Die Bestätigung

[Schlomo]

OK. Ich werd nicht versuchen, dich davon zu überzeugen.

Mit welchem Zweck würdest du überhaupt irgendjemanden davon überzeugen wollen?

Ich hatte eine Aussage gemacht, du hast diese angezweifelt. Ist ja dein gutes Recht. Theoretisch wäre ich jetzt in der Pflicht gewesen, zu versuchen, dich zu überzeugen. Diese habe ich verweigert.

[+] Was ich an dieser Geschichte so schwierig finde

Mein Eindruck ist eher, dass diese Story ursprünglich von Leuten aufgebracht wurde, die eben den alten Status Quo verteidigen wollen (Witze über Oberweiten, sonstige Anzüglichkeiten, und "man solle sich doch nicht so anstellen, wenn man mal eine Hand am Po hat"), inkl. der mindestens fragwürdigen Annahme, das ganze sei ein Nullsummenspiel (also die Idee von Frauen kriegen was, Männern wird was weggenommen). Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben alles auch einfach viel komplizierter gemacht hat (immer mehr Normen stehen zur Debatte, das Individuum trägt viel mehr Verantwortung, mehr Menschen hinterfragen, was sie tun, was noch nicht grenzüberschreitend oder übergriffig ist, insgesamt ist die Unsicherheit viel größer geworden), aber am Ende kriegt man ein Männer-gegen-Frauen-Narrativ vor die Füße geworfen (inkl. der Behauptung "Männer dürfen ja nicht mehr, sonst kommt MeToo", was in der Allgemeingültigkeit einfach falsch ist). Und was haben wir jetzt davon? Nüscht. Außer Ärger auf allen Seiten und einer fortgeführten Geschlechterauseinandersetzung.

Es gibt Fälle, in denen Männer zu Unrecht verdächtigt werden und das ist in all den Auswirkungen schlimm, aber wenn auf Basis der Einzelfälle eine ganze Bewegung diskreditiert wird, dann impliziert das eben auch, dass die Freiheit der Männer, übergriffig zu sein, als wichtiger erachtet wird als das Erreichen einer Welt, in der das eben nicht passiert. Was ja nicht mal von allen, die solche Falschbeschuldigen verurteilen, indendiert ist. Im Übrigen ist es wichtiger, die Schuld nicht einzelnen Gruppen (Frauen) zuzuschieben, sondern Strukturen zu erarbeiten, in denen so etwas sanktioniert wird. Falschbeschuldigungen sind zB justiziabel und bei schlechten Witzen kann/muss/sollte man dagegenhalten. ZB nicht mitlachen (was eine erstaunliche Wirkung hat), oder einen mindestens genauso dummen Spruch drücken.

Also statt sich über "Männer dürfen keine Witze mehr machen, Frauen aber schon" echauffieren ein "keine Witze machen, die nach unten treten" etablieren. Oder willst du unbedingt weiter andere Leute für ihr Aussehen auslachen? Das ist eigentlich nicht mein Eindruck.

Witze über das Aussehen waren übrigens noch nie witzig. Und das hat der Verlauf des Threads eigentlich auch relativ deutlich gemacht.

Ich stimme dir hier insgesamt relativ uneingeschränkt zu.

Aber so ist es halt nunmal momentan noch nicht. Meine Wahrnehmung als Mann ist, dass ich in einer kollegialen Umgebung vorsichtiger sein müsste mit Witzen dieser Art als eine Frau. "Schuld" gebe ich daran sowieso niemandem. Ganz sicher nicht den Frauen und nicht mal Feministen.

Insgesamt habe ich mich an der Idee aufgerieben, dass der Witz besonders schlecht aufgefasst wurde, weil er von einer Frau kam, und ein Mann das hätte bringen können. Das hielt und halte ich für derartig realitätsfern, dass ich dazu etwas sagen musste.

[Sususus]

Ich stimme dir hier insgesamt relativ uneingeschränkt zu.

Aber so ist es halt nunmal momentan noch nicht. Meine Wahrnehmung als Mann ist, dass ich in einer geschäftlichen Umgebung vorsichtiger sein müsste mit Witzen dieser Art als eine Frau. "Schuld" gebe ich daran sowieso niemandem. Ganz sicher nicht den Frauen und nicht mal Feministen.

Nur: warum hast du das dann nicht von Anfang an so formuliert, sondern mit einem "MeToo: Frauen dürfen, Männer nicht?"-Framing (damit bedienst du ein Narrativ, mit dem du anscheinend eigentlich gar nicht einverstanden bist)?

Insgesamt habe ich mich an der Idee aufgerieben, dass der Witz besonders schlecht aufgefasst wurde, weil er von einer Frau kam, und ein Mann das hätte problemlos bringen können. Das hielt und halte ich für derartig realitätsfern, dass ich dazu etwas sagen musste.

Ok, das erklärt das! Da wäre ich auch bei dir, mit der Einschränkung, dass es jeweils auf das konkrete Umfeld ankommt, ob man so einen Witz unwidersprochen bringen kann, und dass die Existenz eines solchen Umfelds eben unabhängig vom Geschlecht ist.

[Schlomo]

Nur: warum hast du das dann nicht von Anfang an so formuliert, sondern mit einem "MeToo: Frauen dürfen, Männer nicht?"-Framing (damit bedienst du ein Narrativ, mit dem du anscheinend eigentlich gar nicht einverstanden bist)?

Weil ich nicht mit dem arbeite, was ich gerne hätte, sondern mit dem, was ich momentan als real erachte.

Und das sehe ich nunmal etwas anders als du. Gehen wir von 2 Kollegen aus, einer männlich, einer weiblich. Beide kleine unwichtige Typen im Büro, keiner hat mehr Macht als der andere.

Szenario 1: Der Mann macht einen Witz über ihre kleinen Brüste.

Szenario 2: Die Frau macht einen Witz über seine kleinen Genitalien.

Vergessen wir mal HR für so einen Kleinkram.
In Szenario 1 beschwert sich die Frau bei ihren Kollegen und Kolleginnen. Der Mann erlebt soziale Konsequenzen. Verliert vielleicht Freunde, wird zukünftig schlechter behandelt im Umfeld. Bis es (falls es) mal vergessen wird.
In Szenario 2 beschwert sich der Mann bei seinen Kollegen und Kolleginnen. Ihm wird gesagt: Heul mal nicht rum, scheinbar hat sie recht.

Gebe ich dafür irgendwem die Schuld? Nö. Ist nun mal so. Früher war es mal andersrum, heute haben wir ein anderes Extrem. Insgesamt kann man nur hoffen, dass wir dort so schnell wie möglich eine Balance finden. Möglichst eine Balance, in der Leute weiterhin überhaupt Witze machen können und nicht eine: Dann lieber gar nix - Balance.

[Sususus]

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Jetzt versteh ichs, danke für die Antwort!

[Hanuta]

Muss ich mich jetzt unattraktiv fühlen, wenn mir eine Freundin sagt, dass mich auf dem Catwalk niemand sehen wollen würde, weil ich zu klein und ein zu wenig markantes Gesicht habe? Ist das gleichbedeutend mit "Du bist unattraktiv"?
Ich persönlich denke nicht.

Ich dreh das ganze mal um, stell dir vor du würdest einer Freundin sagen, dass sie für eine Modelkarriere dann wohl doch nicht taugt. Ich bin nun wirklich kein großer Frauenversteher, aber auch ich weiß, dass du dann komplett und für alle Zeiten bei ihr unten durch bist. Und zwar dermaßen, dass sie dich nicht mal mehr mit dem Arsch angucken wird. Weil es natürlich da nicht um eine ECHTE Model Karriere geht, sondern darum, die Person herabzuwürdigen. Dass sie sich nicht als Model eignet, weiß sie sicherlich auch selber. Und jetzt drehen wir die Geschlechter wieder um, und schauen uns das an, was Pferdedieb da zu hören bekommen hat...

Was "tabu" ist und was nicht hängt wohl auch sehr stark von den sozialen Umfeldern ab. Ich kenne Leute, die sich permanent "beleidigen", aber sich trotzdem super verstehen [...] Das ist eben der Clou mit sarkastischen Humor. Es kann manchmal Grenzen übertreten.

Wie bereits gesagt, man wirft sich unter Freunden alles Mögliche an den Kopf aber du hast ja zu Recht "beleidigen" in Anführungszeichen geschrieben, denn dabei ist ja klar, dass es Sarkasmus und Unsinn ist. Wenn das nicht klar ist, dann ist das einfach nur asozial, denn heißt nichts anderes, als das sich die eine Person emotional an den (vermeintlichen) Schwachpunkten der anderen hochzieht.

Du vergisst dabei den Kontext. Du kannst den Spieß nicht einfach umdrehen, da wir in einer Gesellschaft leben in denen Frauen immer noch zu gerne objektifiziert werden und ihr Status vor allem daher rührt wie sie optisch aussieht. Vor diesem Hintergrund kannst du einer Frau also nicht ähnlich wie Männern begegnen.

Woher weißt du denn, dass es nicht klar war? Ich sagte bereits, dass Sarkasmus auch oft genug das Risiko birgt Grenzen zu überschreiten ohne dass man es selbst merkt.
Hinzu kommt, dass du wieder unter Annahmen argumentierst, die so gar nicht fest stehen oder kennst du oder wir die Frau und wissen, dass sie ganz genau um seinen Umstand weiß?

[Giebenrath]

Es gibt doch die Redewedung das Echo vertragen können.
Sie erklärt die Geschichte ganz.
Der Pferdedieb hat sich einen Witz geleistet, den man lustig oder nicht lustig finden kann.
Unbestreitbar ist jedoch, dass er das Echo seiner Kollegin nicht vertragen kann.