Teufelskreis aus Scham und Rückzug

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Simonetta

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Simonetta »

Ich kann das gut verstehen, kenne dieses Problem auch nur zu gut.
Allerdings habe ich mein Leben lang sozusagen nach dem Motto "Ehrlich wärt am längsten" gelebt, denn eine Lüge zieht die andere nach sich und macht dann alles sehr kompliziert.

Mittlerweile hatte ich zwar zumindest eine längere Beziehung, so dass mir die Antwort nicht mehr ganz so schwer fällt, aber auch vorher (bis ich immerhin 40 war) habe ich ganz ehrlich geantwortet, dass ich noch nie eine Beziehung hatte - natürlich nur dann, wenn mich jemand direkt fragte, egal ob es nun Männer oder Frauen waren.
Die Leute reagierten dann natürlich immer sehr verwundert und fragten nach dem Grund, worauf ich dann immer antwortete, dass ich diesen selbst nicht so recht weiß, aber einfach ein Problem auf diesem Gebiet habe.

Das ist dann eigentlich auch immer akzeptiert worden. Niemand hat mich deshalb fallenlassen oder das Interesse an einem Kontakt verloren. Ich denke, so peinlich wie es einem auch sein mag und schwer wie es auch mir oft fällt, damit umzugehen, es ist keine Schande, AB zu sein.
Wenn ich gefragt werde, dann sage ich die Wahrheit. Ich habe zwar ein Problem, aber schließlich nichts verbrochen.

Vor einer Weile ging es mir so, dass ich mich mit einer sehr netten und attraktiven Frau von Anfang 40 verabredet hatte, die ich bei einem Singletreff kennengelernt hatte. Sie wusste noch nichts über mich, aber ich habe sie dann zuerst nach vergangenen Beziehungen gefragt. Und da sagte sie ganz frei heraus und selbstbewusst, dass sie noch nie eine Beziehung hatte. Es gibt also auch andere, die dazu stehen und sicherlich deswegen auch nicht gemieden werden.

Und wenn man tatsächlich aus diesem Grund fallengelassen wird, dann war es derjenige einfach nicht wert gewesen. So sehe ich das.
LeastoftheEast

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von LeastoftheEast »

Das Problem ist doch, dass ein solches Training irgendwie ein geschützter Raum ist. Wenn ich dort bin, dann weiss ich, dass ich mit Menschen zu tun habe, die auch irgendwo ein Defizit haben und üben. Sonst säßen sie da nicht. Ungleich schwieriger ist doch die Situation der Anwendung draußen, mit Menschen, die kein Defizit haben und Unsicherheiten und "falsche Antworten" dann vielleicht nicht so verstehen können, wie es Menschen könnten, die das Problem auch haben.

Ich kann zum Beispiel wunderbar mit einem Obdachlosen über sein Problem sprechen und ihm auch helfen. Weil ich es erlebt habe und den Weg selbst gegangen bin. Ich kann aber schlecht nicht vorhandene Beziehung oder nicht vorhandene Karriere verkaufen. Das wäre vielleicht einfacher, wenn ich damit glücklich wäre und den Lebensweg toll fände. Ist aber nicht so.
Tirak

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Tirak »

pyrit hat geschrieben:Meine Frage bezüglich des Themas:
Wie geht Ihr damit um? Oder kennt Ihr das Problem vielleicht so gar nicht?
Doch, doch, ich kenn das Problem auch, allerdings eher im allgemeineren Sinne. Für mich ist der Gedanke, dass eine Person mich im realen Leben näher kennenlernen möchte, kaum zu ertragen. In Beziehungsangelegenheiten, aber auch in anderen Bereichen würden sich gigantische Abgründe auftun, wo kein Übergang für mich möglich ist. Zu dem Umstand, dass ich real auch nicht soviel rede kommt noch hinzu, dass ich so kaum was zum mitteilen habe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auf Unverständnis stossen würde und damit jeder tiefere Kontakt sofort zusammenbrechen würde. Da ich das Ergebnis schon vorausahne, meide ich auch nähere Kontakte im Allgemeinen.

Zudem kommt bei mir auch nur Müll raus und damit real jemanden zu bombardieren, find ich net so toll. Dafür hab ich ja das Forum :roll: (ok, obwohls da auch zuviel is). Höchstwahrscheinlich komme ich auch nicht mit den Verurteilungen der anderen klar, da die sicher noch schärfer sein würden, als meine eigenen. Was mir bleibt, ist nunmal der Rückzug und der "point of no return" ist wohl für mich auch längst überschritten.

Ich werd da auch unruhig, wenn da jemand real nachbohren würde. Für mich stellt es ja schon ein gewaltiges Problem dar, wenn mich jemand fragt, was ich denn arbeite. Würde es eine Skala in Sachen sozialer Beziehungen geben die ähnlich dem IQ laufen würde, wäre ich sicher ganz weit unten im Bereich des Schwachsinns angesiedelt....
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Malin
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Malin »

