ja, weil die Phettberg-Methode dazu führen würde, dass wir auch von "Massenmördys" und "Kinderschändys" sprechen müssten, wird sich diese Methode höchstwahrscheinlich nie durchsetzen, das denke ich auch.

Viele Feministinnen lehnen die Methode aber vor allem deshalb ab, weil sie explizit "Frauen in der Sprache sichtbar" machen wollen, das ist der ursprüngliche Impuls der feministischen Linguistik, die sich in den 1970er bzw. 1980er Jahren entwickelt hat.

Wenn man das generische Maskulinum als Form begreift, die Frauen unsichtbar macht, ist so eine Haltung nachvollziehbar. Aber die Forderung, Frauen – und Männer – überall explizit zu nennen, bringt eben die nicht triviale Schwierigkeit mit sich, dass man, um über Menschengruppen sprechen zu können, erst einmal deren Geschlechterzusammensetzung kennen muss, damit man weiß, welche Wortformen man zu wählen hat. Abgesehen davon wird einem beim gegenwärtigen Gendern ständig vor Augen gehalten, dass Menschen ein Geschlecht haben, auch wenn das erstens jeder weiß und zweitens in den meisten Situationen vollkommen irrelevant ist.

Beim generischen Maskulinum hingegen stellen sich, das zeigt der alltägliche Sprachgebrauch, die meisten Menschen eben keinesfalls lediglich Männer vor, sondern meistens gar keine konkreten Personen. Dadurch werden zwar Frauen nicht sichtbar gemacht, Männer aber eben auch nicht. Denn um das Geschlecht geht es in den meisten Fällen gar nicht. Und wenn das Geschlecht doch von Bedeutung sein sollte in bestimmten Situationen, dann kann man es ja immer noch deutlich machen.
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Re: Gendern?

Beitrag von Reinhard »

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:43 Dein Beispiel wäre wahrscheinlich verständlicher, wenn man die Personengruppen in umgekehrter Reihenfolge genannt hätte:

Dass man es irgendwie hinkriegt, habe ich nicht in Frage gestellt ... ;)

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:43 "Aufgrund des Verdachts auf einen männlichen Täter ließ die Polizei die Passagierinnen aussteigen, während die Passagiere sitzenbleiben mussten."

Ein workaround ... gelöst wäre es, wenn es eine männliche Form gibt, dann könnte die Polizei durch das Lautsprechersystem durchsagen "Wir bitten die Passagierannen, sitzenzubleiben." Also, wenn man die männliche Form mit "-an" als Endung bilden würde, so als Idee.

Und dann wäre das Wort Passagier vom Ballast des irgendjemanden Mit-meinens befreit. :hierlang:
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Reinhard hat geschrieben: 15 Jan 2022 20:15
Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:43 Dein Beispiel wäre wahrscheinlich verständlicher, wenn man die Personengruppen in umgekehrter Reihenfolge genannt hätte:

Dass man es irgendwie hinkriegt, habe ich nicht in Frage gestellt ... ;)

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 19:43 "Aufgrund des Verdachts auf einen männlichen Täter ließ die Polizei die Passagierinnen aussteigen, während die Passagiere sitzenbleiben mussten."

Ein workaround ... gelöst wäre es, wenn es eine männliche Form gibt, dann könnte die Polizei durch das Lautsprechersystem durchsagen "Wir bitten die Passagierannen, sitzenzubleiben." Also, wenn man die männliche Form mit "-an" als Endung bilden würde, so als Idee.

Und dann wäre das Wort Passagier vom Ballast des irgendjemanden Mit-meinens befreit. :hierlang:
Klar, das ginge. Wäre zwar kürzer als Deine erste und meine Version, aber nicht eindeutiger.

Der Witz an Deinem Beispiel ist ja, dass es dort tatsächlich wichtig ist, die Geschlechter getrennt zu benennen. Beim Gendern hingegen wird umgekehrt das Geschlecht der in Rede stehenden Personen deutlich gemacht, obwohl es in den meisten Fällen gar nichts zur Sache tut.

Das Optimum wäre sicherlich, wenn es von jeder Personenbezeichnung drei Formen gäbe: Eine rein männliche, eine rein weibliche und eine geschlechtslose. Obwohl man damit natürlich in der klassischen biologischen Zweigeschlechtlichkeit bliebe, die, ich schrieb es ja oben schon, momentan auch immer strittiger wird. Damit wären sicherlich auch nicht alle zufrieden.
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Re: Gendern?

Beitrag von Reinhard »

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 20:30 Das Optimum wäre sicherlich, wenn es von jeder Personenbezeichnung drei Formen gäbe: Eine rein männliche, eine rein weibliche und eine geschlechtslose.

Aber das wäre genau die Idee dahinter:
männlich: Passagieran
weiblich: Passagierin
geschlechtlos: Passagier
(Mehrzahl wie gehabt mit -nen bzw. -e)

Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 20:30 Obwohl man damit natürlich in der klassischen biologischen Zweigeschlechtlichkeit bliebe, die, ich schrieb es ja oben schon, momentan auch immer strittiger wird. Damit wären sicherlich auch nicht alle zufrieden.

Für die Diversen wären noch Passagierun und Passagieron frei. :pfeif:
Passagieren theoretisch auch noch, aber das hat anderes Verwechslungspotential.

Passagierün, Passagieryn, Passagierön, Passagierän, Passagierén, Passagierån, Passagierŏn?
(OK, ich alber rum. :schuechtern: )

Solange die diversen Geschlechter nicht zu divers (oder verfeindet) untereinander sind, wäre das kein großes Hindernis.
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Re: Gendern?

Beitrag von Daswirdwohlnix »

Reinhard hat geschrieben: 15 Jan 2022 21:26
Daswirdwohlnix hat geschrieben: 15 Jan 2022 20:30 Das Optimum wäre sicherlich, wenn es von jeder Personenbezeichnung drei Formen gäbe: Eine rein männliche, eine rein weibliche und eine geschlechtslose.

Aber das wäre genau die Idee dahinter:
männlich: Passagieran
weiblich: Passagierin
geschlechtlos: Passagier
(Mehrzahl wie gehabt mit -nen bzw. -e)
Das hatte ich schon verstanden; mein Satz sollte Deinen Vorschlag quasi zusammenfassen bzw. ausformulieren. :)

Dein Vorschlag würde prinzipiell sogar für den Hauptzankapfel der Genderdiskussion funktionieren, nämlich die unzähligen Personenbezeichnungen auf "-er" wie "Bäcker", "Handwerker" usw.: der Handwerkan, die Handwerkerin, das (?) Handwerker. Allerdings hätte dieser Vorschlag den Schönheitsfehler, dass die weibliche Form von der neutralen (ehemals männlichen) abgeleitet ist, die neue männliche hingegen für sich steht. Das würde an der Funktionalität nichts ändern, ist aber ästhetisch und sprachsystematisch nicht so schön. Oder sollte man "Handwerker" als männliche Form beibehalten und "Handwerkan" als neue neutrale Form benutzen?
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Re: Gendern?

Beitrag von Calliandra »

Ich fühle mich durch das generische Maskulinum nicht ausgeschlossen und finde es derzeit auch die unkomplizierteste Variante. Es gibt für das Gendern einfach noch keine elegante Lösung und ich war auch immer der Meinung, wenn man's konsequent machen will, müsste man tatsächlich ein Neutrum einführen. Da finde ich das Gendern nach Phettberg tatsächlich auch einen guten Ansatz.
Ich verstehe die Kritikpunkte am generischen Maskulinum, aber finde, es gibt bisher nur unästhetische und komplizierte Alternativen.