LesHommes hat geschrieben: ↑16 Jul 2023 15:29
Bist du Schiffskapitän oder wurde deine Urlaubsreise kürzlich gekappt?
Nein, ich bin noch nie geflogen
(ok, 1x IIRC, als Kind, da wusste ich aber noch nix von Klimawandel und Co. ... und das war auch nur ein kurzer Rundflug über den Ort mit meinem Opa [R.I.P.], in einer Cessna), ich bin noch nie groß in den Urlaub gefahren, seit ich erwachsen bin, weil ich es mir schlichtweg niemals leisten konnte, und ich besitze auch kein Auto, geschweige denn einen Führerschein.
Ich finde es einfach nur lächerlich, wegen dem Zehntel-Promille an Emissionen (ok, wegen mir: Plus Feinstaub oder wasweißich für Probleme sonst noch) groß rumzumachen. Das ist hirnverbrannt
- in Anbetracht der ganzen anderen Industrien & Systeme & Carbon-heavy supply chains, die wir fixen
müssen, aufgrund ihres gigantischen Einflusses.*⁾
Wenn ich mein Zimmer aufräumen will, und hundert Bücherkartons im Weg rumstehen habe, über die ich jeden Morgen beim Aus-dem-Bett-Rollen stolpere, fange ich dann damit an, die zwei Laubblätter wegzukehren, die bei mir vorm Haus sind und den Vorgarten "verschandeln"?
Nein, ich versuche rauszubekommen, wie ich die
größte Nuisance - die Kartons - aus meinem Leben verbannen kann, weil es mir erstmal die größte Menge an Schmerz erspart, sobald ich das geschafft habe. Um den Kleinkram kann ich mich immer noch kümmern, später.
Ergo: Elektroflotten ausrollen, Renewables ausrollen, massenweise Batterien (jaja: auf deutsch heißt das Akkus, ich weiß) ans Netz bringen für das Nachtphasen-Tal in der PV-Kurve, und was sonst noch so geht im Transportsektor, und langfristig Fusionskraftwerke weiter erforschen (bzw. ENDLICH mal da massenweise Geld reinpumpen, der Fortschritt in der letzten Zeit ist ja echt beachtlich, das sollte man dringend forcieren! - Wir sind sogar tripelproduktmäßig
kurz vor der "ignition area" mit dem ITER, hab ich vor kurzem mit großen Augen festgestellt und konnte es selbst kaum glauben [Quelle zum Bild
hier] ... btw: den Alternativlos-Podcast 51, der
hier verlinkt ist, kann ich sehr empfehlen, Frank & Fefe sind mal wieder zum Wendelstein 7-X für ein neues Interview gefahren), denn der Energiebedarf der Menschheit wird in diesem Jahrhundert sicher nicht sinken, eher steigen, und je mehr Grundlast wir haben, desto besser. Insbesondere werden wir künftig wahrscheinlich massenweise Energie brauchen, um das CO₂ wieder aus der Atmosphäre zu saugen, um den angerichteten Schaden einzugrenzen - und wie wir ja alle wissen: Entropy is a bitch. Sprich wir brauchen höchstwahrscheinlich LOTS of cheap energy!
Wo es Sinn ergibt, kann man wegen mir auch noch ein paar neue Mini-Nuklearreaktoren bauen, als Brückentech, vielleicht ist die Technologie jetzt ja endlich mal ausgereift und sicher. Eventuell kriegt man - in Hinblick auf das nuclear waste problem - sogar ein closed loop system hin (hab zumindest vor kurzem bei
Cleo Abram was Vielversprechendes dazu gehört, wenn auch die Details noch nicht nachrecherchiert).
Für Landwirtschaft & Co. weiß ich jetzt auch nicht, was da gute Strategien sind, bin kein Agrarexperte, Luftfahrt wird auch schwierig, evtl. geht das mit GreenPower2Kerosine, ich glaub kaum, dass das "on scale" mit biofuels lösbar ist... der Platzbedarf wäre enorm.
Aber die Luftfahrt verbraucht in Relation zu allen anderen Transportsystemen ja zum Glück jetzt auch nicht so
wahnsinnig viel an Öl (nur in Relation "pro Kopf" bzw. "pro Personenkilometer", was aber ja völlig egal ist, solange die Anzahl an "Köpfen" klein ist - was sie ja auch
ist, der Großteil der Menschheit ist ja noch nie geflogen, weil für den Großteil der Menschheit Luftfahrt schlichtweg nicht zugreifbar ist mangels finanzieller Mittel), das wird man allein aufgrund der Quantität
etwas einfacher
direkt substituieren können als andere Transportmittel.
LesHommes hat geschrieben: ↑16 Jul 2023 15:29Nächstens werden vielleicht die spanischen Billig-Gemüselaster angeklebt, die von irgendwelchen Tagelöhnern unter traurigen Arbeitsbedingungen befüllt wurden. Könnte ich auch verstehen.
