Wir möchten uns bei allen Teilnehmern für ihre Beiträge bedanken und freuen uns auf rege Beteiligung an der Abstimmung.
Jeder User darf bis zu drei Stimmen abgeben.
Die Abstimmung endet am 03.01.2017 um 22.00 Uhr.
Wir wünschen euch viel Spaß mit den eingereichten Texten!
Und hier die Wettbewerbsbeiträge:
1.
2.Wir sind unterwegs...
Unterwegs …
Von einem Ort an einen Anderen.
Von einem Punkt in unserem Leben an einen anderen Punkt in unserem Leben.
Von der Geburt bis zum Tod.
Wir sind unterwegs.
Unterwegs …
Wir sind auf dem Weg.
Auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft.
Auf dem Weg durch das Leben.
Wir sind unterwegs.
Unterwegs …
Unterwegs auf der Suche.
Auf der Suche nach dem Glück.
Auf der Suche nach unseren Träumen.
Wir sind unterwegs.
Unterwegs …
Auf der Suche nach Geborgenheit.
Auf der Suche nach der Nähe von Menschen.
Auf der Suche nach Liebe.
Wir sind unterwegs.
Unterwegs …
Auf der Suche nach dem Weg, nachdem unsere Mauern nieder gerissen wurden.
Auf der Suche nach Begleitung, um das unentdeckte Land zu erkunden.
Auf der Suche nach dem nächsten Schritt im unentdeckten Land.
Wir sind unterwegs.
Unterwegs …
Auf der Suche das Gesuchte zu finden. Wohl wissend, dass wir es vielleicht nie finden werden.
Wir sind unterwegs.
3.Unterwegs
Ich bin viel und gerne unterwegs, beruflich wie auch privat. Beruflich als Zusteller mit dem Motorroller, privat mit dem Fahrrad. Denn zuhause habe ich niemanden, bin alleine. Mich zieht es hinaus in die Welt, ziellos, meinen Träumen folgend. Denn ich will mich nicht zuhause einmauern. Isolation ist Gift für die Seele. Der Mensch braucht soziale Kontakte, sonst verkümmert er. Ich habe kaum bis sehr wenig Freunde, darum gehe ich raus und beobachte die Menschen, wie sie gruppenweise und Hand-in-Hand unterwegs sind. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es irgendwann auch mal mich treffen muss!...
Unterwegs zu sein ist schön, und dafür braucht es nicht mal ein Ziel.
4.Am Fenster
Meine Augen sind Fenster.
Ich sitze drinnen,
alles andere draußen.
Draußen ist Bewegung,
drinnen nicht.
Draußen gibt es Farben und Geräusche,
die sind auch in Bewegung.
Drinnen gibt es eigentlich nur grau-baun.
Und ein leises monotones Brummen.
Draußen ist alles unterwegs,
irgendwo hin, irgendwo her.
Drinnen ist Stillstand
Irgendwo her, aber nirgends mehr hin.
5.Küchentischgespräch
Gestern Nacht wachte ich um kurz nach zwei auf. Am Abend zuvor hatte ich in meiner Stammkneipe ein paar Bier getrunken und meine Blase drängte jetzt auf Entleerung. Nachdem ich vom Klo kam, ging ich in die Küche um mir noch einen Schluck Wasser zu gönnen, bevor ich mich wieder zur Nachtruhe begab.
Am Küchentisch saß Gott und trank aus meiner Lieblingstasse Kaffee.
„Ich habe mir Kaffee gekocht“ sagte Gott. „Ich hoffe, du hast nichts dagegen.“ „Nein, nein, das geht schon in Ordnung“ murmelte ich noch etwas schlaftrunken, holte mir aus dem Schrank ebenfalls eine Tasse und goss mir den Rest aus der Kanne ein.
Kaum hatte ich mich zu Gott an den Tisch gesetzt, piepste der Timer meines Herds. „Die Pizza ist fertig“ erklärte Gott während er aufsprang, zu dem Schrank mit dem Geschirr hastete und einen Teller herausholte.
Gott kannte sich in meiner Küche gut aus. Er bot mir an, die Pizza mit mir zu teilen, da er sie sich ja schließlich aus meinem Eisfach geholt habe, aber ich lehnte dankend ab. Schon bei dem Gedanken, nachts um halb drei Salamipizza zu essen und dabei Kaffee zu trinken, wurde mir übel.
Gott aß mit den Händen, da er unnötigen Abwasch vermeiden wollte. Während des Essens war er schweigsam und konzentrierte sich voll und ganz auf sein Tun. Nur gelegentlich schaute er aus dem Fenster in die Nacht hinaus.
Nachdem er auch das letzte Stück Pizza verdrückt hatte, bot ich ihm eine von meinen Luckys an, die ich immer in der Küche gebunkert habe, aber er schüttelte nur den Kopf, kramte in einer Tasche seiner verwaschenen Jeans herum und beförderte eine zerknüllte Schachtel Gauloises zutage. „Ich bin von Ewigkeit zu Ewigkeit“ kommentierte er amüsiert das Schockbild auf der Packung und zündete sich genüsslich eine Zigarette an. „Du hingegen solltest dir das besser abgewöhnen. Aber letztlich muss jeder selbst wissen, was er tut.“
Während wir in meiner Küche zusammen gemütlich rauchten, unterhielten wir uns über den Wechsel von Pep Guardiola zu Manchester City, Raumschiff Enterprise und Safersex.
Ich erzählte auch viel über mich. Zum Beispiel, dass in meinem Leben irgendwie seit einiger Zeit nichts richtig in Gang kommen will. Auch das Studium verläuft schleppend und morgen früh müsste ich eigentlich ein Referat halten, auf das ich jedoch nicht richtig vorbereitet bin.
Aber Gott wusste das bereits alles.
Schließlich, es war schon einige Zeit vergangen und der Aschenbecher hatte sich deutlich gefüllt, fing Gott auch über sich an zu sprechen. Zuerst etwas zögernd und gehemmt, aber alsbald sprudelten die Wörter nur so aus ihm heraus. Gott schien diese Nacht viel Zeit zu haben und glücklich zu sein, sich einiges von der Seele reden zu können. Ich hörte ihm einfach nur zu, nickte dann und wann, unterbrach ihn aber nicht.
Er erzählte mir, warum er die Welt erschaffen hatte und was nach dem Tod kommt. Er weihte mich in noch unentdeckte Naturgesetze ein. Er berichtete mir über die Vergangenheit und die Zukunft. Die letzte Zeit hätte er sich um die Belange verschiedener Parallelwelten kümmern müssen. Aber jetzt würde er hier wieder groß einsteigen und er vertraute mir sogar an, was er demnächst alles zu tun gedenke.
Während seiner Ausführungen war er mal heiter, mal traurig, mal euphorisch, mal nachdenklich.
Die Küchenuhr zeigte schon 7 Uhr 10 an, als Gott sich plötzlich auf dem Stuhl zurücklehnte und damit signalisierte, dass er zum Ende gekommen war.
Aber eine Frage wollte ich unbedingt noch beantwortet haben. „Warum hast du all dies eigentlich ausgerechnet mir anvertraut?“
„Das weißt du nicht?“ Gott schaute mich ungläubig an.
„Ich brauchte einfach mal jemanden zum Ausquatschen und bei dir ist das gegebene Wissen absolut sicher aufgehoben. Du bist so dermaßen antriebslos und gänzlich ohne Ehrgeiz, dass du mit dem Wissen rein gar nichts anfangen wirst. Wenn du irgendwo hingehst, bist du nicht unterwegs sondern hängst ab. Du bist bewegungslos. Versumpfst mit deinen Kumpels in Studentenkneipen, philosophierst und theoretisierst mit ihnen über mich und die Welt - und veränderst nichts. Große Romane entstehen in deinem Kopf und keine Zeile wird auf Papier gebracht. Große Ziele malst du dir aus und gehst keinen Schritt auf sie zu.“ Gott lächelte verschmitzt: „Du bekommst ja nicht mal den Arsch hoch, um dein Grundstudium abzuschließen.“
Schließlich musste Gott gehen. Ich begleitete ihn noch zur Tür. Mit „Ich bin dann mal wieder unterwegs“ verabschiedete er sich und verschwand im Treppenhaus.
Da ich fast die ganze Nacht wach gewesen war, entschied ich mich, mir noch etwas Schlaf zu gönnen und das Referat im Vormittagsseminar sausen zu lassen.
6.Ein Sommertagstraum
Die leichte Müdigkeit, die mich seit dem - für ein Wochenende eigentlich zu frühen - Aufstehen begleitet hat, ist in der noch angenehmen Morgenluft verflogen. Der Blick zum Himmel hält das, was die Wettervorhersage versprochen hat: ein kräftiges Blau mit wenigen weißen Wolken. Ein letztes Mal überprüfe ich meine Ausrüstung und mein Rad, setze den kleinen Kopfhörer auf und starte die Zufallswiedergabe auf meinem mp3-Player. Dann fahre ich los, meine Straße entlang, durch die Stadtmitte und auf den Ortsrand zu.
