Kafka: Die Abweisung
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Kafka: Die Abweisung
Kafkas Prosa ist ziemlich kurz, doch die kleine Erzählung von erklärt das Thema ganz gut.
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Kafka: Die Abweisung - Volltext
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Re: Kafka: Die Abweisung
Giebenrath hat geschrieben: ↑26 Jun 2020 17:32 Kafkas Prosa ist ziemlich kurz, doch die kleine Erzählung von erklärt das Thema ganz gut.
Obwohl über 100 Jahre alt, ist die Geschichte noch immer aktuell - insbesondere hier im Forum.
Kafka: Die Abweisung - Volltext
Ich zitier mal lieber.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_AbweisungHier findet ein fiktiver Dialog zwischen dem Ich und dem Mädchen statt, der in die Abweisung des Mädchens dem Ich gegenüber mündet. Aber die gedachte Eingangskonstellation mutet befremdlich an. Wie hätte ein Mädchen – gerade in der prüden Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts – auf diese direkte Frage anders als mit stummem Vorübergehen reagieren sollen, außer sie wäre eine Prostituierte gewesen? Das Ignorieren des Mädchens war also zwangsläufig und die nachfolgenden Erklärungen mit der Abwertung beider Seiten, die nur im Kopf des Erzählers stattfinden, sind gesteigerte Phantasiegebilde im Rahmen einer fiktiven Situation.
Diese Art einer fast unangenehm-taxierenden Sicht auf Frauen findet man auch in zwei anderen Stücken aus Betrachtung, nämlich in Der Fahrgast und Kleider. Im Übrigen hat Kafka in ähnlicher Form auch seine zweimal Verlobte Felice Bauer in Tagebüchern beschrieben.[1]
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Re: Kafka: Die Abweisung
Gerade mit der Abwertung beider Seiten aufgrund phantasievoller Über- oder Fehlinterpretation der Wirklichkeit erfüllt der kafkaeske Ich-Erzähler den Goldstandard des ABtums.
Am Ende rechtfertigt der Ich-Erzähler natürlich noch die eigene Einsamkeit gerechtfertigt - eine ideale Anleitung zum Unglücklichsein.
Man könnte Zitate aus der Erzählung auch leicht in diversen Threads hier einfach einfügen.
Am Ende rechtfertigt der Ich-Erzähler natürlich noch die eigene Einsamkeit gerechtfertigt - eine ideale Anleitung zum Unglücklichsein.
Man könnte Zitate aus der Erzählung auch leicht in diversen Threads hier einfach einfügen.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Ja, das taugt eher als Illustration von Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat (wie hier im Treff schon so oft erwähnt). Sehr sehr böse ist dasGiebenrath hat geschrieben: ↑26 Jun 2020 18:41phantasievoller Über- oder Fehlinterpretation der Wirklichkeit
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Re: Kafka: Die Abweisung
Fragt sich nur, was Kafka so an diesem Thema gefunden hat, immerhin war er mindestens 3x verlobt.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Vor allem basiert das ausschweifende Gedankengebäude des Erzählers allein auf dem "stummen Vorübergehen" der Dame.Melli hat geschrieben: ↑26 Jun 2020 18:50Ja, das taugt eher als Illustration von Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat (wie hier im Treff schon so oft erwähnt). Sehr sehr böse ist dasGiebenrath hat geschrieben: ↑26 Jun 2020 18:41phantasievoller Über- oder Fehlinterpretation der Wirklichkeit
Natürlich drückt die Frau mit ihrem Schweigen haargenau die Minderwertigkeitskomplexe des Erzählers aus - was auch sonst.
Kafkas Verlobungen waren kaum mehr als Brieffreundschaften.
Kafka und die Frauen ist ein ziemlich kompliziertes Thema. Klar ist nur das sein Verhalten deutlich von den gesellschaftlichen Erwartungen seiner Zeit abwich.
