Smalltalk

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
Wenona

Re: Smalltalk

Beitrag von Wenona »

Ich habe gelesen, dass Krankheiten und Politik ungeeignet sind als Smalltalkthemen, hingegen Reisen und Hobbies gut geeignet sind.
Man soll wohl auch nicht über andere, z.B. die Bahn, schlecht reden, der andere könnte z.B. ein Mitarbeiter von dort sein.

Was mir grad einfällt ... die einzigen Situationen, wo ich Smalltalk halbwegs hinkriege, ist bei alten Menschen (aber auch nicht bei jedem). Wahrscheinlich einfach aus Mitleid. Naja, eigentlich "Smalltalken" die mehr, und ich höre aktiv zu. Jedenfalls sehe ich diese 'Zielgruppe' :D als gutes Übungsfeld. (Das heißt nicht, dass ich es nutze.)
NBUC
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Re: Smalltalk

Beitrag von NBUC »

Gahaltan hat geschrieben:
eigentlich hast du dir damit doch schon selbst die antwort gegeben.
inwiefern ist bitte die tatsache, dass du an ihrem lesezeichen vermutest, dass sie das buch erst für diese fahrt gekauft hat ein besseres gesprächsanlass als beispielsweise der autor ihres buches, die frage, worum es in ihrem buch geht, ihre halskette, das wetter etc. ?

ich sehe ja ein, dass die schwelle, jemanden anzusprechen, relativ niedrig ist, wenn er ein känguru dabei hat, aber dein ansprechanlass war genauso banal wie so ziemlich alle anderen möglichkeiten.
wichtig war nur, dass du eben was gesagt hast und dich interessiert hast.
Die Verwudnerung verwundert mich jetzt. Es war eben ein recht dickes Buch und damit fand ich die Möglichkeit es auf dieser Reise aufgelesen zu haben bemerkenswert. Das ein Buch einen Autor hat (von dem ich dann noch nie gehört habe) etc ist hingegen meinem Empfinden nach gesprächstechnisch belanglos. Die anderen Elemente sähe ich als ganz offensichtliche (auch für sie offensichtliche) "Feigenblätter". Und die werden meinem Eindruck nach auch schnell erkannt und nach Laune und Frager abgestraft (u.U. sogar, wenn es nicht mal Feigenblätter waren) .

Das mit dem schnellen Lesen hätte eben auch gegenüber z.B. einem Mann so fallen können.
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wenn ich nicht antworten sollte heißt das nicht, dass du Recht hast, sondern ich kein Internet!
Hathor

Re: Smalltalk

Beitrag von Hathor »

Bei mir ist es eher die Ausnahme, wenn es zu keiner Unterhaltung mit Mitreisenden kommt, wenn ich in Zügen unterwegs bin.
Wenn ich in Zügen unterwegs bin - und als Berufspendlerin bin ich das leider viel zu oft, nämlich täglich - habe ich allein aufgrund dieser banalen Tatsache - dass ich im Zug unterwegs sein muss - dermaßen miese Laune, dass mir der Sinn weit öfter danach steht, meinem Gegenüber eine reinzuhauen als ein nettes Gespräch mit ihm anzufangen :mrgreen:

Das mag allerdings im Fernverkehr, wo ein höherer Prozentsatz an Leuten aus angenehmen Anlässen unterwegs sind, z. B. weil sie in Urlaub fahren oder von einer schönen Reise wiederkommen und deshalb eben entweder freudig erregt oder angenehm erholt sind, anders sein. ;)

Und ja, zugegeben, auch meine Smalltalkfähigkeiten sind eher begrenzt, allerdings vor allem was das "einen Anfang finden" angeht. Wenn ich erstmal mit jemandem ins Gespräch gekommen bin, läuft's eigentlich immer von allein. :good:

Richtig scheußlich finde ich, auf eine Feier zu müssen und dort niemanden zu kennen. Ich denke z.B. noch heute mit Grausen an den Polterabend einer früheren Kollegin zurück. Alle anderen Gäste kannten sich untereinander, und außer mir war auch niemand alleine da. Irgendwann habe ich nur noch krampfhaft versucht, nicht tödlich gelangweilt auszusehen, verstohlen auf die Uhr geschaut und sehnsüchtig drauf gewartet, dass ich mich endlich aus dem Staub machen konnte, ohne unhöflich zu wirken.

Früher bin ich immer zu solchen Events gegangen, weil ich dem/der Betreffenden einen Gefallen tun wollte. Aber ich hab' gemerkt, dass ich mir damit keinen Gefallen tue - nie. Inzwischen schlage ich Einladungen zu derartigen Anlässen ganz ehrlich mit der Begründung "Ich kenn' da doch niemanden außer Dir" aus. Ich kriege es beim besten Willen nicht hin, gleich mit ganzen Gruppen von Leuten ins Gespräch kommen zu müssen, die zusammenstehen und sich angeregt unterhalten, das stresst mich extrem, und vermutlich sieht man mir das auch irgendwann an, denn ich werde dann immer verkrampfter und merke förmlich, wie mir die Gesichtszüge beim verzweifelten Versuch, "freundlich und offen" auszusehen, einfrieren ;) .
Morningstar

Re: Smalltalk

Beitrag von Morningstar »

Smalltalk, nunja mit manchen Leuten kann ich es, mit den meisten jedoch nicht. Fällt mir schon schwer mich in einer Kommunikationsofrm zu behaupten welche weder klar strukturiert ist noch sonst einem Sinn oder Zweck dient. Mir scheint es so das die Normalos das so praktizieren weil es ihnen Spass zu machen schein. Ich kann da jedoch diese Emtionen nicht so recht spüren. Vermutlich bin ich deswegen meist der Stille Schweiger da smalltalk für mich weder einen sinnvollen Austausch von Wissen und Fakten darstellt noch sich gut anfühlt.

Ja, man kann Smalltalk lernen. Das geht durchaus. Nur wenn es nicht wirklich aus dem emotionalen Inneren kommt so wirkt es dennoch irgendwie aufgesetzt. Zumindest fühlt es sich für mich so an.
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Re: Smalltalk

Beitrag von Isa_01 »

Als jahrlange (gelegentliche) Nutzerin der Bahn für Fernfahrten innerhalb Deutschlands werd ich mal ein paar konkrete SmallTalk-Beispiele nennen, an die ich mich noch erinnern kann.

Zugstörungen und Verspätungen
Meiner Meinung nach das wichtigste Thema unter fremden im Zug, da alle davon betroffen sind und somit auch nicht über Dinge reden
müssen, die sie weder interessieren noch angehen.
Oberleitungsstörungen, Bäume/ Tiere/ Personen auf der Fahrbahn, "Personenunfall" (Suizid), Maschinenwagenstörung, Ausfall des
Computersystems und, und, und..........die Störungen bei der Bahn sind endlos hab ich manchmal das Gefühl ;-) (falls hier jemand ist der bei
der Bahn arbeitet möge er mir dies bitte nicht übelnehmen, ist meine persönliche Erfahrung, und auch wenn ich mir manchmal ein
Auto wünsche fahre ich meist gerne mit der Bahn). Wenn dann eine Durchsage kommt ist sowas schon oft ein guter Einstieg für ein Gespräch.
Nach einem allgemeinen Seufzen im Waggon hört man oft genug Kommentare von einem möglichen Sitznachbarn, auf die man dann eingehen
kann: "Oh nein, nicht schon wieder, ich muss doch am Bahnhof x raus" - "oh, das wird knapp. müssen sie denn/ musst du nen anschlusszug
erreichen?" "ja, ich muss den xxx nach yyy bekommen" - "und du/sie. noch lange unterwegs?".........

Gepäckprobleme
Ich bin ja der festen Überzeugung, dass es 99,9 % der Frauen toll finden, wenn ein Mann hilfsbereit und Gentleman ist. Und zwar nicht nur bei
einer Frau die er interessant findet, sondern bei allen. Mir persönlich sind Menschen immer sympathisch, die mit offenen Augen durchs Leben
gehen und sehen, wenn jemand eine helfende Hand gebrauchen könnte. Einmal bin ich mit einem jungen Mann darüber ins Gespräch
gekommen.
Er bat mir seine Hilfe an um meinen Koffer auf die Ablage zu wuchten und fragte dann, ob ich mit Steinen oder ner Leiche reisen würde. Er
hatte dann erstmal die Lacher auf seiner Seite. Wir unterhielten uns daraufhin sitzend über den Mittelgang hinweg, er erzählte mir seine halbe
Lebensgeschichte und zeigte mir Fotos von seinem 3 Wochen alten Sohn.

Wetter
Ja ich weiss, das typische SmallTalk-Thema. Im Zug sind aber oft Reisende, die grad vom Flughafen und aus der Sonne kommen oder
umgekehrt dem Wetter in D entkommen wollen. Ich traf so mal einen Mann, der seit Jahren in Ägypten lebt und dort auch geheiratet hat. Er
war schon älter (ich würd sagen ca. 60) und hatten viel aus seinem Leben zu erzählen. Das Gespräch begann mit einem "ganz schön warmer
Tag für einen Septembertag (glaub ich zumindest) in Deutschland" - "ja, kennt man garnicht, nicht wahr?" daraufhin erzählte er dann, wie er
beruflich nach Ägypten gegangen war, dort geheiratet hat und später geschieden wurde, und dass seine 2 Söhne in Deutschland leben.

Ich glaube generell merkt man schnell, ob jemand quatschen will oder nicht. Ich bin eigentlich gar kein Freund von SmallTalk, da ich meistens gedanklich eh mit mir selbst beschäftigt bin, und gerne in Ruhe gelassen werde. Ich muss aber eingestehen, dass auf diese Art und Weise schon ein paar wirklich nette Gespräche zustandegekommen sind.
Gahaltan
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Re: Smalltalk

Beitrag von Gahaltan »

NBUC hat geschrieben:
Gahaltan hat geschrieben:
eigentlich hast du dir damit doch schon selbst die antwort gegeben.
inwiefern ist bitte die tatsache, dass du an ihrem lesezeichen vermutest, dass sie das buch erst für diese fahrt gekauft hat ein besseres gesprächsanlass als beispielsweise der autor ihres buches, die frage, worum es in ihrem buch geht, ihre halskette, das wetter etc. ?

ich sehe ja ein, dass die schwelle, jemanden anzusprechen, relativ niedrig ist, wenn er ein känguru dabei hat, aber dein ansprechanlass war genauso banal wie so ziemlich alle anderen möglichkeiten.
wichtig war nur, dass du eben was gesagt hast und dich interessiert hast.
Die Verwudnerung verwundert mich jetzt. Es war eben ein recht dickes Buch und damit fand ich die Möglichkeit es auf dieser Reise aufgelesen zu haben bemerkenswert. Das ein Buch einen Autor hat (von dem ich dann noch nie gehört habe) etc ist hingegen meinem Empfinden nach gesprächstechnisch belanglos. Die anderen Elemente sähe ich als ganz offensichtliche (auch für sie offensichtliche) "Feigenblätter". Und die werden meinem Eindruck nach auch schnell erkannt und nach Laune und Frager abgestraft (u.U. sogar, wenn es nicht mal Feigenblätter waren) .

Das mit dem schnellen Lesen hätte eben auch gegenüber z.B. einem Mann so fallen können.
der unterschied zwischen deiner realen und meinen skizzierten situtionen liegt aber absolut nur bei dir, nicht bei der anderen person.

soll heißen: dein anliegen im realen fall war wirklich authentisch, in meinen fällen wäre es das für dich nicht.
für eine frau klingt aber die frage nach ihrer lesegeschwindigkeit kein bißchen weniger (oder mehr) nach anmache als die frage, wie ihr das buch gefallen habe, ob sie den autor empfehlen könne etc.
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Kief

Re: Smalltalk

Beitrag von Kief »

Wenona hat geschrieben:Ich habe gelesen, dass Krankheiten und Politik ungeeignet sind als Smalltalkthemen, hingegen Reisen und Hobbies gut geeignet sind.
Man soll wohl auch nicht über andere, z.B. die Bahn, schlecht reden, der andere könnte z.B. ein Mitarbeiter von dort sein.
Naja, uebergeordnete Zielsetzung ist halt, Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Wenn Du ueber Politik/Religion oder so brisante Themen redest, und einen bitteren Grabenkrampf aufbaust, dann entsteht nicht besonders viel angenehme Gemeinsamkeit.
Krankheiten koennen mehr schlechte Erinnerungen oder Ekel/Abscheu oder wasauchimmer fuer Falltueren bereithalten.
Wenn Du ueber jemanden/etwas schlecht redest, was der andere vielleicht persoenlich nimmt, dann erzeugt auch das haeufiger Keil als Zusammengehoerigkeitsgefuehl.

Wenn Du in der Lage bist, all das mit Humor und Charme aufzugreifen, und dem anderen ein positives Gefuehl zu vermitteln, dann kannst Du auch die "brisanten" Themen in Smalltalk aufgreifen.
Aber hier geht es ja eher um Charaktere, die dazu _nicht_ in der Lage sind.
Da ist es sinnvoller, sich einfachere Themen zu suchen ...


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Re: Smalltalk

Beitrag von Le Chiffre Zéro »

Wenona hat geschrieben:Im ICE sitzt dir jemand im 4er-Abteil gegenüber, worüber könnte man sich unterhalten? :)
Gut, die konkrete Situation ist bei mir höchst unwahrscheinlich. Im ICE reise ich nur, wenn es gar nicht anders geht; ich bevorzuge den Komfort ausländischen EuroCity-Materials (Schweiz, Dänemark, Tschechien, Ungarn, Österreich), bei Fahrten nach Süddeutschland aus Stilgründen (Linke Rheinstrecke) auch klassisches deutsches InterCity-Wagenmaterial (ex Trans-Europ-Expreß). Im Fernverkehr nutze ich wiederum fast immer die 1. Klasse, die selten so voll ist, daß sich irgendjemand mit mir eine Sitzgruppe teilen muß.

Und ich setze mich fast nie allein in eine Vierer-Vis-à-vis-Sitzgruppe. Im Fernverkehr tue ich das nur, wenn es nichts anderes gibt, was auf die 1. Klasse nicht zutrifft (oder wenn im Schweizer EC, der nur Vis-à-vis-Bestuhlung hat, alle drei Wagen 1. Klasse mit der Seite zum Rhein gedreht sind, auf der jeweils zwei Sitze nebeneinander sind). Kurz-InterCitys mit nur einem Wagen 1. Klasse meide ich auch nach Möglichkeit, denn das ist fast immer ein Abteilwagen (9 Abteile à 6 Plätze, trotzdem könnten neun Passagiere den Wagen für mich unbenutzbar auslasten). Ab zwei Wagen in der 1. Klasse ist in deutschen InterCitys praktisch immer einer ein Großraumwagen mit erheblich kleinteiliger Innenaufteilung. Sollten wider Erwarten zwei Abteilwagen die 1. Klasse bilden und in jedem Abteil jemand sitzen, suche ich mir einen Platz im kleinen 1.-Klasse-Großraum im Bistrowagen, und wenn auch das scheitert, bleibe ich stehen. Im Regionalverkehr sitze ich nur dann in einer Vis-à-vis-Gruppe mit mehr als zwei Plätzen, wenn mein Gepäck nicht in eine Zweiersitzgruppe in Reihenbestuhlung paßt oder (was auf die meisten Buntlinge zutrifft, mit denen ich nur noch höchst selten fahre, weil sie vom Aussterben bedroht sind) es wiederum nichts anderes gibt.

Bevor jemand davon ausgeht, daß ich mich freiwillig zu anderen Passagieren in eine Sitzgruppe setze: Das tue ich nicht, unter gar keinen Umständen, wie ich im Startpost dieses Threads erläutert habe. Sobald keine einzige völlig unbesetzte Sitzgruppe mehr übrig bleibt, bleibe ich stehen, egal, wie lange ich fahren muß. (Hamburg—Stuttgart muß ich nicht stehen. Ich fahre 1. Klasse, und bis Mannheim oder Karlsruhe sitze ich in einem von drei 1.-Klasse-Großraumwagen in einem schweizerischen EuroCity.)

Daß mein reservierter Sitzplatz in einer bereits von jemand anderem belegten Sitzgruppe ist, passiert mir auch nie: Ich reserviere prinzipiell nie. Keine Ausnahme. Wenn man früh morgens in Hamburg in die großzügig bemessene 1. Klasse eines EuroCity Richtung Chur steigt, hat man eine riesige Auswahl an völlig leeren, unreservierten Sitzgruppen, so daß ich nicht nur wählen kann, ob ich in Fahrtrichtung sitze (das kann in lokbespannten Zügen nämlich nicht zuverlässig reserviert werden außer im Steuerwagen, so vorhanden), sondern auch, auf welcher Seite ich sitze (immer in Fahrtrichtung links, auf der Seite ist der Rhein).

Diese hypothetische Situation tritt also ausschließlich in der S-Bahn ein. Sie tritt auch nur dann ein, wenn ich mich in eine leere Vierergruppe gesetzt habe (die Hamburger S-Bahn hat keine Reihenbestuhlung, sondern nur Vis-à-vis und seit 1996 Mehrzweckbereiche mit Klappsitzen quer zur Fahrtrichtung) und sich dann jemand zu mir setzt. Von mir geht diese Konstellation also nie aus. Und selbst dann hält sie kaum jemals länger als 20 Minuten an. Wenn ich in einem überwiegend aus Sitzwagen gebildeten Nachtschnellzug (also nachts) von Hannover über Magdeburg (Kopfmachen, also längerer Aufenthalt) bis ungefähr Halle stehen kann, kann ich auch 20 Minuten in der S-Bahn stehen.

Generell gilt, was NBUC schrieb:
NBUC hat geschrieben:Ohne Aufhänger sehe ich da eigentlich keine sich anbietende Option.
Wenn ich keinen konkreten Grund habe, mit der Person zu sprechen, die in meiner Sitzgruppe sitzt, dann spreche ich nicht mit der Person, die in meiner Sitzgruppe sitzt. Grundlos spreche ich sie jedenfalls nicht an.

Ich kann mich nur an sehr wenige Male erinnern, die ich während einer Zugfahrt mit wildfremden Menschen gesprochen habe, die mit mir eine Sitzgruppe teilten, aber meist nicht mehr über die Themen.

In den späten 90er Jahren wurde ich am Hamburger Hauptbahnhof in einen interessanten Ticket-"Kuhhandel" verwickelt, der mir eine etwas jüngere Dame als Reisebegleitung in einem dänischen EuroCity bescherte (wir fuhren mit einem gemeinsamen Ticket, deshalb). Wir hatten auch noch beide dasselbe Reiseziel. So kamen wir schon vor der Fahrt ins Gespräch.

Einige Jahre später saß ich in einem ICE-T von Berlin nach Hamburg in einer Zweiersitzgruppe (Reihenbestuhlung, wie sie den Großteil der Sitze im ICE darstellt). Ich las eine Eisenbahnzeitschrift, die ich den Tag zuvor in einem Modellbahngeschäft gekauft hatte. Ein auf der anderen Seite des Ganges sitzender Anzugträger, der sich damit als Eisenbahnenthusiast zu erkennen gab, sprach mich auf die Ausgabe an, weil auch er das Magazin regelmäßig las. Er hatte die Ausgabe noch nicht gesehen; die mußte neu sein. Ich erklärte ihm, daß die Ausgabe erst vor zwei Tagen herausgekommen war.

Ein anderes Mal hatte ich in der S-Bahn auf dem Weg nach Hause ein Gespräch mit zwei älteren Damen, das so angeregt war, daß ich freiwillig über meine Haltestelle hinausfuhr, um es nicht abzubrechen. Das kostete mich mehr als zehn Minuten Gesamtzeit, aber das war mir egal.

Noch später wollte ich im Berlin-Warszawa-Expreß auf dem Weg nach Warschau etwas essen, aber das Bistro war voll – zumindest für meine Verhältnisse, es gab also keinen freien Tisch mehr. In einem richtigen Speisewagen wäre das nicht passiert. Letztlich erbarmte sich ein wahrhaft süßes Mädel meiner und lud mich ein, mich zu ihr an ihren Zweiertisch zu setzen. Ein bißchen ins Gespräch kamen wir, weil sie sich als Musikerin entpuppte. Allerdings hatten wir auch darin wenig gemeinsam, sie war mehr die aufstrebende Singer-Songwriterin.

Ansonsten: Fehlanzeige. Das scheint jetzt viel zu sein, aber ich fahre auch sehr, sehr viel mit der Bahn.

