Nell The Sentinel hat geschrieben: ↑11 Aug 2018 20:09
Ah, alles klar. Ist bei mir ähnlich: Ich hab den Glaubenssatz verinnerlicht, dass es ohnehin egal ist, was ich will. Also kämpfe ich erst gar nicht. Oder ich gebe freiwillig auf, weil ich zu viel Schiss habe zu kämpfen und zu verlieren.
*nickt* So ähnlich war das vor allem während meiner depressiven Phasen, da war mir auch alles shit egal. Daneben sind andere Empfindungen wieder ambivalent. Einerseits kann man froh sein, dass man unterstützt wird, aber andererseits schlägt man sich damit rum, sich gefühlt als "Verdächtiger" permanent rechtfertigen zu müssen - besonders bei einem übellaunigen Sachbearbeiter, der einen vielleicht noch herablassend behandelt. Gut, es gibt auch andere Sachbearbeiter, die versuchen zu helfen, aber vielleicht an den Auflagen und Beschränkungen des H4-Systems bzw. an den Vorgesetzten scheitern. ((@Mods: Mir ging es im Vorsatz nur um eine etwas ausgewogenere Darstellung, eine Diskussion über das System selbst ist auch von mir nicht beabsichtigt.))
Optimistin hat geschrieben: ↑12 Aug 2018 05:51
Wie läuft das denn ab mit dem Jobcenter, wenn man jahrelang Unterstützung bezieht - muss man da auch alle 4 Wochen hin und nachweisen, wo man sich überall beworben hat?
Werden einem jedes 2. Mal Umschulungen vorgeschlagen oder muss man sich da selber drum kümmern? Und wenn man krank ist (wie einige hier schrieben), muss man dann jahrelang immer fortlaufend eine Krankschreibung vom Arzt beibringen? Irgendwann wird man doch Mal nem Amtsarzt vorgestellt oder?
Und wie ist das mit dem berühmten 1-€ Job, bekommt man den "verordnet"?
Und gibt es einen oder mehrere Zeitpunkte, wo das Jobcenter sagen kann "Du machst jetzt diesen Job oder wir streichen das Geld"?
Hat jemand von euch, wie oben erwähnt, Mal ganz ohne staatliche Unterstützung gelebt, also vom Ersparten, Hand in den Mund, o.ä.?
Anfangs musste ich mich regelmässig melden und nachweisen, wo ich mich überall beworben hatte. Dafür wurde dann so eine Liste ausgehändigt, wo man unter anderem Arbeitgeber, Addresse, Bewerbungszeitpunkt und Art bzw. das Ergebnis eintragen konnte. Daneben sind an den Vermittlungsvorschlägen auch Feedback-Bögen angeheftet. Mit der Zeit hat das aber nachgelassen, also vorzeigen muss ich das nicht mehr.
Von deren Seite wurden mir keine Umschulungen angeboten. Dagegen wurde ich für Bewerbungskurse eingetragen und für einen sollte ich auch meine damalige Teilzeitarbeitsstelle aufgeben. So wie ich es erlebt habe, muss man von selbst auf diese Umschulungen drängen.
Solche 1€-Jobs würde man eventuell verordnet bekommen, aber davon war ich nie betroffen. Vermutlich bekommen das bei meinem ansässigen JC nur die harten Fälle verordnet, also die, die vielleicht wirklich dazu neigen, das System für sich auszunutzen.
Was die Krankmeldung angeht, während der ganzen Zeit gab es nur eine längere Krankmeldung von mir, die ich einreichen musste und das war die Zeit, wo ich für einige Wochen freiwillig eine Klinik aufgesucht hatte. Ansonsten war ich in der Hinsicht als arbeitsfähig eingetragen. Beim Abschlussbericht wollte man mich noch zeitweilig für arbeitsunfähig erklären, allerdings hatte ich das abgelehnt. Mein Beweggrund war seinerzeit, dass ich mir dieses "Vermittlungshindernis" nicht auch noch einhandeln wollte.
In Bezug auf "Du machst jetzt diesen Job oder wir streichen das Geld": Solch einen Sachbearbeiter hatte ich wirklich. Der hatte mir auch Vermittlungsvorschläge gegeben, die von vorn herein zum Scheitern verurteilt waren (bei einem Vorschlag wurde zum Beispiel explizit nach Elektroinstallateuren, also Fachkräften gesucht. Ein anderer hatte zur Bedingung, dass man ein PKW besitzen müsse) . Er war es auch, der mir unbedingt den oben erwähnten (dritten) Bewerbungskurs auferlegen wollte, obwohl ich schon teilzeitmäßig arbeitete.
Fairerweise muss man auch sagen, es hängt natürlich auch davon ab, wie man selbst dort auftritt. Insofern hat er zwar viel "gebellt", aber wohl eingesehen, dass er mit Sanktionen nicht sehr weit kommen würde. Jedenfalls hatte ich mir bei ihm keine Sanktionen eingefangen. Rein theoretisch können sie allerdings mit ihrem Ermessungsspielraum viel machen. Trotz Einschränkungen und unter der Gegebenheit, dass man sich wehren kann, haben sie genug Macht, um auch bis zum Äußersten zu gehen, dass heißt, dich erstmal massiv zu sanktionieren (100% Sanktion z.B.)
Und zur letzten Frage: Wo ich voll im Bezug war, hatte ich mal überlegt, mich einfach so abzumelden. Aber vor den Konsequenzen, also Wohnungsverlust + Strassenleben hatte ich dann doch zuviel Angst. Insofern war der Weg, mich auf diese Weise über Angst als Motivation zu einer Arbeit zu zwingen, für mich nicht wirklich gangbar.
Alles in allem hängt vieles vom jeweiligen Sachbearbeiter ab (und natürlich auch davon, welchen Umgang man selbst dort pflegt).