Wenn Kinder unerwünscht sind

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ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Fragende

Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Fragende »

dann hat das Auswirkungen:

http://mymonk.de/unerwuenschte-kinder/

ERSTER BEITRAG DES THEMAS
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kicky
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Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von kicky »

Da erkenne ich mich leider öfter wieder...
kräuterfrau

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von kräuterfrau »

Ich glaube das Problem ist noch breiter. Es heißt Johanna Haarer http://de.wikipedia.org/wiki/Johanna_Haarer


Die Unsitte die Kinder generell als unmündig, Monster, Manipulatoren anzusehen und bewusst ihre Bedürfnisse zu ignorieren oder auf satt, sauber, trocken zu reduzieren hat vielen Generationen geschadet.


Hier ein Zitat, was bis in die Mitte 90er noch in manchen "Erziehungsberatern" stand:


"Auch wenn das Kind auf die Maßnahmen der Mutter mit eigensinnigem Geschrei antwortet, ja gerade dann lässt sie sich nicht irre machen. Mit ruhiger Bestimmtheit setzt sie ihren Willen weiter durch, vermeidet aber alle Heftigkeit und erlaubt sich unter keinen Umständen einen Zornesausbruch. Auch das schreiende Kind muss tun, was die Mutter für nötig hält und wird, falls es sich weiterhin ungezogen aufführt, gewissermaßen 'kaltgestellt', in einen Raum verbracht, wo es allein sein kann und so lange nicht beachtet, bis es sein Verhalten ändert. Man glaubt gar nicht, wie früh und wie rasch ein Kind solches Vorgehen begreift" (Haarer 1934, S. 249).


Die einzige Botschaft, die Kinder durch diese Methode bekommen ist: Ich bin schlecht, wenn ich unerwünschtes Verhalten an den Tag lege werde ich ignoriert, wenn ich Bedürfnisse habe ist es unerwünscht und schlecht und mir wird die Liebe entzogen. Die Kinder lernen es nicht das Bedürfnis zu artikulieren, weil die Mutter dem Bedürfnis keine sprachlichen Attribute zuschreibt(Wut, Kälte, Nähe, Spiel) sondern zu resignieren.


Die Ausrede, dass die Welt brutal ist, zählt nicht. Wäre es nicht logisch, den Menschen zu verhelfen so zu werden, diese Welt zu einer weniger brutalen zu machen?
schmog

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von schmog »

Ich wurde als Heimkind (mit fehlendem Urvertrauen) nicht gemocht, war unerwünscht und ungeliebt.
Besonders der 2. Mann meiner Mutter mochte keine Kinder.

Darum wollte ich niemals Kinder und mag sie auch nicht besonders.
Dazu kann ich mich im RL schlecht in andere einfühlen und mag Fremde nicht!
Finchen

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Finchen »

kräuterfrau hat geschrieben:Hier ein Zitat, was bis in die Mitte 90er noch in manchen "Erziehungsberatern" stand: (...)
Hmmmm... Kannst Du mir das noch ein bisschen näher erläutern, bitte? Ich muss nämlich gestehen, falls ich so einem klassischen Supermarkt-Tobsuchtsanfall begegnen müsste, weil ich zum Lolli nein gesagt habe, würde ich genau das versuchen: Ruhig bleiben und auf dem Nein bestehen, weil Nein nun mal Nein heißt und Toben und Schreien und sich auf den Boden Schmeißen nichts daran ändert.

Sind solche Situationen auch gemeint? Dass Ignorieren grundfalsch ist, wenn ein Kind gerade dringlich nach Nähe und Aufmerksamkeit verlangt, ist mir schon klar. Aber in manchen Fällen würde ich schon einschreiten und das eine oder andere Bedürfnis auch mal nicht erfüllen wollen. Das nach dem Lolli oder das, die schmierigen Hände an die Scheibe beim Bäcker zu tatschen. Deswegen bin ich gerade verwirrt.
kräuterfrau

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von kräuterfrau »

Finchen hat geschrieben:
kräuterfrau hat geschrieben:Hier ein Zitat, was bis in die Mitte 90er noch in manchen "Erziehungsberatern" stand: (...)
Hmmmm... Kannst Du mir das noch ein bisschen näher erläutern, bitte? Ich muss nämlich gestehen, falls ich so einem klassischen Supermarkt-Tobsuchtsanfall begegnen müsste, weil ich zum Lolli nein gesagt habe, würde ich genau das versuchen: Ruhig bleiben und auf dem Nein bestehen, weil Nein nun mal Nein heißt und Toben und Schreien und sich auf den Boden Schmeißen nichts daran ändert.

Sind solche Situationen auch gemeint? Dass Ignorieren grundfalsch ist, wenn ein Kind gerade dringlich nach Nähe und Aufmerksamkeit verlangt, ist mir schon klar. Aber in manchen Fällen würde ich schon einschreiten und das eine oder andere Bedürfnis auch mal nicht erfüllen wollen. Das nach dem Lolli oder das, die schmierigen Hände an die Scheibe beim Bäcker zu tatschen. Deswegen bin ich gerade verwirrt.