pyrit hat geschrieben:Würde mir ja ähnlich gehen, wenn ich jemanden freundlich fragen würde, was er oder sie denn beruflich machen würde und ich würde ein "Über dieses Thema möchte ich nicht sprechen!" ernten.
Auch ich fände es sehr befremdlich, wenn ich mich mit einer mir sympathischen Person anfreunden würde aber immer im Hinterkopf hätte, dass ich sie nicht auf berufliche Dinge ansprechen darf, dass sie zwar ganz normal "tut", aber da ganz offensichtlich etwas vor mir verbirgt.
Uff! Genau das war bei mir lange Zeit ein Problem. Ich bin ja nicht nur Beziehungs-ABine, sondern auch Arbeits-ABine, habe sehr lange studiert, dann jahrelang mal hier, mal da gejobbt und erst vor kurzem meine erste "richtige" Arbeitsstelle gefunden. Auf Fragen nach meinem Beruf (und vorher nach meinem Studium) habe ich lange Zeit genauso panisch reagiert wie Du auf Beziehungsfragen. Das hat sich erst vor ein paar Monaten geändert, als ich endlich Arbeit gefunden habe. Und selbst jetzt könnte ich immer noch die Wände hochgehen, wenn Leute an meinem wackeligen Fundament rütteln, indem sie mich fragen, ob das denn wirklich der Job sei, den ich den Rest meines Lebens machen wollte, ich sei doch eigentlich überqualifiziert? Menno, ich bin froh, überhaupt etwas gefunden zu haben und mich endlich, wenigstens in dieser Hinsicht, wie ein vollwertiger Mensch zu fühlen. :?

Komischerweise fragen mich Leute nur selten nach meinem Beziehungsleben, aber die Frage nach meinem Beruf war (oder ist) eigentlich immer das erste, was Leute von mir wissen wollen. Manchmal habe ich den Eindruck, die Leute spüren irgendwie, wo man seinen wunden Punkt hat und bohren genau da nach. Nicht, weil sie einen damit ärgern wollen, sondern weil gerade das, was man nicht erzählt (nicht erzählen will), besonders interessant ist.

Warum Menschen mich mit Beziehungsfragen weitgehend in Ruhe lassen, ist mir zwar ein komplettes Rätsel, aber ich bin eigentlich ganz froh darüber. ;)

Sorry, mein Beitrag ist nicht besonders hilfreich. Wollte nur sagen, dass ich Dein Problem gut nachvollziehen kann, wenn auch auf einem anderen Gebiet.
Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab.
(Indianisches Sprichwort)
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von NOVA »

Komisch? Solche Situationen kenn ich gar nicht. Bei mir stellen andere Mitmenschen nie solche Fragen, obwohl ich gerade in letzter Zeit im RL sehr viel mit Menschen im Kontakt stehe. Dazu fühl ich mich sogar sehr wohl zwischen Mitmenschen, und bin mit denen sehr gesprächig. Allerhöchstens kommt es mal vor: „Ach so, ich hab gedacht sie sind verheiratet“. Ich frag mich nur, wie schafft man es, dass manche anfangen zu bohren .. :lol:
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Wintermute »

pyrit hat geschrieben:Eigentlich hätte ich "einfach" antworten können "Hm, schon seit mehreren Jahren."
Statt dessen läuft es mir kalt den Rücken runter und ich fange an etwas zu stottern von "Ähhhh ..... also bei der letzten Arbeitsstelle ... totale Überlastung ... keine Zeit mehr für soziale Kontakte .... da, äh .... ist viel in die Brüche gegangen ... tja ... und ... dann ... nichts mehr ergeben ... :oops: :oops: :oops: " werde innerlich total panisch und suche wie die Maus nach einem Loch, in dem sie sich in Sicherheit bringen kann.
[...]
Also eiere ich panisch herum, weiche aus und habe schom im Voraus Angst vor einem weiteren Treffen und entsprechenden Fragen. Die natürlich kommen. Vom gut gemeinten "Mensch, woran liegt es denn bei Dir? Am Aussehen kanns ja wohl nicht liegen..." über "Naja, in einer Beziehung ist es halt so ... denke ich ... was denkst Du..." usw.

Sie erzählt dann später vom Aussuchen der Eheringe und später der Hochzeit, zeigt Hochzeitsphotos - und ich sitze daneben und komme mir vor wie ein Alien, das krampfhaft versucht so zu tun, als ob es auch ein Mensch wäre und nicht durchblicken zu lassen, dass es gar nicht dazu gehört. Bin quasi die ganze Zeit über angespannt und schäme mich für mich selber, hoffe inständig, mich durch irgendwelche Bemerkungen nicht selbst zu verraten oder rot zu werden, wann erwachsene Menschen nicht rot werden sollten, muss sie quasi die ganze Zeit auf Distanz halten und meine Nervosität im Zaum ...

... was dazu führt, dass ich mich selten melde,ausweiche, mich gar nicht so oft treffen möchte aus Angst, mich bei zunehmender Nähe nicht mehr verstecken zu können.
[...]
Und so knüpfe ich relativ leicht in anfangs-euphorisierter Stimmung neue Kontakte, wirke da sehr zugänglich und herzlich - da ja noch nicht der Moment gekommen ist, wo man mehr von sich preisgeben "muss" - und bekomme es dann wenig später mit der Angst zu tun, weiche aus, denke mir Ausreden aus, sitze bei Gesprächen wie auf glühenden Kohlen, bin angespannt und getresst davon, möchte am liebsten alleine sein oder brauche lange Zeiten des Alleinseins, um mich von der ganzen Anspannung zu erholen. :sadwoman:
Genauso geht/ging es mir oft, ich finde auch deinen Alienvergleich sehr treffend. Ich habe früher blöde Sachen gemacht, um diesen Situationen zu entkommen oder auch Notlügen erzählt.
Diese Anspannung "sich nicht zu verraten" macht es wirklich unmöglich sich vernünftig zu unterhalten, da man jedes eigene Wort auf die Goldwaage legt, immer sich vorstellt, was denkt der andere, wenn ich das sage. Etwas was eigentlich ein ungezwungenes Treffen sein sollte wird zur Schwerstarbeit.

Bei mir ist es mit dem Alter etwas besser geworden, weil ich die Scham etwas besser im Griff habe, aber diese Situationen bleiben doch noch unangenehm. Und Vermeidung ist noch immer meine Hauptstrategie.
pyrit hat geschrieben:Aber es hat beispielsweise dazu geführt, dass ich mich von einer Singlebörse wieder abgemeldet habe, da mir alles zu viel geworden ist. Ich hatte nicht viele Kontakte, aber ich habe das Gefühl einfach nicht mehr ertragen, dass diese Männer glauben, mit einer "normalen" Frau zu schreiben, ich auf keiner Ebene mit ihnen bin, auf der man solche Dinge anspricht, aber es in der Sache liegt, dass man sich Fragen stellt, ähnlich einem Vorstellungsgesräch im persönlichen Bereich - anders, als wenn man sich in freier Wildbahn über Freunde und Bekannte kennen lernen würde und der Beziehungsaspekt nicht von Anfang an im Fokus steht.
Ich hatte einfach nicht die Kraft und die Nerven, mit potentiellen Fragen wie "Wann war deine letzte Beziehung?" oder "Was erwartest du von einer Beziehung?" oder "Bist du enttäuscht worden" oder alles, was in die Richtung geht umzugehen.
Es wäre vollkommen absurd, jemanden die Wahrheit bei einem derartigen Kennenlernen wissen zu lassen.
Aber die Singlebörse ist nicht der richtige Ort, um langsam eine Vertrauensbasis entstehen zu lassen, ohne Beziehungsfragen nach kurzer Zeit zu stellen!
Und mit diesem Gegensatz bin ich einfach nicht fertig geworden.
Auch das kann ich gut nachvollziehen, ich habe das Gefühl es ist eine riesige Kluft zwischen den Erwartungen der Frauen dort und dem, wozu ich fähig bin. Deshalb habe ich mich gar nicht erst getraut Kontakt aufzunehmen.
Verstandesmäßig weiß ich ja, dass viele andere eigentlich ähnliche Probleme mit ihren Ängsten haben, auch wenn sie keine ABs sind und diese Kluft gar nicht so riesig ist, wie ich denke. Aber der Verstand hat ja bei diesen Dingen leider nicht viel zu sagen.

Wintermute
Martin

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Martin »

pyrit hat geschrieben:man findet Leute, die ebenfalls Kontakte, vielleicht auch Freundschaften für die Freizeit suchen.

Aus meiner Sicht spielt es für das Eingehen von Freundschaften keine bedeutsame Rolle, ob man schon eine Beziehung hatte oder nicht.

Natürlich ist es völlig normal, dass es bei Gesprächen mit Menschen, die man kennenlernt, gelegentlich um das Thema Beziehungen geht. Aber man kann ja erwähnen, dass die letzte Beziehung schon ein paar Jahre zurückliegt und man zurzeit das Single-Dasein genießt. Kaum jemand wird alles ganz genau wissen wollen - zumindest dann nicht, wenn es nur um eine lockere Freundschaft zwischen zwei Frauen oder zwei Männern geht.

Sie erzählt dann später vom Aussuchen der Eheringe und später der Hochzeit, zeigt Hochzeitsphotos - und ich sitze daneben und komme mir vor wie ein Alien, das krampfhaft versucht so zu tun, als ob es auch ein Mensch wäre und nicht durchblicken zu lassen, dass es gar nicht dazu gehört.
Das ist ein spezieller Fall. Du hättest aber auch eine Frau kennenlernen können, die nur gelegentlich mit Dir ins Kino oder ins Schwimmbad gehen will und die Dir zum Beispiel von ihrer kranken Mutter, ihren Hobbys oder ihrem Engangement für den Tierschutz erzählt.

Sehe doch auch das Positive an der Sache: Menschen treffen sich gerne mit Dir und wollen sich mit Dir unterhalten. Du wirst also als aufgeschlossene und kommunikationsfreudige Frau wahrgenommen (und das bist Du doch auch!).
Martin

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Martin »

pyrit hat geschrieben:Aber es hat beispielsweise dazu geführt, dass ich mich von einer Singlebörse wieder abgemeldet habe, da mir alles zu viel geworden ist. Ich hatte nicht viele Kontakte, aber ich habe das Gefühl einfach nicht mehr ertragen, dass diese Männer glauben, mit einer "normalen" Frau zu schreiben, ich auf keiner Ebene mit ihnen bin, auf der man solche Dinge anspricht, aber es in der Sache liegt, dass man sich Fragen stellt, ähnlich einem Vorstellungsgesräch im persönlichen Bereich - anders, als wenn man sich in freier Wildbahn über Freunde und Bekannte kennen lernen würde und der Beziehungsaspekt nicht von Anfang an im Fokus steht.
Ich hatte einfach nicht die Kraft und die Nerven, mit potentiellen Fragen wie "Wann war deine letzte Beziehung?" oder "Was erwartest du von einer Beziehung?" oder "Bist du enttäuscht worden" oder alles, was in die Richtung geht umzugehen.
Es wäre vollkommen absurd, jemanden die Wahrheit bei einem derartigen Kennenlernen wissen zu lassen.
Aber die Singlebörse ist nicht der richtige Ort, um langsam eine Vertrauensbasis entstehen zu lassen, ohne Beziehungsfragen nach kurzer Zeit zu stellen!
Und mit diesem Gegensatz bin ich einfach nicht fertig geworden.
@pyrit:

Aus meiner Sicht hast Du hervorragende Chancen, ohne Singlebörse einen Partner zu finden. Andere Forenmitglieder, die Dich bei Treffen kennengelernt haben, dürften das genauso sehen.
Avalon

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Avalon »

Martin hat geschrieben:Aus meiner Sicht spielt es für das Eingehen von Freundschaften keine bedeutsame Rolle, ob man schon eine Beziehung hatte oder nicht.

Natürlich ist es völlig normal, dass es bei Gesprächen mit Menschen, die man kennenlernt, gelegentlich um das Thema Beziehungen geht. Aber man kann ja erwähnen, dass die letzte Beziehung schon ein paar Jahre zurückliegt und man zurzeit das Single-Dasein genießt. Kaum jemand wird alles ganz genau wissen wollen - zumindest dann nicht, wenn es nur um eine lockere Freundschaft zwischen zwei Frauen oder zwei Männern geht.
Das kann ich so nicht bestätigen. Nach meiner Erfahrung geben sich andere keineswegs damit zufrieden, wenn man sich mit Sprüchen à la "Meine letzte Beziehung ist schon eine Weile her." oder "Ach, über dieses Thema möchte ich nicht sprechen." herauszureden versucht. Da wird nachgebohrt. Und selbst, wenn nicht sofort explizit nachgebohrt wird, fällt es nach einer Weile doch auf, dass man offensichtlich noch nie eine Beziehung hatte. Für andere Menschen ist es völlig normal, auch mal hier und da irgendwelche Ex-Partner zu erwähnen. Wenn man selbst immer nur in der Ich-Form spricht, kommen früher oder später doch Fragen auf, und spätestens dann wird nachgebohrt. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Gespräche oftmals über Themen rund um "Beziehung" überhaupt erst zustande kommen. Diese Themen sind, weil sie in der Regel alle Menschen betreffen, ja auch überaus gut geeignet, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn man dann selbst aber nichts Entsprechendes beizutragen hat, gerät man ganz schnell außen vor. Und je älter man wird, desto schwieriger wird es, damit umzugehen.
Martin

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Martin »

Avalon hat geschrieben:Ich erlebe es auch immer wieder, dass Gespräche oftmals über Themen rund um "Beziehung" überhaupt erst zustande kommen. Diese Themen sind, weil sie in der Regel alle Menschen betreffen, ja auch überaus gut geeignet, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn man dann selbst aber nichts Entsprechendes beizutragen hat, gerät man ganz schnell außen vor. Und je älter man wird, desto schwieriger wird es, damit umzugehen.
@Avalon:

Mit mir unterhalten sich Männer und Frauen gerne über das Thema Beziehungen. Ob ich schon eine Beziehung hatte, ist für sie völlig unrelevant. Die wollen eben in erster Linie von ihren Beziehungen und ihren Beziehungsproblemen erzählen. Ich sage dann eben zum Beispiel, dass ich im vergangenen Jahr zwei Frauen kennengelernt habe (was auch stimmt) und ich mich mit ihnen sehr gut verstanden habe, aber keine Beziehung daraus geworden ist. Bei mir gehen die Leute offensichtlich davon aus, dass ich selbstverständlich schon mal eine Beziehung hatte und fragen deshalb diesbezüglich nicht nach.
Eliza Jane

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Eliza Jane »

Avalon hat geschrieben:
Martin hat geschrieben:Aus meiner Sicht spielt es für das Eingehen von Freundschaften keine bedeutsame Rolle, ob man schon eine Beziehung hatte oder nicht.

Natürlich ist es völlig normal, dass es bei Gesprächen mit Menschen, die man kennenlernt, gelegentlich um das Thema Beziehungen geht. Aber man kann ja erwähnen, dass die letzte Beziehung schon ein paar Jahre zurückliegt und man zurzeit das Single-Dasein genießt. Kaum jemand wird alles ganz genau wissen wollen - zumindest dann nicht, wenn es nur um eine lockere Freundschaft zwischen zwei Frauen oder zwei Männern geht.
Das kann ich so nicht bestätigen. Nach meiner Erfahrung geben sich andere keineswegs damit zufrieden, wenn man sich mit Sprüchen à la "Meine letzte Beziehung ist schon eine Weile her." oder "Ach, über dieses Thema möchte ich nicht sprechen." herauszureden versucht. Da wird nachgebohrt. Und selbst, wenn nicht sofort explizit nachgebohrt wird, fällt es nach einer Weile doch auf, dass man offensichtlich noch nie eine Beziehung hatte. Für andere Menschen ist es völlig normal, auch mal hier und da irgendwelche Ex-Partner zu erwähnen. Wenn man selbst immer nur in der Ich-Form spricht, kommen früher oder später doch Fragen auf, und spätestens dann wird nachgebohrt. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Gespräche oftmals über Themen rund um "Beziehung" überhaupt erst zustande kommen. Diese Themen sind, weil sie in der Regel alle Menschen betreffen, ja auch überaus gut geeignet, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn man dann selbst aber nichts Entsprechendes beizutragen hat, gerät man ganz schnell außen vor. Und je älter man wird, desto schwieriger wird es, damit umzugehen.

