Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

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Arikari
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Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Arikari »

Mit dem Begriff Beziehungsarbeit hab ich so meine Schwierigkeiten. Dauernd heißt es, man müsse an Beziehungen arbeiten. Einerseits macht es Sinn - die Bedürfnisse und Wünsche von zwei Individuen dauerhaft unter einen Hut zu bringen kann eine Herausforderung sein. Andererseits hört sich der Begriff für mich nach Zwang und Pflicht an, etwas, zu dem man sich überwinden muss, aber vielleicht verstehe ich da etwas falsch. Ist Beziehungsarbeit etwas, das nur in Konflikt- und Krisensituationen erforderlich wird? Oder ist generell gemeint, dass man nicht aufhören soll, sich um einander zu bemühen? Das wäre dann im Grunde keine zusätzliche Arbeit, sondern das Fortführen des Umwerbens aus der Anbahnungsphase. Eine andere mögliche Interpretation ist, dass man an der Beziehung als solche arbeitet, indem man sie immer weiter vertieft, den anderen in- und auswendig kennenlernt und zu einem unverrückbaren Bestandteil seines Lebens macht, bis man ohne einander nicht mehr kann. (Das finde ich eine ziemlich gruselige Vorstellung.) Was versteht ihr unter Beziehungsarbeit, und wie sieht/sah sie bei euch konkret aus?
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Cavia
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Cavia »

Den Satz: „Eine Beziehung ist harte Arbeit“ höre ich meist in Verbindung mit einem tiefen Seufzen von Menschen, die sehr lange in einer Beziehung leben. Und ich denke dann immer: „Dann lass es doch, wenn es soooo anstrengend ist.“ :roll:

Damit ist meiner Meinung nach das ständige Aushandeln von Kompromissen gemeint. Synonym für den Satz oben höre ich auch oft: „In einer Beziehung muss man ständig Kompromisse machen.“

In meinen kurzen Beziehungsversuchen habe ich von der harten Arbeit und den schwierigen Kompromissen aber nichts mitbekommen.
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Arikari
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Arikari »

Cavia hat geschrieben: 08 Mai 2018 13:05 Den Satz: „Eine Beziehung ist harte Arbeit“ höre ich meist in Verbindung mit einem tiefen Seufzen von Menschen, die sehr lange in einer Beziehung leben. Und ich denke dann immer: „Dann lass es doch, wenn es soooo anstrengend ist.“ :roll:
Ähnliche Aussagen hatte ich ebenfalls im Hinterkopf. So als müsste man, selbst es wenn es objektiv gesehen einfach nicht (mehr) passt, dennoch mit allen verfügbaren Mitteln und Anstrengungen daran arbeiten zusammen zu bleiben.

Eine andere Sache, die mir noch einfällt: Kann es sein, dass Beziehungsarbeit gesellschaftlich eher von Frauen gefordert / erwartet wird? Meine Mutter macht mir z.B. öfter Vorhaltungen, was ich zu tun und zu lassen habe, damit mir mein Freund nicht abhaut. Oder siehe auch die unzähligen Artikel in Frauenzeitschriften zu dem Thema.
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Cavia »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 13:23

Eine andere Sache, die mir noch einfällt: Kann es sein, dass Beziehungsarbeit gesellschaftlich eher von Frauen gefordert / erwartet wird? Meine Mutter macht mir z.B. öfter Vorhaltungen, was ich zu tun und zu lassen habe, damit mir mein Freund nicht abhaut. Oder siehe auch die unzähligen Artikel in Frauenzeitschriften zu dem Thema.
So empfinde ich das auch. Von der Frau wird eher erwartet, den Mund zu halten, statt für ihre Anliegen laut zu werden. Frauen müssen lieb und nett sein = weiblich.
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Montecristo
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Montecristo »

Meiner Frau wurde nach der Gratulation zur Hochzeit in ihrem Betrieb erklärt, dass eine Ehe auch mal "reinigende Gewitter" erfahren müsse. In knapp drei Jahren hat es jetzt aber noch nicht gewittert. So viel zu Allgemeinplätzen...
Wir versuchen miteinander zu reden und lassen uns auch unseren Freiraum. Bei manchen Dingen gibt es klare Grenzen. Ich spüre, dass es ein miteinander leben ist, weil noch jemand weiteres da ist. Ich würde es aber nicht als "Arbeit" bezeichnen.
Zuletzt geändert von Montecristo am 08 Mai 2018 13:58, insgesamt 1-mal geändert.
Im Leben geht es zu 10% um das, was passiert und zu 90% wie wir darauf reagieren.
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von zumsel »

Physikalisch gesehen ist Arbeit = Kraft mal Weg.

Kraft = Gewicht des Partners mal 9,81.
Beispiel (Freund 80kg) -> Kraft = 785 Newton.
Tragt ihr euren Freund über die Türschwelle 10 Meter über den Flur bis zum Bett, bevor ihr zusammenkracht ergibt sich die Arbeit, die ihr erbracht habt:

Arbeit = 785 Newton mal 10 meter =7850 Joule.
Für die Ernährungsbewussten= 1,87 kcal.

Ihr könnt euch also, wenn ihr schonmal im Schlafzimmer seit, locker 15gramm von der Salatgurke eures Freundes einverleiben, um die Energie wieder rauszuholen.

Physikalisch gesehen ist Arbeit Energie. Im übertragenen Sinne ist es für mich zum Beispiel die Energie, die man aufbingt, wenn man selber kaputt von der Arbeit kommt und sich aufrafft, um mit dem Partnernoch etwas zu unternehmen, obwohl man nicht so motiviert ist dazu. Es kostet ebenfalls Kraft auch mal Dinge zu diskutieren, die einem unnötig oder unangenehm erscheinen. Unter den Tisch fallen lassen kostet keine Kraft aber dadurch kann man schnell auch den gemeinsamen Weg gefährden. Beispiele in dieser Art kann man viele auflisten.

"Arbeit" klingt (hier in Deutschland ?) negativ und so belastend. Daher sehe ich Beziehungsarbeit lieber als Beziehungsenergie, die mal von mir zum Partner fließt und mal vom Partner zu mir. Und damit das im Gleichgewicht ist baucht es halt auch Eigeninitiative.
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Tania
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Tania »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 13:23 So als müsste man, selbst es wenn es objektiv gesehen einfach nicht (mehr) passt, dennoch mit allen verfügbaren Mitteln und Anstrengungen daran arbeiten zusammen zu bleiben.
Das Blöde ist, dass es nicht immer so ganz klar ist, ob und wann es nicht mehr passt. Wenn ihr 6-7 Jahre zusammen überwiegend glücklich wart - was genau müsste dann passieren, damit Du sagst "es passt nicht mehr"?

Oft sind es Kleinigkeiten. Und die Beziehungsarbeit besteht dann in dem Versuch, diese entweder abzustellen oder sie zu lieben ... oder einen Mittelweg zu finden. Oder es ist etwas Ernsteres - dann beginnt die Beziehungsarbeit damit, dass man drüber nachdenkt, ob man unter diesen Umständen noch weiter machen will.

Alles das, was man (vorwiegend) freudig und aus eigenem Willen heraus tut, würde ich nicht als Beziehungsarbeit sondern als "eine Beziehung führen" bezeichnen.
Eine andere Sache, die mir noch einfällt: Kann es sein, dass Beziehungsarbeit gesellschaftlich eher von Frauen gefordert / erwartet wird? Meine Mutter macht mir z.B. öfter Vorhaltungen, was ich zu tun und zu lassen habe, damit mir mein Freund nicht abhaut. Oder siehe auch die unzähligen Artikel in Frauenzeitschriften zu dem Thema.
Was "erwartet" wird, ist mir persönlich egal. Wichtig ist für mich nur, dass man als Paar zusammen funktioniert. Also eine Lösung für jedes Problem findet, mit deren Umsetzung beide Partner nicht überfordert sind. Wer die Lösung findet, wer den ersten Schritt macht, wer den Hauptteil der Arbeit trägt, ist m.E. irrelevant. Die berühmte "Gleichverteilung" ist zwar eine schöne Idee, funktioniert in der Praxis aber nur selten. Da ist eine Beziehung eher wie ein Umzug - es ist komplett egal, ob jeder die gleiche Anzahl Kisten schleppt. Wichtig ist nur, dass die Kisten zum Schluss verstaut sind und keiner der Beteiligten wie ein Käfer auf dem Rücken liegt. Vielleicht gibt es ja auch Beziehungen, bei denen die Kisten vorher fein säuberlich aufgeteilt werden, und der, der stärker und schneller ist, sitzt dann am Ende gemütlich in der Sonne, schlürft seinen Eiskaffee und sieht dem Anderen beim Schleppen zu. Aber ob die lange halten?