Kafkas erotisches Leben entsprach bis zum Ende seiner Adoleszenz weitgehend den männlichen Gepflogenheiten der Zeit: sexuelle Initiation erst mit 20 Jahren, flüchtige Affären, Beziehungen zu Prostituierten. Danach traten jedoch Affekte hervor, die miteinander unvereinbar waren und daher jede erotische Erfüllung blockierten:
— der dringliche Wunsch, die eigene psychische Isolation durch (reale oder phantasierte) Verschmelzung mit einer Frau zu durchbrechen, was zu heftigen, aussichtslosen Verliebtheiten führte (z.B. Margarethe Kirchner in Weimar);
— die Tendenz, starke Außenreize und damit auch jegliche ›Abenteuer‹ zu vermeiden, um die stets gefährdete und immer wieder neu erkämpfe Ich-Stabilität nicht zu zerstören;
— eine zunehmende Idealisierung der Ehe, die Kafka als höchste soziale Leistung und damit auch als entscheidende Prüfung der eigenen Lebenstüchtigkeit betrachtete;
— ein sich immer weiter verzweigender moralischer Rigorismus, der es Kafka unmöglich machte, in offenen, ungeklärten oder zweideutigen Beziehungen zu leben;
— schließlich die Furcht, durch soziale und vor allem erotische Beziehungen an literarischer Kreativität einzubüßen.
Die Folge dieser Widersprüche war, dass Kafka zwischen Bindungs-Begehren und Bindungs-Angst keinen gangbaren Weg fand. Er blieb schwankend in seinen Entschlüssen — was im Fall Felice Bauers zu zwei Verlobungen und zwei Trennungen führte —, und er vermochte nicht, zwischen Symbiose und Distanz zeitweilige Kompromisse hinzunehmen, woran vor allem die Beziehung zu Milena Jesenská scheiterte.
http://www.franzkafka.de/franzkafka/die_frauen/457287
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Re: Kafka: Die Abweisung
Du meinst also, dass, als er mit Milena Pollek zusammen war, die ganz nebenbei noch mit einem anderen Mann verheiratet war, hätten sie sittsam nebeneinanderhergelebt? Ein Mann, dem es offensichtlich gar nicht schwer fiel, mit Frauen anzubandeln, wäre in der Situation sexuell enthaltsam geblieben?Giebenrath hat geschrieben: ↑26 Jun 2020 19:05Kafkas Verlobungen waren kaum mehr als Brieffreundschaften.
Kafka und die Frauen ist ein ziemlich kompliziertes Thema. Klar ist nur das sein Verhalten deutlich von den gesellschaftlichen Erwartungen seiner Zeit abwich.Kafkas erotisches Leben entsprach bis zum Ende seiner Adoleszenz weitgehend den männlichen Gepflogenheiten der Zeit: sexuelle Initiation erst mit 20 Jahren, flüchtige Affären, Beziehungen zu Prostituierten. Danach traten jedoch Affekte hervor, die miteinander unvereinbar waren und daher jede erotische Erfüllung blockierten:
— der dringliche Wunsch, die eigene psychische Isolation durch (reale oder phantasierte) Verschmelzung mit einer Frau zu durchbrechen, was zu heftigen, aussichtslosen Verliebtheiten führte (z.B. Margarethe Kirchner in Weimar);
— die Tendenz, starke Außenreize und damit auch jegliche ›Abenteuer‹ zu vermeiden, um die stets gefährdete und immer wieder neu erkämpfe Ich-Stabilität nicht zu zerstören;
— eine zunehmende Idealisierung der Ehe, die Kafka als höchste soziale Leistung und damit auch als entscheidende Prüfung der eigenen Lebenstüchtigkeit betrachtete;
— ein sich immer weiter verzweigender moralischer Rigorismus, der es Kafka unmöglich machte, in offenen, ungeklärten oder zweideutigen Beziehungen zu leben;
— schließlich die Furcht, durch soziale und vor allem erotische Beziehungen an literarischer Kreativität einzubüßen.
Die Folge dieser Widersprüche war, dass Kafka zwischen Bindungs-Begehren und Bindungs-Angst keinen gangbaren Weg fand. Er blieb schwankend in seinen Entschlüssen — was im Fall Felice Bauers zu zwei Verlobungen und zwei Trennungen führte —, und er vermochte nicht, zwischen Symbiose und Distanz zeitweilige Kompromisse hinzunehmen, woran vor allem die Beziehung zu Milena Jesenská scheiterte.
http://www.franzkafka.de/franzkafka/die_frauen/457287
Heiraten bedeutete damals Pflichten übernehmen. Davor ist er wohl zurückgeschreckt. Aber das Problem hatte er bei Milena wohl kaum.
Mit Dora Diamant hat er sogar zusammengelebt. Auch da hatte er das Problem mit dem Heiraten nicht, eine Hochzeit war ausgeschlossen. Ich denke nicht, dass er ein mAB war.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Ich kürze mal es ab.
Kafka schrieb "Die Abweisung" 1912. Seine Frauengeschichten begannen im wesentlichen erst danach.
Die Reduzierung der Verlöbnisse auf eine Briefsfreundschaft bezog sich insbesondere auf das wirre Verhältnis zu Felice Bauer.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Hmm, das stimmt, dass er da noch jünger war, als er das schrieb, was du rausgesucht hast.
Seine Probleme bezüglich Frauen aber blieben trotz dem, was er an Erfahrungen mit ihnen gesammelt hatte.
Fragt sich bloß, ob bestimmte Probleme nicht AB-typisch sind, wie man gemeinhin annimmt, oder es einfach menschlich ist, dass man seine Probleme pflegt.
Seine Probleme bezüglich Frauen aber blieben trotz dem, was er an Erfahrungen mit ihnen gesammelt hatte.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Unbekannten lasse ich ohne sie an zu sprechen am mich vorbei gehen, egal wie optisch attraktiv ich sie finde, und ich gehe auch nicht davon aus das sie sich meinentwegen irgendwelchen gedanken machen - außer es lächelt mir mal sehr ausnahmegeweis eine an. Aber weiter sind es frauen die ich null kenne, und wahrscheinlich zu den 99,99999% der frauen gehören die sowieso nicht zu mir passen. Weil die meisten sich ein stabiles leben mit kinder wünschen. Und ich nicht. Und weil sex mich nicht ausreichend interessiert um mich in der hinsicht an zu passen. Beziehungen aus selbstzweck interessieren mich nicht. Ohne ein OdB das mich will, bevorzüge ich es single zu bleiben.
Die OdBs die mich abgewiesen haben kannte ich bereits seit mehreren monaten.
Also, meine geschichte ist da nicht ganz deckungsgleich.
Aber ein anspruchs-AB bin ich absolut.
Und das auch sehr gewollt.
Und ich sehe das auch nicht als problem.
Die OdBs die mich abgewiesen haben kannte ich bereits seit mehreren monaten.
Also, meine geschichte ist da nicht ganz deckungsgleich.
Aber ein anspruchs-AB bin ich absolut.
Und das auch sehr gewollt.
Und ich sehe das auch nicht als problem.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Keine Sorge, auch über das Nicht-Ansprechen hat Kafka eine kleine Geschichte geschrieben: Der FahrgastNonkonformist hat geschrieben: ↑27 Jun 2020 08:54 Unbekannten lasse ich ohne sie an zu sprechen am mich vorbei gehen, egal wie optisch attraktiv ich sie finde, und ich gehe auch nicht davon aus das sie sich meinentwegen irgendwelchen gedanken machen - außer es lächelt mir mal sehr ausnahmegeweis eine an.
Es handelt sich um typische AB-Gedanken. "Auch nicht beiläufig könnte ich aussprechen, welche Ansprüche ich in irgend einer Richtung mit Recht vorbringen könnte."
Auch in "Der Fahrgast" endet die kurze Prosa mit einer großen Phantasterie des Ich-Erzählers über die schweigsame Frau. Der männliche Ich-Erzähler mag sein eigenes Schweigen vielfältig begründen können, aber das Schweigen dieser Frau bleibt für ihn ein nicht lösbares Rätsel.
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Re: Kafka: Die Abweisung
Ach, für mich ist unbekannten nicht ansprechen eigentlich normalzustand.Giebenrath hat geschrieben: ↑28 Jun 2020 10:49 Keine Sorge, auch über das Nicht-Ansprechen hat Kafka eine kleine Geschichte geschrieben: Der Fahrgast
Es handelt sich um typische AB-Gedanken. "Auch nicht beiläufig könnte ich aussprechen, welche Ansprüche ich in irgend einer Richtung mit Recht vorbringen könnte."
Auch in "Der Fahrgast" endet die kurze Prosa mit einer großen Phantasterie des Ich-Erzählers über die schweigsame Frau. Der männliche Ich-Erzähler mag sein eigenes Schweigen vielfältig begründen können, aber das Schweigen dieser Frau bleibt für ihn ein nicht lösbares Rätsel.
Ich wundere mich eher wann mal, ausnahmegeweis, eine unbekannte mich doch ansprecht.
(Was recht selten passiert.)