Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑02 Okt 2020 19:47
Hanuta hat geschrieben: ↑26 Sep 2020 18:52
Die meisten werden das aber nur hobbymäßig ausführen. Unabhängig davon. Wie soll ich mir denn nun eine Konversation damit vorstellen?
Was trägt denn dazu bei, dass ich jetzt im persönlichen Gespräch ganz besonders gut bei ihr dastehe?
Angenommen ich habe letzte Woche das Turnier mit meinem Verein gewonnen. Das würde ich natürlich dann so auch erzählen. Inwiefern führt das jetzt dazu, dass wir eine bessere Basis erreichen und danach keine peinliche Stille herrscht?
Das ist schwer vorherzusagen, denn an diesem Punkt liegt der Ball erstmal bei der Frau. Wie es weitergeht, hängt also von ihr ab.
Wenn sie generell etwas gegen Fußballer hat, wird sie das kundtun – aber das wird sie normalerweise früher tun und nicht erst, nachdem du vom Sieg deines Vereins erzählt hast.
Wenn sie nun weiter in Richtung deines Fußballhobbys fragt, ist davon auszugehen, daß sie mehr wissen will. Beantworte also ihre Fragen. Sie soll sich aber nicht darüber beschweren, daß sie das bekommt, worum sie meines Erachtens eindeutig gebeten hat.
Wenn sie das Thema wechselt, bist du aus dem Schneider – natürlich je nachdem, auf welches Thema sie wechselt.
Inwiefern läuft das dann anders ab bei deinen Nerdhobbys?
Es ging doch darum, dass es doch stark auf das Hobby ankommt und ich sehe jetzt nicht wo eine Frau sich speziell für Fußball interessiert und das in aller Häufigkeit zutrifft, obwohl es sich um ein "Mainstream"-Hobby handelt.
Unabhängig davon, ob es jetzt meine Hobbys sind –
wenn ich über ein Hobby schreibe, übe ich es NICHT zwingend auch selbst aus:
Nerdhobbys haben es zunächst einmal oft an sich, daß sie solche Nischenhobbys sind, daß sie den allermeisten Menschen völlig unbekannt sind. Will sagen, die allermeisten Menschen wissen nicht einmal, daß dieses jeweilige Hobby oder dieses jeweilige Interessengebiet überhaupt existiert, geschweige denn, was es ist. Daraus resultiert aber schon einmal eine Vorabbewertung: „Was ist das für ein Spinner? Wieso kann der kein normales Hobby haben?“
Wenn man es also nennt, fragen sie, was das ist. Und dann sagt man ihnen, was das ist.
Wenn man Glück hat, ist es so obskur und vom Wissenshorizont der allermeisten Menschen entfernt, daß sie auch dann nichts damit anfangen können. Wenn man Glück hat. Und selbst dann läuft man für sie unter „Oberspinner“. Sie fragen nicht weiter und sortieren einen im Geiste schon aus.
Um so schlimmer, wenn sie damit etwas anfangen können. Dann ist man für sie nicht nur ein generischer „Spinner“, sondern dann können sie spezifischere Vorurteile anwenden, die sich nicht aus dem ergeben, was sie vom Thema wissen – sie wissen davon ja nichts –, sondern aus dem, was sie sich darunter vorstellen. Und sie
werden Vorurteile anwenden. Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit (es gibt also noch mehr als diese acht):
ACHTUNG, DISCLAIMER, BITTE UNBEDINGT BEACHTEN: Dies sind NICHT zwingend meine Hobbys! Ich übe NICHT alle diese Hobbys aus!
Militaria-Sammler oder generell an Militärischem interessiert: Kriegsfan. Möglicherweise Reichsbürger. Also landet man in der Nazi-Ecke.
Pen&Paper-Rollenspieler: Kindskopf, der in einer Fantasiewelt lebt. Zumindest aber ein Nerd. Für jüngere obendrein hinterm Mond, weil „man“ doch Rollenspiele heute am Computer oder gar online spielt. (Hier ist die Wahrscheinlichkeit zumindest etwas geringer, daß der Gegenüber nachfragen muß, was das ist. Aber sie besteht.)
LARPer: siehe Pen&Paper-Rollenspieler, aber kann die Realität nicht mehr von seiner Fantasie unterscheiden. Zumindest aber ein Übernerd.
Furry: zunächst einmal ein Kindskopf, weil das ja von
Zeichentrick und Comics kommt. Bis hierhin identisch mit anderen Comic- oder Animationsfans. Beim Furry kommt noch sexuell pervertiert hinzu, weil fast jeder glaubt, das sei ein sexueller Fetisch.
Otaku: wieder siehe Zeichentrick und Comics. Dazu kommt Spinner, weil es ja unbedingt aus Japan sein muß und man sich „Comics“ antut, die falsch herum gelesen werden müssen. Während der Furry als zoophil gilt, gilt der Otaku als hebephil, weil auch erwachsene weibliche Manga- und Anime-Charaktere von Unkundigen nicht als Erwachsene angesehen werden – und somit als pädophil, weil noch nie jemand etwas von Hebephilie gehört hat.
Brony: erstens geistig auf Kindergartenniveau zurückgeblieben. Zweitens – weil es ja „für kleine Mädchen ist“ – mindestens unmännlich, wenn nicht gar schwul (nicht im Sinne von homosexuell, sondern im Sinne des Tucke-„Heiteitei“-Klischees vom Mann im rosa Ballettkleid), oder will sogar selbst ein kleines Mädchen sein bzw. bildet sich ein, eines zu sein. Drittens, wenn nicht letzteres, dann doch zumindest pädophil.
Irgendetwas am Computer, was nicht Zocken oder Surfen ist (z. B. Serveradministration, Entwicklung von Free Libre Open Source Software, Pentesting): Das Thema wird sehr schnell zu technisch und zu speziell, als daß der Gegenüber die Antwort des Ausübenden auf seine Nachfrage versteht. Die meisten Menschen wissen z. B. nicht einmal, was ein Server ist, bzw. kennen unter dem Begriff nur die Kommunikationskanäle auf Discord, die den Begriff falsch verwenden. Auf jeden Fall, wer so etwas macht, ist erstens ein Spinner. Zweitens ein Langweiler, denn das Thema klingt für Außenstehende ungeheuer langweilig. Drittens, wenn er dafür etwas anderes verwendet als Windows (oder vielleicht noch die auf Benutzerfreundlichkeit optimierten Standard-Desktopumgebungen der größten GNU/Linux-Distributionen, meistens aber nur Windows), ein geschmacksverirrter Masochist. Viertens ein „Hacker“* = kriminell und amoralisch. Kurzum, der Typ damals in der Schule mit dem C64, der uncoolen Frisur und der dicken Hornbrille, dem Mama immer die Anziehsachen ausgesucht hat – aber jetzt erwachsen, aber eigentlich auch nicht erwachsen und somit nur noch schlimmer.
*was sich die unkundige Allgemeinheit inklusive der gesamten Mainstream-Medienlandschaft unter dem Begriff „Hacker“ vorstellt (was „Hacker“ wirklich bedeutet, wissen nur Hacker)
Prepper: Reichsbürger mit Paranoia, denn Wie Wir Alle Wissen™, sind alle Preppers rechtsextrem. Wenn der Prepper wirklich etwas von dem versteht, was er tut, und der Außenstehende überhaupt nicht mehr versteht, was der Prepper warum tut, kommen dazu Nerd und Militarist (also womöglich auch Waffennarr) im Mischungsverhältnis 1:2. Als Partner kommt ein Prepper aus zwei weiteren Gründen nicht in Frage: Zum einen preppt er nur für sich selbst (der Egoist, der – ungeachtet der Tatsache, daß er als Single gar niemanden sonst hat, für den er preppen müßte), zum anderen sieht es nicht so aus, als würde er auf die Wünsche einer nicht ans Prepping gewöhnten Partnerin eingehen, die das alles lieber sehr viel normaler, bequemer, einfacher, leckerer usw. hätte.
Es gibt auch Hobbys, da brauchen die Leute nicht nachzufragen, was das ist. Sie wissen es. Und sie haben daher auch von vornherein ihre Vorurteile. Weitere Beispiele, wieder ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
ACHTUNG, DISCLAIMER, BITTE UNBEDINGT BEACHTEN: Dies sind NICHT zwingend meine Hobbys! Ich übe NICHT alle diese Hobbys aus!
Modellbau (außer Modelleisenbahn): Modelle = Spielzeug, also Kindskopf.
Militärischer Modellbau: Kindskopf (siehe oben) + Kriegsfan.
Militärischer Modellbau nach deutschen Vorbildern: Kindskopf (siehe oben) + Kriegsfan (siehe oben) + Reichsbürger, also Nazi.
Militärischer Modellbau nach sowjetischen Vorbildern: Kindskopf (siehe oben) + Kriegsfan (siehe oben) + Stalinist (bei älteren Modellen) oder Putinfan (bei neueren Modellen).
Militärischer Modellbau nach amerikanischen Vorbildern: Kindskopf (siehe oben) + Kriegsfan (siehe oben) + Trumpfan.
Militärischer Modellbau nach britischen Vorbildern: Kindskopf (siehe oben) + Kriegsfan (siehe oben) + Bomber-Harris-Fan, also antideutsch.
LEGO: war schon immer „Spielzeug für kleine Kinder“, also Kindskopf. Plus um so mehr Nerd, je größer und teurer die Modelle sind.
Comics: Comics sind für kleine Kinder, also Kindskopf. Plus Lese-Rechtschreib-Schwäche, sonst würde er ja „was Richtiges“ lesen.
Animation: Wie ich schon schrieb,
Zeichentrick ist was für Kinder, also Kindskopf. Furry (siehe oben) gilt als sexualisierte Steigerung davon.
Elektronische Musik: Nächste Frage: DJ? Wenn ja, Glück gehabt. Einzig mögliches Klischee bei älteren Generationen: DJ = Techno = XTC = drogensüchtig. Wenn nein: Technik-Nerd, der gar keine Musik machen kann, denn ansonsten hätte er ja „richtige“ Musikinstrumente, die man auch selbst spielen muß. Außerdem Scheiß-Musikgeschmack.
So etwas passiert aber nicht nur mit Nerdhobbys. Es gibt auch Hobbys, die weniger oder überhaupt nicht nerdy sind, die der Allgemeinheit schon seit Jahrzehnten bekannt sind, die aber trotzdem ihre Vorurteile auslösen. Beispiele, wieder ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
ACHTUNG, DISCLAIMER, BITTE UNBEDINGT BEACHTEN: Dies sind NICHT zwingend meine Hobbys! Ich übe NICHT alle diese Hobbys aus!
Briefmarkensammlung: konservativer, langweiliger Spießer.
Modelleisenbahn: Kindskopf und konservativer Spießer im Mischungsverhältnis 1:1.
Modelleisenbahn, erwähnt aber, daß er im FREMO ist: Kindskopf, konservativer Spießer und Vereinsmeier im Mischungsverhältnis 2:5:3.
Country-Musik: ultrarechter, erzreaktionärer Trumpfan, White Supremacist und Redneck-Sympathisant.
Whisky-/Branntwein-Connoisseur: Alkoholiker.
Wein-Connoisseur: Alkoholiker und blasierter Schnösel im Mischungsverhältnis 1:4.
Jäger: Waffennarr und Sadist, der aus reiner Lust am Töten süße kleine Bambis abknallt. Und das in einer Zeit, in der eigentlich – nach Ansicht vieler, insbesondere vieler junger Menschen und gerade Frauen – jeder Mensch auf Erden per Gesetz sofort zum
Level-5-Veganismus gezwungen werden sollte.
Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑02 Okt 2020 19:47
Hanuta hat geschrieben: ↑26 Sep 2020 18:52
Oder vielleicht kommt es auch gar nicht auf das Hobby an?
Doch, es kommt auf das Hobby an. Das Hobby „Wandern“ beispielsweise ist den meisten Menschen wesentlich einfacher in näheren Details zu vermitteln als das Hobby „Microcontroller“ oder das Hobby „Pentesting“. Es gibt natürlich einiges dazwischen, und es gibt Hobbys, deren Vermittelbarkeit davon abhängt, wie professionell und intensiv man sie betreibt. Fitness Level „was man eben so macht“ ist einfacher zu vermitteln als Fitness Level „professioneller Leistungssportler auf Olympianiveau“.