Das entspricht auch meiner Erfahrung. Und da hilft es mir auch leider nicht, dass ich eine Zeit lang Mitglied einer von Psychotherapeuten geleiteten Gruppe "Soziale Kompetenz" war. Mir wurde bestätigt, dass ich mich sozial adäquat verhalte, dass ich z. B. beim Sprechen Menschen in die Augen sehe, ohne Scheu auf Menschen zugehe; aber all das hilft mir nicht, weil ich nun mal den Einstieg ins Beziehungsleben verpasst habe, was von anderen Menschen immer als unsozial, um nicht zu sagen asozial gedeutet wird.
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Birdfood
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Birdfood »

Einsamer Igel hat geschrieben:Aber wie käme man an so eine Therapie?
Einzig fand ich in einer Tagesklinik 2x die Woche Soziale Kompetenz für je 90 min. Also wohl ein Gruppenangebot, was man aber nur bekommt, wenn man das ganze Programm nimmt. Also mehrere Wochen von Mo-Fr Ganztags. Und das wäre für mich viel zu viel.
Das nennt sich "Gruppentraining soziale Kompetenz" und wird hauptsächlich von Kliniken angeboten, bei denen man voll- oder teilstationär dabei sein muß, manchmal bieten die aber auch Gruppen an, bei denen man so mitmachen kann oder Einrichtungen, die sich auf sowas spezialisiert haben, bei denen man nicht unbedingt Klient sein muß.
Du kannst bei Deiner Krankenkasse nachfragen, wer sowas anbietet.
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Einsamer Igel
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Einsamer Igel »

@Birdfood: Danke für den Tipp. Das werde ich morgen gleich machen.
pyrit hat geschrieben:Aber es hat beispielsweise dazu geführt, dass ich mich von einer Singlebörse wieder abgemeldet habe, da mir alles zu viel geworden ist. Ich hatte nicht viele Kontakte, aber ich habe das Gefühl einfach nicht mehr ertragen, dass diese Männer glauben, mit einer "normalen" Frau zu schreiben, ich auf keiner Ebene mit ihnen bin, auf der man solche Dinge anspricht, aber es in der Sache liegt, dass man sich Fragen stellt, ähnlich einem Vorstellungsgesräch im persönlichen Bereich - anders, als wenn man sich in freier Wildbahn über Freunde und Bekannte kennen lernen würde und der Beziehungsaspekt nicht von Anfang an im Fokus steht.
Ich hatte einfach nicht die Kraft und die Nerven, mit potentiellen Fragen wie "Wann war deine letzte Beziehung?" oder "Was erwartest du von einer Beziehung?" oder "Bist du enttäuscht worden" oder alles, was in die Richtung geht umzugehen.
Es wäre vollkommen absurd, jemanden die Wahrheit bei einem derartigen Kennenlernen wissen zu lassen.
Aber die Singlebörse ist nicht der richtige Ort, um langsam eine Vertrauensbasis entstehen zu lassen, ohne Beziehungsfragen nach kurzer Zeit zu stellen!
Und mit diesem Gegensatz bin ich einfach nicht fertig geworden.
Das kommt mir grad sehr bekannt vor. :roll:
w82nrw hat geschrieben:
pyrit hat geschrieben:Bei der sozialen Kompetenz und deren Training geht es ja eher darum, dass man beispielsweise lernt, anderen aktiv zuzuhören, auf sie in Gesprächen einzugehen, ihre Gefühle zu bemerken und auch seine eigenen äußern zu können, sich in Gesprächsrunden zu integrieren usw.
Nicht nur, es kann auch darum gehen zu lernen seine eigenen Rechte durchzusetzen, Beziehungen aufzubauen oder Kompromisse zu finden.
Das würde ich mir auch erhoffen. Soziale Kompetenz ist ein weites Feld. Wenn ich gegenüber Bekannten äußere, dass es mir an sozialer Kompetenz mangelt, wird jedes Mal heftig widersprochen.

Ich kann ganz gut zuhören und auch ein wenig Blickkontakt halten. Ich kann auf den anderen gut eingehen und seine Gefühle wahrnehmen. Also da mangelt es mir wirklich nicht. Aber wenn es drum geht, wo bleibe ich mit meinen Bedürfnissen... :roll:
LeastoftheEast hat geschrieben:
Einsamer Igel hat geschrieben: Und habe leider auch das Gefühl, andersartig zu sein. Ich hörte den Erzählungen über Lebensentwürfe und Karrieren anderer Menschen zu... und kam mir so defizitär vor. :(
So gehts mir auch. Bei mir ist sowohl dieser ganze Beziehungskram wie auch Beruf und Karriere ein sehr dunkler Fleck in meiner Biographie. Ich habe da einfach nichts zu erzählen, jedenfalls nicht das, was man erwarten würde und was positiv ist. Das ist wohl mit ein Grund, weshalb ich zurückgezogen lebe und sowas wie über NIT Freizeitleute zu suchen wohl nicht machen würde. Und ich weiss, dass es falsch ist. Es passen wirklich die allerwenigsten Menschen zu mir.
Du hast vielleicht nicht die gesellschaftlich erwünschte Biografie, aber ich könnte mir vorstellen, dass du trotzdem oder grad deshalb für andere Menschen interessant sein könntest.

So geht es mir manchmal. Was ich über mein Leben zu erzählen habe, ist für mich unendlich schwer. Ich habe damit noch lange nicht abgeschlossen. Aber für andere, die das dann hören, ist es interessant. Weil es eben nicht Standard ist.

Aber ich bin auch Arbeits-AB. Und dazu noch krank. Das ist eine Riesenhürde bei der Kontaktanbahnung zu "normalen" Leuten, weil einfach zu viel verbindendes fehlt. Selbst wenn ich jemanden treffe, der auch krank ist... so hat der aber vielleicht ein funktionierendes soziales Netz, Beziehungen, Familie, Job. Oder ich treffe einen, der arbeitslos ist, aber dafür ist er gesund.

Ich finde es enorm schwierig, damit umzugehen. Es bereitet mir Druck und Stress. Ich kann mit Fragen nicht umgehen. Ich kann mich nicht abgrenzen. Derzeit habe ich das Gefühl, in einem Abwärtsstrudel gefangen zu sein, nur dadurch, dass ich versuche, Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen.