Schon nach kurzer Zeit ist mein Kreislauf auf Betriebstemperatur. Ich lasse den lärmenden Stadtverkehr hinter mir. Stadthäuser weichen allmählich Einfamilienhäusern mit Vorgärten. Schließlich öffnet sich der Blick und ich tauche ein in sanfte Hügel und grüne Wiesen. Die bewussten Gedanken werden seltener und leiser; verstummen irgendwann ganz. Im Kopf nur noch Stille und leise Musik. Hinter den vertrauten Melodien höre ich das Zwitschern der Vögel und das Summen der Reifen - zuerst auf Asphalt, dann auf Schotter. Ich konzentriere mich auf meine Sinne; spüre die Wärme der Sonne auf meiner Haut und den erfrischenden Fahrtwind in den Haaren.
Durch Streuobstwiesen und an kleinen Bauernhöfen vorbei führt der vertraute Weg ein kleines Tal hinauf. An einer großen Wegkreuzung werfe ich erstmals einen Blick auf meine Karte. Heute will ich unbekanntes Terrain erkunden. Nur die grobe Richtung steht fest, den Rest entscheide ich vor Ort. Ich wende mich in Richtung der gemütlich grasenden Kuhherde zu meiner Linken. Der Weg führt in sanftem Auf und Ab durch Felder und kleine Wäldchen. Schließlich liegt der erste ernsthafte Anstieg vor mir. Im kleinsten Gang kämpfe ich mich den Weinberg hinauf und widerstehe dem Drang, aus dem Sattel zu steigen. Oben angekommen, halte ich mit keuchendem Atem und brennenden Beinen inne und lasse den Blick in die Ferne schweifen; versuche festzustellen, was das für Orte und Hügel dort drüben am Horizont sind. Mein Herzschlag hämmert in meiner Brust, doch es dauert nicht allzu lange, bis sich Atem und Puls beruhigt haben und ich weiterfahren kann.
Einige Zeit später rolle ich im größten Gang durch ein kühles Waldgebiet; einem kleinem, idyllischem Bachlauf folgend. Hin und wieder blitzt die Sonne durch die Bäume und erzeugt ein irrlichterndes Wechselspiel von Licht und Schatten. Ich fahre kilometerweit, ohne einem anderen Menschen zu begegnen. Hin und wieder muss ich die Karte zu Hilfe nehmen, um die richtige Abzweigung zu nehmen. Am Ende des Höhenzuges folgt eine rasante Abfahrt, die meine volle Konzentration erfordert und die mich in ein kleines Örtchen mit einem Dorfkern voller Fachwerkhäuser führt. Nachdem ich meinen Trinkvorrat an einer Tankstelle aufgefüllt habe, steuere ich ein Cafe an und genieße ein Eis, während ich das Treiben auf dem kleinen Marktplatz beobachte.
Der Bach ist mittlerweile zu einem kleinen Flüsschen angewachsen, und ich begleite ihn auf einer stillgelegten Bahntrasse. Ich beobachte das Treiben der anderen Radfahrer, der Kanufahrer, der jungen Leute, die im Fluss baden. Die Nachmittagshitze hat ihren Höhepunkt erreicht, und der Schweiß rinnt in Strömen. Ich entdecke eine Kiesbank neben einer kleinen Steinbrücke, die sich für eine kleine Rast eignet, und laufe mit nackten Füßen durch das Wasser; benetze Gesicht und Oberarme. Die Kälte des Wassers belebt meine Sinne, und ich fühle mich lebendig wie nur selten. Als ich weiterfahre, wünsche ich mir, Augenblicke wie diesen konservieren zu können, um sie an schlechten Tagen abrufen zu können.
Wie immer während einer solchen Tour sind meine Gedanken frei von dem sonst üblichen Chaos. Die gefühlte Sinnlosigkeit meines Jobs, der Ärger über so manche Entscheidung meines Chefs, die Einsamkeitsgefühle, die Zukunftsangst, die Zweifel und Sorgen des Alltags - das alles ist weit, weit weg. In diesem Moment gibt es nur mich, die Sonne, die Landschaft, mein Rad und den Weg.