Ich habe auch schon so manche mögliche oder tatsächliche Gelegenheit ungenutzt gelassen. Eine Zeitlang traf ich im Bus auf dem Weg zur Arbeit eine Deutschchinesin, der ich einmal den Platz neben mir anbot in der Hoffnung, diese hübsche Asiatin möge sich im mittlerweile sehr vollen Bus zu mir setzen. Tat sie. Etwas später, in der Gegenrichtung, stieg ich in den Bus ein, der schon recht gut gefüllt war. Sie hatte bis dahin ihre Tasche neben sich auf dem Sitz liegen und bot ihn mir an, weil sie mich wohl wiedererkannte. Wieder sonst kein Wort gewechselt.

Mir ist es auch einmal passiert, daß bei einem S-Bahn-Halt, bei dem sich der Wagen ziemlich gut füllte, eine junge Frau zustieg, die sich wohl sehr beeilen mußte, um den Zug noch zu erwischen. Sie war ziemlich außer Atem, als sie sich zu mir setzte. Vielleicht kam es mir nur so vor, aber möglicherweise hauchte sie mir zwischen dem schweren Atmen ein "Hi" zu. Weil ich mir nicht sicher war, grüßte ich sie nicht (zurück). Minuten später – sie saß mir immer noch gegenüber – kam mir das unglaublich dämlich vor, aber da war es zu spät.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:- Bezug nehmen auf ein Gespräch, das der Gegenübersitzende gerade mit einem Mitreisenden führt
Nur dann, wenn man dazu wirklich etwas beizutragen hat, was der Konversation inhaltlich förderlich ist. Ich halte nichts davon, sich in irgendein Gespräch einzumischen, nur um mit jemandem zu reden.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:- gemeinsam über die Bahn ablästern
Oder eine Art von Gegenteil, wenn zwei Bahnenthusiasten sich treffen.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:- sich über andere Erlebnisse bei Bahnreisen unterhalten
Wenn man ins Gespräch kommt, funktioniert das noch mit am besten, sofern man nicht nur einen Seltenfahrer vor sich hat.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:- sich über die Lektüre des anderen/die eigene Lektüre austauschen
Wie gesagt, ist mir tatsächlich passiert.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:- sich über andere Hobbys, die man im Zug zum Zeitvertreib dabei hat, unterhalten
Das stelle ich mir interessant vor, wenn ich mich während der Fahrt mit elektronischem Musikinstrumentarium beschäftige (ohne eingebaute Lautsprecher, weil professionelles Equipment, und mit Kopfhörer, aber trotzdem). Das habe ich schon ein-, zweimal getan, aber ein Gespräch ist noch nie entstanden.
schwarzkaeppchen hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist es eine Sache des persönlichen Kommunikationsverhaltens und nicht des Zufalls, ob man häufig mit fremden Menschen ins Gespräch kommt oder eben nicht.
Das stimmt. Eine gute Freundin von mir ist sehr extrovertiert und kommunikativ, geht gern auf Menschen zu und spricht gefühlt jeden an, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Ich hingegen brauche einen guten Grund und akuten Anlaß für Kommunikation.

Übrigens, wo ich schon die Linke Rheinstrecke erwähnt habe, da gibt es eine denkbare Methode der Massenkaltansprache: Wenn man in einem mäßig ausgelasteten Großraumwagen ist und das Zugpersonal das nicht schon per Lautsprecher vorweggenommen hat, einfach mal die Passagiere im Großraum auf die in Kürze sichtbar werdende Loreley hinweisen. Auch das geht in der 1. Klasse besser, weil die Passagiere da zum einen eher daran interessiert und zum anderen entspannter und weniger genervt sind. (Der Typ "Gestreßter Manager" sitzt nicht im InterCity oder EuroCity auf der Linken Rheinstrecke, der im Mittelrheintal abschnittsweise nicht mehr fahren darf als 120 km/h, sondern auf der gleichen Verbindung in einem ICE 3, der mit 300 km/h über die Neubaustrecke Köln—Frankfurt fährt.)

Allerdings wird das kaum zu einem längeren Gespräch führen – außer man ist Richtung Norden unterwegs und kennt sich gut mit den Burgen, Ruinen und anderen Bauwerken entlang des Mittelrheins aus.
marwie hat geschrieben:Bei uns in der Schweiz ist es idr. unüblich, sich mit Fremden im Zug zu unterhalten.
Wer das möchte, dem empfehle ich, in die USA zu fliegen und eine Fahrt mit einem der Transkontinentalzüge von Amtrak zu machen. Das ist gewissermaßen eine Schienenkreuzfahrt durch Flyover Country. Aber die Amerikaner sind völlig anders drauf als wir Deutschen, zumal in den Transkontinentalzüge eher ältere, kontaktfreudigere Semester sitzen. Wenn die erfahren, daß man kein Amerikaner ist, werden die sofort neugierig und gesprächig: Hey, Sie sind aus Europa, woher kommen Sie denn, wie ist es da so, was machen Sie denn hier in Amerika, wie finden Sie hier die Gegend, erzählen Sie doch mal!

Aber es gibt auch Länder in Europa, wo die Menschen offener sind als etwa in der Schweiz oder im unterkühlten Norddeutschland.
Brax hat geschrieben:
marwie hat geschrieben:Das grösste Problem ist heute, dass viele Leute auf ihr Smartphone schauen und Kopfhörer anhaben, da ist die Hürde zum Ansprechen ziemlich gross...
In dem Fall würde ich diese Personen nicht ansprechen. Wenn jemand sich unterhalten möchten, dann schottet er sich nicht so ab. Oft haben Leute ja gerade auch deshalb Kopfhörer auf, weil sie eben NICHT angesprochen werden möchten und ihre Ruhe haben wollen.
Smartphone trifft auf mich eher nicht zu; für dauerhafte Unterhaltung ist der Bildschirm zu klein, und nicht immer ist die Netzabdeckung gut genug. (WLAN in Zügen traue ich nicht, es muß schon UMTS sein.)

Kopf- bzw. eher Ohrhörer trifft auf mich um so häufiger zu, wobei diese nicht an mein Smartphone angeschlossen sind, weil Smartphones für meine Art des Musikhörens untauglich sind. Manchmal brauche ich einfach musikalische Untermalung, etwa zur Einstimmung auf Fanconventions, oder so manche Strecke hat so ihren Soundtrack.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.

Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.

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Xiangni
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Re: Smalltalk

Beitrag von Xiangni »

marwie hat geschrieben:Bei uns in der Schweiz ist es idr. unüblich, sich mit Fremden im Zug zu unterhalten. Wenn man angesprochen wird, dann meist von merkwürdigen Leuten...
Das kann ich als Schweizerin so eins zu eins unterschreiben. Bei uns ist es sehr unüblich Fremde im ÖV (Tram, Bus oder Zug) anzuquatschen AUSSER es gibt eine weitreichende Verspätung oder jemand braucht Hilfe wegen Haltestellen.

Ich persönlich mag Smalltalk sehr gerne, fände es aber auch sehr komisch wenn mich ein Typ mit Anmach-Absicht im Zug anquatschen würde.

Mit alten Leuten kommt man noch am ehesten ins Gespräch, da sie das Gespräch meist suchen.

Wie gesagt mag ich Smalltalk und finde es eigentlich auch super einfach, ausser mein Gesprächspartner kann es einfach nicht und das Ganze artet dann in eine Art Interview aus. Es gibt nichts Schlimmeres als das!!! Wenn jemand kein Interesse an der Gesprächsführung zeigt, breche ich irgendwann ab, da es mir zu mühsam wird wenn nie was zurückkommt.

Ist mein Gegenüber zu Smalltalk bereit, kann das Ganze auch schnell ins Persönliche rüberrutschen. Am besten gibt man hierfür erst etwas von sich preis und fragt dann die andere Person danach. Ich verlasse mich hierbei jedoch auch stark auf meine Intuition, die mir relativ rasch sagt, ob ich mit jemandem auf gleicher Wellenlänge bin und was ich mir "erlauben" darf zu sagen.

Fazit: auf der Strasse oder im ÖV angequatscht zu werden finde ich doof, und wie marwie sagt machen das meist nur merkwürdige Leute. Ansonsten bin ich definitiv PRO-Smalltalk! :)