Vielleicht wollen die Leute, die der Frau den Hauptteil der Beziehungsarbeit zusprechen, einfach nur darauf hinweisen, dass Frauen meist emotional "stärker" sind ... ;)
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Lilia
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Lilia »

Beziehungsarbeit ist für mich das, was getan werden muss, wenn es von außen Veränderungen gibt oder sich ein Partner aus welchem Grund auch immer verändert. Mein Partner arbeitet mittlerweile in einer anderen Stadt und natürlich mussten wir den Alltag anders organisieren, er genauso wie ich. Und sicher ist das "Arbeit" - meist geistige in Form einer Umorganisation. Es muss sich eben alles neu einspielen und neu geplant werden. Aus meiner Sicht ist es auch gemeinsame Arbeit.
Ob man das Arbeit nennen sollte, weiß ich nicht. Man sagt ja auch, dass man sich immer um den anderen bemühen sollte (ihn zu verstehen, die Zuneigung zu äußern, dass es ihm gut geht, etc). Ob das wirklich mit Mühen verbunden ist, darüber kann man sich auch streiten.
„Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“ (Rumi) - https://www.ab-forum.de
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Einsamer Igel
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Einsamer Igel »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 12:55 1 Ist Beziehungsarbeit etwas, das nur in Konflikt- und Krisensituationen erforderlich wird?

2 Oder ist generell gemeint, dass man nicht aufhören soll, sich um einander zu bemühen? Das wäre dann im Grunde keine zusätzliche Arbeit, sondern das Fortführen des Umwerbens aus der Anbahnungsphase.

3 Eine andere mögliche Interpretation ist, dass man an der Beziehung als solche arbeitet, indem man sie immer weiter vertieft, den anderen in- und auswendig kennenlernt und zu einem unverrückbaren Bestandteil seines Lebens macht, bis man ohne einander nicht mehr kann. (Das finde ich eine ziemlich gruselige Vorstellung.)

4 Was versteht ihr unter Beziehungsarbeit, und wie sieht/sah sie bei euch konkret aus?
1 Ich denke, wer da erst anfängt, kommt zu spät.

2 Das würde ich darunter verstehen.

3 Ich würde es eher in die andere Richtung vertiefen. Dass man sich in regelmäßigen Abständen bewusst macht, dass man auch alleine leben kann und wenn es den Partner aus welchen Gründen auch immer nicht mehr an der Seite gibt, es kein Weltuntergang ist.

4 Ich habe auch den Eindruck, dass das eher ein Frauenthema ist. Zumindest habe ich das von Männern bisher so gehört: Eine Freundin abgekriegt, fertig. Muss man nix mehr machen, läuft ab jetzt von allein.

Dann kann es vorkommen, dass die Frau unglücklich wird, weil er aufhört, sie zu umwerben, was ihr ja ganz gut gefallen hatte. Er hat also scheinbar das Interesse verloren. Dabei ist ihm nur nicht bewusst, wie sie das aufnimmt. Eine Beziehung ist niemals etwas selbstverständliches, was sich selbst erhält. Man muss schon dran mitwirken. Wenn einem der Partner gleichgültig geworden ist, sollte man ehrlich zu sich und dem Partner sein. Ich finde es eine gruselige Vorstellung, nebeneinander her zu leben, ohne dass man den anderen noch liebt. Aber das machen wohl viele Leute. Offenbar bringt so eine feste Beziehung für manche auch Bequemlichkeiten mit sich, die man im Zweifel nicht aufgeben will. Keine Ahnung...
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Einsamer Igel »

Lilia hat geschrieben: 08 Mai 2018 14:11 Beziehungsarbeit ist für mich das, was getan werden muss, wenn es von außen Veränderungen gibt oder sich ein Partner aus welchem Grund auch immer verändert. Mein Partner arbeitet mittlerweile in einer anderen Stadt und natürlich mussten wir den Alltag anders organisieren, er genauso wie ich. Und sicher ist das "Arbeit" - meist geistige in Form einer Umorganisation. Es muss sich eben alles neu einspielen und neu geplant werden. Aus meiner Sicht ist es auch gemeinsame Arbeit.
Ob man das Arbeit nennen sollte, weiß ich nicht. Man sagt ja auch, dass man sich immer um den anderen bemühen sollte (ihn zu verstehen, die Zuneigung zu äußern, dass es ihm gut geht, etc). Ob das wirklich mit Mühen verbunden ist, darüber kann man sich auch streiten.
+1

Veränderungen gibt es ja zwangsläufig im Laufe des Lebens. Man kann sich auch auseinander entwickeln. Dann muss man halt schauen, ob das ok ist und noch genug Verbindendes da ist.
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Arikari
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Arikari »

zumsel hat geschrieben: 08 Mai 2018 13:44

Physikalisch gesehen ist Arbeit Energie. Im übertragenen Sinne ist es für mich zum Beispiel die Energie, die man aufbingt, wenn man selber kaputt von der Arbeit kommt und sich aufrafft, um mit dem Partnernoch etwas zu unternehmen, obwohl man nicht so motiviert ist dazu. Es kostet ebenfalls Kraft auch mal Dinge zu diskutieren, die einem unnötig oder unangenehm erscheinen. Unter den Tisch fallen lassen kostet keine Kraft aber dadurch kann man schnell auch den gemeinsamen Weg gefährden. Beispiele in dieser Art kann man viele auflisten.
Das Aufrechterhalten einer Beziehung kostet Energie, gibt einem aber auch Energie zurück. Durch Synergieeffekte im besten Fall sogar mehr, als beide einzeln reingesteckt haben. Das beantwortet auch Tanias Frage:
Tania hat geschrieben: 08 Mai 2018 14:10 Das Blöde ist, dass es nicht immer so ganz klar ist, ob und wann es nicht mehr passt. Wenn ihr 6-7 Jahre zusammen überwiegend glücklich wart - was genau müsste dann passieren, damit Du sagst "es passt nicht mehr"?
So lange man annähernd genauso viel Energie aus der Beziehung schöpfen kann wie man investiert, lohnt sich das Aufrechterhalen derselben. Sobald das Ganze aus dem Gleichgewicht gerät, ist es schon der Anfang vom Ende.
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Endura »

Einsamer Igel hat geschrieben: 08 Mai 2018 14:22 4 Ich habe auch den Eindruck, dass das eher ein Frauenthema ist. Zumindest habe ich das von Männern bisher so gehört: Eine Freundin abgekriegt, fertig. Muss man nix mehr machen, läuft ab jetzt von allein.
Den Eindruck habe ich überhaupt nicht. Mag sein, dass sich manche Männer so verhalten, deren Beziehung gebe ich aber eher eine kurze Halbwertszeit.
Umgekehrt ist Arbeit in die Beziehung stecken auch keine Garantie für eine langfristige Beziehung.
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Arikari
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Arikari »

Einsamer Igel hat geschrieben: 08 Mai 2018 14:22 Zumindest habe ich das von Männern bisher so gehört: Eine Freundin abgekriegt, fertig. Muss man nix mehr machen, läuft ab jetzt von allein.

Dann kann es vorkommen, dass die Frau unglücklich wird, weil er aufhört, sie zu umwerben, was ihr ja ganz gut gefallen hatte. Er hat also scheinbar das Interesse verloren. Dabei ist ihm nur nicht bewusst, wie sie das aufnimmt. Eine Beziehung ist niemals etwas selbstverständliches, was sich selbst erhält. Man muss schon dran mitwirken.
Ja, das ist leider etwas, das vielen Männern nicht bewusst ist - da kenn ich genug Beispiele. Eine Beziehung ist kein Selbstläufer, man muss permanent etwas dafür tun. Solange beide mitwirken und das Energiegleichgewicht erhalten bleibt, sehe ich es aber nicht als Arbeit an, sondern als Beziehungspflege, die beiden gut tut.
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Zwerg
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Zwerg »