Mittlerweile bin ich längst wieder in vertrautem Terrain. In meinem Stammbiergarten, den ich so oft auf meiner abendlichen Runde besuche, bestelle ich ein Radler und einen Putenbrustsalat, setze mich an einen ruhigen Platz am Rand und beobachte die anderen Gäste. Inmitten der Freundeskreise, Paare und Familien scheine ich der einzige zu sein, der alleine da ist. Es gibt Tage, an denen mich das traurig stimmt, aber nicht heute; nicht an einem solchen Tag. Ich schaue mir noch einmal die gefahrene Strecke auf der Karte an und bereite gedanklich die morgige Tour vor, die mich in die entgegengesetzte Richtung führen wird.
Als ich weiterfahre entscheide ich mich gegen die Fahrt durch das schattige Flusstal und für den Weg über die Höhe, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen zu können. Die Beine sind nach der Rast deutlich schwerer geworden, und für die letzte Steigung der Strecke muss ich meine letzten Kraftreserven mobilisieren. Aus den Vorgärten steigt mir samstagabendlicher Grillgeruch in die Nase, und ich freue mich auf Steak, Würstchen, Salat und Baguette, die zuhause im Kühlschrank darauf warten, nach der morgigen Tour ihrer Bestimmung zugeführt zu werden. Auf der Höhe angekommen rolle ich durch Maisfelder in Richtung der schon tief stehenden Sonne, welche die Hügel und Felder in warmes Abendlicht taucht. Mein Blick schweift seitwärts zum Horizont und entdeckt in der Ferne den Höhenzug, über den ich noch vor wenigen Stunden gefahren bin.
In einer halben Stunde, mit einbrechender Dunkelheit, werde ich die letzte Abfahrt zu meiner Straße hinunter jagen, mein Rad auf der Terrasse abschließen und meine angenehm kühle Wohnung betreten. Ich werde erleichtert meine verschwitzte Radkleidung abstreifen, duschen und den Tag bei einem kalten Weizenbier ausklingen lassen, um mich dann, ermattet aber zufrieden, auf mein Bett fallen zu lassen.
Wenn ich am Montag gefragt werde, was ich am Wochenende gemacht habe, wird sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreiten, und ich werde nur sagen: "Ich war mit dem Rad unterwegs."
7.Der blanke Hohn
Unterwegs zur Perfektion
Geplagt von Ungeduld und Rebellion.
Der Weg wird lange, nimmt kein Ende
Die Ruhelosigkeit in mir spricht Bände.
Fang’ an zu humpeln, stolp’re, falle
Kann mich nicht halten, kralle
...mich am Boden fest und dort: ein Knall.
Riesenaufprall, Hall und Schall.
Ab nach unten und zurück
Es zerreisst mich Stück für Stück.
Sind die Schrammen denn perfekt?
Meine Augen schau’n verschreckt.
Ach könnt’ ich doch bloß herrlich scheitern
Mich erheitern, Horizont erweitern.
Unterwegs sein und versagen
Akzeptieren, nicht verzagen.
Unterwegs zur Perfektion
Ist das nicht der blanke Hohn?
8.eine Beschwörung
müder Wanderer,
bleib
lass mich deine Quelle sein,
dein Feuer, dein Zelt
beachte
das Krächzen der Raben nicht –
sie lügen, starrenden Auges
rastlos Suchender,
bleib!
mein Tag ist Aussatz,
denn weicht die barmherzige Dunkelheit,
brichst du auf
zu deinen kühnen Träumen
zu deinen fernen Himmeln
9.Gedankenkarussell
Draußen ist es bereits dunkel, doch sie hat keine Lust aufzustehen und das große Deckenlicht anzuschalten. Die kleine Lampe neben der Couch taucht den Raum in spärliches Licht.
Der Fernseher ist schon längst aus. Das permanente Gedudel machte sie noch unruhiger.
Wieder blickt sie auf ihr Handy. Nichts.
Checkt ihre Mails. Nichts.
Guckt bei Skype. Nichts.
Gedanken wabern durch ihren Kopf und türmen sich zu dicken grauen Gewitterwolken auf.
Er scheint unterwegs zu sein. Verbringt einen Abend mal nicht zu Hause.
Vielleicht mit Freunden. - Hoffentlich mit Freunden.
Obwohl es ihr nicht zusteht, fühlt sie die Eifersucht hochsteigen.
Was er jetzt wohl macht? Mit wem?
Will sie das wirklich wissen? - Vielleicht besser nicht.
Lauter Fragen, die sie schwindlig machen.
Sie versucht sich abzulenken: Liest ein Buch und surft im Internet. Gedanklich ist sie dennoch immer bei ihm.
Wieso hockt sie eigentlich zu Hause? Sie ärgert sich, dass sie nicht ausgegangen ist. Nur mit wem? Freunde zum Unterwegssein sind rar gesät.