Meine Therapeutin hat keine Vorstellung, wie schwer das für mich ist und wie hoch der Druck ist.
Wie sollte sie auch...
Simonetta hat geschrieben:Ich kann das gut verstehen, kenne dieses Problem auch nur zu gut.
Allerdings habe ich mein Leben lang sozusagen nach dem Motto "Ehrlich wärt am längsten" gelebt, denn eine Lüge zieht die andere nach sich und macht dann alles sehr kompliziert.
Das ist auch mein Lebensmotto. Mit Ausflüchten oder Notlügen fühle ich mich extrem unwohl. Ich denke auch, man merkt es mir sofort an.
Wintermute hat geschrieben: Ich habe früher blöde Sachen gemacht, um diesen Situationen zu entkommen oder auch Notlügen erzählt.
Diese Anspannung "sich nicht zu verraten" macht es wirklich unmöglich sich vernünftig zu unterhalten, da man jedes eigene Wort auf die Goldwaage legt, immer sich vorstellt, was denkt der andere, wenn ich das sage. Etwas was eigentlich ein ungezwungenes Treffen sein sollte wird zur Schwerstarbeit.
Kann ich absolut bestätigen!

Ich denke, es wäre sinnvoll und hilfreich, solche Kontakte wenigstens zeitlich zu limitieren. Aber ich kriege es einfach nicht hin! :wuetend:
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Birdfood
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Birdfood »

Avalon hat geschrieben:
Martin hat geschrieben: ...man kann ja erwähnen, dass die letzte Beziehung schon ein paar Jahre zurückliegt und man zurzeit das Single-Dasein genießt. Kaum jemand wird alles ganz genau wissen wollen...
Nach meiner Erfahrung geben sich andere keineswegs damit zufrieden, wenn man sich mit Sprüchen à la "Meine letzte Beziehung ist schon eine Weile her." oder "Ach, über dieses Thema möchte ich nicht sprechen." herauszureden versucht. Da wird nachgebohrt.
Da ist wohl der Unterschied zwischen Mann und Frau. Männer reden generell nicht so viel über Beziehungen und reden auch ansonsten nicht so viel.
Avalon hat geschrieben:Und selbst, wenn nicht sofort explizit nachgebohrt wird, fällt es nach einer Weile doch auf, dass man offensichtlich noch nie eine Beziehung hatte. Für andere Menschen ist es völlig normal, auch mal hier und da irgendwelche Ex-Partner zu erwähnen. Wenn man selbst immer nur in der Ich-Form spricht, kommen früher oder später doch Fragen auf, und spätestens dann wird nachgebohrt.
Das stimmt, irgendwann fällt es doch auf, wenn man wirklich nie zu dem Thema irgendwas beisteuert. Vielleicht sollte man sich vorher schon was ausdenken, das man dann zum besten gibt.
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dem33

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von dem33 »

NOVA:
Ich frag mich nur, wie schafft man es, dass manche anfangen zu bohren .. :lol:
... und ich frag mich, ob das bei Männern tatsächlich anders ist als bei Frauen. Solche Situationen sind seltener geworden bei mir. Männer fragen in der Tat nicht so insistierend nach anscheinend. Aber nicht umsonst ist es bei mir selten geworden mit neuen Leuten kennen lernen seit ich bummelig 30 bin (und nicht umsonst hab ich mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, wegziehen zu müssen, wohl wissend, dass es sonst extrem schwierig werden würde). Und die "älteren" Freude wissen bescheid.

Dazu kommt, dass ich mittlerweile immerhin mit einer Ex-Beziehung "aufwarten" kann. Nur neulich kam von ner Kollegin mal die Frage "Und wie lange warst Du davor Single?" Ich: "Das willst Du gar nicht wissen". Sie: "Über 10 Jahre?" Ich: "Ja." Ok, thema soweit erledigt.


Ich frag mich gerade, ob meine ganze Situation vllt. einer der Gründe ist, warum ich mich in - fast - reinen Schwulenrunden ganz wohl fühle. (Gestern abend war ich auch wieder der Quotenhetero, allerdings waren wir eh nur zu viert). Bei denen ist es ja sowieso alles "irgendwie anders" (sind alle nicht fest verpartnert).

Trotz allem kann ich nur an alle appellieren, sich deswegen nicht verrückt zu machen und sich nicht zurückzuziehen (leichter gesagt als getan, ich weiss!!!).
pyrit

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von pyrit »

NOVA hat geschrieben: Ich frag mich nur, wie schafft man es, dass manche anfangen zu bohren .. :lol:
Nichts einfacher als das- sei eine Frau und gehe Freundschaften/Bekanntschaften mit Frauen ein - et voilà.

Beispiele hab ich so viele, dass man sie nicht aufzählen kann.
Da war die Bekannte in der letzten Stadt, die ebenfalls neu und einsam war, sich an mich rangehängt hat und ein Aussrprachebedürfnis zuerst darüber hatte, dass sich ihr Freund nach langer Zeit von ihr getrennt hat, dann über Männer allgemein und dann darüber, wie sie sich mit anderen über die Trennung hinweg tröstete.
Wir saßen im Café, als sie zu mir sagte :"Jetzt erzähl DU mal was von DEINEN EX-FREUNDEN :shock: - immer erzähl ich nur und von Dir weiß ich noch gar nichts!"
Ich habe dann was von "unschönen Psycho-Geschichten" erzählt, über die ich nicht sprechen möchte und eine unschön verlaufende Beziehung vor der Zeit in der neunen Stadt erfunden. Da kam dann später aber auch wieder die Frage: "Und wie lange warst du denn jetzt mit dem zusammen und wann war das?"Da habe ich wieder schrecklich herum gestottert.
In bestimmten Situationen ist die Frau dann auch noch zickig geworden, in schlechter Laune und im Frust kam dann mal ein "ICH weiß, wie man mit Männern umgeht!" und bei einem Gespräch, in dem es weitläufig um intimere Dinge ging ein unverschämtes "Woher willst DU denn das wissen??"

Falls mich jemand fragt, warum ich mir sowas antue und überhaupt den Kontakt zu solchen Leuten aufrecht erhalte:
Ich hatte damals einerseits keine Alternativen, fühlte mich angewiesen, und andererseits (und das wiegt noch schwerer) fühlte ich mich gewissermaßen erpressbar und nicht in der Lage, mein Terrain zu verteidigen.
Wie ein Ochse, den man nur am Nasenring, dem verletzlichen Punkt, zu packen braucht und schon wird er wehrlos, weil extrem verletzlich.

Ein anderes Beispiel, warum ich nicht mit der Wahrheit heraus rücke hatte ich hier gegeben und ich fürchtete mich panisch davor, dass über mich auch so geredet werden würde.

Bei der neuen, netten Bekannten glaube ich gar nicht, dass sie mich niedermachen oder herablassend anschauen würde, auch fürchte ich mich nicht davor, von ihr fallen gelassen zu werden.
Ich fürchte mich davor, anders und genauer angeschaut zu werden, analysiert zu werden - und mich dann selber von außen unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten und noch unsicherer zu werden.
Um Weihnachten rum ging es mir so schlecht, dass ich fast nur noch geheult habe und da bin ich auch eimal in Tränen ausgebrochen, als ich mit ihr in der Pizzeria saß.
Ich hatte ihr vorher geschrieben, dass ich mich deshalb so lange nicht gemeldet hätte, weil es mir zur Zeit nicht gut ginge und sie sagte dann am Tisch einfach freundlich "Ach Mensch, jetzt erzähl doch mal - was ist denn bei Dir los, dass es Dir nicht gut geht?" Tja, da kamen die Tränen und ich hab es bei einer Halbwahrheit belassen: Dass es bei mir halt nie so richtig geklappt hätte, dass ich den Fehler gemacht hätte, den Männern ohne ein Gefühl für Selbstschutz oder Selbstwertgefühl oder Stolz hinterher zu laufen (was nicht gelogen ist), dabei eben an die falschen geraten wäre (naja...) und darum (das stimmt dann wieder) mittlerweile so verunsichert wäre, dass ich mir gar nichts zutrauen und nur noch bei mir selber nach Fehlern suchen würde.

Zwar hat sie total lieb reagiert, indem sie mir sagte, das sei echter Quatsch und ich sollte statt dessen bitte denken, dass derjenige froh sein könnte, mich zu haben. Aber - sie hat (um zu helfen, das weiß ich schon) auch mehr auf mein Verhalten geschaut, mir beisielsweise gesagt, dass ihr schon aufgefallen sei, dass ich meist nach unten schauen würde im Gespräch (was mich dann ziemlich verunsichert hat) und dass sie jetzt "einfach mal darauf achten würde, wie ich so auf die Männer reagiere und mich so verhalte" :shock: Mal ganz ehrlich - wie soll mich das NICHT verunsichern, wenn ich (auch wenn es zum guten Zweck gemeint ist) unter verstärkter und fokussierter Beobachtung stehe ??????

Wenn sie dann noch die ganze Wahrheit wüsste, würde sie mein Verhalten in der Öffentlichkeit immer unter dem Schild "J-U-N-G-F-R-A-U" sehen :shock: "Aha, da reagiert sie ausweichend, da könnte sie doch, das hat wahrscheinlich auch etwas damit zu tun ... " Was dazu führen würde, dass ich mich überhaupt nicht mehr halbwegs entspannt verhalten kann sondern ständig mein eigenes Verhalten von außen betrachten würde, wie man das jetzt interpretiert, ob ich mich jetzt wieder verraten habe usw usf und linkisch und verkrampft über meine eigenen Füße stolpern würde :?
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Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Antonia »

Hmm...ich hab das nie so als großes Problem empfunden und kann das nur teilweise
nachempfinden. Alles steht und fällt ja mit dem eigenen Selbstwertgefühl und ob man
selber daraus ein großes Problem macht oder nicht. Wenn es dir gelingen könnte,
pyrit, dir immer wieder zu sagen, dass du ein wertvoller, liebenswerter Mensch bist,
der es verdient, von anderen Menschen respektvoll behandelt zu werden, so lange bis
du es endlich selber glaubst und verinnerlichst, dann würdest du dich vermutlich nicht
mehr als "Alien" empfinden und daraus keine große Sache mehr machen, sondern
dich als ebenbürtig empfinden.

Die meisten Menschen sind toleranter als man denkt. Jeder hat schließlich Ängste, die
er mit sich herumschleppt, ist unsicher in verschiedenen Situationen oder fühlt sich manchmal
minderwertig. Viele übertünchen das dann mit Arroganz oder schauspielern.
Und jeder hat nun mal seine Macken und Unzulänglichkeiten. Na und? Wir sind eben
nur Menschen, die Fehler machen und haben dürfen!!!
Wenn ich z.B. jemanden mag, drücke ich nicht nur ein Auge zu, sondern gerne auch mal zwei.
Hab schließlich selber auch meine Fehler.

Ich würde es auch wie Simonetta handhaben, einfach ehrlich dazu stehen und kein großes
Thema daraus machen. Wenn sie dich mal wieder darauf ansprechen sollte, einfach ehrlich
sagen, dass du noch nie eine Beziehung hattest und dann wird sie vermutlich etwas
verwundert sein, aber dann muss das Thema ja nicht abendfüllend sein, schließlich werdet
ihr auch noch andere Themen haben, die euch interessieren.

Es wäre doch schade, wenn du wegen deiner Komplexe die Freundschaft auf Spiel setzt,
pyrit. Ich würde deiner neuen Freundin die Chance geben, darauf verständnisvoll zu reagieren,
wenn sie es weiß, und das wird sie bestimmt. Wenn nicht, hast du keine Freundin verloren,
dann war es nur eine Bekannte, auf die du gut verzichten kannst.
Zwei Gefangene sahen durch's Gitter in die Ferne,
der eine sah nur Schmutz, der andere die Sterne.
Genosse Premier

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von Genosse Premier »

ABChancenlos hat geschrieben:Und - tataa! Was stellte sich raus, was die beziehungsbildende Themen sind? Nicht Fußball, nicht Wetter, nicht was man arbeitet oder Börse.... sondern

urgs

ja, GENAU SOLCHE persönlich-intimen Dinge wie das von Pyrit angesproche.
Ja das mag sein, man kann dem nicht ewig ausweichen. Je näher man sich kennt, umso mehr weiß man natürlich über den anderen. Und sei es deswegen, weil einer halt nie über vergangene Beziehungen geredet hat. Da wird natürlich dann im Zweifelsfall spekuliert, was mit demjenigen nicht stimmt ;)
Ich hatte allerdings noch nie das Problem, dass sich eine Freundschaft festgefahren hätte, nur weil ich nie über Beziehungen, Freundinnen oder übers F***** geredet habe (in manchen Kreisen ist man da ja sehr direkt :roll:). Im Gegenteil eigentlich - die Leute, die mich näher kennen, haben schon längst mitbekommen, dass ich noch nie eine Beziehung hatte und akzeptieren das auf die eine oder andere Art. Manche sind vielleicht sogar insgeheim davon überzeugt, dass ich schwul wäre. Aber ich muss sagen, das kümmert mich wenig und stört auch die Freundschaft insgesamt nicht.
ABChancenlos

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von ABChancenlos »

@ Pyrit

es hat mir richtig weh getan, das zu lesen. Diese Erfahrungen von Dir.

Vielleicht gibt es echt nur den Ausweg, verstärkt unter ABinen nach menschlichen Kontakten zu suchen.

Diese ständigen Ängste,analysiert, beobachtet etc zu werden (Ängste, von denen Du ja erlebt hast, wie berechtigt sie sind)... das ist doch keine Grundlage.
Zuletzt geändert von ABChancenlos am 10 Mär 2013 17:48, insgesamt 1-mal geändert.
ABChancenlos

Re: Teufelskreis aus Scham und Rückzug

Beitrag von ABChancenlos »

Antonia hat geschrieben:Hmm...ich hab das nie so als großes Problem empfunden und kann das nur teilweise
nachempfinden. Alles steht und fällt ja mit dem eigenen Selbstwertgefühl und ob man
selber daraus ein großes Problem macht oder nicht. Wenn es dir gelingen könnte,
pyrit, dir immer wieder zu sagen, dass du ein wertvoller, liebenswerter Mensch bist,
der es verdient, von anderen Menschen respektvoll behandelt zu werden, so lange bis
du es endlich selber glaubst und verinnerlichst, dann würdest du dich vermutlich nicht
mehr als "Alien" empfinden und daraus keine große Sache mehr machen, sondern
dich als ebenbürtig empfinden.

Die meisten Menschen sind toleranter als man denkt. Jeder hat schließlich Ängste, die
er mit sich herumschleppt, ist unsicher in verschiedenen Situationen oder fühlt sich manchmal
minderwertig. Viele übertünchen das dann mit Arroganz oder schauspielern.
Und jeder hat nun mal seine Macken und Unzulänglichkeiten. Na und? Wir sind eben
nur Menschen, die Fehler machen und haben dürfen!!!
Wenn ich z.B. jemanden mag, drücke ich nicht nur ein Auge zu, sondern gerne auch mal zwei.
Hab schließlich selber auch meine Fehler.

Ich würde es auch wie Simonetta handhaben, einfach ehrlich dazu stehen und kein großes
Thema daraus machen. Wenn sie dich mal wieder darauf ansprechen sollte, einfach ehrlich
sagen, dass du noch nie eine Beziehung hattest und dann wird sie vermutlich etwas
verwundert sein, aber dann muss das Thema ja nicht abendfüllend sein, schließlich werdet
ihr auch noch andere Themen haben, die euch interessieren.

Es wäre doch schade, wenn du wegen deiner Komplexe die Freundschaft auf Spiel setzt,
pyrit. Ich würde deiner neuen Freundin die Chance geben, darauf verständnisvoll zu reagieren,
wenn sie es weiß, und das wird sie bestimmt. Wenn nicht, hast du keine Freundin verloren,
dann war es nur eine Bekannte, auf die du gut verzichten kannst.
ich glaube nicht, dass das Problem in Pyrit selbst liegt. Nach dem, was sie oben schreibt scheint mir, ihr fehlt jemand der sie VERSTEHT. Jemand, der ihr mal OHNE Wertung, OHNE Analyse und OHNE ihr gleich helfen zu wollen, einfach nur ZUHÖRT.