Arbeit fordert uns Anstrengung, Ausdauer und Disziplin ab. Es gibt Siege und Niederlagen (wobei es mit beiden bedachtsam umzugehen gilt), Höhen und Tiefen. Du musst mehr oder weniger gut mit Menschen umgehen können, Kompromisse schließen, bist auf andere und zumindest teilweise vorgegebene Gegebenheiten angewiesen. Auf der anderen Seite stehen materieller Gewinn, Erfolgserlebnisse, Bestätigung von außen und ein gestärktes Selbstvertrauen, wahrscheinlich sogar eine gewisse Sinnerfüllung. Wenn ich es mir so überlege, gibt es da schon Parallelen zu einer Beziehung. Beziehungen enden auch mal. Das kommt vor. Der eine ist mit seinem Job und dem Gehalt völlig zufrieden, während der andere für das gleiche Geld nicht einen Finger krumm machen würde. Eine Regel gibt es da nicht. So wenig wie für den Anfang und das Ende einer Beziehung.
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Kief »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 13:23Eine andere Sache, die mir noch einfällt: Kann es sein, dass Beziehungsarbeit gesellschaftlich eher von Frauen gefordert / erwartet wird? Meine Mutter macht mir z.B. öfter Vorhaltungen, was ich zu tun und zu lassen habe, damit mir mein Freund nicht abhaut. Oder siehe auch die unzähligen Artikel in Frauenzeitschriften zu dem Thema.
Ich sehe nicht, dass Maenner prinzipiell weniger Beziehungsarbeit uebernehmen.
Aber ich sehe, dass da ein paar Klischees sich sehr schnell in unsere Wahrnehmung draengen.

Auf der einen Seite sehe ich diverse Kerle, die sich nicht aendern, und in Partnerschaften sind. Gerade bei den Klischee-AL kommt dann das meiste von den Partnerinnen.
Die vielen Paare, bei denen es sicher ausgeglichen ist, da bekomme ich nicht so viel mit, weil da alles harmonisch laeuft. (Da faellt mir nur ein Paradebeispiel ein.)
Und dann kenne ich diverse Maenner, die sich durchaus Gedanken machen, wie eine Partnerschaft harmonisch gefuehrt werden kann. Die sind dann dermassen bedacht, dass sie offenbar nicht mehr attraktiv wirken, und keine Partnerinnen finden.

Von daher, aus Sicht eines Partners, kann ich es durchaus nachvollziehen, wenn es fuer einen Mann sinnvoll ist, Beziehungsarbeit zu lernen und uebernehmen.
Allerdings aus der Sicht eines Mannes, der das bereits als Prioritaet in Leben und Verhalten verinnerlicht hat, scheint das nur bedingt hilfreich zu sein bei Attraktivitaet und Partnerfindung ... und sich diesbezueglich nicht unbedingt lohnen, das blindlings weiter zu vertiefen.
Im Gegenteil scheint es bei bestimmten Charakteren sogar nachteilig, (praeventiv) noch intensiver Ruecksicht zu nehmen. (Und sich eher mit der Gradwanderung zu befassen, was ihre Ausstrahlung ausmacht - bevor der Frust sie in anderer Richtung experimentieren laesst.)

In meiner ersten sexuellen Beziehung war es sogar die Frau, die Probleme verleugnet und Beziehungsarbeit verweigert hat.
Von daher braucht es gar nicht so eine gender-Betrachtung.



Bezueglich des "Arbeits"-Begriffes sehe ich da dieselbe Arbeit wie in einem zwei- oder mehr-Personen-Team.
Es geht um gemeinsame Ziele bzw. die Schnittmenge, Huerden zu klaeren und meistern ... herausfinden, ob und wie man zusammen etwas macht.
Und da normalerweise kein Verdienst oder sonstige disziplinarische Beziehung besteht, ist allein die Motivation fuereinander der Kitt - wie bei Freunden oder Hobby-Gruppen.
Nur das die sexuelle und weiteren Ebenen des naeheren Kontaktes bei den wenigsten Freundeskreisen auch noch in Einklang gebracht werden muessen.

(Sieg- bzw. Niederlage-Denke sehe ich da uebrigens auch schon als trennendes Moment. Aber manche brauchen den Zoff halt.)


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Montecristo
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Montecristo »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 15:05 Solange beide mitwirken und das Energiegleichgewicht erhalten bleibt, sehe ich es aber nicht als Arbeit an, sondern als Beziehungspflege, die beiden gut tut.
Wenn die Beziehung scheitert, zieht sich einer emotional zurück und der/die andere versucht das zu kompensieren. An der Stelle ist es IMHO aber schon zu spät.

