Das trifft genauso auf alle Gebiete zu, von denen „normale“ Menschen keine Ahnung haben. Diese Menschen wollen davon dann auch verschont bleiben. Wenn dich solche Dinge interessieren, darfst du schon darüber reden, aber nur in dem Sinne, wie schön du es findest, wie sehr es dich fasziniert etc. Auf gar keinen Fall darfst du aber vom „Was“ reden und mit Inhalten kommen.LazyEyeOzzy hat geschrieben: ↑04 Jul 2023 06:37Naja, ich habe das oft mit Autos.
Wenn ich mit Freunden die sich nicht für Autos interessieren irgendwo Unterwegs bin und ich sehe irgendein seltenes und/oder besonderes Auto würde ich am liebsten direkt alle drauf aufmerksam machen und Dinge darüber erzählen aber weil ich weiß dass man mich dann nur angucken würde wie eine Kuh wenn es donnert behalte ich es in den meisten Fällen doch für mich.
Das ist natürlich anders wenn jemand dabei ist der oder die diese Faszination teilt.
Ich kann das aber verstehen.
Zb. kann ich mich kein Stück für Fußball begeistern und komme trotzdem mit Leuten klar die das mögen.
Cineasten und Filmfreaks dürfen sagen, wie toll sie einen aktuellen Film finden oder einen aus einer winzigkleinen Auswahl an absoluten Kult-Blockbustern – den einzigen Filmen, die man kennen darf, zumal namentlich. Titanic, Zurück in die Zukunft (abzüglich der Sequels), Dirty Dancing, Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie, vielleicht darf man noch etwas Grundwissen haben über die Harry Potter-Filme oder die Star Wars-Original- und -Prequeltrilogien.
Alles, was darüber hinausgeht, sollte man für sich behalten. Das können andere Filme als die genannten sein, besonders, wenn sie im 20. Jahrhundert gedreht wurden. Das können häufig die Namen von Filmfiguren sein. Das können noch häufiger die Namen von Darstellern sein. Das können auch die Namen von Drehbuchautoren, Regisseuren und Produzenten sein. Auf jeden Fall fällt darunter auch alles andere an Personal bis hin zu Filmmusikkomponisten. Bei Trickfilmen darf man gar kein Personal kennen, das nicht „Walt Disney“ heißt, und auch bei Disney darf man nicht wissen oder zumindest nicht äußern, inwiefern er tatsächlich am kreativen Prozeß beteiligt war. Ausnahmen sind allerallerhöchstens prominente Synchronsprecher, die leicht zu erkennen sind.
Mit Musik ist es ähnlich. Viele Menschen sagen von sich selbst, sie kennen von Musikstücken im Grunde fast nie den Interpreten oder den Titel. Auf diesem Niveau sollte man dann auch selbst über Musik reden, auch wenn man ein absoluter Musiknerd ist. Von Genres sollte man gar nicht erst anfangen, damit können noch weniger Leute etwas anfangen, und davon wollen sie folglich auch nichts hören. Ganz zu schweigen von Besetzungen, Komponisten, Produzenten etc.
Dieser „Schweigezwang“ gilt um so mehr, je obskurer ein Thema ist, das einen interessiert. Als Eisenbahnenthusiast merkt man das ständig.
Weitreichendes Detailwissen hilft einem schon bei Bahnreisen extrem weiter. Man kann auf Augenschein erkennen, welcher Zuggattung der Zug angehört, der gerade auf dem Bahnsteiggleis eingefahren ist, von dem aus man abfahren möchte, und steigt nicht versehentlich in einen Turnuszug ein, der nicht vorm anderen Ende der Republik und nicht vor dem nächsten Morgen wieder hält, wenn man eigentlich mit einer abendlichen Regionalbahn weiterfahren will.
Man kann am Aussehen des Zuges erkennen, ob die Wagenreihung so ist, wie sie soll. Falls nicht, sieht man, wo was ist. Man sieht verkehrtherum laufende ICE-Einheiten und weiß, Wagen 31 ist dieses Mal nicht in der Zugmitte, sondern ganz hinten. Man sieht es, wenn ersatzweise ganz anderes Material läuft. Bei klassischen lokbespannten Intercitys erkennt man auf Augenschein Abteilwagen 1. Klasse, Großraumwagen 1. Klasse bis hin zur Generation mit jeweils individuellem Sitzteiler, Halbabteilwagen 2. Klasse, Großraumwagen 2. Klasse, man sieht, ob ein Bistro im Zug ist und wo, man sieht, wo Fahrradplätze sind und, vor allem, wo auf gar keinen Fall.
Bei Betriebsstörungen und anderen technischen Problemen weiß man, woran sie liegen, und hat dafür möglicherweise sogar Verständnis.
Aufmerksamen Betrachtern dürfte man auffallen als so ziemlich einziger Passagier, der sich mit nachgerade schlafwandlerischer Sicherheit durch Bahnhöfe und Züge bewegt, immer einen Sitzplatz findet, wenn es noch welche gibt, selten längere Distanzen durch den Zug laufen muß und sich selbst von Störungen nicht aus der Ruhe bringen läßt.
Das kann man aber alles nur tun, wenn man allein reist. Sobald man mit jemandem reist, der all dieses Spezialwissen nicht teilt, kommt man schnell in Erklärungszwang. Und dann hat man einerseits Dinge zu nennen, die man andererseits nicht nennen darf, weil der Mitreisende von diesem ganzen Kram nichts hören möchte. „Wie, wo ist unser Wagen? Wo müssen wir jetzt hin? Und woher weißt du das, woran hast du das erkannt?“
Dann mußt du über Sachen reden, die „niemand wissen will“. Daß man beim ICE 2 ganz leicht erkennt, wenn er umgekehrt läuft, weil er nur am 1.-Klasse-Ende einen Triebkopf und am 2.-Klasse-Ende einen Steuerwagen hat, und wie man die voneinander unterscheiden kann. Daß man das beim ICE 1 am „Buckelspeisewagen“ erkennt – die 2. Klasse ist da, wo zwischen BordRestaurant und Triebkopf mehr Mittelwagen sind, die 1. Klasse auf der anderen Seite, und gezählt wird vom Triebkopf am 2.-Klasse-Ende an. Bei späteren Generationen mit Unterflurantrieben kann man sich zumindest daran orientieren, wo Anschriften und Unterbrechungen im Fensterband die Position des Bistro anzeigen. Die Seite mit mehr Wagen ist dann die 2. Klasse, wobei die älteren ICE 3 die Anomalie haben, daß das Bistro in der 2. Klasse ist und nicht zwischen den Klassen. Ganz zu schweigen von den Fensterteilungen, Fensterbauarten usw. bei klassischen Intercity-Wagen. Noch schlimmer – wie man die ICEs voneinander unterscheiden kann und von einstöckigen Intercitys, die blöderweise gerade so stehen, daß man die Lok nicht sehen kann.
Das können aber auch ganz banale Sachen sein. Was sagt man, wer da vorne im Führerstand sitzt? „Triebfahrzeugführer“ wäre fachlich korrekt, aber sperrig und „zu sehr Fachsprache“. „Tf“ wäre schön kurz, aber das verstehen nur die ganz harten Eisenbahn-Übernerds. „Lokführer“ ginge gerade noch so, wäre aber sachlich falsch, wenn der Zug nicht mindestens eine Lokomotive hat (alle ICEs, die keine ICE L sind, Regionaltriebwagen, Stadler KISS als IC2, Thalys, die diversen schweizerischen Fernverkehrstriebwagengarnituren usw.).
„Zugführer“ ist knallhart falsch. Im Fernverkehr der DB heißt der heute „Zugchef“ und wird meistens irrtümlicherweise für einen Schaffner gehalten. Einigermaßen zutreffend ist das höchstens im leichteren Regionalverkehr, wenn der Zug außerhalb des Führerstandes sonst überhaupt kein Personal hat und der Tf in Personalunion auch Zf ist. Allerdings redet der Volksmund fast ausschließlich vom „Zugführer“, weil „der fährt doch den Zug“. Gott bewahre, wenn man sein Wissen einsetzt und statt dessen einen anderen Begriff verwendet – womöglich gar „Triebfahrzeugführer“!
Vermeiden sollte man auch „kuppeln“ statt des doch ach so viel hochgestochener und „fachlicher“ wirkenden „koppeln“, die korrekte Verwendung von „Gleis“ und „Schiene“, die Verwendung von „Haltepunkt“ oder, was heutzutage selten geworden ist, „Haltestelle“, statt alles mit Bahnsteig als „Bahnhof“ zu bezeichnen, und „Zug“ nicht als Sammelbegriff für alles zu verwenden, was auf Schienen steht oder läuft.
Im Grunde ist es am besten, man redet überhaupt nicht über die Eisenbahn. Einerseits muß man sich dann nicht dazu herablassen, völlig falsche Begriffe zu verwenden, nur weil der Volksmund sie so nutzt, und andererseits geht man seinen Mitmenschen nicht mit Fachbegriffen auf den Geist, die sie aus ihrem täglichen Sprachgebrauch nicht kennen.
Vom IT-Bereich will ich gar nicht erst anfangen …