DDR und Wendezeit Erinnerungen

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Axolotl
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Re: DDR und Wendezeit Erinnerungen

Beitrag von Axolotl »

Gilbert hat geschrieben: 10 Sep 2020 14:15
Mach Dir nichts vor. Du bist ein Spätgeborener und kennst vieles nur vom Hörensagen.
Ich mach mir gar nichts vor. Ich halte mich an das, was mir erzählt wurde und was ich erlebt habe. Wenn du was anderes erlebt hast, dann ist das so. Das ändert nichts daran, dass ich andere Erfahrungen habe. PUNKT
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저는 아홀로틀입니.
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Esperanza
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Re: DDR und Wendezeit Erinnerungen

Beitrag von Esperanza »

Moderation: Absolute Beginner TreffTragt eure Differenzen woanders aus, Axolotl und Gilbert. Die letzen Beitrage wurde aus diesem Grund entfernt. Der Thread wird dank euch vorübergehend geschlossen.

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Le Chiffre Zéro
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Re: DDR und Wendezeit Erinnerungen

Beitrag von Le Chiffre Zéro »

In meiner Jugend war ich oft in Lübeck. In genau der Zeit fiel die Mauer. Und Lübeck hatte es so an sich, nicht nur eine – zumindest damals noch – mit vielen Annehmlichkeiten ausgestattete Großstadt zu sein, sondern einen Steinwurf von der deutsch-deutschen Grenze entfernt zu liegen. Das heißt, Teile Lübecks lagen direkt an der Grenze.

Kaum daß die Grenze offen war, fiel also halb Mecklenburg in Lübeck ein. Man hatte das Begrüßungsgeld in der Tasche bzw. später einen günstigen Tauschkurs von 1:1 und das Ansinnen, die Westmark in Westwaren umzusetzen. Das war noch die Phase, bevor man auf gebrauchte Westautos umstieg.

Lübeck war vorher schon nicht verkehrsarm, aber jetzt war es wirklich voll. Trabis und Wartburgs machten einen zweistelligen Anteil am Straßenverkehr aus, durchmischt mit gelegentlicher sozialistischer Importware wie Lada/Shiguli und Moskwitsch.

Das Problem dabei waren nicht so sehr die Zweitaktabgase. Das Problem waren die Kreisverkehre, vor allem der chronisch volle Lohmühlenteller. Viele Besucher aus dem Osten hatten sichtlich Schwierigkeiten damit, mit ihren vergleichsweise untermotorisierten Fahrzeugen in den von in puncto Leistungsgewicht und Elastizität deutlich überlegenen Kreisverkehr einzufädeln. Gerade Trabis standen mitunter mehrere Minuten vor dem Kreisverkehr, bis sich eine Lücke bot, die groß genug war, daß die Fahrer keine Angst haben mußten, unter die Räder von Westfahrzeugen zu kommen.

Das dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum insbesondere Trabifahrer schnell auf gebrauchte Westautos umstiegen: Mit einem Trabant hatte man damals schon im bundesdeutschen Straßenverkehr keine Chance.

Mit dem Trabi schwappten übrigens auch die Trabi-Witze in den Westen herüber. Natürlich machte etwa ein Viertel der Trabi-Witze sich mehr oder weniger indirekt eher über die DDR an sich lustig. Zumindest im Westen hörte der Spuk aber schon auf, als es die DDR noch gab: In der Zwischenzeit hatten Norbert & die Feiglinge ihren Riesenhit „Manta“ herausgebracht – und die halbe Bundesrepublik riß nunmehr Manta-Witze, von denen wiederum die Mehrzahl sich eher über die Mantafahrer lustig machte.

In der DDR war ich nur zweimal, und das war auf Klassenfahrt in den Harz im Februar 1990. So kurz nach der Grenzöffnung kannte man in der DDR Westfrauen nur aus dem zeitgenössischen Westfernsehen, vor allem aus der Werbung. Entsprechend takelten sich Ostfrauen und -mädchen auf, wenn sie (tatsächlich oder nur möglicherweise) Geschlechtsgenossinnen aus dem Westen treffen würden.

Das erste Mal haben wir eine dortige Klasse getroffen. Die Mädchen waren geschminkt und aufgedonnert bis zum Gehtnichtmehr, weil auch ihr Bild von Westfrauen dem des westlichen Werbefernsehens entsprach. Entsprechend peinlich berührt waren sie, als sie unsere völlig ungeschminkten Mädchen sahen, und zogen sich schnell zurück, um sich wieder abzuschminken.

Das zweite Mal waren wir auf dem Brocken, der nach Jahrzehnten der Sperrung gerade wieder zugänglich gemacht worden war. Damals fuhr die Brockenbahn nur bis Schierke, und den Rest sind wir gewandert. Ich habe mit ein paar anderen spekuliert, ob es denkbar wäre, daß die noch vorhandene Strecke auf den Brocken irgendwann wiedereröffnet wurde (was dann ja noch im selben Jahr tatsächlich geschah). Jedenfalls sahen wir kurz vor dem Brockengipfel auch einige Frauen, die ziemlich eindeutig DDR-Bürgerinnen waren. Die waren leicht daran zu erkennen, daß sie den Brocken in Pumps erklommen. Sie hatten allen Ernstes geglaubt, Westfrauen täten das auch, weil sie noch nie eine Westfrau in Wanderschuhen gesehen hatten.
Mannanna hat geschrieben: 09 Sep 2020 16:01 Die Sache mit den PC liegt aber auch daran, daß die Anforderungen immer weiter steigen. Versuch dochmal, heute mit deinem alten DOS-486er noch irgendwas zum laufen zu kriegen.
Das ist inzwischen nicht mehr so extrem wie früher. Moore’s Law gilt nicht mehr.

In den 1990ern und bis weit in die 2000er hinein brauchte man, wenn man in der Welt der IBM-Kompatiblen unterwegs war, wirklich alle drei bis spätestens fünf Jahre einen komplett neuen Rechner, um einigermaßen auf der Höhe zu bleiben. Selbst weniger anspruchsvolle Spiele von 1994 liefen nicht mehr auf IBM-kompatiblen PCs von 1991, außer wenn man von vornherein das Spitzenmodell in der höchsten Ausbaustufe gekauft hat. Besonders überrascht waren die Leute, die „viel Geld“ in einen PC gesteckt hatten und davon ausgingen, daß der mindestens so lange tauglich bleiben würde wie eine gleich teure Miele-Waschmaschine, also das eine oder andere Jahrzehnt.

Dazu kam ja auch noch, daß gerade die IBM-Kompatiblen in dieser Zeit einen riesigen Rückstand aufholen mußten. Anfang der 90er waren sie in puncto Grafik und Sound nicht einmal auf dem Niveau eines 1985er Commodore Amiga 500, von den zeitgenössischen neuen Spielkonsolen (Nintendo Super NES, Sega Mega Drive, Atari Jaguar) ganz zu schweigen. Die Klangausgabe beschränkte sich auf einen Piepser, dem nur mit Verrenkungen etwas anderes als monophone Klänge zu entlocken waren. „Richtigen“ Klang mußte man nachrüsten und dann auch noch rechtfertigen, wofür man den brauchte. Denn für viele – Computerhersteller und -händler inklusive – war der PC, der ja obendrein teuer war, ein reines ernsthaftes Arbeitsgerät und zum Spielen zu „professionell“.

Viele andere Anwender, die Spieleindustrie und die Zubehörindustrie waren anderer Ansicht. Die Komponentenhersteller ließen sich binnen kürzester Zeit leicht überzeugen. Kamen Anfang der 90er noch Spiele heraus, die problemlos auf fünf Jahre alten Maschinen mit CGA-Grafik liefen, wurden sie binnen zwei, drei Jahren teilweise auf Hardware ausgelegt, die ein, maximal zwei Jahre alt war. Für Intel war das kein Quatsch, sondern ein Segen, weil die Leute ihnen die 486DX2 und frühen Pentiums aus den Händen rissen. Ein P90 war ja auch ein Statussymbol damals.

Ende der 90er hieß es dann „PC Master Race“. Statt dem 386er mit 33 MHz und Super-VGA-Grafik (die aber außer von Windows, wenn man es denn dazugekauft hatte, von nichts unterstützt wurde) hatte man knapp vor der Jahrtausendwende einen Pentium Ⅱ mit 400 MHz und einer nVidia RIVA 128 und feuchte Träume von einem Pentium Ⅲ mit 600 MHz und einer Matrox Millennium. Gegenüber Konsolen hatten PCs ja auch den Vorteil, aufrüstbar zu sein. Man baute das aus, was man in besser brauchte, und konnte alles andere behalten. Konsolen mußte man in der Tat als Ganzes austauschen und brauchte dann auch immer einen kompletten Satz neue Spiele (einzige Ausnahme bei letzteren: Nintendo Game Boy).

Heutzutage dagegen sind die Fortschritte zumindest im CPU-Bereich längst nicht mehr so riesig. Die Taktfrequenzen steigen kaum mehr, allenfalls die Zahl der Kerne nimmt weiter zu, aber auch die spielt nur beim Multitasking oder entsprechend multithreadingtauglicher Software eine Rolle. Ähnlich sieht es mit GPUs aus; teilweise schlagen sich selbst gut fünf Jahre alte Mittelklasse-Grafikkarten immer noch wacker, wenn man nicht gerade immer die neuesten AAA-Games auf Profi-Niveau mit höchsten Einstellungen spielen will. Eine Aufholjagd gab es höchstens bei energiesparenden APUs, aber auch die kann man relativ lange nutzen, wenn man bei der Anschaffung nicht zu sehr spart und kein baldiges Auslaufmodell der Budgetklasse kauft.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.

Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.

INTJ nach Myers-Briggs
Volltrottel

Re: DDR und Wendezeit Erinnerungen

Beitrag von Volltrottel »

Beeindruckene Erinnerungen aus Lübeck.
So etwas finde ich sehr interessant, da ich auch in Berlin die direkte Wendezeit nur aus dem Fernsehen kenne. Eigene Erinnerungen habe ich erst als Kind in der Nachwendezeit ab ca.1995, da hat mich der Osten immer unendlich fasziniert.
Lübeck ist dieser Hinsicht dem ehem. Westberlin sehr ähnlich, die Mauer verlief direkt durch das Stadtgebiet und das Umland war mit der Grenzöffnung auf einmal wieder erreichbar. Auch die Doppeldeckerbusse machten Lübeck sehr Berlin-ähnlich trotz der verhältnismässig kleineren Stadtfläche.
Rosenrot

Re: DDR und Wendezeit Erinnerungen

Beitrag von Rosenrot »

Die DDR kenne ich persönlich nur aus Erzählungen von Verwandten und ehemaligen Kollegen.
Bei uns zu Hause bekamen wir in den 70er Jahren ca. 2 x im Jahr Besuch von Geschwistern meiner Oma, die aber schon über 60 Jahre waren. Woran ich mich erinnern kann, war die Schokolade, die sie mitbrachten. Sie hatten sie zwischen Klamotten im Koffer versteckt. Diese Klamotten waren teilweise mit Mottenkugeln präpariert. Dadurch schmeckte die Schokolade auch nicht. Für Lebensmittel mussten die Verwandten sich immer anstellen. Geschäfte hatten teilweise mittags schon keine Lebensmittel mehr. Musste man also schnell sein. Mein Vater war mit Frau und Schwiegermutter zu Besuch damals in der DDR und wartete in einem Cafe auf die anderen und las dann im Sessel eine Tageszeitung. Die Leute starrten ihn an und er wusste erst nicht warum. Verwandte erklärten ihm dann, das alle wussten, das er aus dem Westen war. Denn keiner las öffentlich eine Zeitung, die geschönt war. Auch durften sie nicht alles sagen oder schreiben, was sie dachten. Meine Oma schickte immer Päckchen in die DDR und schrieben sich Briefe, die immer kontrolliert und offen ankamen.

Von Kollegen weiß ich, das jeden Weg, den sie machten immer kontrolliert wurde. Sie waren in jeder Minute unter Kontrolle. Die Kollegin war 1985 auf abenteuerliche Weise geflohen.

Ich persönlich fände es schlimm immer aufpassen zu müssen, was man sagt, abgehört zu werden und niemandem vertrauen zu können. Jeder Mensch hätte der "Feind" sein können. (Sonst würde es ja auch keine Stasiakten geben).

War vor einiger Zeit dann in einem der "neuen" Bundesländer, um Urlaub zu machen und fand die Gegend und Landschaft wunderschön.