Einsamer Igel hat geschrieben:Auf die Frage bin ich übrigens gekommen, nicht weil ich mir das selbst nicht zutrauen würde, sondern weil ich hier im Forum so oft eine etwas verklärte Wunschvorstellung lese von eigener Familie, eigene Kinder. Viele wollen das und es kommt so rüber, als wäre damit alles gut.
Und das, obwohl es im selben Forum nur so wimmelt von Ängsten. Ängste, auf sich aufmerksam zu machen, Ängste, jemanden anzusprechen, Ängste, jemanden nach Hause zu begleiten usw. usf.
Aber keiner schreibt: OMG! Die Sache mit dem Kinder kriegen und hochziehen kann ja ganz fürchterlich ins Auge gehen!
Vielleicht ist das noch zu weit weg. Frage ging aber
auch an die, die Kinder haben.
Ich gehörte vermutlich zu den Personen, die dem Kinderkriegen ambivalent gegenüberstanden. Und auch wenn ich von meinen Freunden immer wieder höre, als hätten sie sich untereinander abgesprochen: Ich bewundere deinen Mut und deine Konsequenz! Beides ist mir nicht in die Wiege gelegt. Ich bin in vielem sehr ängstlich, mit wenig Selbstvertrauen.
Mit 15, 16, vielleicht sogar noch mit 24, 25 habe ich gedacht: Ich bin so verkorkst, ich habe so viele schlechte Gene mitbekommen. Ich kann es einem Kind nicht zumuten, mich als Mutter zu bekommen.
Mein Selbstwertgefühl war ziemlich im Keller.
Irgendwann kam die Erkenntnis: Es gibt so viele "schlechte" Mütter auf der Welt. Warum nicht auch ich? Immerhin habe ich mir darin vertraut, dass ich meinem Kind eines mitgeben würde: Dass es von Herzen gewollt ist, und ich es liebe, wie ich es eben kann. - Na ja, und ich habe darauf vertraut, dass es patente PsychotherapeutInnen geben wird, die meinem Kind evtl. über die "schlechte" Mutter hinweghelfen.
Irgendwann kam dann die noch deutlichere Erkenntnis: Ich WILL Mutter sein, weil es sich für mich nach einer sinnstiftenden Lebensaufgabe anfühlt. Ja, ganz egoistisch: Ich will die Herausforderung, mir von einem Menschen meine Selbstbestimmtheit in Zeiteinteilung, täglichen Verrichtungen etc. etwas durcheinanderbringen zu lassen.
Am meisten hatte ich jedoch Angst vor den Schattenseiten jeden Liebens: Ich werde Angst um mein Kind haben, es wird auch mich schmerzen, wenn es schmerzhafte Erfahrungen machen muss (und das gehört zum Wachsen und Größerwerden dazu!). Und ich werde täglich mit meiner großen Verlustangst umgehen müssen (ich habe einen toten geliebten Bruder -ich wollte so etwas wie diesen Verlust nie nie nie mehr fühlen wollen!!!).
Ich könnte hier ganze Zeilen einfach mit dem Wort Angst füllen ...
Ich muss sagen: Ich habe meine Ängste schon realistisch eingeschätzt. Bzw. die Herausforderungen, die auf mich zukamen. Die größten Herausforderungen für mich als Mutter sind nicht die praktischen Angelegenheiten. Mit denen bin ich besser klargekommen, als ich dachte. Ich mach es halt auf meine Art - aber macht das nicht jede/r?
Die größte Herausforderung ist aber immer noch, dass meine hohe Berührbarkeit so wach ist. Mit ihr muss ich leben. Aber der große "Lohn", mich diesen Ängsten zu stellen, ist das tiefe Gefühl der Verbundenheit mit dem Leben. Als Mutter habe ich zwei Lieben meines Lebens gefunden: Meine Kinder.
(Und, nein, ich glaube, ich bin keine übermäßige Glucke ...) Und, wenn ich so will, die Liebe zu einem Mann als dem Vater unserer gemeinsamen Kinder.
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Ich habe viele Jahre gedacht, ich werde keine Kinder gebären, sondern Bücher. Und andere "geistige" Kinder
So ein bisschen in die Richtung, in die Nonkonformist argumentiert.
Es gibt geistiges Output von mir. Aber das steht nicht (mehr) in Konkurrenz zu meinen Kindern. Es bedeutet mir auch nicht mehr soooo viel. Es ist eine Facette meines Lebens, nicht mehr mein (geplanter) Lebensinhalt. (Und eine Art Schutzwall vor Beziehung im Leben, zum Leben.)
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Ja, es gibt Situationen mit Kindern, die einen an die eigenen Grenzen bringen. Aber auch gilt: Wer reflektiert, ehrlich zu sich selbst ist, findet auch Hilfe bzw. kann sich auf Hilfe einlassen, auch wenn sie vielleicht nicht maßgeschneidert auf die eigenen Vorstellungen ist.