Sie mixt sich einen Cocktail. Alkohol kann ja helfen, Gedanken zu verdrängen. Ist das jetzt eine gute Idee? Ach was, ist doch egal.
Jetzt bloß keine Dummheit machen. Ruhe bewahren und warten. Warten. Warten. Wie lange noch?
Sie ist müde und irgendwie frustriert.
Irgendwann wird er heimkommen. Wird ihre Mail entdecken. Ihre SMS lesen. Ihre Anrufe auf dem Handy zählen.
10.Zwischenstop
„Bleib doch noch ein bisschen. Ich fahre nachher sowieso in Deine Richtung, ich kann Dich mitnehmen.“
Ja, es war wirklich ein schöner Abend, dieses Treffen mit alten und neuen Freunden. Da war es selbstverständlich, die gemeinsame Rückfahrt vorzuschlagen, als Du schon um acht die letzte Bahn nehmen wolltest. Und nun sitzen wir im Auto, unterwegs in Richtung Deiner Heimatstadt. Normalerweise ein Katzensprung von knapp einer Stunde – nur hatte keiner von uns mit diesem Nebel gerechnet. Während wir im gemütlichen Tempo eines Landbriefträgers über die A9 schleichen, hüllt er uns bald vollständig ein. Nicht einmal die Lichter entgegenkommender Fahrzeuge zerreißen den grauen Kokon, der uns umschließt; und im Schutze der Dunkelheit verändert sich unser Gespräch. Wendet sich von Reminiszenzen über gemeinsame Bekannte zu unseren eigenen Gedanken, Sehnsüchten und Ängsten; weckt ein Gefühl von Nähe und Vertrautheit. Es ist schon merkwürdig – wir sind eigentlich grundverschieden. Du, der ewige Zaungast, der seit Jahren sehnsüchtig durchs Fenster in den großen bunten Ballsaal der Liebe und Leidenschaft starrt – und ich, die sich scheinbar routiniert inmitten des Getümmels bewegt. Die Hofnärrin, die ihre Wunden so gut hinter einer Maske aus Lachen und Leichtherzigkeit verbirgt, dass sie schon fast selbst an ihre Unberührbarkeit glaubt. Dennoch – umgeben von Dunstschwaden, abgeschnitten von der Außenwelt, reduziert auf uns selbst, sind wir plötzlich gleich.
„Willst Du nicht lieber bei mir pennen? Ich hab zwar nur eine Einzimmerwohnung, aber bei diesem Wetter kommst Du doch heute nicht mehr heil nach Hause.“
Ja, ich will. Nicht wegen des Wetters – ich will diesen Abend nur noch nicht enden lassen. Du gibst mir Dein eigenes Bett und rollst Dich auf der Couch zusammen. Schön ist es hier. Eingehüllt in Deinen Duft, der noch in den Laken hängt, lausche ich auf Deine leisen Atemzüge. Wünsche mir die Nähe zurück, die uns auf der Fahrt hierher begleitet hat. Eine Idee schießt mir durch den Kopf, lässt mich leise lächeln. Du fragst, was ich denke – und ohne viel zu überlegen, spreche ich es aus. Ein paar Schrecksekunden später kommt Deine Antwort.
„Ja, okay“.
Ich rücke ein Stück zur Seite, mache Platz für Dich. Warm bist Du; und unglaublich zärtlich. Trotz Deiner Unsicherheit fühle ich mich geborgen. Als wäre ich endlich angekommen, könnte in Deinen Armen Ruhe finden, die Einsamkeit vergessen – auch wenn es nur für wenige Stunden ist. Morgen bin ich schon wieder unterwegs ...
11.U wie
U wie Urwaldurlaub
N wie Naturnähe
T wie Tautropfen
E wie Erkenntnisernte
R wie Rastrost
W wie Wildniswagnis
E wie Einsamkeitserfahrung
G wie Grenzgang
S wie Sonnensuche
Schneckensonett
Ein Schneck und eine Schnecke
liefen um die Wette,
und in der großen Hatz sprang die kleine Schnecke
mit einem Satz über ´ne Hecke.
Der Schneck war nun allein,
doch kroch ihr hinterdrein.
Die Schnecke jedoch keck, sprang mit einem Ruck
zu ihrem Schneck wieder zurück.
Da waren die Beiden wieder beisamm´
und ließen sich nie mehr allein,
und mochten nicht leiden, wer nun gewann,
darüber sie konnten sich freu´n.
Von nun an krochen sie als ein Gespann,
auch Wettläufe ließen sie sein.