Christoph hat geschrieben:Wenn sich Leute kennen lernen, kommt man schnell zum Thema Hobbies. Wie aber soll man damit umgehen, wenn man Interessen hat, die eher ungewöhnlich sind, bzw wenn man sich für typische Interessen gar nicht begeistern kann?
Nun, man kann natürlich versuchen, darüber zu schweigen.
Aber wenn das Gespräch auf Hobbys kommt und man dazu überhaupt nichts sagt, wirkt man wie ein Langweiler ohne nennenswerte Interessen. Das kann es auch nicht sein. Lügt man dem Gegenüber das vor, wovon man glaubt, daß derjenige es hören will, dann ist das noch unschöner, zumal der Gegenüber, wenn man häufiger mit ihm zu tun haben will, ab und an etwas von dem Hobby hören oder gar einen in Ausübung des Hobby erleben möchte.
Irgendwann muß man eh Farbe bekennen. Vielleicht besucht einen die Angebetete zu Hause. Gewisse Hobbys kann man ja nicht komplett irgendwie in Schränken oder im Keller, so vorhanden, verschwinden lassen. Selbst wenn, kann das komplette Verstecken z. B. der
Star Trek-Devotionalien zu einer auffällig kahlen Wohnung führen. Und den Aufwand will man nicht jedes Mal betreiben. Selbst wenn, könnte es durchaus sein, daß man irgendein Detail übersieht oder es nicht rechtzeitig schafft, restlos alles zu entfernen. In einer ansonsten kahlen Wohnung mit meterweise leeren Regalen
wird der nicht weggeräumte Tricorder auffallen.
Oder sie sagt Mitte Juni, daß sie gern mit dir Anfang August für zwei Wochen Badeurlaub irgendwo am Mittelmeer machen will. Du hast aber schon seit dem Vorjahr ein horrende teures Gold-Ticket für die Star Trek Las Vegas, außerdem hast du Flugtickets und eine Hotelbuchung. Was willst du ihr erzählen, warum du nicht mit ihr in den Urlaub fliegen willst, was du statt dessen Besseres vorhast, das du nicht für sie sausen lassen kannst? Was willst du dir Annehmbareres aus den Fingern saugen als ein Convention-Ticket, das teurer war als so manch ein ganzer Pauschalurlaub, und das du schon hattest, bevor du sie überhaupt kanntest?
Christoph hat geschrieben:Bei mir geht es darum, dass ich mich als Mann eigentlich für Fußball und Autos interessieren sollte. Beim Fußball sehe ich aber nur zwei Dutzend Leute, die über einen Rasen laufen und kann mich dafür überhaupt nicht begeistern. Leider werde ich manchmal fast wie ein Vaterlandsverräter angesehen, wenn ich das jemandem erkläre.
Meines Erachtens gibt es genug Frauen, die froh sind, wenn sie mal einen Mann kennenlernen dürfen, der nicht nur Fußball und/oder Autos im Kopf hat.
Fußball muß eh nicht unbedingt Konsens bedeuten, jedenfalls nicht, wenn man ein Fan der "falschen" Mannschaft ist. Erwähne
niemals in der Kiez-Kneipe gegenüber dem fußballbegeisterten Mädel in Chucks mit dem Jolly-Roger-T-Shirt und der Astra-Knolle in der Hand, daß du HSV-Fan bist. Oder irgendeinem anderen Fan des FC St. Pauli gegenüber. Leute mit grün-weißen Schals müssen das auch nicht unbedingt wissen.
Und auch bei Autos kann man an "die falsche Marke" geraten. Man kann von Audi schwärmen und die anwesenden BMW-Fans damit verärgern. Oder wenn man von seinem japanischen Sportler schwärmt in Gegenwart von Leuten, die ganz klar nicht
The Fast and the Furious gesehen haben, ist man ein Nestbeschmutzer, weil man kein deutsches Auto fährt, weil ja deutsche Wertarbeit ganz klar besser ist.
Christoph hat geschrieben:Stattdessen verbringe ich meine Freizeit gerne in Archiven, um Ahnenforschung zu betreiben. Da haben die meisten sofort ihre Vorurteile, wie langweilig das doch sein müsse, und dass das doch nur von gelangweilten Ruheständlern betrieben würde. Dass ich den Großteil meines Freundeskreises in Archiven kennengelernt habe und mir dieses Hobby schon viele Kontakte eingebracht hat, glauben mir die wenigsten.
Zugegeben, das
hat eine ähnliche Anmutung wie die berüchtigte Briefmarkensammlung. Aber es gibt Schlimmeres, viel Schlimmeres.
Alexas hat geschrieben:w82nrw hat geschrieben:Siegfried hat geschrieben:Ungewöhnliche Hobbys zu haben ist genauso wie AB zu sein. Mit beidem kann man gesellschaftlich auf die Schnauze fallen wenn man das überall rausposaunt.
Mal abgesehen davon dass ich anderer Meinung bin: AB zu sein könnte man verschweigen bis sich dieser Zustand erledigt, aber was bitte bringt es mir wenn ich mein Hobby, dass ich vermutlich weiter ausüben möchte, verheimliche?
Der Gedanke ist jetzt so verkehrt auch nicht, wenn man die Breite möglicher "Hobbies" bedenkt. Es ist eine Frage, in wie weit man sich mit dem entsprechenden Hobby in Extremen bewegt und ob man damit sich weit abseits des gesellschaftlichen oder des gruppenspezifischen Konsens bewegt.
Eben. Es gibt wahrhaft merkwürdige Hobbys und Interessen, auf die die Menschen eher als nicht irgendwo zwischen "WTF?" und vehementer Ablehnung reagieren dürften. Crossdresser (hatten wir schon; kann gegenüber einer Frau in zwei Richtungen "losgehen"). Cosplayer (in Kombination mit Otaku besonders aus der Reihe fallend; man stelle sich einen erwachsenen Mann vor, der sich von Kopf bis Fuß als anthropomorpher Comic-Fuchs verkleidet). Furry (Turboversion: Fursuiter). Brony (unmittelbare Abstempelung als schwul, pädophil oder zumindest geistig zurückgeblieben garantiert, und dann wird dir dein Gegenüber auch nicht mehr ernsthaft zuhören).
Es heißt ja auch, daß man als Musiker immer gut ankommt, aber es gibt durchaus "falsche" Musikinstrumente, die tendentiell keinen sehr positiven Eindruck machen.
Aber wie ich oben schon schrieb: Nicht jedes Hobby kann man ewig verheimlichen. Selbst wenn man es versucht, dann muß man auch eisern dranbleiben, denn ein ungewöhnliches Hobby, das man lange verheimlicht und der Gegenüber irgendwann zufällig herausfindet, hat eine noch negativere Wirkung als dasselbe Hobby, wenn man von vornherein dazu steht. Denn in ersterem Fall gibt man selbst von vornherein zu verstehen, daß etwas mit diesem Hobby nicht "koscher" ist, so daß man es zu verbergen hat, wohingegen der letztere Fall zum Ausdruck bringt, daß man selbst das Hobby als nichts zu Ungewöhnliches ansieht und absolut dazu steht.
w82nrw hat geschrieben:Ist Klöppeln eigentlich ein akzeptables Hobby?
Kommt möglicherweise darauf an, ob du es in deiner Heimat erzählst oder um die Ecke in Belgien. (Bring Fritten mit, wenn du da bist.)
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.
Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs