Tintenmalerin hat geschrieben: ↑10 Feb 2019 23:47
Ich hoffe sehr, dass Therapie auch son Dings ist, bei dem es erst schlimmer wird, bevor es besser wird, weil erst mal die ganzen Vermeidungsstrategien und Coping-Mechanismen durchbrochen werden und damit wegfallen.
Ich bin so erschöpft und müde.
Und dabei habe ich das Gefühl, dass ich nach mehreren Monaten Therapie jetzt erst richtig angefangen habe...
Das kann schon sein. Nach meiner Überzeugung und Erfahrung muss das nicht unbedingt so sein. Coping Mechanismen sind eher los zu lassen, als zu durchbrechen. Sie sollen verfügbar bleiben, aber nicht mehr nötig sein. Konkret heisst das, dass es sinnvoll ist, zunächst daran zu arbeiten, dass man mit dem gut zurecht kommt, was beim Loslassen der Coping Mechanismen zu Tage treten wird. Besonders die systemische Thrapie betont diesen Aspekt und es wird viel 'Zielarbeit' gemacht, die 'Wunderfrage' wird immer wieder gestellt und Visionen werden genutzt.
Energie kostet Therapie wohl immer, wenn sie was bewirkt. Geistige Anstrengung kostet sie auch.
Im Umgang mit meiner Depression war es für mich sehr wichtig, mein hypomanisches Verhalten in den Griff zu kriegen. DORT habe ich am meisten Energie verbraucht. Gespürt hatte ich das nicht dort, sondern immer erst später, wenn ich erschöpft war. Durch das schrittweise Loslassen des euphorischen überfordernden Verhaltens wurde entsprechend Energie frei für andere Lebensbereiche und eben auch für die Weiterentwicklung, beziehungsweise therapeutischen Prozesse.
Das ist jetzt nur ein Beispiel für das Nutzen synergetischer Zusammenhänge im Verlauf.
Tintenmalerin hat geschrieben: ↑10 Feb 2019 23:47
Kennst du dich mit diesen Therapieformen genauer aus oder hast du dazu vielleicht Links? Würde mich interessieren, was sich hinter den Begriffen verbirgt.
Das allgemeine Internet hat sich als weniger geeignet für die Literaturrecherche herausgestellt. Darum habe ich keine Links zur Hand. Aber alle Fachausdrücke, vor Allem in der englischsprachigen Form, sind als Suchbegriffe geeignet. Die Autorennamen helfen auch.
Vernünftige Literatur hat ja sozusagen postgraduate Niveau. Das heisst nicht unbedingt, dass sie schwer lesbar ist, aber man braucht für die Recherche Zugang zu einer Datenbank auf Universitätsniveau. Google und Amazon helfen erst, wenn man gefunden hat und ein Buch kaufen will.
Ich wohne in einer Universitätsstadt und kann in die Unibibliothek spazieren, setz mich dort an den PC, recherchiere und lade mir ganze Bücher als Pdf auf meinen Datenstick. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, kann man über einen remote Zugang von zuhause aus arbeiten. Ich empfehle, die nächste Uni zu kontaktieren und sich über die Möglichkeiten beraten zu lassen.
Ein paar Stichworte sind bereits genannt worden. Systemische Psychotherapie ist aber ein etwas ungenauer Begriff, es gibt zu viele 'Schulen'. Wo ich mich vor Jahrzehnten gründlich eingearbeitet habe, ist die Sparte der 'Milwaukee Schule' um 'Steve deShazer' und 'Insoo Kim Berg'. Diese Methoden haben sich für mich auch in der Anwendung in meiner praktischen Arbeit hervorragend bewährt.