Ahh ... die Darstellung der geistig-moralischen Überlegenheit von Leuten, die "nur" einen fiktiven Mordfall und die damit verbundene Lösung eines konstruierten Rätsels ("wer war der Mörder?") zur Unterhaltung brauchen gegenüber den Menschen, die sich Formate wie Dschungelcamp reinziehen.
Wo ist denn z.B. der große Unterschied, ob man sich daran ergötzt, dass sich zwei TV-Kommissare, die sich menschlich nicht leiden können, im Film angranteln oder ob sich zwei Dschungelcampbewohner sich fetzen? Meines Wissen machen gerade auch diese "Zwischenmenschlichkeiten" in den hier angesprochenen Krimis den Reiz aus und nicht nur der unerwartete Todesfall an sich.
Beides eine Form von Voyeurismus, da beißt die Maus keinen Faden ab. Menschen wollen via TV intimen Einblick in das Leben anderer Leute, auch wenn's nur gespielt ist. Beim Dschungelcamp ist es zwar nicht gespielt, aber die Teilnehmer sind informiert, dass sie rund um die Uhr gefilmt werden.
Korrekt müsste es heißen: ein paar ex- und pseudo- Promis befinden sich für 14 Tage unter kontrollierten Bedingungen auf einem von RTL gemieteten Privatgelände in New South Wales. Genauer gesagt nahe einer alten Bananen-Plantage an der 366 Dungay Creek Road. Auf Google Maps kann man sich das Gelände von oben angucken. Es gehört der Produktionsfirma ITV Granada, die dort auch das englische Original der Sendung produziert.
Dumm auch, dass es in New South Wales gar keinen Dschungel (tropischen Regenwald) gibt. Das ist ein subtropischer Wald. Und der ist auch nicht fernab jeglicher Zivilisation. Im Umkreis von 3-5 Km Luftlinie befinden sich zahlreiche Anwesen. Alles in 30-60 Minuten zu Fuß erreichbar. Und 10 Km südöstlich liegt Murwillumbah, eine Stadt mit 8.000 Einwohnern. 50 Km nordöstlich befindet sich das Hotel in der Stadt Gold Coast (eine halbe Million Einwohner), in dem die Promis einquartiert werden bevor es zur Volksverarschung geht.
An den Haaren herbeigezogene Kleinkariertheiten, die für das Konzept vom Dschungelcamp nicht von entscheidender Bedeutung sind.
Was spielt es denn für eine Geige, ob es nur "subtropischer Wald" ist und daher der Titel der Sache nicht exakt richtig? Was spielt es für eine Rolle, dass es in ein paar Kilometer Entfernung Anwesen gibt, wenn man sich verpflichtet hat, in der Wildnis auszuharren? Was spielt es für eine Rolle, dass auch für andere Länder auf demselben Gelände Shows produziert werden?
Genauso könntest Du jede TV-Sendung mit Haarspaltereien zerpflücken. "Die Dienstwaffe der Kriminalpolizei hat nur 6 Schuss, es wurde in einer Szene aber 8x geschossen, ohne nachzuladen" oder "nach so einem Schlag in die Magengrube kann man nicht einfach wieder aufstehen und den Täter zu Fuß verfolgen".
Ja, wenn Du jetzt herausgefunden hättest, dass allle Kandidaten um 20.00 Uhr ins Hotel gefahren werden und am nächsten Morgen um 6.00 Uhr wieder zurück und sie alle was Gutes zu essen bekommen, das wäre dann Beschiß.
Und zu guter Letzt, was die kontrollierten Bedingungen anbelangt: Natürlich, was denn sonst? Aber es wird nur eingegriffen, wenn es wirklich kritisch für die Gesundheit wird. Bei großer Dauerhitze von 40-50 Grad werden schon mal die ältesten Teilnehmer aus dem Camp geholt, bevor sie kollabieren. Die Jüngeren dürfen weiterschwitzen. Bei starken, tagelangen Regenfällen wurde mal drüber nachgedacht, das Camp zum Schutz der Bewohner komplett zu evakuieren (wurde dann letztlich nicht gemacht).
Abgesehen davon ist vieles von dem, was man da sieht, tatsächlich so. Für meinen persönlichen Geschmack (ich wiederhole mich), müsste es die Ekelprüfungen nicht geben. Aber die Interaktionen im Camp und auch die anderen, eher akrobatisch-sportlichen Prüfungen schaue ich mir gerne an.