Die Organisation des Alltags ist für mich keine Beziehungsarbeit. Es geht um das gemeinsame Ziel. (Da bin ich irgendwo bei Tania.)
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Arikari »

Kief hat geschrieben: 08 Mai 2018 15:32 In meiner ersten sexuellen Beziehung war es sogar die Frau, die Probleme verleugnet und Beziehungsarbeit verweigert hat.
Von daher braucht es gar nicht so eine gender-Betrachtung.
Ich möchte dir deine Erfahrungen nicht absprechen, aber ich habe andere Beobachtungen gemacht. Vielleicht kommen wir darin überein, dass stets derjenige Part mehr Beziehungsarbeit leistet, dem mehr an der Beziehung liegt. Insofern ist es auch eine Machtfrage: kann man es sich leisten, wenig für die Beziehung zu tun, überwiegend egoistisch zu handeln und dennoch damit "durchzukommen"? Wenn ja, ist es gut, wenn nein, auch nicht tragisch, weil der Person eh nicht viel an der Beziehung/ dem Partner liegt.
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von cama »

Vielleicht liegt es an meinem Arbeitsbegriff, aber ich habe an meiner Beziehung noch keine Sekunde gearbeitet.

Arbeit=Anstrengung, Ziele, Absprachen, früh Aufstehen, viele Stunden damit verbringen, eigentlich lieber was anderes machen wollen, das muß halt einer erledigen, weil sonst...

Beziehungsarbeit stelle ich mir so vor, daß ich von meiner Erwerbsarbeit nach Hause komme, noch schnell den Geschirrspüler ausräume, nebenbei Essen koche, feststelle, daß heute Elternabend ist, mich da auch noch hinschleppe, gegen zehn endlich endgültig nach Hause komme und dann muß ich mich zu allem Überfluß auch noch zu Ernst-Ottokar aufs Sofa setzen und einfühlsam und interessiert mit ihm über seinen Tag sprechen (hier beliebige Interaktion mit dem Partner einsetzen), weil er sich sonst nicht wertgeschätzt fühlt.

Ich muß mich aber eben nicht zwingen, mit meinem Partner Zeit zu verbringen, sondern ich will unbedingt. Ich will mich ja mit ihm einigen, wenn wir mal unterschiedliche Ansichten haben, es ist mir ein Bedürfnis, daß er weiß, daß ich ihn gut finde, ich möchte ihn gerne umarmen etc. Deswegen ist das alles keine Arbeit, sondern etwas, was ich aus mir selbst heraus gerne mache.

Ich hoffe, meinem Mann geht's genauso.

Mein erster Freund damals, der hat möglicherweise an unserer Beziehung gearbeitet. Hat mich besucht, obwohl er eigentlich was Besseres vorhatte, hat Zeit für mich freigeschaufelt, obwohl es für ihn interessantere Sachen gegeben hätte etc. Ich kann mir vorstellen, daß sich das für ihn angefühlt hat wie Arbeit. Und ich glaube, was an dieser Beziehung nicht gestimmt hat, das hätten weder er noch ich mit irgendeiner Art von geleisteter Arbeit hingebogen bekommen.


Cavia schrieb:
Den Satz: „Eine Beziehung ist harte Arbeit“ höre ich meist in Verbindung mit einem tiefen Seufzen von Menschen, die sehr lange in einer Beziehung leben. Und ich denke dann immer: „Dann lass es doch, wenn es soooo anstrengend ist.“ :roll:

Damit ist meiner Meinung nach das ständige Aushandeln von Kompromissen gemeint. Synonym für den Satz oben höre ich auch oft: „In einer Beziehung muss man ständig Kompromisse machen.“
Ganz genau so kenne ich das auch. Und nebenbei fällt mir so spontan auch kein einziger Kompromiß (nicht nur auf Liebesbeziehungen bezogen) ein, den ich wirklich gut finde. Kompromiß ist für mich tatsächlich, wenn alle gleich unzufrieden sind. (weiß jemand, von wem das Zitat ist?)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben."-Alexander von Humboldt zugeschrieben
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Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Kief »

Arikari hat geschrieben: 08 Mai 2018 16:00
Kief hat geschrieben: 08 Mai 2018 15:32 In meiner ersten sexuellen Beziehung war es sogar die Frau, die Probleme verleugnet und Beziehungsarbeit verweigert hat.
Von daher braucht es gar nicht so eine gender-Betrachtung.
Ich möchte dir deine Erfahrungen nicht absprechen, aber ich habe andere Beobachtungen gemacht. Vielleicht kommen wir darin überein, dass stets derjenige Part mehr Beziehungsarbeit leistet, dem mehr an der Beziehung liegt. Insofern ist es auch eine Machtfrage: kann man es sich leisten, wenig für die Beziehung zu tun, überwiegend egoistisch zu handeln und dennoch damit "durchzukommen"? Wenn ja, ist es gut, wenn nein, auch nicht tragisch, weil der Person eh nicht viel an der Beziehung/ dem Partner liegt.
Ja, die Machtfrage spielt da leider mit rein.
Die schlimme Version von "Verhandlungen": wer weniger zu verlieren hat, kann die Bedingungen diktieren.

Gluecklicherweise war mir das Ausmass klar, was eine Beziehung ohne Beziehungsarbeit mit mir anrichten wuerde.
So war ich nicht hoerig, konnte auf Selbstschutz achten und ihr klar die Wahl stellen: Beziehungsarbeit oder Trennung.
In der Beziehung damals war ihr die Beziehung wichtiger, daher hat mich das nicht gebrochen. Sondern in den erneuten Versuchen habe ich schrittweise immer deutlicher diese Wahl herangezogen, so wie ich die Relevanz dieser Frage im Laufe der Zeit begriff.

Bis die Trennung dann nicht mehr zeitweise war.
Heisst aber nicht, dass ich diese "Verhandlungsfuehrung" erstrebenswert finde.



In einer Partnerschaft (oder Zusammenarbeit, was das betrifft) sind mir doch Einigungen basierend auf Einsicht und Verstaendnis oder zumindest Vertrauen doch lieber als Zwang oder Erpressung.
Habe mir grosse Muehe gegeben, in meinem Leben jene Menschen zu finden und herauszufiltern, die das wertschaetzen koennen.
Und nicht mein Leben und meine Vorgehensweise (mit meinem Umfeld) mir diktieren zu lassen durch das schlechte Benehmen anderer.


K
Kief

Re: Beziehungsarbeit: was ist das eigentlich?

Beitrag von Kief »

cama hat geschrieben: 08 Mai 2018 16:29Und nebenbei fällt mir so spontan auch kein einziger Kompromiß (nicht nur auf Liebesbeziehungen bezogen) ein, den ich wirklich gut finde. Kompromiß ist für mich tatsächlich, wenn alle gleich unzufrieden sind. (weiß jemand, von wem das Zitat ist?)
Hat damit zu tun, wie viel Hirnschmalz ich investiere, um eine fuer alle gute Loesung zu finden.

In nahezu saemtlichen Situationen sehe ich keine echte Suche nach Loesungen.
Meistens werden lediglich oberflaech Ideen gesucht anhand vordergruendiger Beschwerden/Kritiken/Forderungen.
Die fuer mehrere Seiten auch gluecklichmachenden Loesungen benoetigen allerdings auch den Blick auf die hinter den Worten stehenden Beduerfnisse - welche meistens auf komplett anderen Ebenen aufkommen.

Erst wenn ich fuer saemtliche Beteiligten den Ebenenwechsel hinbekomme auf die dahinterliegenden Beduerfnisse,
welche angedeutet werden von den (mit impulsiven Worten ausgedrueckten) akut-bewussten Kritikpunkten,
erst dann kann ich nach der Schnittmenge suche, welche Loesung die unausgesprochenen Beduerfnisse befriedigt.

Solange wir uns an die Gewohnheit halten, allein anhand der impulsiven Formulierungen die Schnittmenge an Beduerfnissen zu suchen (und dann noch toxische Verhandlungsmethoden heranziehen), solange werden fuer beide Seiten beglueckende Loesungen auch Mangelware sein.

Fuer die Individuen mag es hilfreich sein, die eigenen Beduerfnisse besser verstehen und artikulieren zu koennen.
Allerdings lohnt das Offenzulegen auch nur, wenn Gespraechspartner und Verhandlungsfuehrung das honorieren.


K

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