Das ist das nächste Problem: Die (lies: viele) Umweltschützer bringen einfach immer alles mögliche durcheinander, was kausal überhaupt nicht miteinander verbunden ist und schmeißen obendrein alle Kritikpunkte aus den verschiedensten Bereichen in einen Topf. (Schlimmer sind nur noch Social Justice Warriors.)
Dabei ist die Realität halt nicht so einfach. Man muss schon auf Details achten.
Das mit den Tagelöhnern ist traurig, aber hat mit dem Klima exakt
nichts zu tun. Die "letzte Generation", so dachte ich, kümmert sich ums Klima und möchte auf einen Stop der CO₂-Emissionen hinwirken. Ja dann soll sie Aktionen machen, die was damit zu tun haben, anstatt z.B. irgendwelche Kunstwerke mit Soße zu bewerfen. Das ist einfach nur infantiler Unsinn.
Oder sich mal hinsetzen und irgendwas Produktives tun, sich an Forschung zu Technologie und Problemlösungen beteiligen, anstatt einfach nur immer stumpf "gegen alles" zu sein.
Ich meine, ich verstehe das ja: Ich bin auch sehr gerne faul und liege nur im Bett, nur weiß ich - leider - aus eigener Erfahrung, dass das kein einziges Problem löst, und obendrein einen auch langfristig nicht gerade "glücklicher" macht.
(Das ist ja auch das Schreckliche an Depressionen: Man schaut quasi seinem eigenen Niedergang zu, während man in einer endlosen "negativen positiven" Nichtstu-Rückkopplungsschleife vor-sich-hinleidet. "Positiv" im Sinne von "positive Rückkopplung", "negativ" im Sinne dessen, was die Konsequenzen sind: "Es wird immer schlimmer."
Bei manchen der Klima-Kids hab ich btw auch das Gefühl, dass die eine chronische mittelschwere Depression mit sich rumschleppen.)
Und du machst den gleichen Fehler (@schwammige Kausalitätsgraphanalyse / Dinge durcheinanderwürfeln), weiß nicht, ob es dir bewusst ist:
LesHommes hat geschrieben: ↑16 Jul 2023 15:29
Schiffsverkehr und Kreuzfahrten sind schon lange in der Kritik wegen der hohen Feinstaub-Erzeugung und der vielen sekundären Klimabelastungen. Da wird gern Tropenholz verbaut, Ver- & Entsorgung sind ein riesiger Logistikaufwand, oft fliegen Reisegäste erstmal mit dem Flugzeug zum Hafenstandort und die schwimmenden Städte müssen dann auch noch durch die Gegend gondeln und verballern dabei weit mehr als Autoreisen oder anderes.
Feinstaubbelastung:
Schiffsverkehr → Feinstaubbelastung: Ja, ok, kann sein. Hat aber mit CO₂ nix zu tun.
Kreuzfahrten → Feinstaubbelastung: Ja. Hat aber auch hier mit CO₂ nix zu tun. Und wie schon gesagt: Der Anteil der Kreuzfahrten an der Gesamtbelastung ist miniscule.
An Feinstaub sterben statistisch gesehen sicher schon ein paar Leute (oder besser: Sie sterben
mit Feinstaub vielleicht früher als ohne), und "weniger Feinstaub ist immer besser als mehr davon", schon klar, aber ich glaube, wir sind uns einig - insbesondere, wenn wir uns rausgezoomed mal die berühmte Hockeystick-Kurve anschauen -, dass der wesentlich größere Killer (auf lange Sicht auf jeden Fall - aber sicher auch schon jetzt) CO₂ ist.
(Bzw., da die Korinthenkacker ja überall sind: Das "Zuviel" an CO₂, was wir derzeit in die Atmosphäre blasen, oder noch genauer: Dessen physikalische Folgeeffekte. - "
Hihi, er hat blasen gesagt!" - Ruhe da hinten auf den billigen
Plätzen Hängematten!)
Holz:
Tropenholz wird wohl kaum auf Containerschiffen verbaut. Also nehme ich an, du meinst die Kreuzfahrtschiffe. Aber dadurch, dass du "Schiffsverkehr und Kreuzfahrten" davorgeschrieben hast, insinuierst du einen Zusammenhang, wo keiner ist, bzw. genauer: Machst das Problem größer, als es ist.
So. Und wenn dem wirklich so ist: Wen interessiert das? Bäume wachsen nach, soweit ich das aus meinem Bio-Unterricht erinnere ^^. Das wird auch auf Bäume in den Tropen zutreffen, wenn es da nicht ausschließlich irgendeine "suicidal tree"-Unterart gibt
.
Es geht also darum, dass man nicht mehr entnimmt, als nachwächst. Wir hier in Deutschland kriegen das ja auch auf die Reihe, also werden die Brasilianer (um
ein Beispiel von einem Tropenholz-Exportland zu nennen) das ja wohl auch können. (Auch wenn sie es als Gesellschaft - wie wir auch, früher - vorher wohl erstmal "lernen" müssen.)
Gut, man
könnte argumentieren, wer jemanden wie Bolsonaro wählt, der ist zu dumm dazu, aber ehrlich:
Ganz so bescheuert werden sie (bzw. wird die Holzindustrie dort) dann auch nicht sein, dass sie sich langfristig ihre eigene Existenzgrundlage nehmen. Ich schätze, wenn sich das dortige Gesellschaftssystem mal auf einem höheren Wohlstands- und Bildungsniveau eingeschwungen hat, wird sich das Problem "von selbst" regeln (bzw. dank Schutzinitiativen von Leuten vor Ort. Die Indigenen sind in sowas ja ganz gut. Wenn die genügend Unterstützer aus der normalen Bevölkerung finden und traction gainen, und sich das - hoffentlich - irgendwann in Regulierungs-Policies niederschlägt, dann ...
...naja, gut, kann natürlich auch schiefgehen, wie vor Jahrhunderten auf der Osterinsel, aber zu Zeiten vom Niedergang der Osterinsel gab es noch keine Wissenschaft wie heute, keine globale Community, kein IPCC, keine UNO, und höchstwahrscheinlich auch noch nicht so viel Bewusstsein für Umweltschutz bzw. dessen Wichtigkeit).
Wir haben in Europa früher auch ordentlich geholzt, wie können wir da anderen souveränen Ländern vorwerfen, dass sie - auf ihrem nachvollziehbaren Weg, Wohlstandsnation werden zu wollen - das gleiche tun?
Mist, das wird schon wieder viel zu lang hier (ich wollte eigentlich noch auf den Punkt mit den sekundären Belastungen eingehen - denn das sehe ich eher als Systemproblem bzw. ist auch schon wieder so mega-kompliziert, wenn man genauer drüber nachdenkt, daher lasse ich es jetzt aus) v.a. für einen sonnigen Sonntag Nachmittag/Abend... naja, ich bin auch gleich durch. Aber das hier noch:
LesHommes hat geschrieben: ↑16 Jul 2023 15:29Logisch ist der Prozentanteil geringer als bei Stahlindustrie, gewerbliche Logistik etc. aber es ist bei weitem auch eine der unnötigsten Formen der Reisegestaltung im Verhältnis Einzelperson- Treibhausgasemission.
Wer sind wir denn, dass wir anderen vorschreiben wollen, was die "unnötigste" Form von Reisegestaltung ist? Klima-Diktatoren oder was?
Da sind viele hart arbeitende Leute, die einfach nur ihren Lebensabend genießen wollen (oder ihren Urlaub... von der Arbeit ausspannen, halt auf ihre Art. Ich persönlich kann nichts mit dieser Art anfangen, die Menschendichte an Bord so einer KFS-Konserve würde mich irre machen, ich drehe ja schon in der Innenstadt durch, aus der man jederzeit über breite Einfallstraßen "fliehen" kann, aber ich kann
anderen Leuten ja nicht vorwerfen, dass sie einen
anderen Lebensstil bevorzugen. Menschen sind halt unterschiedlich). Und die das Geld dazu haben und bereit sind auszugeben. Ja dann lassen wir sie doch, ist mir doch egal. Ich möchte auch gerne in Ruhe gelassen werden, wenn ich in meiner Freizeit am Flussufer sitze und die Beine in den Flusslauf baumeln lasse, und dabei nicht von irgendwelchen Kleinkindern mit "The end is near"-Transparenten genervt werden.
(Denn the end is eben nicht near... wir wissen es schlichtweg nicht sicher, was kommt. Es warten herausfordernde Zeiten auf uns, höchstwahrscheinlich, alles darüber hinaus ist Spekulation. Wenn die Menschheit aufhört zu existieren, dann wahrscheinlich eher durch Atomwaffen, gerade in der derzeitigen angespannten Situation mit UKR/RUS und China/Taiwan, aber auch das ist nicht 100%ig sicher.)
Frage: Würdest du die gleiche Kritik immer noch formulieren, wenn die Schiffe und die damit zusammenhängenden Versorgungsketten zero emissions hätten?
____
*⁾
Angenommen, wir hätten irgendwann mal alles bis auf die Kreuzfahrtbranche dekarbonisiert: Gegen die Emissionen der paar Kreuzfahrtschiffe könnte man wahrscheinlich auch mit carbon capture from air ankommen - also: könnte man wahrscheinlich auch heute schon. (Hab's jetzt aber nicht nachgerechnet.)
Oder man macht es wie bei den Flugzeugträgern der Amis und baut einfach Atomreaktoren in die Kreuzfahrtschiffe ein. - Wäre immerhin ein Garant für einen strahlenden Urlaub . Und man könnte ewig auf See bleiben, abgesehen von Versorgung mit Nahrungsmitteln... ich sehe schon die Marketing-Slogans vor meinem inneren Auge aufblinken: "Möchten Sie auch ewigen Urlaub machen?"