Das ist ein schweres Beispiel aber ich versuche:

Erstmal zum Zitat. Das ist eine Empfehlung für die Säuglingspflege. Es geht, darum dem Kind "beizubringen" alleine und im eigenen Zimmer ein und durchzuschlafen. Diese "cry it out" Methode hat nachgewiesene Nachteile.

Dann zum Tobsuchtsanfall:

In dem Alter wo das üblicherweise zuerst auftritt, empfinden Kinder eine sehr diffuse, schwer handelbare Emotion, für die sie keinen Namen haben.
Um zu lernen damit umzugehen, brauchen sie Erwachsene, die diese Emotion benennen und die es dem Kind helfen damit einen Umgang zu entwickeln. Im Supermarkt tippe ich auf Reizüberflutung. Also wäre jetzt mein Vorschlag das Kind auf dem Arm zu nehmen, leise mit ihm zu sprechen und beim Nein zu bleiben. Etwa die Botschaft zu senden: "Es ist in Ordnung, wenn du ab und an wütend bist(Bist du wütend?), ich liebe dich aber das Ü-Ei bleibt im Schrank".

Das mit Fingerchen auf der sauberen Glasscheibe auch. Kind weg nehmen und erklären: "Der Mann hat die Glasscheibe sauber gemacht, er möchte dass sie sauber bleibt."

Das Kind wird oft für das Verhalten verurteilt, für welches es nichts kann. Und Erwachsene benutzen oft zweierlei Maß.

Ich finde, da ist eine gute Leitlinie sich selbst zu fragen, wie würde ich reagieren wenn das meine beste Freundlin(mein bester Freund) wäre.

Und wie möchte ich, dass dieses Kind in 16-17 Jahren reagiert.

Ich war auf einer Familienfeier, wo meine Nichte einen Mann gebissen hat(sie war damals 14 Monate alt). Ich war erschüttert, dass die Erwachsenen zu ihr gesagt haben, sie sei böse. Dabei hat der Mann, den sie gebissen hat ihr ordentlich in die Wange gekniffen(es gab einen roten Fleck). Sie haben das Mädchen genötigt noch den Mann zu streicheln. Wird ihr Nein und ihr Bedürfnis sich zu entfernen auch in 17 Jahren übergangen, wenn ihr ein älterer Mann in die Wange kneift?


Den Eltern wird durch die Ratgeber, von der zu viel Nähe zum Säugling buchstäblich abgeraten. Kinder holen das aber später(wenn es eigentlich nicht angebracht ist) durch Überanpassung oder erlernte Hilflosigkeit.

So werden die Säuglinge in eigenes Zimmer verfrachtet(wofür sie nicht gemacht sind) aber die fast volljährigen Kindern(Jugendliche) durch die Gegend gefahren und zur Schule gebracht werden.
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klecks
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Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von klecks »

@Kräuterfrau: Du bist klasse und hast das Herz auf dem rechten Fleck. :umarmung2:
Fragende

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Fragende »

Zu Johanna Haaarer:

http://www.ardmediathek.de/tv/frauTV/Er ... Id=7535528

Vielleicht passt es nicht wirklich hierher(vielleicht ja auch doch), würde ich gerne auch auf unsere Generation als die Kriegsenkel verweisen:
http://abtreff.de/viewtopic.php?f=11&t= ... el#p600791
Anne Shirley

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Anne Shirley »

Johanna Haarer ist mir letztens tatsächlich in einem Krimi begegnet: Gisa Klönne - Nichts als Erlösung

(Beleuchtet das Thema noch mal aus ner anderen Perspektive.)
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Einsamer Igel
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Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Einsamer Igel »

klecks hat geschrieben:@Kräuterfrau: Du bist klasse und hast das Herz auf dem rechten Fleck. :umarmung2:
Sehe ich auch so. Ich glaub, dich hätte ich gern als Mutter gehabt!
Kostas Klopsis

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Kostas Klopsis »

Zu Johanna Haarer: Mir sträuben sich da mal wieder sämtliche Nackenhaare, wenn ich sehe, dass Naziideologie-durchtränkte Literatur auch bei einem so existentiellen Thema wie Kinderpflege und -erziehung nach kleinen kosmetischen Veränderungen noch über Jahrzehnte in der Bundesrepublik unkritisch benutzt wurde. Unfassbar...:roll:
Reni

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Reni »

Einsamer Igel hat geschrieben:
klecks hat geschrieben:@Kräuterfrau: Du bist klasse und hast das Herz auf dem rechten Fleck. :umarmung2:
Sehe ich auch so. Ich glaub, dich hätte ich gern als Mutter gehabt!
Ich nehm sie auch ;). Obwohl... Ich habe eine süße Mami, die statt Ratgeber zu lesen das Herz am rechten Fleck hatte :).
Aber es geht noch schlimmer: der Mann, mit dem ich meine längste Beziehung hatte, hat mal zu mir gesagt: "meinem Bruder und mir haben die Prügel nicht geschadet, sie werden auch unseren Kindern nicht schaden".
Das war der Tag an dem ich beschlossen hab, dass es "unsere Kinder" nicht geben wird, denn "meinen Kindern" schaden Prügel... :sadwoman:
Blau
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Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Blau »

kräuterfrau hat geschrieben: Den Eltern wird durch die Ratgeber, von der zu viel Nähe zum Säugling buchstäblich abgeraten. Kinder holen das aber später(wenn es eigentlich nicht angebracht ist) durch Überanpassung oder erlernte Hilflosigkeit.
Ich habe auch einen Berg von Erziehungsratgebern geschenkt bekommen, aber in keinen jemals reingeguckt, hatte da einfach keinen Bedarf dran. Wenn ich jetzt hier lese was für ein Quatsch da drin steht fühle ich mich bestätigt.

Ich verlasse mich beim Umgang mit meinem Kind auf mein Gefühl. Mir ist extrem wichtig, dass mein Kind keinen Moment daran zweifeln muss dass es geliebt wird und dass es immer willkommen ist, egal was es angestellt hat oder wie bockig es sich gerade benimmt. Meine Mutter hat früher oft gesagt: "Wenn du jetzt nicht gehorchst kommst du ins Heim". Ich weiß heute dass sie mich über alles geliebt hat und das niemals wahr gemacht hätte, aber als Kind kann man das noch nicht wissen und es erschreckt und verunsichert einen zutiefst.
Fragende

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Fragende »

Ich sammle, meiner Ansicht nach gute Links auf Facebook und habe gerade bemerkt, ich habe weiter oben den falschen Link erwischt. Ich wollte diesen hier:
http://www1.wdr.de/fernsehen/informatio ... ng102.html
Canarias

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Canarias »

Kostas Klopsis hat geschrieben:Zu Johanna Haarer: Mir sträuben sich da mal wieder sämtliche Nackenhaare, wenn ich sehe, dass Naziideologie-durchtränkte Literatur auch bei einem so existentiellen Thema wie Kinderpflege und -erziehung nach kleinen kosmetischen Veränderungen noch über Jahrzehnte in der Bundesrepublik unkritisch benutzt wurde. Unfassbar...:roll:
Es erklärt eben auch einiges. Lies mal Alice Miller. Sie berichtet, dass es schon 300 Jahre vor Haarer solche Literatur in D gab. Die Nazis sind eine Folge dieser Erziehung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Willen der Kinder zu brechen. Eine andere Folge davon ist das Nice-Guy-Syndrom.
Canarias

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Canarias »

Blau hat geschrieben:
kräuterfrau hat geschrieben: Den Eltern wird durch die Ratgeber, von der zu viel Nähe zum Säugling buchstäblich abgeraten. Kinder holen das aber später(wenn es eigentlich nicht angebracht ist) durch Überanpassung oder erlernte Hilflosigkeit.
Ich habe auch einen Berg von Erziehungsratgebern geschenkt bekommen, aber in keinen jemals reingeguckt, hatte da einfach keinen Bedarf dran. Wenn ich jetzt hier lese was für ein Quatsch da drin steht fühle ich mich bestätigt.
Da siehst du mal, dass es besser ist, sich aufs Bauchgefühl zu verlassen. Gilt in so ziemlich jeder Situation.
Blau hat geschrieben: Ich verlasse mich beim Umgang mit meinem Kind auf mein Gefühl. Mir ist extrem wichtig, dass mein Kind keinen Moment daran zweifeln muss dass es geliebt wird und dass es immer willkommen ist, egal was es angestellt hat oder wie bockig es sich gerade benimmt. Meine Mutter hat früher oft gesagt: "Wenn du jetzt nicht gehorchst kommst du ins Heim". Ich weiß heute dass sie mich über alles geliebt hat und das niemals wahr gemacht hätte, aber als Kind kann man das noch nicht wissen und es erschreckt und verunsichert einen zutiefst.
Es ist durchaus sadistisch, mit Ängsten der Kinder zu spielen.
Finchen

Re: Wenn Kinder unerwünscht sind

Beitrag von Finchen »

@ kräuterfrau: Danke für die Erläuterung, das war hilfreich. :) ... Und in Deinem einen Beispiel auch ganz grauenvoll. Ich dachte wirklich, es hätte sich inzwischen herumgesprochen, dass man Kinder nicht dazu nötigt, unerwünschte körperliche Nähe zu erdulden, damit sie später nicht zu Opfern werden. Ich meine, das weiß ja sogar ich, und ich weiß über Kindererzeihung nur, was ich bei befreundeten Eltern so aufschnappe. :omg:

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