Seb-X hat geschrieben: ↑07 Feb 2021 15:10
Dreamer40 hat geschrieben: ↑02 Feb 2021 23:40kann man niemals mit sich zufrieden sein
Vielleicht will ich das insgeheim gar nicht. Immerhin war Unzufriedenheit stets ein großer Antrieb. Wäre ich zufrieden, dann hätte ich alles erreicht. Wozu sollte ich mich dann noch anstrengen? Mir ist Zufriedenheit so fremd und zugleich eine Utopie, verbunden damit, dass sie ausschließlich durch harte Anstrengung zu erreichen ist. Und wenn ich es nicht erreicht habe, dann habe ich es auch nicht verdient, dass ich mich wohl fühle.
Ich weiß schon was du meinst, aber ich denke, wir sprechen da auch zum Teil eine völlig andere Sprache (ist aber keinesfalls negativ gemeint). Für mich persönlich hat "innere Zufriedenheit" nicht das Geringste mit irgendeinem wie auch immer gearteten Perfektions- oder Optimierungszwang zu tun, so nach dem Motto: Erst wenn ich soviel Geld auf der Kante hab, erst wenn ich bestimmte Typen von Frauen kennengelernt hab, wenn ich den Triathlon bezwungen hab, usw. und so fort (was immer dir da selbst so vorschweben würde..), dann könnte ich das Gefühl von Zufriedenheit verwirklichen..Das ist nicht nur als philosophische Leitlinie recht widersinnig, sondern erweist sich meistens auch in der praktischen Umsetzung als völlige Illusion...
Innere Freiheit, Zufriedenheit, Unabhängigkeit, Selbstwertgefühl, usw. sind für viele Menschen (vermutlich sogar für die allermeisten Menschen auf diesem Planeten!) sehr hohe Ziele oder gar ein Leben lang unerreichbar, das stimmt schon, aber müssen wir denn unbedingt ein bestimmtes Level der vermeintlichen Vollkommenheit erreichen, um uns selbst mögen zu lernen? Nein, absolut nicht, zumindest ist das meine tiefste Überzeugung! Es geht dabei nämlich viel mehr um so etwas, das man bedingungslose Liebe nennt, so ähnlich wie Mutterliebe. Würdest du einer Mutter sagen, sie darf ihr Kind nur 70 % lieben, weil das Kind eine körperliche oder geistige Behinderung hat, weil es in der Schule nicht lauter Einsen schreibt oder einfach nur einzigartig und ein menschliches Wesen ist? Wohl kaum, weil dann wäre es schlichtweg keine Liebe, sondern ein völlig krankhafter Umgang mit seinem Kind..und so ähnlich sollte man den Umgang mit sich selbst betrachten und praktizieren. Man sollte aufhören, sich mit anderen Menschen zu vergleichen, zu glauben, man wäre erst dann liebenswert oder ein toller Mensch, wenn man bestimmte Dinge im Leben erreicht hat oder bestimmte Fehler nicht gemacht hat..denn mit dieser Negativ-Strategie kann man sich ganz bequem jeden individuellen Lebensweg schlecht reden, egal wie er nunmal im Einzelnen verläuft..
Man könnte natürlich umgekehrt auch damit beginnen zu fragen, was genau in deiner inneren Welt dein persönliches "Zufriedenheitskonzept" so hartnäckig untergräbt, irgendein sekundärer Krankheitsgewinn, irgendwelche unbewussten Schuldgefühle oder nicht verarbeitete, übermäßig idealisierte Selbstvorstellungen (ist bei mir selbst z.B. auch ein enormes Thema.). Aber das würde dir vermutlich auch nicht weiterhelfen, weil in solchen Fällen ein inneres Wachstum tatsächlich nur mit der von dir zitierten "harten Anstrengung" zu erreichen ist.
Tja, und wenn man sich dieser Anstrengung nicht unterwerfen möchte, weil man nicht daran glaubt, sich energetisch zu schwach dafür fühlt, in diversen inneren negativen Denkspiralen gefangen ist, usw., dann bleiben halt nicht mehr viel Alternativen. Entweder man findet sich damit ab, dass Schmerz und Leid ein Teil des eigenen (tendenziell masochistischen) Lebenskonzepts ist und akzeptiert es, oder man lernt zumindest seine Perspektiven und Sichtweisen in Bezug auf diverse Realitätsaspekte etwas zu erweitern und zu verformen (was ich persönlich z.B. seit einigen Jahren in spiritueller Hinsicht mache, indem ich mich Aspekten buddhistischer Glaubensrichtungen befasse und mich von entsprechenden Autoren inspirieren lasse..).
Innere Zufriedenheit ist für mich persönlich kein endgültiges Ziel im Sinne einer bestimmten definierbaren Maßregel, sondern ein Prozess, dem ich mich so oft wie möglich von Neuem unterziehe, indem ich z.B. regelmäßig versuche mich mit positiven Selbstaffirmationen innerlich zu heilen, mich durch kleine Entwicklungsschritte und Erkenntnisse im Leben zu stärken und mich so stetig ein wenig innerlich zu stabilisieren und neue Energie zu entfalten. Klingt vl. etwas theoretisch und wenig praktikabel, aber funktioniert tatsächlich, wenn man sich daran hält..
Man muss nicht automatisch und zwangsweise "glücklich" und "zufrieden" sein, um trotzdem aus dem Kreislauf der Agonie und der Verzweiflung herauszutreten, eine der für mich wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre!