Serendipity hat geschrieben:
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Allerdings gibt es auch den psychologischen Begriff der Symbiose, der bestimmte Formen von menschlichen Abhängigkeiten beschreibt (z.B. Mutter-Kind-Symbiose). Während die Mutter-Kind-Symbiose eine normale/gesunde Entwicklungsstufe darstellt, werden Symbiosen im Erwachsenenalter jedoch als krankhafte Abhängigkeit angesehen.
„Eine Symbiose in Partner-Beziehungen zwischen Erwachsenen besteht bei krankhafter Abhängigkeit eines oder beider Partner. Hier ist die frühkindliche Abhängigkeit von der Mutter nicht in einem gesunden Entwicklungsprozess aufgelöst worden, sondern besteht weiterhin oder wird auf den Partner oder andere wichtige Bezugspersonen übertragen. Diese Übertragung kann sich in Form einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, Co-Abhängigkeit oder Hörigkeit äußern.“
Quelle
Ich habe den Begriff absichtlich gewählt weil ich die psychologische Bedeutung kenne und meine diese auch. Dass diese eine Utopie ist bzw. eine sogenannte "krankhafte psychische Störung" beschreibt, ist mir bewusst. Mir ist auch bewusst, dass diese Art der Beziehung wohl so nicht existieren kann. Weswegen ich sie als großes Ideal vor mir hertrage und in der Realität die Beziehung in Freundschaft und Verehrung für mich sehe, aus der im absoluten Idealfall für mich so eine Beziehung erwachsen kann, vielleicht auch indem sich die beiden sich unheimlich (und vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich) liebenden so sehr aufeinanderzuentwickeln dass sie diese Symbiose eingehen. Treffen zwei Menschen, mit diesem Bedürfnis aufeinander, kann das passieren. Ich habe das aus einem Text über die Liebe, die hochsensible/hochsensitive Paare füreinander empfinden, wenn sie dieses Ideal gefunden haben, sprich zwei so sehr zueinander passende Menschen, dass sie quasi symbiotisch verschmelzen. So meine ich das. Es ist ein hohes Ideal. "Darunter" gibt es für mich die bei mir wahrscheinlich platonische, freundschaftliche Liebe, die auch wunderschön ist aber die körperliche Vereinigung eher ausschließt oder zumindest nicht zwingend zum Bestandteil hat - zumindest nicht für mich.
Insofern finde ich es doch sehr erstaunlich, dass deine Therapeutin deine derzeitige Entwicklung gutheißt und dich darin unterstützt.
Nur weil er (ist ein Mann) weiß, dass ich von meinem Wunsch nach dieser symbiotischen Beziehung längst abgerückt bin und meinen Engel längst zwar unheimlich verehre, in mein Herz geschlossen habe und mir ein Leben mit ihr vorstellen kann und wünsche, aber gleichzeitig diese Zukunft nicht von ihr abhängig mache. Sollte sie nicht mitkommen - wovon ich ausgehe, ganz ehrlich, - so bin ich überzeugt, dort gleichgesinnte zu treffen, den Balast meines alten Lebens, vor dem ich mich nicht schützen kann, den ich in meiner Sensibilität mit mir rumtrage und der mich erdrückt, hinter mir lasse und dort einfach neu anfange, mich neu entdecke und mich dort einer Gemeinschaft anschließe, die mir halt gibt, den ich nie hatte und zuletzt in der Liebe zu meiner Mutter gesucht habe (wo ich zwischenzeitlich quasi kaum noch eine Beziehung zu meinen Eltern hatte). Es war bei mir die Flucht zurück. Ich hatte mich gelöst, habe nur nichts gefunden, und habe mich zurückgeflüchtet und dann war sie weg. Nun löse ich mich erneut.
Klar ist ein Überdenken und Hinterfragen der aktuellen Lebenssituation immer gut, ebenso wie der Wunsch nach Veränderung und Vorankommen, wenn die Lebenssituation zu festgefahren und unbefriedigend ist. Allerdings sollte ein guter Therapeut ergründen, warum ein Patient alles bislang erreichte aufgeben möchte und faktisch ein „neues“ Leben beginnen möchte durch z.B. die Aufgabe des Arbeitsplatzes und der Umzug in eine neue Stadt. Wo liegen die wahren Beweggründe dafür? Wer hat maßgeblichen Einfluss auf eine Entscheidung genommen und Warum?
Mein Arbeitsplatz ist ein gut bezahlter aber sowohl von meiner Entwicklung her eine Sackgasse und er überlebt sich auch. Ich könnte noch Jahre auf meinem gut bezahlten Arbeitsplatz ausharren, da ich so gut wie unkündbar bin, könnte die Zeit verstreichen lassen. Aber es macht mich fertig, mir nutzlos vorzukommen, keinen Sinn zu sehen, keine berufliche Perspektive. Und das sich aufgestaute, auch an dem Arbeitsplatz, erdrückt mich immer mehr. Die inneren Konflikte zermürben mich. Dieser Neuanfang ist für mich inzwischen das einzige, was mich davon befreien kann, da ich diesen Abstand, dieses Loslassen nicht (mehr) herstellen kann. Es ist schon zu weit. Ich kann weder privat noch beruflich hier das Ruder noch rumreißen. Da haben wir dran gearbeitet. Es funktioniert nicht. Es frisst mich immer wieder auf und dann endet es wieder so, dass ich Abends nach einem sinnlosen, nicht wirklich anstrengenden aber psychisch zermürbenden Tag mit Kopfschmerzen von der Arbeit weggehe, einen langen Spaziergang mache, mich dann halbwegs wieder beisammen vor den Fernseher setze. Tag ein Tag aus, Jahr ein Jahr aus. Und das macht depressiv.
Nach allem was ich von dir hier gelesen habe und wie du über „deinen Engel“ schreibst, habe den amateurhaften Eindruck, dass dieser Engel in den letzten 6 Monaten zu einer sehr wichtigen Bezugsperson für dich geworden ist. Und wenn auch von ihr aus wohl eher ungewollt, so hat sie doch einen maßgeblichen Einfluss auf dich und deine Entscheidungen.
Ja das ist so. Wir sind uns so ähnlich nur sie hat das, was ich nicht habe (das sinnliche, das sprituelle, die Gefühlsebene) und ich habe das, was sie nicht hat (das funktionieren, das "im Leben stehen"). Das geben wir uns, dafür verehren wir uns. Dass sie mit den paar Worten vor 6 Monaten mein Leben rumgerissen hat und es "gerettet" hat, ist ihr unverständlich. Aber ich empfinde es so. Ich weiß nicht, wie es sich ohne sie entwickelt hat. Ich weiß nur, dass sie mir die Augen geöffnet hat. Für mich ist sie "mein Engel", der mir geschickt wurde um mich zu retten. Hört sich beknackt an aber dieser Glaube an Engel ist mir Inne und so wie ich daran glaube, dass meine Mama als Engel bei mir ist so lange ich sie noch brauche, so kam sie. Und sie glaubt an diese Dinge auch. So gehen wir damit um und es ist gut.
Ist deiner Therapeutin wirklich klar, welchen enormen Einfluss dein Engel auf dich hat?
Ja. Aber das Ergebnis dieses Einflusses haben wir hinterfragt und das hält er für gut. Der berufliche Neuanfang war von Anfang an Thema. Auch das wegziehen, der komplette Neuanfang. Ich habe noch die riesigen Mindmaps, die wir davor gemacht haben, um herauszufinden, wie ich da rauskomme. Und dann kam sie und es machte "klick".
Sorry, aber für mich ist deine Beziehung zu diesem Mädchen einfach krank. Und das hat ganz bestimmt nichts mit eurem Altersunterschied zu tun, sondern in deren Ausgestaltung und den für dich daraus ergebenen Konsequenzen.
Ich glaube nicht die Beziehung ist krank sondern krank ist das, was vorher in mir stattgefunden hat, und zwar über Jahrzehnte. Dass diese Beziehung, wenn es denn eine ist, etwas besonderes ist, finde ich nicht krank. "Krank" ist so ein Begriff, der oft benutzt wird, wenn etwas nicht "normal" ist. Und "normal" ist ein genau so "kranker" Begriff denn was ist normal? Das, was nicht gewöhnlich, nicht üblich ist. Ich bin nicht gewöhnlich oder üblich. Sie auch nicht. Wir können gar keine gewöhnliche Beziehung führen. Das wissen wir beide. Wir sind zu speziell. Wir können vielleicht beide gar keine Beziehung im eigentlichen Sinne führen. Und wenn müssen wir bis dahin noch einen weiten Weg gehen. Und da bin ich nicht weiter als sie auch wenn ich doppelt so alt bin. Zu meiner Ausbildung gehört dann auch ein ganzes Jahr Persönlichkeitsbildung - eigentlich für Menschen im Alter von 19...20 gedacht habe ich mich bewusst dafür entschieden, dieses Jahr nicht zu überspringen (was mir angeboten wurde) sondern es zu machen, um mich neu zu finden. Als ich am Sonntag in meinem neuen Heimatort war (ich habe die besichtige Wohnung vor zu kaufen und zugesagt) hatte ich so das Gefühl "ja hier ist es wie daheim nur neu, alles neu zu entdecken und noch einmal ohne Balast zu erkunden, ja das will ich, hier ist es schön". Und wahrscheinlich werde ich diesen Weg ohne sie gehen und wir werden uns gegenseitig besuchen. Und das ist auch gut so. Und wenn wir uns dann weiter aufeinanderzuentwickeln ist es gut, und wenn sie selbstständig wird ohne mich, dann ist es auch gut. Und mit dieser Einstellung findet mein Therapeut das gut.