TheRealDeal hat geschrieben:Goldstück hat geschrieben:
Dann sind nach dieser Logik Antibiotika auch keine "Gruppe hochwirksamer Medikamente" weil nicht jedes AB bei jeder Infektion und jedem Patienten wirkt.
Ich kann ganz hervorragend weinen. Wie willst du für dich sorgen, wenn mit deiner Hirnchemie was nicht stimmt? WIE? würdest du auch bei Diabetes damit kommen, man solle "für sich sorgen" um nicht sein Leben lang auf Medikamente angewiesen zu sein?
Ich habe auch nicht gesagt, dass keine anderen Gruppen von Medikamenten gibt, die nicht "hochwirksam" sind. Antibiotika rechne ich nicht zu dieser Gruppe. Wenn der Mikrobiologe das zum Erreger passende Antibiotikum gefunden hat, ist es gegen diesen Erreger hochwirksam, weil es an einer bestimmten Stelle in den Stoffwechsel eingreift und eine Reproduktion verhindert, und/oder den Erreger absterben lässt.
Was Antidepressiva so genau machen ist aber gar nicht klar. Und vor allem wo überall. Selbst dann nicht, wenn es bei mir wirken sollte.
Naja, dir vielleicht nicht. Lies dir halt die Wirkungsweise durch, von zB SSRI oder so. Da erfährt der interessierte Konsument durchaus,was da grad passiert.
im übrigen steht deine Argumentation oben in keinem Zusammenhang mit meiner Aussage. Nur, weil AD (wovon es unzählige verschiedene gibt) nicht alle bei jedem gleich gut wirken, heißt es nicht, dass AD per se nicht eine Gruppe hochwirksamer Medikamente wären.
Ja, die Hirnchemie. Neurotransmitter und Hormone. Wenn mir da etwas fehlen sollte, würde ich es nachfüllen. Wie Öl bei einem Auto. Trotzdem prüfe ich regelmäßig, ob ich nicht auch ohne Medikamente auskomme, ob also genug Öl im Motor ist. Ich habe gehört, dass Antidepressiva das Gehirn quasi darauf trainieren, was z. B. ein gesunder Serotoninspiegel ist, damit es nach dem Absetzen der Medikamente diesen leichter/besser selbst halten kann.
Ja, du füllst es nach mit den AD. Und was machst du, wenn mit deinem Hirn etwas derart nicht stimmt, dass es selbst die benötigten Neurotransmitter nicht ausreichend herstellen bzw aufnehmen kann? Versuchst du diesen Mangel durch Gespräche zu beheben? (Sorry, aber
) die Frage mit dem Insulin ist btw offen geblieben. Unter manchen Umständen kann das Gehirn diesen Spiegel selbst aber nicht halten. Dann muss man eben lebenslang die Pillen nehmen. Manche psychischen Störungen sind ausgeprägter als andere. Insbesondere bei Komorbiditäten kann es sehr schwierig werden. Ne isolierte Depression wegen XYZ lässt sich freilich viel leichter behandeln.
Ich habe mich unter dem Einfluss von Antidepressiva zwar irgendwie etwas kraftvoller und auch wacher gefühlt. Aber ich war irgendwie weniger empathisch. Meine "Innere Haltung" sagt mir folgendes: Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich der Mensch sein soll, der ich bin. Ohne Drogen.
und wenn dich morgen ein Auto anfährt, und du querschnittsgelähmt ab L3 bist, sagt dir deine innere Haltung auch, dass das der Weg des Schicksals ist, gell? Ist nicht mal böse gemeint. Aber wir sind so krass auseinander in unserer Einstellung. Ich fühle mich unter AD übrigens auch weniger empathisch und meine Gefühle sind kontrollierter. Wer mich kennt, wird sich jetzt mit Entsetzen fragen, was bei mir ohne die Pillen abgeht
und ja, das ist kein Zuckerschlecken.
Denn sich zu gut zu fühlen verhindert, dass ich in gewisse Prozesse komme. Und diese wiederum bringen mir Erkenntnisse. "Ich" zu sein ist nicht besonders einfach, aber um es besonders einfach zu haben, bin ich auch nicht auf dieser Welt. Ich kann aber gut damit leben, weil die Dinge, die ich in meinem Bündel zu tragen habe, meine sind. Da kommt die ganze Liebe der Schöpfung zum Tragen. Denn jeder Mensch kriegt nur so viel in sein Bündel gepackt, wie er auch tragen/bewältigen kann. Sollte jemand dass Gefühl haben, zu viel zu tragen zu haben, dann befinden sich mit Sicherheit Dinge in seinem Bündel, die ihm nicht gehören.
Ja, deine Einstellung, mit der ich ziemlich nichts anfangen kann (neutral formuliert), wenngleich mir klar ist, dass sie dir hilft und im weitesten Sinne eine Art Glauben darstellt, wonach die meisten Menschen streben, um die Realität auszuhalten.
Nell The Sentinel hat geschrieben:
Weil keiner weiß, was zuerst da war: die Stoffwechselschieflage oder die Gefühlen hle, die die Schieflage auslösen. Keiner weiß wirklich, wie Gefühle überhaupt entstehen.
Ich weiß nicht, inwieweit man bei schweren Depressionen von Gefühlen sprechen kann.
Ich halte es auch nicht für sinnvoll in echte und nicht echte Depressionen zu unterteilen. Sehr viele Menschen haben rezidivierende Depressionen und je häufiger die Rezidive kommen, desto unwahrscheinlicher eine vollständige Heilung. Nur wirklich gut geht es einem mit ADs dann auch nicht. Ich will nicht bestreiten, dass ADs unwichtig oder unnötig wären, das wäre genauso falsch und auch gefährlich. Nur greift eine Behandlung in Kombination einfach viel tiefer. Vor allem wenn die Depression eine Begleiterscheinung einer anderen psychischen Störung ist (und dann auch evtl. Grund für ein Rezidiv).
Naja, ich finde es durchaus sinnvoll, weil es einen Unterschied macht, auch im Umgang und der Behandlung, ob man jetzt depressiv (im medizinischen Sinne) ist weil grad die Mutter tot ist (Reaktionär) oder ob man es einfach so ist. Und das immer. Sein Leben lang, mal schlimmer mal besser. Meines Erachtens macht es einen gigantischen Unterschied. Die Zahl derer, die jemals eine Depression haben ist ja viel viel größer als die jener, die na schweren rezidivierenden Depressionen leiden. Im ersten Fall, also der Reaktion auf ne schwere Zeit, ist es freilich sinnvoll, die einen theraphiefähigen Zustand herzustellen, und dann den Umgang mit Gefühlen zu üben. Aber im zweiten Fall? ...
Pocolino hat geschrieben:Dass sich immer alle gegen Antidepressiva auflehnen, das ist eine ganz legitime Behandlungsform von Problemen. Du trägst doch auch eine Brille, wenn du schlecht sehen kannst und sagst nicht etwa "Nee, ich bin ich und ändere mich nicht" rennst halbblind durch die Stadt und vor's Auto.
Ja, und mE ist es dumm. Aber andererseits, den Leuten geht's offenbar nicht schlimm genug, wenn sie trotz Depressionen die Kraft finden, sich gegen AD zu sperren.
Reinhard hat geschrieben:Wenn man nach einem Knochenbruch ein Bein schient oder in Gips legt oder so, dann muss immer noch der Knochen selber zusammenheilen. Der Gips entlastet und sichert den Bruch, so dass überhaupt der Heilvorgang losgehen kann. Und dass man nicht gleich bei jeder Berührung vor Schmerz losjault. Also sicher eine gute Sache, so ein Gips. Aber es ist wohl kaum so, dass der Knochen WEGEN des Gips oder der Schiene zusammenwächst.
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das Beispiel ist mE unglücklich. Ich finde das mit dem Insulin treffender.
Bei Antidepressiva sehe ich das ähnlich. Die holen einen aus dem Loch und machen einen erst ansprechbar und therapiefähig. Bei einfacheren Fällen reicht das vielleicht schon, dass die Selbstheilungskräfte ausreichen, um wieder gesund zu werden. (Was man halt für gesund hält.) Bei komplizierteren eben nicht. Aber eine Heilung würde ich dann nicht den Antidepressiva zuschreiben. Was deren Wichtigkeit jetzt nichts wegnehmen soll.
Tja, und ich schreibe meinen Zustand ausschließlich den AD zu. Und ich denke, ich kann das genug beurteilen, nach einem halben Leben voller beschissener Depressionen und anderer Späße. musst du deine Aussage wohl etwas modifizieren.