Daran habe ich keine Zweifel, dass das Hobby "Wandern" einfacher zu erklären ist, aber auch dann geht es eben nur sehr oberflächlich darum wo man denn überall alles bisher wandern war. Niemals geht es darum welches Schuhwerk man getragen hat, welche Vorkehrungen man getroffen hat, um sich optimal zu rüsten etc.
Und auch hier wieder die Frage: Wie soll dieses Hobby konkret mehr Eindruck schinden als das Hobby der Nerds?
Es geht nicht um „Ich bin hier voll der fett krasse Wanderer, ey! Ich bin der Größte!“, sondern um „Was machst du so?“ – „Ich gehe wandern.“ Kein Geprotze, sondern das eigentlich zu erwartende Mittelding aus Smalltalk und Informativität.
Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Dass die Leute allgemein damit mehr anfangen können heißt ja nicht automatisch, dass sie das auch interessiert. Genau wie bei Fußball.
Wenn es sie nicht interessiert, fragen sie nicht, und du mußt nicht antworten.
Wenn sie fragen und du antworten mußt, sind sie zumindest ein Stück weit interessiert.
Wenn du antwortest, ohne daß sie vorher gefragt haben, sind sie nicht interessiert, und du bist aufdringlich.
Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑02 Okt 2020 19:47
Hanuta hat geschrieben: ↑26 Sep 2020 18:52
Sorry, aber das ist Unsinn.
Das sehen all diejenigen anders, die 2009 RTL wegen deren wenig schmeichelhaften Gamescom-Berichts vor Gericht gezerrt und gewonnen haben.
Seit wann kann man einen über 10 Jahre alten Bericht eines fragwürdigen Privatsenders als Maßstab nehmen?
Seit damals unbestreitbar bewiesen wurde, daß – außerhalb der Gamingszene natürlich – tatsächlich viele mainstreamige Menschen
genau so denken.
Daß heute sogar die ZEIT über eSports berichtet – bzw. dpa-Meldungen unredigiert durchreicht –, heißt noch lange nicht, daß die Allgemeinheit, und ich rede hier ganz besonders von den Baby Boomers und der Generation X, also den Geburtsjahrgängen 1950 bis 1979, Gaming in jeglicher Ausprägung als etwas Normales und Erstrebenswertes akzeptiert hat.
Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Zumal es wohl nicht ohne Grund eine Klage dagegen gab, wenn es denn tatsächlich so richtig dargestellt wurde.
Die Klage kam von der Gaming Community. Und
nur von der. Die breite Masse, die sich nicht der Gaming Community zugehörig fühlte, hat sich an diesem Vorurteil überhaupt nicht gestört und es zu erheblichen Teilen überhaupt nicht als Vorurteil aufgefaßt, sondern als Tatsache.
Hanuta hat geschrieben: ↑05 Okt 2020 10:34
Ich habe sie mir nicht ausgesucht, sondern sie haben das von sich selbst erzählt. Das war also in "freier Wildbahn".
Kennst du den Twitch-Streamer Montana Black? Das ist der erfolgreichste Streamer Deutschlands und er hat genau so ein Gaming-Zimmer mit einer Highend-Gaming-Maschine und diversem Schnickschnack. Natürlich kennt den auch der "Mainstream" bzw. dort ist er ja am populärsten, obwohl er scheinbar ein Nerd ist. Aber in seiner Webpräsenz kommt er eben überhaupt nicht als Nerd rüber, sondern als cooler Typ mit dem man gerne mal über Gott und die Welt redet.
Anderes Beispiel ist der YouTuber Mois:
https://www.youtube.com/watch?v=g3MgZ04 ... annel=Mois
Der hat auch ein Video zu seinem neuen High-End-Rechner gemacht. Auch der Typ ist absolut "mainstreamtauglich".
Es hat also scheinbar nichts mit den Hobbys zu tun, sondern vor allem wie jemand wahrgenommen wird, was primär mit dem Verhalten zu tun hat.
Wenn der Mann eine coole Sau ist, dann kann er doch machen was er will. Er könnte sich selbst die Fingernägel Rosa lackieren und würde noch als kennenlernwürdiger Mann einkategorisiert werden.
Ich habe das Gefühl, als hätte es für dich nie eine Welt außerhalb der Gaming Community gegeben und gäbe es auch heute noch keine.
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Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs