Melancholia u. Soziales

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Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26
Melli hat geschrieben: 30 Mai 2020 20:40 Also läge da Mobbing statt Tratsch vor?
Schwer zu sagen. Es ist nicht so eine offensichtliche Form, wo man anderen Fehler unterjubelt oder Leute von Versammlungen ausgeschlossen werden, da einfach nicht informiert oder ganz offen beschimpft und verprügelt oder ähnliches.
Das würde ich als Sabotage bezeichnen.

Nebenbei, Chefs, die das durchgehen lassen, schießen sich ins Knie.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Im Vordergrund wird das nötigste gesagt und gemacht, ein freundlich eingefrorenes Gesicht, dass nicht zu einem Wort mehr einlädt. Ggf. noch vielsagende Blicke im Raum untereinander oder komplette Ignoranz. Das sind die Dinge, die auch irgendwie sticheln oder eine Missstimmung manchen können.
Aber wie! Das ist inakzeptabel.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Auch wenn ich sie erst gegenüber anderen beobachtet habe, habe ich da empfindlich drauf reagiert und die Leute auch bei zuviel Irritation konfrontiert. Die wiegelten ab, rechtfertigten, sehen das gar nicht so wild. "Aber die und die ist doch wirklich unmöglich", "das hat schon seinen Grund, aber davon erzählen wir dir nichts" Vage nebulöse noch bösere
Andeutungen. Für mich kreiert das, auch wenn es normal sein soll, eine fatale Stimmung.
Es gibt keinen Rechtfertigungsversuch, der mal jemandem zu dummdreist wäre.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Wenn man genug Klarheit hätte, was man will und wie es da ist, müsste man sich daran nicht abarbeiten, und könnte sich ein besseres Bezugssystem suchen. Dafür braucht es aber auch Energie und Ressourcen.
Ja, die Idee, sich etwas besseres zu suchen, ist in der Theorie wirklich schön. Nur in der Praxis nicht immer so leicht umzusetzen.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Wenn man sich gar nichts mehr zutraut und sich selber schon für sch... hält, durch eigene Probleme und durch die ganzen negativen Bestätigungen, werden die Optionen immer dünner.
Außerdem- vielleicht IST man tatsächlich auch in dem ein oder anderen sch...., asozial und dysfunktional.
Die Runtermache hinterläßt ihre Spuren. Es ist leider so, daß hochgradig dysfunktionale Kontexte ihre Opfer nicht bereitwillig gehen lassen. Also schädigt man sie so, daß sie das gar nicht mehr so einfach können :wuetend:
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Man ist ja auch nicht das gute weiße Schaf, was endlich mal seine nette weiße Schafgruppe treffen muss. Es ist echt kompliziert. :hammer:
Wenn man nicht regelmäßig geschoren und schließlich geschlachtet werden möchte, sollte man sich von der Idee des Schafseins verabschieden.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26
Melli hat geschrieben: 30 Mai 2020 20:40Ja, es gibt tatsächlich Gemeinschaften, wo man nicht regelmäßig an Verdauungsstörungen und Migräne leiden muß :zaehneputzen: Kann man aber anderen oft nicht vermitteln, weil die davon ausgehen, daß alle Menschen :upps: 🍑 sind. (Aber natürlich hören die nicht gerne, daß ich sie für solch hoffnungslose Misanthropen halte, die sich gar nichts anderes mehr vorstellen können, weil sie nichts besseres kennengelernt haben :hammer:)
Mit der Migräne und den Verdauungsstörungen im Zusammenhang mit Gemeinschaft ist interessant.
Mit ersterem habe ich ja auch öfters zu tun, und es kann schon sein dass Dissonanzen und Misstimmungen auch zu vielen Verspannungen und Grübeleien führen. So eine Unruhe, was als nächstes kommt und eher angegriffen als angenommen zu sein. Wird vielleicht einer von vielen Faktoren sein bei Migräne (bei mir spielt auch Wetterwechsel, Luftdruckwechsel eine markante Rolle).
Das hat man mir dereinst als eine dieser sprachlich vermittelten Psychosomatismen gedeutet: "Es ist im Kopf nicht auszuhalten." Vielleicht wäre "Es bereitet mir Kopfzerbrechen" ("It's giving me a roaring headache") zutreffender gewesen, denn egal wie ich herumüberlegte, es kam kein Durchbruch an Erkenntnis. Heute kann ich damit leben, daß manches unerklärbar und bodenlos irrational ist.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Richtig missanthropisch bin ich nicht. Ich denke, die Hardware des Menschen ist ok, es kommt darauf an,wie die Software angewendet wird. Gerade weil ich Hoffnung habe, bin ich immer noch zu enttäuschen, WIE es dann manchmal läuft.
Klar... Vielleicht besser als derart mit allem abgeschlossen zu haben, daß einem nichts mehr zu treffen vermöchte.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Gruppen können eine Ordnung haben, wo man mit leben kann. Ich denke, von der sozialen Stimmung und einer Art Gerechtigkeit hängt viel ab, wie man das Menschsein empfindet. Gewisse Regeln und ein gewisser Kodex könnten hilfreich sein, dass es zufriedenstellend läuft.
Ja, das wäre der Idealzustand.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Aber wenn selbst die Führung bestimmtes will oder bestimmte eher destruktive Dinge normal sind, dann kann es auch Verlierer geben in einer Gruppe, und es wird toleriert.
Und im großen und ganzen dulden vielleicht alle Verlierer, die in einem System produziert sind.
Ich fürchte, da werden viele kein Problem mit haben, sind auch wenig sensibilisiert, sehen nur wenig davon.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Da kann ich mich gar nicht so sehr über andere erheben.
Man kann auch vieles nicht wissen. Wie Du schon oben beschrieben hast, wird zudem vieles abgewiegelt, geleugnet, vertuscht...
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Wenn eine Gemeinschaft das gerecht und umsichtig hinbekommt, ich vermute außerhalb meines Kulturkreises, denn diesem traue ich nicht viel zu, dann ist das schon ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht bin ich mehr ein(e) Mis-Sozioorganisa-throp(in).
Ich denke, es geht zumindest merklich besser. Auch noch im Kaliyuga.
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26
Melli hat geschrieben: 30 Mai 2020 20:40Wobei ich noch Glück hatte, daß das meine Frau durchschauen konnte. Die kennt sich doch wesentlich besser aus als ich :oops: Für mich war das komplett unverständlich. Ich kann mir zwar denken: "Ich glaub' es hackt!" :specht: Aber das ist schon die obere Mittelklasse an gegenseitigem Nichtverständnis.
Dieses nicht genau fassen kann ich nachvollziehen in irgendeiner Form. Ich konnte auch kaum Kritik an meiner Therapeutin, meinem Gitarrenlehrer, meiner "Freundin" fassen, wo Dinge derb seltsam liefen.
Die Spiegelung eines anderen Freundes, der Dinge beim Namen nannte, konnte ich zunächst kaum anerkennen. Alles ist verschwommen aber irgendwie normal, in diesem Zustand kann ich endlos aushalten, auch wenn ich weiß, irgendwas ist komisch.
Ich habe mich dann auch gefragt, wie man dieses Unwohlsein in Worte fassen kann und ob sich eine gestörte Beziehung mit reden ändern lässt. Leider habe ich, auch durch meine eigene Inkompetenz des klar fassens, diese Erfahrung dann nicht gemacht. Ein Versuch meinerseits, für den ich mich lange sammeln musste, führte in geschmeidige Abwehr, Normalisierung usw.
Ich denke aber, auch die andere Seite bräuchte eine Offenheit und Kritikfähigkeit, aber wenn man was locker abperlen lassen kann, ist es ja einfacher. Ich schloss daraus, dass diese Menschen dann auch nicht viel Interesse an mir haben und sich da wenig ändern wird.
Das ist eine realistische Einschätzung. Es ist schwerlich möglich über etwas zu reden, das man nicht fassen kann.

Zudem ist die schöne Idee, daß durch Reden Dinge zu klären wären, in viele Fällen naiv. Es ist zweifelhaft, Dinge zu versprechen, die möglicherweise nicht zu halten sein werden.

Eine der wenigen brauchbaren Einsichten, die mein Analytiker anno Zwieback hatte, war daß Dummheit Macht bedeuten kann. Man läßt alle Einwände am effektivsten auflaufen, wenn man sie erst gar nicht versteht.

Nein, solche Leute haben kein Interesse, und man sollte sie mit ihrer selbstverschuldeten Dummheit alleine lassen.
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Die Runtermache hinterläßt ihre Spuren. Es ist leider so, daß hochgradig dysfunktionale Kontexte ihre Opfer nicht bereitwillig gehen lassen. Also schädigt man sie so, daß sie das gar nicht mehr so einfach können :wuetend:
In erwachseneren Kontexten wie Arbeit kann man aber auch allzu ersetzlich sein.
Wer nicht lieb, nett, unproblematisch, sehr angepasst und sehr bereitwillig ist, den kann man auch
wie Luft behandeln und da läuft es eben nicht geschmeidig genug.

In sehr abhängigen geschlossenen Systemen wie Kleinfamilie ist man nicht so ersetzlich.
Wem "gehört" schon sonst eine Person, die man so impfen, formen, sanktionieren kann, das würde ja
ein unabhängiger Mensch nicht mit sich machen lassen. :cry:

Na, gut, dass das hoffentlich nicht so wirklich die Regel ist.
Sondern dass einige Familien einen guten Ansatz haben.

In einigen Arbeitskontexten kann man sowas abhängiges, was man sonst als Kind kennt, aber
auch mitnehmen.
Manchmal sogar mehr, als vom Umfeld erwartet, nur weil man es selbst so kennt und erwartet.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Wenn man nicht regelmäßig geschoren und schließlich geschlachtet werden möchte, sollte man sich von der Idee des Schafseins verabschieden.
Das ist wahr.
Zugehörigkeit, auch zu den "Tollen", wird auch irgendwie seinen Preis haben.
Am Ende muss jeder mit seiner Existenz klar kommen.

Aber die anderen sind vielleicht zwischendrin Superstar und haben viel Spaß und Freunde und
Optionen usw. (Das wird irgendwie immer so mit verkauft und man kauft es auch mit ab, dass
bei denen der Bär steppt und man selbst wäre totlangweilig und das eigene Leben auch).
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Vielleicht wäre "Es bereitet mir Kopfzerbrechen" ("It's giving me a roaring headache") zutreffender gewesen, denn egal wie ich herumüberlegte, es kam kein Durchbruch an Erkenntnis. Heute kann ich damit leben, daß manches unerklärbar und bodenlos irrational ist.
Ja, irrationales irritiert auch sehr.
Zu akzeptieren, dass es das gibt, ist sicher gut.

Vielleicht könnte einen sowieso ständig sehr vieles irritieren und nicht in die eigene Ordnung
passen. Nur meistens kann man den Fokus ja so gestalten, dass die Welt schon in Ordnung ist.
Seinen eigenen Raum gestalten, die Zeit, den Fokus setzen, die Menschen ect.

Nur da wo man nicht hinwollte wie Schule oder Arbeit, um seine Existenz zu verdienen,
da wird man mit vielem konfrontiert.

Vielleicht ist es auch, - wenn auch nervig und aufreibend- gar keine soooo schlechte Übung. :idee:
Damit man eben nicht ganz verschlossen und zurückgezogen ist.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Klar... Vielleicht besser als derart mit allem abgeschlossen zu haben, daß einem nichts mehr zu treffen vermöchte.
Eine neue Kollegin, die mich erst so ausblendete nach meinem Gefühl, legte mir
heute so unmittelbar eine "Beichte" ab, dass sie nichts mehr an sich ranlässt und eine Mauer
gemacht hätte und dass sie Sachen nur noch faktisch wahrnimmt.
Da hab ich direkt mal gefragt "wie geht das??? Das hätte ich auch gerne"
Sie sagte "weiß ich nicht, das war irgendwann so.".
Schade, dass es keine Erklärung und keinen Weg gibt.

Aber wer weiß, ob das bewusst angesteuerte Ausgrenzen wirklich so gut wäre.
Für mich wäre es so, als würde ich etwas rumoriges in eine Box stecken und so tun, als wäre das nicht da
und mir vornehmen, dass ich das überhören werde und wegsehen und stattdessen was besseres mache,
was auch immer dann besser sein soll.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Aber wenn selbst die Führung bestimmtes will oder bestimmte eher destruktive Dinge normal sind, dann kann es auch Verlierer geben in einer Gruppe, und es wird toleriert.
Und im großen und ganzen dulden vielleicht alle Verlierer, die in einem System produziert sind.
Ich fürchte, da werden viele kein Problem mit haben, sind auch wenig sensibilisiert, sehen nur wenig davon.
Ja, das ist nachvollziehbar.
Oft gibt es keinen Grund, seine Welt zu verlassen und sich mit vielem zu beschäftigen.
Und der Trend geht dann eher nicht zum schweren oder gar grausamen und brutalen.

Die anderen zimmern sich auch ihre Welt, wie ich ja auch, und erhalten diese und lassen irritierendes
nicht rein.Wenn man dort kein angenehmer Gast ist, bleibt man draußen.
Logisch auf eine Art.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Ich denke, es geht zumindest merklich besser. Auch noch im Kaliyuga.
Hm. Vielleicht aber auch nur in einer Gruppe Gleichgesinnter mit ähnlichen Werten, Denkweisen, usw?
Viele Ideen sind ja auch noch gut auch in Richtung Management.
Ansonsten mochte ich z. B so geführte Selbsterfahrungsgruppen aus dem Nonprofitbereich.
Aber ganz so ungefärbt sind die auch nicht.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Zudem ist die schöne Idee, daß durch Reden Dinge zu klären wären, in viele Fällen naiv. Es ist zweifelhaft, Dinge zu versprechen, die möglicherweise nicht zu halten sein werden.
Es braucht irgendwie auch viel, dass Reden zu Verständnis, neuer Erkenntnis führt,
einen auch so ernsthaft bewegt und es ernsthaft zu Änderung kommt.
Ich halte es nicht für unmöglich, aber für selten.

Wenn man was hört, und das eh nur in sein eigenes System einsortiert und alles halbwegs
fremde abwehrt und ignoriert, wie soll da reden irgendwas bringen?
Dinge darstellen oder versprechen und wirklich etwas ändern sind zwei paar Schuhe.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Eine der wenigen brauchbaren Einsichten, die mein Analytiker anno Zwieback hatte, war daß Dummheit Macht bedeuten kann. Man läßt alle Einwände am effektivsten auflaufen, wenn man sie erst gar nicht versteht.

Nein, solche Leute haben kein Interesse, und man sollte sie mit ihrer selbstverschuldeten Dummheit alleine lassen.
Das stimmt. Man muss gar nichts ändern oder abwägen, wenn man dumm ist oder sich
dumm gibt. Man hats nicht gehört oder nicht verstanden oder es ist ein abartiges Anliegen,
womit der andere kommt und alles bleibt beim alten.
Friss (mach mit) oder stirb (dann geh).

Alleine bleiben die Leute ja eigentlich nicht. Sie haben ein so bewährtes Patent, dass man
es gar nicht hinterfragen muss.
Die Widersetzer sind eher alleine.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Die Runtermache hinterläßt ihre Spuren. Es ist leider so, daß hochgradig dysfunktionale Kontexte ihre Opfer nicht bereitwillig gehen lassen. Also schädigt man sie so, daß sie das gar nicht mehr so einfach können :wuetend:
In erwachseneren Kontexten wie Arbeit kann man aber auch allzu ersetzlich sein.
Wer nicht lieb, nett, unproblematisch, sehr angepasst und sehr bereitwillig ist, den kann man auch wie Luft behandeln und da läuft es eben nicht geschmeidig genug.
Nun gut, als Chefin könnte ich mir denken, die Leute, die meine Betriebsabläufe sabotieren, sind erst recht verzichtbar. Was glauben die eigentlich, warum wir Soundso gerade eingestellt haben?
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26In sehr abhängigen geschlossenen Systemen wie Kleinfamilie ist man nicht so ersetzlich.
Wem "gehört" schon sonst eine Person, die man so impfen, formen, sanktionieren kann, das würde ja
ein unabhängiger Mensch nicht mit sich machen lassen. :cry:
Eben, deswegen werden manche Leute größenwahnsinnig. Hinter verschlossenen Türen können sie ihr privates Terrorregime aufbauen.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26Na, gut, dass das hoffentlich nicht so wirklich die Regel ist.
Sondern dass einige Familien einen guten Ansatz haben.
Wahrscheinlich sind es häufig Mischformen, wo vieles ok ist, aber manches auch problematisch.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26In einigen Arbeitskontexten kann man sowas abhängiges, was man sonst als Kind kennt, aber auch mitnehmen.
Manchmal sogar mehr, als vom Umfeld erwartet, nur weil man es selbst so kennt und erwartet.
Viele erwachsene Kontexte sind darauf ausgelegt, die Wiederholung kindlicher Erfahrungen zu ermöglichen.

Kann durchaus vorkommen, daß auch die Chefs rechte Kindsköpfe sind.

Wenn ich dergleichen in fremde Familien vorgeführt bekam, war ich schon ein bißchen entsetzt. Auch wie sich die Leute vor mir, einer Fremden, eine solche Blöße geben konnten.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Wenn man nicht regelmäßig geschoren und schließlich geschlachtet werden möchte, sollte man sich von der Idee des Schafseins verabschieden.
Das ist wahr.
Zugehörigkeit, auch zu den "Tollen", wird auch irgendwie seinen Preis haben.
Am Ende muss jeder mit seiner Existenz klar kommen.
Aber die anderen sind vielleicht zwischendrin Superstar und haben viel Spaß und Freunde und Optionen usw. (Das wird irgendwie immer so mit verkauft und man kauft es auch mit ab, dass bei denen der Bär steppt und man selbst wäre totlangweilig und das eigene Leben auch).
Bei denen tanzt der Papst im Kettenhemd. Deswegen heißt es auch, wer's glaubt wird selig :mrgreen:

Man kann auch in kleinerem Maßstab verheizt werden :(
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Vielleicht wäre "Es bereitet mir Kopfzerbrechen" ("It's giving me a roaring headache") zutreffender gewesen, denn egal wie ich herumüberlegte, es kam kein Durchbruch an Erkenntnis. Heute kann ich damit leben, daß manches unerklärbar und bodenlos irrational ist.
Ja, irrationales irritiert auch sehr.
Zu akzeptieren, dass es das gibt, ist sicher gut.
Vielleicht könnte einen sowieso ständig sehr vieles irritieren und nicht in die eigene Ordnung passen. Nur meistens kann man den Fokus ja so gestalten, dass die Welt schon in Ordnung ist. Seinen eigenen Raum gestalten, die Zeit, den Fokus setzen, die Menschen ect.
Nur da wo man nicht hinwollte wie Schule oder Arbeit, um seine Existenz zu verdienen, da wird man mit vielem konfrontiert.
Vielleicht ist es auch, - wenn auch nervig und aufreibend- gar keine soooo schlechte Übung. :idee:
Damit man eben nicht ganz verschlossen und zurückgezogen ist.
Eine machbare Herausforderung könnte man wohl annehmen.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Klar... Vielleicht besser als derart mit allem abgeschlossen zu haben, daß einem nichts mehr zu treffen vermöchte.
Eine neue Kollegin, die mich erst so ausblendete nach meinem Gefühl, legte mir heute so unmittelbar eine "Beichte" ab, dass sie nichts mehr an sich ranlässt und eine Mauer gemacht hätte und dass sie Sachen nur noch faktisch wahrnimmt. Da hab ich direkt mal gefragt "wie geht das??? Das hätte ich auch gerne" Sie sagte "weiß ich nicht, das war irgendwann so.". Schade, dass es keine Erklärung und keinen Weg gibt.
Aber wer weiß, ob das bewusst angesteuerte Ausgrenzen wirklich so gut wäre. Für mich wäre es so, als würde ich etwas rumoriges in eine Box stecken und so tun, als wäre das nicht da und mir vornehmen, dass ich das überhören werde und wegsehen und stattdessen was besseres mache, was auch immer dann besser sein soll.
In sehr begrenzten Bereichen kann ich das nachvollziehen. Manchmal kommt nach einer Überlast nichts mehr. Jedenfalls nicht so schnell.

Der Unterschied zu Deiner Kollegin ist, daß ich es auf Nachfrage hätte erklären können. Ist aber nicht angenehm, solche Dinge bei vollem Bewußtsein zu erleben.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 31 Mai 2020 11:26Aber wenn selbst die Führung bestimmtes will oder bestimmte eher destruktive Dinge normal sind, dann kann es auch Verlierer geben in einer Gruppe, und es wird toleriert.
Und im großen und ganzen dulden vielleicht alle Verlierer, die in einem System produziert sind.
Ich fürchte, da werden viele kein Problem mit haben, sind auch wenig sensibilisiert, sehen nur wenig davon.
Ja, das ist nachvollziehbar.
Oft gibt es keinen Grund, seine Welt zu verlassen und sich mit vielem zu beschäftigen. Und der Trend geht dann eher nicht zum schweren oder gar grausamen und brutalen.
Die anderen zimmern sich auch ihre Welt, wie ich ja auch, und erhalten diese und lassen irritierendes nicht rein. Wenn man dort kein angenehmer Gast ist, bleibt man draußen. Logisch auf eine Art.
Ist vielleicht eine schlechte Angewohnheit, wenn die Wand der Filterblase zu osmosefähig gewählt wird :o
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Ich denke, es geht zumindest merklich besser. Auch noch im Kaliyuga.
Hm. Vielleicht aber auch nur in einer Gruppe Gleichgesinnter mit ähnlichen Werten, Denkweisen, usw?
Viele Ideen sind ja auch noch gut auch in Richtung Management.
Ansonsten mochte ich z. B so geführte Selbsterfahrungsgruppen aus dem Nonprofitbereich.
Aber ganz so ungefärbt sind die auch nicht.
In die Richtung hätte ich früher auch gedacht... Aber da bin ich nie reingekommen... Dafür in etwas anderes reingeraten, bzw. auf meine Weise darauf hingearbeitet. Paßt auch besser.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Zudem ist die schöne Idee, daß durch Reden Dinge zu klären wären, in viele Fällen naiv. Es ist zweifelhaft, Dinge zu versprechen, die möglicherweise nicht zu halten sein werden.
Es braucht irgendwie auch viel, dass Reden zu Verständnis, neuer Erkenntnis führt, einen auch so ernsthaft bewegt und es ernsthaft zu Änderung kommt. Ich halte es nicht für unmöglich, aber für selten.
Wenn man was hört, und das eh nur in sein eigenes System einsortiert und alles halbwegs fremde abwehrt und ignoriert, wie soll da reden irgendwas bringen? Dinge darstellen oder versprechen und wirklich etwas ändern sind zwei paar Schuhe.
Ich frage mich durchaus, wie man das lernen kann, sich bestimmte Lernstile und Diskursfähigkeit anzueignen. Schlimmstenfalls wächst man da hinein und kennt es gar nicht anders.
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20Eine der wenigen brauchbaren Einsichten, die mein Analytiker anno Zwieback hatte, war daß Dummheit Macht bedeuten kann. Man läßt alle Einwände am effektivsten auflaufen, wenn man sie erst gar nicht versteht.
Nein, solche Leute haben kein Interesse, und man sollte sie mit ihrer selbstverschuldeten Dummheit alleine lassen.
Das stimmt. Man muss gar nichts ändern oder abwägen, wenn man dumm ist oder sich dumm gibt. Man hats nicht gehört oder nicht verstanden oder es ist ein abartiges Anliegen, womit der andere kommt und alles bleibt beim alten. Friss (mach mit) oder stirb (dann geh).
Alleine bleiben die Leute ja eigentlich nicht. Sie haben ein so bewährtes Patent, dass man es gar nicht hinterfragen muss.
Die Widersetzer sind eher alleine.
Ja, leider. Ich fand es schon erstaunlich, was sich viele Leute einen leicht zu widerlegenden Bulls*t vorsetzen lassen, ohne rebellisch zu werden 💩
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 05 Jun 2020 21:23
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26In einigen Arbeitskontexten kann man sowas abhängiges, was man sonst als Kind kennt, aber auch mitnehmen.
Manchmal sogar mehr, als vom Umfeld erwartet, nur weil man es selbst so kennt und erwartet.
Viele erwachsene Kontexte sind darauf ausgelegt, die Wiederholung kindlicher Erfahrungen zu ermöglichen.

Kann durchaus vorkommen, daß auch die Chefs rechte Kindsköpfe sind.
Meine Therapeutin meinte ja, bei den erwachsenen Kontexten "ich solle selbst das Kind
da raus holen", und hat es so beschrieben, als ginge von mir der Impuls aus, dort kindlich zu
reagieren.
Dabei wird immer davon ausgegangen, dass sich draußen fast nur Erwachsenes befindet, ebenso
wie hilfreiche und freundliche Erwachsene, und nur man selbst hängt fest an seiner alten Erfahrung,
und sieht die Realität nicht so, wie sie ist. :verwirrt:

Das wird wohl zwei Seiten haben, warum man wie reagiert und was einem auch das System,
in dem man ist, bietet.
Ich bräuchte erstmal ein zertifiziert vernünftiges wohlwollendes und erwachsenes Umfeld,
um dann ganz klar zu trennen, wo ich mich verzerrt oder zu kindlich spiegele.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26Eine neue Kollegin, die mich erst so ausblendete nach meinem Gefühl, legte mir heute so unmittelbar eine "Beichte" ab, dass sie nichts mehr an sich ranlässt und eine Mauer gemacht hätte und dass sie Sachen nur noch faktisch wahrnimmt. Da hab ich direkt mal gefragt "wie geht das??? Das hätte ich auch gerne" Sie sagte "weiß ich nicht, das war irgendwann so.". Schade, dass es keine Erklärung und keinen Weg gibt.
In sehr begrenzten Bereichen kann ich das nachvollziehen. Manchmal kommt nach einer Überlast nichts mehr. Jedenfalls nicht so schnell.

Der Unterschied zu Deiner Kollegin ist, daß ich es auf Nachfrage hätte erklären können. Ist aber nicht angenehm, solche Dinge bei vollem Bewußtsein zu erleben.
Hmm, so ähnlich meinte die Kollegin das auch.
Dass es irgendwann mal zuviel war, zuviel Action drumrum,zuviel Emotion, zuviel reagieren auf andere.

Dass nach einer Überlast nichts mehr kommt, kenne ich eher in der Form, dass meine Initiative,
mein "ureigenes Erleben" und innere Bewegungen oder Erstrebenswertes / Ziele weg sind.

Wie meintest du das, was ist nicht so angenehm zu erleben? Wie man eine Überlast noch
erlebt und dann abschaltet?

Und ist es zu empfehlen, wieder die Gefühle anzuschalten oder das runterfahren wieder
zu minimieren?
[+] Gefühle oder nicht
Meine Idee war eigentlich, dass es ganz gut ist, Erlebensbereiche wieder zurückzugewinnen.
Am besten so eine Art "freien Kern" wiederzufinden.
Mehrere Therapeuten hielten das für keine gute Idee. (daran zu rühren).
Liegt vielleicht daran, ob man den Schwerpunkt auf einem noch halbwegs funktionierenden System liegt oder auf eine Art ganzheitliches Erleben, ggf. mittels einer Katharsis.
In den 70ern hätte ich hier vielleicht noch Therapeuten gefunden, heute wird es eher als ständiger
Wiederholungs-Stress gesehen und als destabilisierend.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26Oft gibt es keinen Grund, seine Welt zu verlassen und sich mit vielem zu beschäftigen. Und der Trend geht dann eher nicht zum schweren oder gar grausamen und brutalen.
Die anderen zimmern sich auch ihre Welt, wie ich ja auch, und erhalten diese und lassen irritierendes nicht rein. Wenn man dort kein angenehmer Gast ist, bleibt man draußen. Logisch auf eine Art.
Ist vielleicht eine schlechte Angewohnheit, wenn die Wand der Filterblase zu osmosefähig gewählt wird :o
Ich mochte das Prinzip der Osmose eigentlich sofort, als ich es entdeckt habe.
Aber man bekommt viel mit (was nervt) und man bekommt mit, dass andere nichts mitkriegen
und gar nichts so hin und hergeht, zumindest geht das oberflächlich sichtbare Agieren
nicht mit.

Ich wundere mich immer, dass ich hier aus dem Mehrparteienmietshaus so rausgehe, sehe schon
in 15 m Entfernung, wo sich einer bewegt und denke, ich kann doch gar nicht anders als zu interagieren,
und werde von anderen wie Luft behandelt, die einen knappen Meter neben mir rumlaufen
und stur zu ihrem Auto gehen oder am Handy was machen.

Ich bin bestimmt aber auch nicht so aufmerksam wie eine Katze, die vor sich hin träumt aber doch
jedes Geräusch und auch sonstiges registriert.
[+] Beispiel
Für mich wäre ein komplettes Ausblenden aber auch ein NoGo.
Mein Vater hat mich total angeschnauzt, wenn ich zu sehr fokussiert war.
Er wurde selber mal angeschnauzt, weil er so mit einem Fahrrad den Berg runter
fuhr und nicht gegrüßt hat und er fand es unmöglich, dass er jemanden ignoriert
hat.

Mir gegenüber war es einmal so, dass ich mit ihm wegen Hochwasser gerudert bin und
das rudern selber tun wollte und ich wollte es richtig machen und genau alles mitbekommen,
aber ich wollte ihm suggerieren, dass ich nicht genau schaue, weil ich dachte, dass das irgendwie
besonders "kompetent" ist zu schauen ohne dass der andere merkt, dass ich schaue und vieles mitbekomme.
So in Richtung "Überraschung", ich war so etwa 10 Jahre alt und fand, das war eine gute Idee :gruebel:
Dieser Winkelzug ist etwas unnötig. Vielleicht wollte ich das spiegeln, was ich bei den
anderen sehe, die tun so als sehen sie nichts, aber insgeheim hab ich wohl gedacht, sie tun nur
so und sehen eigentlich sehr viel. :gruebel:

Für mich wäre es irgendwie tabu, Leute auszublenden.
Aber eine Filterblase, wo die Regungen der Anderen oder vermeintliche Regungen, sichtbare
und unsichtbare aufgenommen werden, macht dann auch die ganze Unruhe, wenn das
eigene Denken das dann auch noch vergeblich irgendwie einsortieren will und eine Misinterpretation
der anderen folgt. :hammer:
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 In die Richtung hätte ich früher auch gedacht... Aber da bin ich nie reingekommen... Dafür in etwas anderes reingeraten, bzw. auf meine Weise darauf hingearbeitet. Paßt auch besser.
Klingt gut, wenn man da ist, wo es gut und stimmig für einen selbst ist.

Du hattest noch in einem anderen Thread bei "das könnte ich jetzt brauchen" als Anmerkung dazugefügt,
dass soziale Systeme oder Kontakte sich konvergent oder divergent entwickeln können.

Das hat mich beschäftigt. Das was ich an Systemen zur Nischenfindung oder am besten "sich zuhause
fühlen" Findung ausprobiert habe, war mal eine Weile fremd, neu, irgendwie ok, war aber nach
vielen Jahren doch eher divergent.

Ich glaube, je mehr abweichende Merkmale man hat, je eigensinniger man ist und sich nicht
gleich so unisono im sozialen mitdreht, umso schwieriger wird es, eine konvergente Entwicklung
hinzubekommen.
Das ist tragisch, wenn man eigentlich gar keine Lust hat auf "Lebensabschnittgruppen".
Und wenn man eher eine zuverlässige Konstante und Gewachsenes mag.
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Ich frage mich durchaus, wie man das lernen kann, sich bestimmte Lernstile und Diskursfähigkeit anzueignen. Schlimmstenfalls wächst man da hinein und kennt es gar nicht anders.
Oder man zimmert sich was "aus der Not geboren" zurecht, ohne Vorbilder, was aber auch starke
Grenzen hat.

Günstiger wäre es sicher, Soziales und Diskurs von den Menschen zu lernen, wo etwas
lernenswertes ist und es funktioniert.

Es kann einen Lebensweg sehr bremsen, wenn man da fast nur dysfunktionales
mitbekommen hat, aber bis zur Erschöpfung noch ein Notprogramm fährt, um überhaupt
noch gerade so irgendwo reinzupassen und irgendwie mit Mühe für die Existenz
zu sorgen.
Selbst dafür reicht das Notprogramm nicht immer.

Vielleicht wird auch vieles, was hemmt, von der Gesellschaft oder auch den einzelnen
nicht ganz verstanden.

Bis zu einem gewissen Grad hilft da wohl lt. Therapeuten Resilienz, um alles unfunktionale
komische wegzulassen und sich auf die guten Sachen zu konzentrieren, die laufen.
Und darum wollen die erst recht nicht so ein Schlangennest aufmachen mit den alten
Verletzungen, Störungen, vor allem weil sie nicht genau wissen, ob das wirklich
heilbar ist und gerade gerückt werden kann.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01
Melli hat geschrieben: 05 Jun 2020 21:23
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26In einigen Arbeitskontexten kann man sowas abhängiges, was man sonst als Kind kennt, aber auch mitnehmen.
Manchmal sogar mehr, als vom Umfeld erwartet, nur weil man es selbst so kennt und erwartet.
Viele erwachsene Kontexte sind darauf ausgelegt, die Wiederholung kindlicher Erfahrungen zu ermöglichen.
Kann durchaus vorkommen, daß auch die Chefs rechte Kindsköpfe sind.
Meine Therapeutin meinte ja, bei den erwachsenen Kontexten "ich solle selbst das Kind da raus holen", und hat es so beschrieben, als ginge von mir der Impuls aus, dort kindlich zu reagieren.
Woher wollen die Leute eigentlich wissen, wie man dereinst als Kind war? Auch mit Daten, die man einer Rekonstruktion zugrundelegt, muß man kritisch umgehen. Es können Dinge hinter neuere Entwicklungen zurücktreten, oft im Sinne einer Verschlimmerung, es können aber auch Dinge kaum noch zu erkennen sein, weil sie sich gleichsam erledigt haben. Historische Adäquatheit sieht anders aus.

Fehlt nur noch der ausgelutschte Spruch: "Man kann die anderen nicht ändern, aber man kann sich selbst ändern." Ja feini, soll das heißen, am Ende ändern die mich, weil mir angeblich keine andere Wahl bleibt? Ein guter Analytiker ist einmal selbst zu der Einsicht gekommen, es sei ihm manchmal darum gegangen, klarzustellen, wer hier die Peitsche schwingt.

Ich habe mich als Teenie tatsächlich mal selbst geändert. Aber so wie ich das wollte. Meinem damaligen Umfeld wäre lieber gewesen, ich hätte es nicht getan :mrgreen: Ich wurde immer unverhohlener eigensinnig, machte was ich wollte ohne Kompromisse, wurde aber auch distanzierter :shy:

(Wobei ich Schule nicht unbedingt in Gänze den fauligen Kompromissen zuschlug, denn in ein paar Fächern lernte ich doch noch was :oops:)
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Dabei wird immer davon ausgegangen, dass sich draußen fast nur Erwachsenes befindet, ebenso wie hilfreiche und freundliche Erwachsene, und nur man selbst hängt fest an seiner alten Erfahrung, und sieht die Realität nicht so, wie sie ist. :verwirrt:
Und wenn die alten Sichten doch realistischer waren?

Mein Analytiker konnte einmal nicht umhin anzuerkennen, daß meine Analysen völlig richtig waren (und alles andere als schmeichelhaft für einen Großteil der zivilisierten Menschheit), aber glücklich war er nicht darob. Für ihn war ein großes Thema, daß es für "die" Leute schon geradezu ein Affront sei, wenn man kritisch, skeptisch, distanziert etc. statt zutraulich sei (obschon man damit heftig auf die Nase fallen kann). Das konnte ich nicht verstehen. Ich mag keine Leute, die so tun, als seien sie eines Freund, aber man merkt bald, daß davon keine Rede sein kann.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Das wird wohl zwei Seiten haben, warum man wie reagiert und was einem auch das System, in dem man ist, bietet.
Ich bräuchte erstmal ein zertifiziert vernünftiges wohlwollendes und erwachsenes Umfeld, um dann ganz klar zu trennen, wo ich mich verzerrt oder zu kindlich spiegele.
Diese Zuverlässigkeit ist wahrscheinlich nie zu erreichen.

Man muß ja auch meiner allerbescheidensten Nichtigkeit nicht alles unbesehen glauben. Schließlich habe ich durchaus mein eigenen Interessen, die meine Erkenntnisfähigkeit einfärben.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26Eine neue Kollegin, die mich erst so ausblendete nach meinem Gefühl, legte mir heute so unmittelbar eine "Beichte" ab, dass sie nichts mehr an sich ranlässt und eine Mauer gemacht hätte und dass sie Sachen nur noch faktisch wahrnimmt. Da hab ich direkt mal gefragt "wie geht das??? Das hätte ich auch gerne" Sie sagte "weiß ich nicht, das war irgendwann so.". Schade, dass es keine Erklärung und keinen Weg gibt.
In sehr begrenzten Bereichen kann ich das nachvollziehen. Manchmal kommt nach einer Überlast nichts mehr. Jedenfalls nicht so schnell.
Der Unterschied zu Deiner Kollegin ist, daß ich es auf Nachfrage hätte erklären können. Ist aber nicht angenehm, solche Dinge bei vollem Bewußtsein zu erleben.
Hmm, so ähnlich meinte die Kollegin das auch.
Dass es irgendwann mal zuviel war, zuviel Action drumrum, zuviel Emotion, zuviel reagieren auf andere.
Dass nach einer Überlast nichts mehr kommt, kenne ich eher in der Form, dass meine Initiative, mein "ureigenes Erleben" und innere Bewegungen oder Erstrebenswertes / Ziele weg sind.
Ich glaube, sowas ähnliches ist mir auch schonmal passiert. Das ging aber bis zu einer gewissen Lethargie – und die Ursache war AB 🙀
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Wie meintest du das, was ist nicht so angenehm zu erleben? Wie man eine Überlast noch erlebt und dann abschaltet?
Der gesamte Prozeß, von der Überlastung über das Abschalten bis in den Zustand danach hinein.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Und ist es zu empfehlen, wieder die Gefühle anzuschalten oder das runterfahren wieder zu minimieren?
Ja. Nach der offensichtlich allzu nötigen Auszeit.
[+] Gefühle oder nicht
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Meine Idee war eigentlich, dass es ganz gut ist, Erlebensbereiche wieder zurückzugewinnen.
Am besten so eine Art "freien Kern" wiederzufinden.
Mehrere Therapeuten hielten das für keine gute Idee. (daran zu rühren).
Liegt vielleicht daran, ob man den Schwerpunkt auf einem noch halbwegs funktionierenden System liegt oder auf eine Art ganzheitliches Erleben, ggf. mittels einer Katharsis.
In den 70ern hätte ich hier vielleicht noch Therapeuten gefunden, heute wird es eher als ständiger Wiederholungs-Stress gesehen und als destabilisierend.
Ich beharrte auf meine oldschool Ansichten und versuchte mich selbst daran – so gut es ging.

Für mich bestand die stressende Wiederholung in genau solchen Konflikten. Mit Aussagen wie man soll die Vergangenheit ruhen lassen, man könne nur im Hier und Jetzt bessere Erfahrungen machen, kann man mich schnell dazu bringen, mich abzuwenden. Ich weiß selbst gut genug, was passiert ist und welche Auswirkungen das hatte (und daß ich keineswegs bessere Erfahrungen machte, nur weil ich älter wurde). Überflüssig zu erwähnen, ich habe mich mit meiner Herangehensweise endlich mal anständig stabilisiert.

Mit billigem Ersatz wollte ich mich nicht abspeisen lassen. Ich denke gar nicht daran, Verluste anmutsvoll zu erleiden. Ich wollte Restitutionen soweit nur erreichbar.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20
kreisel hat geschrieben: 03 Jun 2020 16:26Oft gibt es keinen Grund, seine Welt zu verlassen und sich mit vielem zu beschäftigen. Und der Trend geht dann eher nicht zum schweren oder gar grausamen und brutalen.
Die anderen zimmern sich auch ihre Welt, wie ich ja auch, und erhalten diese und lassen irritierendes nicht rein. Wenn man dort kein angenehmer Gast ist, bleibt man draußen. Logisch auf eine Art.
Ist vielleicht eine schlechte Angewohnheit, wenn die Wand der Filterblase zu osmosefähig gewählt wird :o
Ich mochte das Prinzip der Osmose eigentlich sofort, als ich es entdeckt habe.
Aber man bekommt viel mit (was nervt) und man bekommt mit, dass andere nichts mitkriegen und gar nichts so hin und hergeht, zumindest geht das oberflächlich sichtbare Agieren nicht mit.
Ich wundere mich immer, dass ich hier aus dem Mehrparteienmietshaus so rausgehe, sehe schon in 15 m Entfernung, wo sich einer bewegt und denke, ich kann doch gar nicht anders als zu interagieren, und werde von anderen wie Luft behandelt, die einen knappen Meter neben mir rumlaufen und stur zu ihrem Auto gehen oder am Handy was machen.
Ich bin bestimmt aber auch nicht so aufmerksam wie eine Katze, die vor sich hin träumt aber doch jedes Geräusch und auch sonstiges registriert.
In Städten kann man in Häusern wohnen und nicht wissen, wer da sonst noch so wohnt. Man beklagt sich zwar gerne über die Anonymität, aber man kann wahrscheinlich nichts dagegen tun.

Es soll Leute geben, die sind abends nach der Arbeit völlig fertig, schieben ein Fertiggericht in die Microwelle, gucken ein bißchen fern, gehen schlafen, und am nächsten Morgen dreht sich das Hamsterrad erneut. Für Sport 🏃🏾‍♀️, Yoga 🧘🏾‍♀️, Rüsseln 🍹 und diese ganzen hehren Empfehlungen sind da gar keine Kapazitäten mehr frei.
[+] Beispiel
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01 Für mich wäre ein komplettes Ausblenden aber auch ein NoGo.
Mein Vater hat mich total angeschnauzt, wenn ich zu sehr fokussiert war. Er wurde selber mal angeschnauzt, weil er so mit einem Fahrrad den Berg runter fuhr und nicht gegrüßt hat und er fand es unmöglich, dass er jemanden ignoriert hat.
In kleineren Kontexten habe ich das ähnlich erlebt. Da sollte man ständig grüßen und auch Grüße ausrichten. Letzteres habe ich schlichtweg vergessen, weil ich es als irrelevant (für mich) betrachtete.

Bei Leuten aus der Schule ist mir öfters passiert, daß ich die in der Stadt gar nicht gesehen habe, wenn die da herumliefen. Ich war da oft von eigenen Gedankengänge absorbiert. Ist ja nicht, daß ich da unbedingt entspannt am lustwandeln war :(

Eigenartigerweise sind mir später Leute aus der Uni sehr viel seltener mal zufällig in der Stadt begegnet, aber mit denen habe ich dann mal kurz geredet (oder genauer gesagt, die mit mir).

Immerhin, ich habe einmal auf dem Nachhauseweg von der Schule einfach so eine fremde Frau gegrüßt, die hat sich total gefreut.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Mir gegenüber war es einmal so, dass ich mit ihm wegen Hochwasser gerudert bin und das rudern selber tun wollte und ich wollte es richtig machen und genau alles mitbekommen, aber ich wollte ihm suggerieren, dass ich nicht genau schaue, weil ich dachte, dass das irgendwie besonders "kompetent" ist zu schauen ohne dass der andere merkt, dass ich schaue und vieles mitbekomme. So in Richtung "Überraschung", ich war so etwa 10 Jahre alt und fand, das war eine gute Idee :gruebel:
Dieser Winkelzug ist etwas unnötig. Vielleicht wollte ich das spiegeln, was ich bei den anderen sehe, die tun so als sehen sie nichts, aber insgeheim hab ich wohl gedacht, sie tun nur so und sehen eigentlich sehr viel. :gruebel:
Für mich wäre es irgendwie tabu, Leute auszublenden.
Ja, die tun wohl nicht nur so.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Aber eine Filterblase, wo die Regungen der Anderen oder vermeintliche Regungen, sichtbare und unsichtbare aufgenommen werden, macht dann auch die ganze Unruhe, wenn das eigene Denken das dann auch noch vergeblich irgendwie einsortieren will und eine Misinterpretation der anderen folgt. :hammer:
Natürlich, das kann sehr irritierend sein :(
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20In die Richtung hätte ich früher auch gedacht... Aber da bin ich nie reingekommen... Dafür in etwas anderes reingeraten, bzw. auf meine Weise darauf hingearbeitet. Paßt auch besser.
Klingt gut, wenn man da ist, wo es gut und stimmig für einen selbst ist.
Du hattest noch in einem anderen Thread bei "das könnte ich jetzt brauchen" als Anmerkung dazugefügt, dass soziale Systeme oder Kontakte sich konvergent oder divergent entwickeln können.
Das hat mich beschäftigt. Das was ich an Systemen zur Nischenfindung oder am besten "sich zuhause fühlen" Findung ausprobiert habe, war mal eine Weile fremd, neu, irgendwie ok, war aber nach vielen Jahren doch eher divergent.
Ich glaube, je mehr abweichende Merkmale man hat, je eigensinniger man ist und sich nicht gleich so unisono im sozialen mitdreht, umso schwieriger wird es, eine konvergente Entwicklung hinzubekommen.
Das ist tragisch, wenn man eigentlich gar keine Lust hat auf "Lebensabschnittgruppen". Und wenn man eher eine zuverlässige Konstante und Gewachsenes mag.
Absolut. Mir wären irgendwie "organische" Kontexte lieber gewesen. Aber die sind, wie man sehen konnte, nicht gegen Katastrophen immun. Und schwer zu ersetzen, bzw. auch nur eine halbwegs plausible Alternative aufzutreiben.
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01
Melli hat geschrieben: 01 Jun 2020 21:20 Ich frage mich durchaus, wie man das lernen kann, sich bestimmte Lernstile und Diskursfähigkeit anzueignen. Schlimmstenfalls wächst man da hinein und kennt es gar nicht anders.
Oder man zimmert sich was "aus der Not geboren" zurecht, ohne Vorbilder, was aber auch starke Grenzen hat.
Günstiger wäre es sicher, Soziales und Diskurs von den Menschen zu lernen, wo etwas lernenswertes ist und es funktioniert.
Es kann einen Lebensweg sehr bremsen, wenn man da fast nur dysfunktionales mitbekommen hat, aber bis zur Erschöpfung noch ein Notprogramm fährt, um überhaupt noch gerade so irgendwo reinzupassen und irgendwie mit Mühe für die Existenz zu sorgen.
Selbst dafür reicht das Notprogramm nicht immer.
Vielleicht wird auch vieles, was hemmt, von der Gesellschaft oder auch den einzelnen nicht ganz verstanden.
Offensichtlich. Auch wenn ich mich manchmal fragen könnte, was daran so schwer zu verstehen ist :(
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Bis zu einem gewissen Grad hilft da wohl lt. Therapeuten Resilienz, um alles unfunktionale komische wegzulassen und sich auf die guten Sachen zu konzentrieren, die laufen.
Und darum wollen die erst recht nicht so ein Schlangennest aufmachen mit den alten Verletzungen, Störungen, vor allem weil sie nicht genau wissen, ob das wirklich heilbar ist und gerade gerückt werden kann.
Wie schon weiter oben gesagt, ich bin da mit oldschool Ideen aufgewachsen und kann mir umgekehrt nicht vorstellen, wie eine Therapie funktionieren soll, die sich um solche Fragen allzu sichtlich herumdrückt.

Es ist aber auch ganz banal das Interaktionsmuster. Wenn ich einem Analytiker etwas mitteile (→ Diskurs), dann sollte er etwas dazu zu sagen haben. Das ist diese berühmte Stelle wo Lacan sagte, Widerstand ist der des Analytikers, der Patient ist halt da wo er ist :hammer:
Nonkonformist

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Nonkonformist »

Melli hat geschrieben: 09 Jun 2020 21:46
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01 Meine Therapeutin meinte ja, bei den erwachsenen Kontexten "ich solle selbst das Kind da raus holen", und hat es so beschrieben, als ginge von mir der Impuls aus, dort kindlich zu reagieren.
Woher wollen die Leute eigentlich wissen, wie man dereinst als Kind war? Auch mit Daten, die man einer Rekonstruktion zugrundelegt, muß man kritisch umgehen. Es können Dinge hinter neuere Entwicklungen zurücktreten, oft im Sinne einer Verschlimmerung, es können aber auch Dinge kaum noch zu erkennen sein, weil sie sich gleichsam erledigt haben. Historische Adäquatheit sieht anders aus.

Fehlt nur noch der ausgelutschte Spruch: "Man kann die anderen nicht ändern, aber man kann sich selbst ändern." Ja feini, soll das heißen, am Ende ändern die mich, weil mir angeblich keine andere Wahl bleibt? Ein guter Analytiker ist einmal selbst zu der Einsicht gekommen, es sei ihm manchmal darum gegangen, klarzustellen, wer hier die Peitsche schwingt.

Ich habe mich als Teenie tatsächlich mal selbst geändert. Aber so wie ich das wollte. Meinem damaligen Umfeld wäre lieber gewesen, ich hätte es nicht getan :mrgreen: Ich wurde immer unverhohlener eigensinnig, machte was ich wollte ohne Kompromisse, wurde aber auch distanzierter :shy:

(Wobei ich Schule nicht unbedingt in Gänze den fauligen Kompromissen zuschlug, denn in ein paar Fächern lernte ich doch noch was :oops:)
Ich bin als trickfilmer immer großteilig kind geblieben, zwisschen kollegenfreunden die auch nie wirklich erwachsen geworden sind. Weil ich mich zwisschen den wirklichen, nach meinen geschmack recht spießigen normalos, nie wirklich wohl gefühlt habe.
Habe über die jahren auch mehr und mehr den anschluß zu meinen altersgenossen außerhalb der trickfilmwelt, zu den normalen erwachsenen, verloren.

"Man kann die anderen nicht ändern, aber man kann sich selbst ändern."

Es gibt eine dritte option.
Man kann die kreisen wo man sich nicht wohl end eingeengt fühlt verlassen, und sich einen anderen wohlfühlkreis ausuchen, mit menschen die dich so akzeptieren wie du bist. Ist mir über jahrzehnten lang gelungen.
Meine altes spießiges Calvinistisch Protestanten-kreis habe ich hinter mich gelassen, und ich habe mich stattdessen für ein bohemiennes künstlerkreis entschieden, wo ich mich wohl fühlte.

Aus gruppenzwang mich selbst gewalt antun war für mich persönlich noch nie eine option.
Dafür bin ich viel zu idealistisch, und viel zu wenig pragmatisch.

Und die gruppe kann dich nur peitschen, wenn man diesen gruppe selbst gestattet.
Gruppen die mich 'peitschen wollen', sind gruppen wo ich austrete.
Das vorteil davon, einzelgängerischer nonkonformist zu sein, ist, dass gruppen relativ wenig macht über dich haben.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23
Melli hat geschrieben: 09 Jun 2020 21:46Woher wollen die Leute eigentlich wissen, wie man dereinst als Kind war? Auch mit Daten, die man einer Rekonstruktion zugrundelegt, muß man kritisch umgehen. Es können Dinge hinter neuere Entwicklungen zurücktreten, oft im Sinne einer Verschlimmerung, es können aber auch Dinge kaum noch zu erkennen sein, weil sie sich gleichsam erledigt haben. Historische Adäquatheit sieht anders aus.
Ich bin als trickfilmer immer großteilig kind geblieben, zwisschen kollegenfreunden die auch nie wirklich erwachsen geworden sind.
Ich bin nicht so Fan davon, über Erwachsene zu sagen, sie seien Kind geblieben. Das gilt im besten Falle nur in einem sehr eingeschränkten Sinne. Im schlimmsten Falle ist es abwertend gemeint, etwa in dem Sinne, daß jemand bestimmte Eigenschaften nicht an den Tag legt, die man als Erwachsener – vorgeblich – gefälligst zu haben hat.

Zeichnen ist doch ein ehrbarer Beruf. Die Welt ist nicht so wie sie im Lesebuch der 1. Kl. dargestellt wurde. Klein-Elfriedchen spielt nicht mit ihrem Häslein im Garten, während die Mama Gemüsesuppe kocht und der Papa im Büro Überstunden macht. Und selbst das hatten sie reichlich mit bunten Zeichnungen illustriert, weil man Kindern ja schon damals keine "Bleiwüste" zumuten wollte.
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Weil ich mich zwisschen den wirklichen, nach meinen geschmack recht spießigen normalos, nie wirklich wohl gefühlt habe.
Naja, was heißt spießig? Manche Leute leben in ihrer Blase, und wollen von dem, was "da draußen" ist nichts wissen. So ein bißchen wie in "Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich." Man könnte ja auch "gutbürgerlich" sein und trotzdem Lust auf unbekanntes neues haben.

Wenn ich so leben müßte, würde ich an geistiger Verödung sterben :pfarrer:
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Habe über die jahren auch mehr und mehr den anschluß zu meinen altersgenossen außerhalb der trickfilmwelt, zu den normalen erwachsenen, verloren.
Ich habe mich auch mal gefragt, wie Leute in meinem Alter eigentlich sonst so leben, weil der Kontakt zu meinem "age grade" weitgehend abgerissen war...

... als ich es schließlich doch zu wissen kam, dachte ich, auf dieses Wissen hätte ich gerne verzichten können :specht:
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23"Man kann die anderen nicht ändern, aber man kann sich selbst ändern."
Es gibt eine dritte option.
Man kann die kreisen wo man sich nicht wohl end eingeengt fühlt verlassen, und sich einen anderen wohlfühlkreis ausuchen, mit menschen die dich so akzeptieren wie du bist. Ist mir über jahrzehnten lang gelungen.
Hab ich zweimal so ähnlich gemacht. Einmal habe ich mich notgedrungen rauswerfen lassen. Das andere mal habe ich hingeworfen. Auch wenn ich nicht gleich eine Alternative hatte. Also nicht so eine Art "warmer Wechsel". Ich hatte andererseits auch gar keinen Bock auf sowas wie "Neuanfang", wozu auch?
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Aus gruppenzwang mich selbst gewalt antun war für mich persönlich noch nie eine option.
Bis ich ein Konzept wie Konformitätsdruck verstand, war ich schon 15. Davor habe ich mich instinktiv zu entziehen versucht.

Leute, die mir schaden, brauche ich nicht.
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Und die gruppe kann dich nur peitschen, wenn man diesen gruppe selbst gestattet.
Naja, es wäre bestimmt interessant (ha ha...) zu wissen, wie manche Leute über mich lästern. Falls sie sich überhaupt noch an mich erinnern können.
Nonkonformist

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Nonkonformist »

Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23 Ich bin als trickfilmer immer großteilig kind geblieben, zwisschen kollegenfreunden die auch nie wirklich erwachsen geworden sind.
Ich bin nicht so Fan davon, über Erwachsene zu sagen, sie seien Kind geblieben. Das gilt im besten Falle nur in einem sehr eingeschränkten Sinne. Im schlimmsten Falle ist es abwertend gemeint, etwa in dem Sinne, daß jemand bestimmte Eigenschaften nicht an den Tag legt, die man als Erwachsener – vorgeblich – gefälligst zu haben hat.

Zeichnen ist doch ein ehrbarer Beruf. Die Welt ist nicht so wie sie im Lesebuch der 1. Kl. dargestellt wurde. Klein-Elfriedchen spielt nicht mit ihrem Häslein im Garten, während die Mama Gemüsesuppe kocht und der Papa im Büro Überstunden macht. Und selbst das hatten sie reichlich mit bunten Zeichnungen illustriert, weil man Kindern ja schon damals keine "Bleiwüste" zumuten wollte.
Wir haben keine stilleben gemalt.
Eher wollten wir ähnlichen sachen animieren wie coyotes von fallenden ambossen zerschmettern lassen.
Wir hatten allen einen recht derben humor und haben uns wegen totaler blödsinn fast tod gelacht.
Wir haben, am momenten dass wir stramm und steif waren, in der arbeit gummibandschlachten gehalten.
Wir haben blau gemacht um tagsüber go-carts zu fahren und dann stattdessen bis abends spät gearbeitet
Wir haben uns andaurend in unseren kollegen verliebt; das war nicht nur ich, es gab eine ganze menge studio-pärchen.
Auf den hinterbalkon haben kollegen heimlich gekifft.
Auf firmenweihnachtspartys würde auf den tischen getanzt.
Und haben kolleginnen sich mit den dessous auf dam kopiergerät gelegt, um kopien von sich selbst zu erstellen.
Der stimmung bei uns am arbeitsplatz war ich am ähnlichsten mit der stimmung bei einen klassenfaht.
Andaurend practical jokes, alberne humor, flirts.
Wir haben uns gegenseitig kinderüberraschungseier geschenkt.
Einige kolleginnen haben sich tierisch aufgeregt, wenn da keine süße figur drinn war.
Ich habe dauerhaft gags von kollegen gezeichnet, um all die lustige momenten zu kommentieren.
Siezen war bei uns einen beleidigung, sogar den chefs haben wir geduzt und bei den vornahmen angesprochen.

Ich habe auch mal außerhalb der trickfilmindustrie gearbeitet.
Wirklich, eine komplett andere welt.
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Weil ich mich zwisschen den wirklichen, nach meinen geschmack recht spießigen normalos, nie wirklich wohl gefühlt habe.
Naja, was heißt spießig? Manche Leute leben in ihrer Blase, und wollen von dem, was "da draußen" ist nichts wissen. So ein bißchen wie in "Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich." Man könnte ja auch "gutbürgerlich" sein und trotzdem Lust auf unbekanntes neues haben.

Wenn ich so leben müßte, würde ich an geistiger Verödung sterben :pfarrer:
Kann man laut sagen....
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Habe über die jahren auch mehr und mehr den anschluß zu meinen altersgenossen außerhalb der trickfilmwelt, zu den normalen erwachsenen, verloren.
Ich habe mich auch mal gefragt, wie Leute in meinem Alter eigentlich sonst so leben, weil der Kontakt zu meinem "age grade" weitgehend abgerissen war...

... als ich es schließlich doch zu wissen kam, dachte ich, auf dieses Wissen hätte ich gerne verzichten können :specht:
Erneut; kann man laut sagen....
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04 Es gibt eine dritte option.
Man kann die kreisen wo man sich nicht wohl end eingeengt fühlt verlassen, und sich einen anderen wohlfühlkreis ausuchen, mit menschen die dich so akzeptieren wie du bist. Ist mir über jahrzehnten lang gelungen.
Hab ich zweimal so ähnlich gemacht. Einmal habe ich mich notgedrungen rauswerfen lassen. Das andere mal habe ich hingeworfen. Auch wenn ich nicht gleich eine Alternative hatte. Also nicht so eine Art "warmer Wechsel". Ich hatte andererseits auch gar keinen Bock auf sowas wie "Neuanfang", wozu auch? [/quote]
Meine alte nische gibt es nicht mehr.
Ich habe momentan keinen anderen wahl.
Was wohl sehr zu meinen jetzigen depression beigetragen hat.....
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Aus gruppenzwang mich selbst gewalt antun war für mich persönlich noch nie eine option.
Bis ich ein Konzept wie Konformitätsdruck verstand, war ich schon 15. Davor habe ich mich instinktiv zu entziehen versucht.
Ich habe es bereits seit der grundschule gmacht. Während alle jungs in meiner klasse draussen fußball gepsielt haben, bin ich lieber drinnen geblieben und habe gezeichnet. Nur würde das da noch als normal akzeptiert.
Das mobben kam dan erst später.
Und die schulklasse kann man sich eben nicht frei entscheiden...
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04 Leute, die mir schaden, brauche ich nicht.
Ich auch nicht, aber sie sind nicht immer zu vermeiden....
Melli hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:04
Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 04:23Und die gruppe kann dich nur peitschen, wenn man ddas diesen gruppe selbst gestattet.
Naja, es wäre bestimmt interessant (ha ha...) zu wissen, wie manche Leute über mich lästern. Falls sie sich überhaupt noch an mich erinnern können.
Ich vermute mal dass meinen alten mobber mich bereits längst vergessen haben.
Ich vermeide aber gruppen, wo es neuen mobber geben könnte.
Im gegensatz zu was manchmal behauptet wird, können erwachsenen das noch viel, viel besser als kinder.
Nur viel subtiler und raffinierter.
Und da spreche ich aus persönlicher erfahrung.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

Nonkonformist hat geschrieben: 10 Jun 2020 07:38Wir haben keine stilleben gemalt. [...]
Ich hätte solche Gepflogenheiten an einigen Universitätsinstituten einführen sollen. Das hätte mir bestimmt mehr Spaß gemacht :mrgreen:

Man merkte da doch Unterschiede. Ein Institut war, wie man damals sagte, freakig, der Rest war leider mal weniger, mal mehr spießig :( Jetzt rate man mal, wo man besser gearbeitet hat :hammer:
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kreisel
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

hab gesehen, dass ich den Thread noch nicht beantwortet hatte
Melli hat geschrieben: 09 Jun 2020 21:46
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01 Meine Therapeutin meinte ja, bei den erwachsenen Kontexten "ich solle selbst das Kind da raus holen", und hat es so beschrieben, als ginge von mir der Impuls aus, dort kindlich zu reagieren.
Woher wollen die Leute eigentlich wissen, wie man dereinst als Kind war? Auch mit Daten, die man einer Rekonstruktion zugrundelegt, muß man kritisch umgehen. Es können Dinge hinter neuere Entwicklungen zurücktreten, oft im Sinne einer Verschlimmerung, es können aber auch Dinge kaum noch zu erkennen sein, weil sie sich gleichsam erledigt haben. Historische Adäquatheit sieht anders aus.
Ich denke mal, es war von ihr eine Hypothese zum "inneren Kind".
Dass man in dem Moment wie ein gefühltes Kind agiert, mit wenig Optionen, abhängig, sich machtlos fühlend.
Ein Ego State, nicht das historische Kind.
Kurze Erläuterung z. B. auch hier: http://www.jochen-peichl.de/downloads/E ... ritten.pdf)
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Dabei wird immer davon ausgegangen, dass sich draußen fast nur Erwachsenes befindet, ebenso wie hilfreiche und freundliche Erwachsene, und nur man selbst hängt fest an seiner alten Erfahrung, und sieht die Realität nicht so, wie sie ist. :verwirrt:
Und wenn die alten Sichten doch realistischer waren?
Der Geheimbund der netten wohlwollenden Erwachsenen, die einen ins gute Leben rufen,
verschließt sich immer noch vor mir 8-)
Nee, es gibt ja hier und da mal Leute mit guten Einstellungen und ein paar ansprechende
Ideen in Richtung Leben.
Dies auch eher in so einem geschützten speziellen Kontext wie Therapie oder Selbsthilfe.

Ganz viele Leute, eher der Großteil, sind gleichgültig und fixieren sich eher so auf ihres
und auf ihre Weiterkomm-Themen.

Freunde und Feinde kristallisieren sich eher selten heraus. Dafür ist man für die meisten
dann zu unwichtig.
Da bietet ein Feind wohl auch einen gewissen Vorteil und Orientierungspunkt. Mehr als diese Masse
an Fremdheit und Gleichgültigkeit, wenn man von außen so zuschaut
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Das wird wohl zwei Seiten haben, warum man wie reagiert und was einem auch das System, in dem man ist, bietet.
Ich bräuchte erstmal ein zertifiziert vernünftiges wohlwollendes und erwachsenes Umfeld, um dann ganz klar zu trennen, wo ich mich verzerrt oder zu kindlich spiegele.
Diese Zuverlässigkeit ist wahrscheinlich nie zu erreichen.

Man muß ja auch meiner allerbescheidensten Nichtigkeit nicht alles unbesehen glauben. Schließlich habe ich durchaus mein eigenen Interessen, die meine Erkenntnisfähigkeit einfärben.
Eben, eigentlich gibt es immer Verzerrungen.
Manchmal versuche ich dann, aus einer Sache meine Verzerrung und die des anderen rauszurechnen,
um zu sehen, was noch übrig bleibt, woran ich etwas messen kann.
Oder es kann ja auch sein, dass mir der Fokus eines anderen so gefällt, dass ich mich
dann ganz in der Welt des anderen (mit ihren Standpunkten/Grenzen ect) bewege.
Aber das ist eher nicht so meins, jedes System hat ein "außerhalb des Systems".
[+] Seitengedanke
Spannend wäre dabei, was eigentlich Trance ist. Ist Trance eine Überfokussierung, sodass
ich ganz in einem Merkmal/einer Struktur aufgehe oder ist Trance ein Loslassen
von Struktur und eine fast systemlose Weite?
Nonkonformist hat geschrieben:"Man kann die anderen nicht ändern, aber man kann sich selbst ändern."

Es gibt eine dritte option.
Man kann die kreisen wo man sich nicht wohl end eingeengt fühlt verlassen, und sich einen anderen wohlfühlkreis ausuchen, mit menschen die dich so akzeptieren wie du bist. Ist mir über jahrzehnten lang gelungen.
Meine altes spießiges Calvinistisch Protestanten-kreis habe ich hinter mich gelassen, und ich habe mich stattdessen für ein bohemiennes künstlerkreis entschieden, wo ich mich wohl fühlte.
Da müsste man auch rausfinden, welcher Kreis das sein kann und wo man das in der Umgebung
findet (oder sich in diese Umgebung hinbegeben).

Bei mir hab ich gemerkt, es hat wenig mit Subkultur zu tun.
Ich wüsste gar nicht, ob die Eigenschaften, Werte, Persönlichkeitsmerkmale, wo ich etwas
eher zu passe, überhaupt schon irgendwie formiert sind oder überhaupt zur Formierung neigen :gruebel:

Nach eher unpassenden und kräftezehrenden Versuchen bei Gruppen oder schlagartig seltsamen
Entwicklungen hatte ich auch dann erstmal keinen Elan für einen Neuanfang.
Manche Gruppen, wo ich eine Zeit lang halbwegs zurecht kam, haben sich auch "überlebt".
Viele Gruppen gehen einen Entwicklungsweg, begegnen Änderungen, und haben meist leider
irgendwann ein Verfallsdatum.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02
Melli hat geschrieben: 09 Jun 2020 21:46
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01 Meine Therapeutin meinte ja, bei den erwachsenen Kontexten "ich solle selbst das Kind da raus holen", und hat es so beschrieben, als ginge von mir der Impuls aus, dort kindlich zu reagieren.
Woher wollen die Leute eigentlich wissen, wie man dereinst als Kind war? Auch mit Daten, die man einer Rekonstruktion zugrundelegt, muß man kritisch umgehen. Es können Dinge hinter neuere Entwicklungen zurücktreten, oft im Sinne einer Verschlimmerung, es können aber auch Dinge kaum noch zu erkennen sein, weil sie sich gleichsam erledigt haben. Historische Adäquatheit sieht anders aus.
Ich denke mal, es war von ihr eine Hypothese zum "inneren Kind".
Dass man in dem Moment wie ein gefühltes Kind agiert, mit wenig Optionen, abhängig, sich machtlos fühlend. Ein Ego State, nicht das historische Kind.
Aha, ok. Das fand ich immer sehr schwer zu verstehen. Eine meiner Berufskrankheiten ist, daß ich realistische Rekonstruktionen anstrebe :shy:

Hätte auch Bedenken gegen diese Idee:
Wikipedia sub "Inneres Kind" hat geschrieben:Die Arbeit mit dem Inneren Kind funktioniert nach dem Prinzip der beabsichtigten, bewussten, therapeutischen Ich-Spaltung zwischen dem beobachtenden, reflektierenden inneren Erwachsenen-Ich und dem erlebenden Inneren Kind.[2] S. 196
In die Vollen ging auch Firestone mit seiner Kritik. Ich lasse ihn etwas ausführlicher sprechen, damit klar wird, worum es hier geht. Ist in einem AB Kontext vielleicht nicht gänzlich uninteressant.
Firestone, Combating destructive thought processes, 1997: 115ff hat geschrieben: The self-protective, defended person finds it exceptionally difficult to cope with adversity. He or she generally succumbs to it and is overwhelmed by negative events and circumstances. There is a tendency to complain and dwell on frustrating situations instead of experiencing anger and taking appropriate action. The anger that one would ordinarily feel in response to frustration is rationalized and transformed into a feeling of being hurt or victimized. This posture fosters attitudes of blame and righteous indignation that progressively incapacitate the individual. It gives rise to a chronic low-grade, internalized anger that feeds on itself without a real outlet.

Feelings of being wounded and playing the victim cause people to deal with life in judgmental terms and "shoulds." They operate on the basic assumption that the world should be fair: "I should have been loved by my parents." "After all I've done for them!" "That's no way to treat a person," and so on. Their preoccupations with rights and shoulds even when justified are irrelevant to problem solving. Even in the worst of circumstances, such as confinement in a concentration camp, one would be better off planning tactics of survival or escape than focusing on injustice and wrongdoing […]

In trying to avoid the direct experience of emotional pain, defended individuals have less and less tolerance for anxiety and attempt to narcotize themselves with painkilling substances. They are removed from themselves and their everyday experiences and tend to think of themselves as "the poor, misunderstood child," valiantly contending with a hostile world, the "noble child syndrome." Operating from this perspective, they give themselves approval and praise or reward themselves for success, while denigrating and castigating themselves for errors or failures. In a sense, they pat themselves on the head when they are "good" and lash out at themselves when they are "bad".

Unfortunately, a good deal of "inner child" therapy or recovery group work supports this dimension of inwardness. Any manner or means of self-parenting, reparenting oneself, or treating oneself as an object is detrimental, no matter how kindly or upbeat. When people view themselves as forlorn children in the sense of attempting to minister to their "inner child" and offering themselves the loving care that they were deprived of in childhood, it actually fosters painful regressive states. It is of utmost importance for people to be themselves in an ongoing motivational state, experiencing their emotions rather than observing or attending to themselves. Living an outward life, while at times anxiety-provoking, eventually silences "inner voices", freeing up energy for active pursuits.
(Ehe sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, wie man am Erscheinungsjahr sieht, in welchem nämlich ich das Buch las, war ich damals noch HC-AB. Aber vielleicht bin ich bisweilen etwas gnadenlos in dem, was ich mir zumute.)
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01Dabei wird immer davon ausgegangen, dass sich draußen fast nur Erwachsenes befindet, ebenso wie hilfreiche und freundliche Erwachsene, und nur man selbst hängt fest an seiner alten Erfahrung, und sieht die Realität nicht so, wie sie ist. :verwirrt:
Und wenn die alten Sichten doch realistischer waren?
Der Geheimbund der netten wohlwollenden Erwachsenen, die einen ins gute Leben rufen, verschließt sich immer noch vor mir 8-)
Mir sind sogar zu viele über den Weg gelaufen, deren einziges Freizeitvergnügen darin zu bestehen scheint, sich an tragischen Clowns zu ergötzen 😡
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02 Nee, es gibt ja hier und da mal Leute mit guten Einstellungen und ein paar ansprechende Ideen in Richtung Leben. Dies auch eher in so einem geschützten speziellen Kontext wie Therapie oder Selbsthilfe.
Ganz viele Leute, eher der Großteil, sind gleichgültig und fixieren sich eher so auf ihres und auf ihre Weiterkomm-Themen.
Freunde und Feinde kristallisieren sich eher selten heraus. Dafür ist man für die meisten dann zu unwichtig.
Da bietet ein Feind wohl auch einen gewissen Vorteil und Orientierungspunkt. Mehr als diese Masse an Fremdheit und Gleichgültigkeit, wenn man von außen so zuschaut
Das würde ich ähnlich sehen. Die Leute, die einem etwas zu sagen hätte, sind in der Minderheit. Die meisten sind entweder mit sich selbst vollauf beschäftigt, oder eben feindselig. Das ist dann die Wahl zwischen Pest und Cholera.
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 08 Jun 2020 18:01 Das wird wohl zwei Seiten haben, warum man wie reagiert und was einem auch das System, in dem man ist, bietet. Ich bräuchte erstmal ein zertifiziert vernünftiges wohlwollendes und erwachsenes Umfeld, um dann ganz klar zu trennen, wo ich mich verzerrt oder zu kindlich spiegele.
Diese Zuverlässigkeit ist wahrscheinlich nie zu erreichen.
Man muß ja auch meiner allerbescheidensten Nichtigkeit nicht alles unbesehen glauben. Schließlich habe ich durchaus mein eigenen Interessen, die meine Erkenntnisfähigkeit einfärben.
Eben, eigentlich gibt es immer Verzerrungen. Manchmal versuche ich dann, aus einer Sache meine Verzerrung und die des anderen rauszurechnen, um zu sehen, was noch übrig bleibt, woran ich etwas messen kann.
Oder es kann ja auch sein, dass mir der Fokus eines anderen so gefällt, dass ich mich dann ganz in der Welt des anderen (mit ihren Standpunkten/Grenzen ect) bewege.
Aber das ist eher nicht so meins, jedes System hat ein "außerhalb des Systems".
Richtig. Ein System, außerhalb dessen es nur die leere Menge gäbe, wäre pauschal "Die Welt".
[+] Seitengedanke
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02 Spannend wäre dabei, was eigentlich Trance ist. Ist Trance eine Überfokussierung, sodass ich ganz in einem Merkmal/einer Struktur aufgehe oder ist Trance ein Loslassen von Struktur und eine fast systemlose Weite?
In den religiösen Traditionen, die ich kenne, definitiv ersteres.
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 21 Jun 2020 22:04 Aha, ok. Das fand ich immer sehr schwer zu verstehen. Eine meiner Berufskrankheiten ist, daß ich realistische Rekonstruktionen anstrebe :shy:

Hätte auch Bedenken gegen diese Idee:
Wikipedia sub "Inneres Kind" hat geschrieben:Die Arbeit mit dem Inneren Kind funktioniert nach dem Prinzip der beabsichtigten, bewussten, therapeutischen Ich-Spaltung zwischen dem beobachtenden, reflektierenden inneren Erwachsenen-Ich und dem erlebenden Inneren Kind.[2] S. 196
In den Selbsthilfegruppen bin ich ja auch dem Buch und Arbeitsbuch zum Inneren Kind begegnet
von Erika J. Chopich und Margeret Paul.
Ich konnte es nicht so wirklich ernsthaft an mir anwenden, dachte aber, es liegt an der bekannten
innewohnenden Trägheit und Passivität, die "Hilfe an sich selbst" dann doch nicht durchziehen
zu können.

Bei solchen Methoden habe ich gleichermaßen oft Angst vor Misserfolg wie auch vor Erfolg.
Wäre auch die Frage, was da Erfolg wäre, ggf. so ein leicht süßliches Bild von "ich werde
geliebt und bin glücklich und bin eins mit dem Lebensfluss".

Die Ansätze von Firestone, wie man in so ein "verharren" und klagen kommt, eine Aggressionsschwäche, eine schnelle Irritierbarkeit und das aufteilen in feindliches und das gespalten wertende sich
vorantreiben sind mir nicht fremd. :sadwoman:
Das hat er schon sehr nachvollziehbar beschrieben, wie ich finde.

Die Therapie-Praxis in der ich war, hat sogar diese Kritik an dem Inneren Kind Modell auch gehabt.
Unser Supervisor der Arbeit, der in diesem Zentrum meiner späteren Therapeutin arbeitete, hatte erwähnt,
dass dieses Konzept der inneren Spaltung zur Zeit eher kritisch gesehen würde (es war so Anfang 2000er).
[+] noch ein paar Erläuterungen
Vielleicht wollte die Therapeutin mich mit dem "inneren Kind rausnehmen" auch genau darauf
hinweisen, dass ich eher in diesem verharrenden Zustand bin?
Ich hab sie nicht ganz verstanden,was sie meinte oder wie ich etwas anders tun könnte.
Erlebnisorientiert war diese Therapie,aber der Schritt zur angemessenen Handlung war schwer
zu sehen. Auch den Weg zur Auflösung des Zustands der Passivität / Selbstentfremdung habe
ich eher nicht gesehen. Zu sagen "lassen Sie es doch sein" war jetzt nicht so der Weg.

Manchmal hab ich, für mich alleine, Jahre gebraucht,um mich von irgend etwas zu lösen und mich
zumindest mal aus einer schädlichen Umgebung zu bringen.

Bei der Arbeit scheine ich diese Haltung des gefangen seins noch besonders zu haben;
eine Wirkmasse, die immens schnell etwas persönlich nimmt und zu stressen ist.
Und ein starkes "Good girl" Regelsystem, dass ich mir selber zur Sicherheit gebaut
habe und was ich erfüllen will. Bei dem Bewusstsein, dass dass mich eher starr macht und
eine eher schlecht als rechte Orientierung bietet, um existieren zu dürfen.

Ich sehe es aber schon seit langem sehr zwiespältig, bei den anderen von "Mobbing" zu sprechen.
An vielen Punkten sehe ich auch ein, dass man sagen kann-> meine armen Kollegen,
weil sie nicht wissen, warum ihre Dinge bei mir etwas auslösen und ihre Dinge häufig
normale Lebensäußerungen sind.

Die letzten Jahre hab ich auch gemerkt, dass mich vieles so aufregt und überfordert,
und dass mich das immer mehr auffrisst.
Dass ich jede Konfrontation, jede kleine Situation draußen schon "adverse" wahrnehme.

Ich sah Leute, die den Einkaufswagen schieben und das hat mich schon auf die Palme gebracht.
Oder die Sonne draußen. Wind mag ich auch nicht. Oder wenn ich was regeln muss im Kauf oder
mit Handwerkern und es läuft gar nicht so, wie ich es mir dachte oder ist minimal
unverständlich und mein Gewohntes übersteigend, dann kommt großer Stress auf und Wut,
ein unangenehmer getriebener Zustand.
Aber zurückziehen und vermeiden machte alles nur noch schlimmer, darum habe ich mich den Dingen
wieder mehr ausgesetzt.
Melli hat geschrieben: Mir sind sogar zu viele über den Weg gelaufen, deren einziges Freizeitvergnügen darin zu bestehen scheint, sich an tragischen Clowns zu ergötzen 😡
Wer weiß, wie es da in ihrem Innenleben aussieht, vermutlich auch nicht besonders gut verbunden
mit sich selbst.
Nur, anstatt sich selbst ängstlich zu beobachten und ständig gestresst zu sein, beobachten sie dann
andere. Bewerten andere, wo es die passiv gespaltenen Menschen bei sich selbst tun.
Nutzen andere vielleicht als "Novocaine for the soul".
Das ist aggressiver, aber auch keine echte Aggression im Sinne von Wirkmacht für die eigenen Belange
im Leben, die zählen.
Es ist die andere Seite der selben Münze.
Melli hat geschrieben: Richtig. Ein System, außerhalb dessen es nur die leere Menge gäbe, wäre pauschal "Die Welt".
Nicht bei dem Sprichwort "Gott und die Welt" ;) :)
Aber nun gut, es ließe sich darüber streiten, dass Gott eine leere Menge ist.
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Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02 Spannend wäre dabei, was eigentlich Trance ist. Ist Trance eine Überfokussierung, sodass ich ganz in einem Merkmal/einer Struktur aufgehe oder ist Trance ein Loslassen von Struktur und eine fast systemlose Weite?
In den religiösen Traditionen, die ich kenne, definitiv ersteres.
Ah okay. Das halte ich auch für machbarer. Gedacht habe ich allerdings immer, Trance müsste eher zweiteres sein.
Hier dürfte es aber viel eher passieren, dass Menschen eine Art "Ich-Verlust" erleiden und
in eine komplette Regellosigkeit geraten.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26In den Selbsthilfegruppen bin ich ja auch dem Buch und Arbeitsbuch zum Inneren Kind begegnet von Erika J. Chopich und Margeret Paul. Ich konnte es nicht so wirklich ernsthaft an mir anwenden, dachte aber, es liegt an der bekannten innewohnenden Trägheit und Passivität, die "Hilfe an sich selbst" dann doch nicht durchziehen zu können.
Gut, das kann durchaus auch passieren. Bei manchen Büchern fragt man sich tatsächlich, ob das jemals jemand schon mit Erfolg durchgearbeitet hat :specht:
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26Bei solchen Methoden habe ich gleichermaßen oft Angst vor Misserfolg wie auch vor Erfolg.
Wäre auch die Frage, was da Erfolg wäre, ggf. so ein leicht süßliches Bild von "ich werde geliebt und bin glücklich und bin eins mit dem Lebensfluss".
Solche Sprüche sind schlimmer als Zuckerrübensirup 🙀 Ich weiß genau, wie ich als Teenager in Echt darauf reagiert hätte. So dick aufgetragen kann ich nicht ertragen.
[+] noch ein paar Erläuterungen
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26 Vielleicht wollte die Therapeutin mich mit dem "inneren Kind rausnehmen" auch genau darauf hinweisen, dass ich eher in diesem verharrenden Zustand bin? Ich hab sie nicht ganz verstanden,was sie meinte oder wie ich etwas anders tun könnte. Erlebnisorientiert war diese Therapie, aber der Schritt zur angemessenen Handlung war schwer zu sehen. Auch den Weg zur Auflösung des Zustands der Passivität / Selbstentfremdung habe ich eher nicht gesehen. Zu sagen "lassen Sie es doch sein" war jetzt nicht so der Weg.
Das ist leider ein Grundfehler, den Therapeuten immer wieder machen. Da bleibt alles Phantasie, weil sie glauben, der Klient würde sie verstehen, und der Klient mißversteht sie entweder, oder er rätselt herum, was der Therapeut damit nun andeuten wollte :(
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26Manchmal hab ich, für mich alleine, Jahre gebraucht, um mich von irgend etwas zu lösen und mich zumindest mal aus einer schädlichen Umgebung zu bringen.
Ich denke auch, daß sich da ein realistischer Zeitrahmen nach Jahren bis Jahrzehnten bemißt.
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26Bei der Arbeit scheine ich diese Haltung des gefangen seins noch besonders zu haben; eine Wirkmasse, die immens schnell etwas persönlich nimmt und zu stressen ist. Und ein starkes "Good girl" Regelsystem, dass ich mir selber zur Sicherheit gebaut habe und was ich erfüllen will. Bei dem Bewusstsein, dass dass mich eher starr macht und eine eher schlecht als rechte Orientierung bietet, um existieren zu dürfen.
Wie wir schonmal festgestellt hatten, die Arbeitswelt reinszeniert bestimmte Themen. Materielle und soziale Abhängigkeiten bilden nur den allgemeinsten Rahmen.

Nach nur ein paar Stunden stellte mein Analytiker damals auch fest, daß ich ein braves Mädchen sein wolle, und meine Arbeitsmoral auch in die Analyse zu verschleppen versuchte. Hier wird effektiv gearbeitet! :mrgreen:

In der Schule ging es meinem Über-Ich manchmal noch ganz gut. Bis zum Beweis des Gegenteils waren Lehrer für mich Respektspersonen, ich machte meine Hausaufgaben, und ich verwendete keine Spickzettel :hammer: Wie schlecht mein Verhältnis zu meinem Mitschülern war, bekam ich anfangs nicht einmal mit. Ich kannte solche Soziotope gar nicht. Es gab aber auch das Problem, wenn man gut werden will, muß man mehr als nur das in der Schule verlangte tun. Insgesamt war das etwas wackelig alles :neutral: Die Sollbruchstelle lag dann doch eher da, daß es zu tieferen Entfremdungen von Mitschülern und später Mitstudenten kam :(
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26 Ich sehe es aber schon seit langem sehr zwiespältig, bei den anderen von "Mobbing" zu sprechen. An vielen Punkten sehe ich auch ein, dass man sagen kann-> meine armen Kollegen, weil sie nicht wissen, warum ihre Dinge bei mir etwas auslösen und ihre Dinge häufig normale Lebensäußerungen sind.
Leider schließt prinzipiell das eine das andere nicht aus.
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26 Die letzten Jahre hab ich auch gemerkt, dass mich vieles so aufregt und überfordert, und dass mich das immer mehr auffrisst. Dass ich jede Konfrontation, jede kleine Situation draußen schon "adverse" wahrnehme.
Ich sah Leute, die den Einkaufswagen schieben und das hat mich schon auf die Palme gebracht. Oder die Sonne draußen. Wind mag ich auch nicht. Oder wenn ich was regeln muss im Kauf oder mit Handwerkern und es läuft gar nicht so, wie ich es mir dachte oder ist minimal unverständlich und mein Gewohntes übersteigend, dann kommt großer Stress auf und Wut, ein unangenehmer getriebener Zustand.
Aber zurückziehen und vermeiden machte alles nur noch schlimmer, darum habe ich mich den Dingen wieder mehr ausgesetzt.
Da liegen sozusagen die Nerven blank. Chronische Überforderung kann durchaus dazu führen, daß man immer irritierbarer wird.

Ich habe auch schon oft die Jalousien geschlossen gehalten, weil von was da draußen vor sich ging, nichts wissen wollte. Und sei es Sonnenschein ohne jegliches Wölkchen am Himmel wie sich das vielleicht Mallorca-Urlauber wünschen, aber nicht ich, wenn ich noch dies und das zu tun habe ☀️
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26
Melli hat geschrieben: Mir sind sogar zu viele über den Weg gelaufen, deren einziges Freizeitvergnügen darin zu bestehen scheint, sich an tragischen Clowns zu ergötzen 😡
Wer weiß, wie es da in ihrem Innenleben aussieht, vermutlich auch nicht besonders gut verbunden mit sich selbst.
Nur, anstatt sich selbst ängstlich zu beobachten und ständig gestresst zu sein, beobachten sie dann andere. Bewerten andere, wo es die passiv gespaltenen Menschen bei sich selbst tun.
Nutzen andere vielleicht als "Novocaine for the soul".
Das ist aggressiver, aber auch keine echte Aggression im Sinne von Wirkmacht für die eigenen Belange im Leben, die zählen.
Es ist die andere Seite der selben Münze.
Das sind sehr häßliche Züge an Menschen. Solange andere über die Klinge springen müssen, ist ihre Zeit noch nicht abgelaufen. Daß sie das gleiche Schicksal erwarten könnte, fällt ihnen nicht ein.
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kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 21 Jun 2020 11:02 Spannend wäre dabei, was eigentlich Trance ist. Ist Trance eine Überfokussierung, sodass ich ganz in einem Merkmal/einer Struktur aufgehe oder ist Trance ein Loslassen von Struktur und eine fast systemlose Weite?
In den religiösen Traditionen, die ich kenne, definitiv ersteres.
Ah okay. Das halte ich auch für machbarer. Gedacht habe ich allerdings immer, Trance müsste eher zweiteres sein.
Hier dürfte es aber viel eher passieren, dass Menschen eine Art "Ich-Verlust" erleiden und in eine komplette Regellosigkeit geraten.
So dürften sich das viele vorstellen. Das erinnert eher daran, wie manche Leute manche Drogen einsetzen, weil sie bestimmte Zwänge und vermeintliche Hindernisse loswerden möchten. Aber wenn man das unstrukturiert tut, kann man gegenteiligerweise von Horrortrips heimgesucht werden.
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 22 Jun 2020 22:46 Solche Sprüche sind schlimmer als Zuckerrübensirup 🙀 Ich weiß genau, wie ich als Teenager in Echt darauf reagiert hätte. So dick aufgetragen kann ich nicht ertragen.
So ein Spruch klingt ja einerseits verlockend und ideal.
Alles wird gut.
Es ist wohl nicht so einfach, zu wissen, welcher Zustand erreichbar ist oder gut.
Und wieviel Spielraum gibt es, um diesen zu erreichen?

In letzter Zeit dachte ich z B auch ganz kurz über Emotionsregulierung nach. Das wird ja
so hoch gelobt, dass es gut ist, wenn man Stressgefühle, Ärger und bestimmte "negative"
Gefühle regulieren kann. (Ich kann das Meer dann nicht auslöschen, was bodenlos ist
und sehr feindlich sein kann, aber ich kann schwimmen).

So weit ich weiß, lernt man Emotionssteuerung als Kleinkind normalerweise von einer
- regulierten, empathischen- Mutter.
Lt. Neuroforschung werden dabei wohl auch bestimmte Regionen des Gehirns aktiviert.

Meine Gedanken gingen in die Richtung, wieviel kann / soll / will ich da eigentlich eingreifen?
Sicherlich sind Dinge einfacher, wenn man sie in bestimmte Bahnen lenkt.
Wenn man es kann.
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26Bei der Arbeit scheine ich diese Haltung des gefangen seins noch besonders zu haben; eine Wirkmasse, die immens schnell etwas persönlich nimmt und zu stressen ist. Und ein starkes "Good girl" Regelsystem, dass ich mir selber zur Sicherheit gebaut habe und was ich erfüllen will. Bei dem Bewusstsein, dass dass mich eher starr macht und eine eher schlecht als rechte Orientierung bietet, um existieren zu dürfen.
Wie wir schonmal festgestellt hatten, die Arbeitswelt reinszeniert bestimmte Themen. Materielle und soziale Abhängigkeiten bilden nur den allgemeinsten Rahmen.

Nach nur ein paar Stunden stellte mein Analytiker damals auch fest, daß ich ein braves Mädchen sein wolle, und meine Arbeitsmoral auch in die Analyse zu verschleppen versuchte. Hier wird effektiv gearbeitet! :mrgreen:
Hm, aber welche Themen sind es?
Bin ich wichtig, bin ich wertvoll, liege ich richtig? Sowas?

Mit der Anforderung an die Therapiestunde kenne ich. Ich wollte, dass eine Stunde maximal effektiv ist
und etwas herausgearbeitet und geklärt werden kann.
Meine Therapeutin wollte "nur" Kontakt aufnehmen, in die Augen sehen und "im Raum ankommen".
Raum einnehmen könnte wirklich eine ganz gute Sache sein. Es konterkariert schon einiges.

Heute habe ich bei den Kollegen auch beobachtet, dass es ganz viel um Wertung und Moral ging.
Meine Art von Kontakt sah dann aber in der Selbstbeobachtung auch nicht viel anders
aus. Ich hab nur gemerkt, dass es mir schwer fällt, ,längere schöne Geschichten zu
erzählen. Ich kann da eher negativ zentriert sein und neige dazu, die faule Seite des Apfels zu fokussieren.
Ein gegenseitiges sich folgen ist da recht schwierig.

Wenn ich mich also jetzt wieder an meine Kollegen annähere, ist das wirklich
von beiden Seiten sehr ruckelig. Da ist trauriger Clown, um die Kluft irgendwie zu
überspielen auch nur die beste Rolle, die ich hinbekomme.
Mit 20 war ich übrigens mal in Paris und hab an der Straße mir einen Riesenabdruck gekauft
mit einem traurigen Clown.
Melli hat geschrieben:In der Schule ging es meinem Über-Ich manchmal noch ganz gut. Bis zum Beweis des Gegenteils waren Lehrer für mich Respektspersonen, ich machte meine Hausaufgaben, und ich verwendete keine Spickzettel :hammer: Wie schlecht mein Verhältnis zu meinem Mitschülern war, bekam ich anfangs nicht einmal mit. Ich kannte solche Soziotope gar nicht. Es gab aber auch das Problem, wenn man gut werden will, muß man mehr als nur das in der Schule verlangte tun. Insgesamt war das etwas wackelig alles :neutral: Die Sollbruchstelle lag dann doch eher da, daß es zu tieferen Entfremdungen von Mitschülern und später Mitstudenten kam :(
Hm, ich denke das Verhältnis Lehrer - Schüler und auch sein Inhalt sind dann
schon sehr speziell.

Da kann ich mir gut vorstellen, dass der Fokus bei dir woanders lag als bei vielen anderen Mitstudenten.
Und untereinander, im Nicht Lehrer Verhältnis scheint ja nochmal was anderes
zu verbinden. Frag mich nicht, was, das ist schwerer zu verstehen als eine Fremdsprache einer
ganz anderen Kultur, für die es null Materialen gibt und alle anderen es schweigsam intuitiv lernen.
Melli hat geschrieben:Da liegen sozusagen die Nerven blank. Chronische Überforderung kann durchaus dazu führen, daß man immer irritierbarer wird.
Ich verstehe nur nicht, warum man immer mehr überfordert ist, je mehr man sich
zurückzieht. Man könnte doch dann erholt sein. Aber die kleineren Dinge werden schon große Stressoren.
Aber weil man flieht und überfordert ist und insgeheim betet, dass man halbwegs mit dem Tag
klar kommt, ist es eben auch dauernd stressig.
Melli hat geschrieben:Und sei es Sonnenschein ohne jegliches Wölkchen am Himmel wie sich das vielleicht Mallorca-Urlauber wünschen, aber nicht ich, wenn ich noch dies und das zu tun habe ☀️
Manchmal hat Sonnenschein auch etwas echt hämisches, es treibt diese Kluft
zwischen dem "schönen Leben", dem so viele nachstreben, und dem eigenen Inneren noch mehr an.
[+] Seitengedanke
Melli hat geschrieben:
So dürften sich das viele vorstellen. Das erinnert eher daran, wie manche Leute manche Drogen einsetzen, weil sie bestimmte Zwänge und vermeintliche Hindernisse loswerden möchten. Aber wenn man das unstrukturiert tut, kann man gegenteiligerweise von Horrortrips heimgesucht werden.
Ah, ich wusste gar nicht, dass es mit Struktur zusammenhängt. Es heißt dann im Volksmund eher,
dass jemand vielleicht eh schon anfällig war und eine Krankheit schlummerte oder dass es Zufall
ist und völlig unsteuerbar.
Vielleicht hat auch Schlafhygiene mit diesem Gedanken von Struktur zu tun. Dass man ruhiger und
ausgeglichener ist, wenn man vorher eine gewisse Struktur einhält
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben: 22 Jun 2020 22:46 Solche Sprüche sind schlimmer als Zuckerrübensirup 🙀 Ich weiß genau, wie ich als Teenager in Echt darauf reagiert hätte. So dick aufgetragen kann ich nicht ertragen.
So ein Spruch klingt ja einerseits verlockend und ideal.
Einerseits, inhaltlich schon...
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Alles wird gut.
"Alles wird besser, aber nichts wird gut" :roll: :mrgreen: SCNR :oops: Ich konnte es nicht mehr glauben (selbst wenn ich stellenweise noch naiv war, oder nur aus lauter Verzweiflung hoffte (paradox wie sich das lesen mag :oops:). Aber das verschwand dann auch allzu schnell.) :(
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Es ist wohl nicht so einfach, zu wissen, welcher Zustand erreichbar ist oder gut. Und wieviel Spielraum gibt es, um diesen zu erreichen?
Böses Thema :(

Gut könnten ja auch Dinge sein, die einem gar nicht einfallen. Und auf die einem andere auch nicht bringen. Oder sie machen einem Angst (und zwar sogar spezifischer als nur außerhalb der vielgescholtenen Comfort Zone zu liegen) :(

Der Spielraum um etwas zu erreichen kann schwer einzuschätzen sein. Wenn man Glück hat, geht mehr als man dachte. Aber es gilt leider auch: Scheitern ist menschlich.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31In letzter Zeit dachte ich z B auch ganz kurz über Emotionsregulierung nach. Das wird ja so hoch gelobt, dass es gut ist, wenn man Stressgefühle, Ärger und bestimmte "negative" Gefühle regulieren kann. (Ich kann das Meer dann nicht auslöschen, was bodenlos ist und sehr feindlich sein kann, aber ich kann schwimmen).
So weit ich weiß, lernt man Emotionssteuerung als Kleinkind normalerweise von einer - regulierten, empathischen - Mutter. Lt. Neuroforschung werden dabei wohl auch bestimmte Regionen des Gehirns aktiviert.
Meine Gedanken gingen in die Richtung, wieviel kann / soll / will ich da eigentlich eingreifen? Sicherlich sind Dinge einfacher, wenn man sie in bestimmte Bahnen lenkt. Wenn man es kann.
Das Thema Emotionsregulation war zugegeben bislang für mich noch keines :oops:

Zum Vergleich mit Gewässern, kann ich nur sagen, ich halte mich davon fern genug, so daß sich die Wahrscheinlichkeit da hineinzufallen, in Grenzen hält. Muß ja auf meine alten Tage nicht unbedingt schwimmen lernen 🏊🏾‍♀️ Nun könnte man mir das als Vermeidungsverhalten auslegen, aber ich denke, es gibt Dinge, die man mitnichten unbedingt machen "muß".
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 22 Jun 2020 04:26Bei der Arbeit scheine ich diese Haltung des gefangen seins noch besonders zu haben; eine Wirkmasse, die immens schnell etwas persönlich nimmt und zu stressen ist. Und ein starkes "Good girl" Regelsystem, dass ich mir selber zur Sicherheit gebaut habe und was ich erfüllen will. Bei dem Bewusstsein, dass dass mich eher starr macht und eine eher schlecht als rechte Orientierung bietet, um existieren zu dürfen.
Wie wir schonmal festgestellt hatten, die Arbeitswelt reinszeniert bestimmte Themen. Materielle und soziale Abhängigkeiten bilden nur den allgemeinsten Rahmen.
Nach nur ein paar Stunden stellte mein Analytiker damals auch fest, daß ich ein braves Mädchen sein wolle, und meine Arbeitsmoral auch in die Analyse zu verschleppen versuchte. Hier wird effektiv gearbeitet! :mrgreen:
Hm, aber welche Themen sind es?
Mag sein, aus meiner Perspektive sieht das sehr negativ aus. Mir fiele spontan existenzielle Unsicherheit und Abhängigkeit ein, auch das große Thema "moderner" Gesellschaften: Macht, insbesondere Dominanz vs. Unterwerfung. Dazu ein riesiger Bereich interpersoneller Konflikte :(
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Bin ich wichtig, bin ich wertvoll, liege ich richtig? Sowas?
Das sind Fragen, die man sich stellen kann. Aber wiederum, aus meiner Sicht würde ich dafür aufschlußreiche Erfahrungen niemals in der Arbeitswelt erwarten.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Mit der Anforderung an die Therapiestunde kenne ich. Ich wollte, dass eine Stunde maximal effektiv ist und etwas herausgearbeitet und geklärt werden kann.
Meine Therapeutin wollte "nur" Kontakt aufnehmen, in die Augen sehen und "im Raum ankommen". Raum einnehmen könnte wirklich eine ganz gute Sache sein. Es konterkariert schon einiges.
Ich glaube, solche Ideen sind nicht so meins :shy:

Ich weiß gar nicht wie man Raum einnimmt. Ich bescheide mich eher mit Räumen, die man mir zugesteht, z.B. wenn man mich zu einem Symposium einlädt, dann sitze ich eben da vorne und sage ab und zu mal was, aber das ist banale sachliche Notwendigkeit. (Ok, auch Leidenschaft für die Sache :oops:)
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Heute habe ich bei den Kollegen auch beobachtet, dass es ganz viel um Wertung und Moral ging. Meine Art von Kontakt sah dann aber in der Selbstbeobachtung auch nicht viel anders aus. Ich hab nur gemerkt, dass es mir schwer fällt, längere schöne Geschichten zu erzählen. Ich kann da eher negativ zentriert sein und neige dazu, die faule Seite des Apfels zu fokussieren. Ein gegenseitiges sich folgen ist da recht schwierig.
Was für Geschichten? Ich nehme mal an, es handelt sich dabei nicht um traditionelle Erzählstoffe, sondern sowas wie "einen Schwank aus eines Leben" -?

Dazu fiele mir auch nichts ein. Wie sich ein Axtkopf löste und glück-im-unglücklicherweise meinen Kopf nur leicht touchierte ist nicht so witzig. Geschweige mein Besuch als Zwölfjährige bei einem verrückten Professor, der mich völlig sinnloserweise (da mir ja doch nicht zu "helfen" ist 🙀) untersuchen sollte. Das war so ein 💩, da vergeht einem eher jeglicher Rest an Mitteilungsfreudigkeit. Aber andere Leute machen auch miserable Erfahrungen (und thematisieren die nicht unbedingt in der Institutsküche).
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Wenn ich mich also jetzt wieder an meine Kollegen annähere, ist das wirklich von beiden Seiten sehr ruckelig. Da ist trauriger Clown, um die Kluft irgendwie zu überspielen auch nur die beste Rolle, die ich hinbekomme.
Mit 20 war ich übrigens mal in Paris und hab an der Straße mir einen Riesenabdruck gekauft mit einem traurigen Clown.
Ja *seufz* :(

Ein Klassenclown im üblichen Format zu werden habe ich nicht geschafft. Aber ich habe es irgendwie zu erfrischenden inhaltsrelevanten Frechheiten gebracht, die Lehrer und Profs delektierlicher fanden als Mitschüler und Mitstudenten. Wenigstens noch eine der gespaßigeren Nischen, das kann nicht jede/r :oops:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben:In der Schule ging es meinem Über-Ich manchmal noch ganz gut. Bis zum Beweis des Gegenteils waren Lehrer für mich Respektspersonen, ich machte meine Hausaufgaben, und ich verwendete keine Spickzettel :hammer: Wie schlecht mein Verhältnis zu meinem Mitschülern war, bekam ich anfangs nicht einmal mit. Ich kannte solche Soziotope gar nicht. Es gab aber auch das Problem, wenn man gut werden will, muß man mehr als nur das in der Schule verlangte tun. Insgesamt war das etwas wackelig alles :neutral: Die Sollbruchstelle lag dann doch eher da, daß es zu tieferen Entfremdungen von Mitschülern und später Mitstudenten kam :(
Hm, ich denke das Verhältnis Lehrer - Schüler und auch sein Inhalt sind dann schon sehr speziell.
Kann man wohl sagen :shy:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Da kann ich mir gut vorstellen, dass der Fokus bei dir woanders lag als bei vielen anderen Mitstudenten. Und untereinander, im Nicht Lehrer Verhältnis scheint ja nochmal was anderes zu verbinden. Frag mich nicht, was, das ist schwerer zu verstehen als eine Fremdsprache einer ganz anderen Kultur, für die es null Materialen gibt und alle anderen es schweigsam intuitiv lernen.
Ich kann's bis heute nicht sagen. Es gibt so viel zur Ethnographie von Umgangsformen, aber viele der "großen" Kulturen enthalten weiße Flecken. Wahrscheinlich weil man glaubt, an denen sei nicht so viel erklärungsbedürftig.

Dagegen, ganz bei Null anfangen muß man längst bei keiner Sprache mehr. Zur Not findet man noch ein verwandtes Idiom, von dem aus man sich vorsichtig vorantasten kann.

Aber eher schweigsam durch aufmerksames Zuhören lernen manchmal tatsächlich die Kinder. Von denen erwartet man in manchen Kulturen nicht, daß sie so früh selbst zu sprechen versuchen. Wenn sie dann mit 3, 4, 5 anfangen zu sprechen, können sie das aber tatsächlich schon durchaus gut.

Die Leute haben dann aber auch sonst hohe Ansprüche. Daß jemand sprachlich so richtig gut ist, sagen sie meistens erst Elders nach.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben:Da liegen sozusagen die Nerven blank. Chronische Überforderung kann durchaus dazu führen, daß man immer irritierbarer wird.
Ich verstehe nur nicht, warum man immer mehr überfordert ist, je mehr man sich zurückzieht.
Nein, das ist nicht je mehr man sich zurückzieht, sondern wie man sich gar nicht mehr genug zurückziehen kann.

Im schiimmsten Falle ist man irgendwann so ausgebrannt, daß selbst eine längere Auszeit keine Abhilfe mehr verschaffen kann.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Man könnte doch dann erholt sein. Aber die kleineren Dinge werden schon große Stressoren. Aber weil man flieht und überfordert ist und insgeheim betet, dass man halbwegs mit dem Tag klar kommt, ist es eben auch dauernd stressig.
Das zeigt doch gerade, daß man schon gar nicht mehr runterkommt.

Ich hatte auch Zeiten, da hat es mich am Abend schon vor dem nächsten Tag gegraust.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben:Und sei es Sonnenschein ohne jegliches Wölkchen am Himmel wie sich das vielleicht Mallorca-Urlauber wünschen, aber nicht ich, wenn ich noch dies und das zu tun habe ☀️
Manchmal hat Sonnenschein auch etwas echt hämisches, es treibt diese Kluft zwischen dem "schönen Leben", dem so viele nachstreben, und dem eigenen Inneren noch mehr an.
Ja, da lacht die Sonne nicht, sie lacht mich aus :mrgreen: :(

Außerdem tut es bei Bindehautentzündung oder erst Migräne tatsächlich weh.

Immerhin hatte ich eine gute Sonnenbrille :cool: Und irgendwann ereilte mich die Einsicht, daß ich mich völlig sinnfrei kaputtmache, wenn ich hier dies und dort jenes "muß".
[+] Seitengedanke
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben:So dürften sich das viele vorstellen. Das erinnert eher daran, wie manche Leute manche Drogen einsetzen, weil sie bestimmte Zwänge und vermeintliche Hindernisse loswerden möchten. Aber wenn man das unstrukturiert tut, kann man gegenteiligerweise von Horrortrips heimgesucht werden.
Ah, ich wusste gar nicht, dass es mit Struktur zusammenhängt. Es heißt dann im Volksmund eher, dass jemand vielleicht eh schon anfällig war und eine Krankheit schlummerte oder dass es Zufall ist und völlig unsteuerbar.
Vielleicht hat auch Schlafhygiene mit diesem Gedanken von Struktur zu tun. Dass man ruhiger und ausgeglichener ist, wenn man vorher eine gewisse Struktur einhält
Das würde ich als Schichtungen verschiedener Strukturen auffassen. Ich denke auch, daß Krankheiten nicht vom Himmel fallen. Aber leider analysiert man das meistens erst, wenn es sozusagen zu spät ist.

Die andere Sache betrifft, z.B. "magic mushrooms", die anscheinend in den letzten Jahren erst so richtig in Mode gekommen sind. Alleine diese lächerliche Bezeichung ist gräßlich :roll: "Götterpilz" klingt da schon ernsthafter.

Nebenbei, um die alte Verwirrung aufzulösen: nanak(a)- (abs. ; pl. -meʔ) heißt "Pilz", zu nak(a)- (abs. ; rel. -nakayo⋅) "Fleisch, Körper" als "fleischähnlich" :mrgreen: Ohnehin klar ist teo⋅- ~ tio⋅- (abs. , pl. te⋅teoʔ) "Gott".

Es gibt Anleitungen wie die von Leary/Metzner/Albert, aus denen selbst hervorgeht, wie problematisch das Unterfangen sogar bei medizinischer Überwachung immer noch ist.

Leary, Timothy / Ralph Metzner / Richard Alpert (1964): The psychedelic experience: A manual based on the Tibetan Book of the Dead. Secaucus, NJ: Citadel. http://www.leary.ru/download/leary/Timo ... 20Dead.pdf.
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 26 Jun 2020 09:29
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Es ist wohl nicht so einfach, zu wissen, welcher Zustand erreichbar ist oder gut. Und wieviel Spielraum gibt es, um diesen zu erreichen?
Gut könnten ja auch Dinge sein, die einem gar nicht einfallen. Und auf die einem andere auch nicht bringen. Oder sie machen einem Angst (und zwar sogar spezifischer als nur außerhalb der vielgescholtenen Comfort Zone zu liegen) :(

Der Spielraum um etwas zu erreichen kann schwer einzuschätzen sein. Wenn man Glück hat, geht mehr als man dachte. Aber es gilt leider auch: Scheitern ist menschlich.
Dass es noch etwas unbekanntes gibt, was gut sein könnte, gibt einem ja noch Hoffnung.
Wenn man denn irgendwann darauf stößt und die unbekannten Wege und Lebarten erreicht.
Aber zumindest kann man ahnen "es gibt mehr, als ich kenne und zur Zeit sehe".
Das Thema Emotionsregulation war zugegeben bislang für mich noch keines :oops:

Zum Vergleich mit Gewässern, kann ich nur sagen, ich halte mich davon fern genug, so daß sich die Wahrscheinlichkeit da hineinzufallen, in Grenzen hält. Muß ja auf meine alten Tage nicht unbedingt schwimmen lernen 🏊🏾‍♀️ Nun könnte man mir das als Vermeidungsverhalten auslegen, aber ich denke, es gibt Dinge, die man mitnichten unbedingt machen "muß".
Emotionsregulierung für mich wohl auch nicht, bzw. das Konzept hab ich bei mir
nicht anwendungsbereit verstanden.
Was eher bei mir zutrifft ist gelegentlich Stimmungsregulierung ( z B über Essen und Bewegung)
oder Stressregulierung. (Anforderung und Rückzug halbwegs regulieren).
Emotionen haben ja in einer aktuellen Situation meistens auch einen Sinn?
Da erschlägt man ja nicht den Boten, sondern guckt, was mit der Situation los ist.
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31
Melli hat geschrieben: Wie wir schonmal festgestellt hatten, die Arbeitswelt reinszeniert bestimmte Themen.
Hm, aber welche Themen sind es?
Mag sein, aus meiner Perspektive sieht das sehr negativ aus. Mir fiele spontan existenzielle Unsicherheit und Abhängigkeit ein, auch das große Thema "moderner" Gesellschaften: Macht, insbesondere Dominanz vs. Unterwerfung. Dazu ein riesiger Bereich interpersoneller Konflikte :(
Hm, stimmt schon. Es geht um Gruppen, die handeln und Richtlinien vorgeben, ob jetzt
sehr kompetent oder nicht; und andere, die das so tun sollten.
Das hat dann schon mit Anpassung und Unterdrückung zu tun hat.
Und die mächtigen haben auch ihre Spielregeln und sind nicht so wirklich frei.

Ich denke aber, was ich noch dazu vermische, da Arbeit mein fast einziges und sehr raumgreifendes
Bezugssystem ist, sind zutiefst persönliche Fragen:
Wie orientiere ich mich als Mensch?
BIN ich richtig?

Ich habe das weder in mir noch in meiner Familie gefunden und damals mich in Schule
und Leistung gestürzt, darüber definiert. Diese Vermischung war aber nicht besonders
hilfreich, oder bot zumindest keine echten Antworten.

Ich kann mir auch vorstellen, dass es DAS war, wo meine Therapeutin meint, das soll ich
raushalten. Also die Ebene raushalten.
Was dabei geholfen hätte, wäre eine genauere Erkenntnis:
wie stecke ich da drin? wie bin ich hineingeraten?
Und wo sonst lässt sich diese Ebene beantworten?
[+] sie schlug mir etwas vor
Meine Therapeutin meinte irgendwann auf meine Fragen und Einwände hin, ich könnte in ihrem Institut
eine Ausbildung machen.
Diese Methode dreht sich zwar auch um das "Gespür für sich selbst", aber insgesamt hatte ich das
Gefühl,dass das keine Antwort für mich ist.

Dann ersetze ich die eine Arbeit durch eine andere. Die eine Bezugsgruppe durch eine andere.
Wobei ich schon glaube, dass psychologische Arbeit oder Arbeit am Selbst sicher auch
[+] Freiheit will und einen sinnvolleren Bezug und nicht unbedingt Unterwerfung
Es gibt auch ein Buch, fällt mir ein, von Alexander Berzin- "Zwischen Freiheit und Unterwerfung"-
es geht um das Lehrer-Schüler Verhältnis in der buddhistischen Schule. Vielleicht beschreibt
das etwas, dass man etwas fürs Leben lernen will, aber dies auch in einem System geschieht
mit Regeln und Ordnungen und einem, der "weiter und wissender ist", und einem anderen,
der eine Ordnung auch lernt
Melli hat geschrieben: 26 Jun 2020 09:29
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Bin ich wichtig, bin ich wertvoll, liege ich richtig? Sowas?
Das sind Fragen, die man sich stellen kann. Aber wiederum, aus meiner Sicht würde ich dafür aufschlußreiche Erfahrungen niemals in der Arbeitswelt erwarten.
Das ist das große Drama, wenn man nicht so richtig dazugehört und nicht so richtig
weiß, wozu man gehört und orientiert ist.
Man lässt sich von jedem x beliebigen verunsichern.
Auch von dahergelaufenen Leuten, die sagen ich bin blöd, oder mein Körper ist nicht
in Ordnung ect.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Heute habe ich bei den Kollegen auch beobachtet, dass es ganz viel um Wertung und Moral ging. Meine Art von Kontakt sah dann aber in der Selbstbeobachtung auch nicht viel anders aus. Ich hab nur gemerkt, dass es mir schwer fällt, längere schöne Geschichten zu erzählen. Ich kann da eher negativ zentriert sein und neige dazu, die faule Seite des Apfels zu fokussieren. Ein gegenseitiges sich folgen ist da recht schwierig.
Was für Geschichten? Ich nehme mal an, es handelt sich dabei nicht um traditionelle Erzählstoffe, sondern sowas wie "einen Schwank aus eines Leben" -?

Dazu fiele mir auch nichts ein. Wie sich ein Axtkopf löste und glück-im-unglücklicherweise meinen Kopf nur leicht touchierte ist nicht so witzig.Geschweige mein Besuch als Zwölfjährige bei einem verrückten Professor, der mich völlig sinnloserweise (da mir ja doch nicht zu "helfen" ist 🙀) untersuchen sollte. Das war so ein 💩, da vergeht einem eher jeglicher Rest an Mitteilungsfreudigkeit..
Ja, es sind Geschichten so im Leben, z B über Famillie, oder Ausflüge, oder Hobbies oder was man
witziges erlebt hat, oder wo es vielleicht mal *leicht* stressig oder blöd war, zum wundern.

Ich denke, mit diesen Geschichten werden nette Gemeinsamkeiten geschaffen, auf einer angenehmen
Ebene.
Die Arbeit selbst kann dann natürlich Thema sein, aber da scheiden sich auch die Geister und
der Saft ist schnell raus.

Ich lade aber auch nicht zu Gemeinsamkeiten ein, und wenn mich jemand anspricht "warst du beim
Friseur" werde ich schon schreckhaft, beim Gedanken an Friseur wird mir schlecht, und ich antworte
wahrheitsgemäß - "nein, ich hasse es da festzusitzen und färbe und schneide selbst." Das ist
dann für die anderen jenseits der Vorstellung. Thema fehlender Friseur bei Corona war ja auch so
ein großes "oh Gott, wie schlimm, geht ja gar nicht" - Thema.
Bei mir gehts schon so ca. 6 Jahre und die anderen haben es noch nichtmals gemerkt, also
scheint es nicht so auffallend abweichend zu sein.

Ich habe aber auch instinktive Abwehrreaktionen, wenn Themen aufkommen, wo andere vermutlich
Gemeinsamkeiten finden / suchen. Das ist mir erst die Tage aufgefallen, dass ich dann erschrecke und
das eher als Zumutung empfinde und der Fluss ist durchkreuzt.
Eigentlich weiß ich noch nichtmals, welche Brücken ich bauen mag / kann zu anderen.
Melli hat geschrieben:Aber andere Leute machen auch miserable Erfahrungen (und thematisieren die nicht unbedingt in der Institutsküche
Das kann ich mir vorstellen, diese werden dann genug anderes fokussieren können
und etwas gemeinsames mit anderen finden können.

Ich glaube, am Anfang dachte ich ja, dass Essen ein gutes verbindendes Thema sein kann.
Aber als dann die ganzen Diäten und Ausnahmen kamen, war ich auch etwas resigniert.
Essen verbindet ja alle, wie die Luft zum atmen.

Ich verstehe nicht, bin ich denn so interesselos, dass mich die Themen der anderen kaum
interessieren? Thema eines anderen: Dass man im Hochsommer zur Hochzeit des Parteivorstands
im Karnevalsanzug geht? Da hab ich dann letzte Woche mal nachgefragt usw, aber mir würde sowas
nie im Leben einfallen. In einem Karnevalsverein zu sein oder im Sommer zu einer Hochzeit
zu gehen von jemand, der nicht eng verwandt oder befreundet ist.

Macht man diese Dinge denn die ganze Zeit nur, um sich zu überwinden und gesellschaftlich
teilzunehmen oder haben die anderen daran Spaß?
Dieser Kollege meinte, danach gibt es einen Umtrunk, und das besaufen wiegt die Unannehmlichkeiten
wieder auf.

Aber bei mir ist Besauen in der Hitze im Karnevalsanzug null attraktiv. Es wäre so ein dermaßenes
Minusgeschäft, mich da zu überwinden, nur um Brücken zu bauen.
Bei mir ist es bisher leider nie so "etwas Überwindung, aber danach kommt was positives,
dass sich die Mühe lohnt". Es bleibt unsicher und unangenehm und ist irgendwie nicht so
meins, was ich versucht hatte und was vielen anderen wohl Spaß zu machen scheint.

Meinen letzten Urlaub hab ich übrigens fast nur an Brücken verbracht :gruebel:
Aber die kommen ja auch nicht aus dem Nichts. Das ist ein großer Kraftakt, Planungsakt
und Material-und Mittelaufwand, bis so eine Brücke mal steht.
Ein Klassenclown im üblichen Format zu werden habe ich nicht geschafft. Aber ich habe es irgendwie zu erfrischenden inhaltsrelevanten Frechheiten gebracht, die Lehrer und Profs delektierlicher fanden als Mitschüler und Mitstudenten. Wenigstens noch eine der gespaßigeren Nischen, das kann nicht jede/r :oops:
Klingt doch gut, dass du eine Rolle gefunden hast, in der du auch was davon hast.
Kann sein, dass man für die anderen "Peers" dann eher so der besserwisserische Streber ist.
Was ihnen aber wieder gefällt ist, wenn man die Lehrkraft etwas brüskiert und aus dem Tritt bringt.
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Da kann ich mir gut vorstellen, dass der Fokus bei dir woanders lag als bei vielen anderen Mitstudenten. Und untereinander, im Nicht Lehrer Verhältnis scheint ja nochmal was anderes zu verbinden. Frag mich nicht, was, das ist schwerer zu verstehen als eine Fremdsprache einer ganz anderen Kultur, für die es null Materialen gibt und alle anderen es schweigsam intuitiv lernen.
Ich kann's bis heute nicht sagen. Es gibt so viel zur Ethnographie von Umgangsformen, aber viele der "großen" Kulturen enthalten weiße Flecken. Wahrscheinlich weil man glaubt, an denen sei nicht so viel erklärungsbedürftig.
Es gibt ja auch bei uns solche "sozialen Codes", aber manchen Leuten scheinen die auch nicht
geläufig zu sein, für andere zu selbstverständlich, um sie zu erklären.
Aber wie kann das sein, dass manche da selbstverständlich hineinwachsen und auch als zugehörig
erkannt werden und andere auch dort aufwachsen, aber diese Akzeptanz und Zugehörigkeit
nicht erhalten? :gruebel: Sind da wirklich in einer Gesellschaft verschiedene mentale Ethnien unterwegs?

[+] Seitengedanke
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31 Ah, ich wusste gar nicht, dass es mit Struktur zusammenhängt. Es heißt dann im Volksmund eher, dass jemand vielleicht eh schon anfällig war und eine Krankheit schlummerte oder dass es Zufall ist und völlig unsteuerbar.
Vielleicht hat auch Schlafhygiene mit diesem Gedanken von Struktur zu tun. Dass man ruhiger und ausgeglichener ist, wenn man vorher eine gewisse Struktur einhält
Das würde ich als Schichtungen verschiedener Strukturen auffassen. Ich denke auch, daß Krankheiten nicht vom Himmel fallen. Aber leider analysiert man das meistens erst, wenn es sozusagen zu spät ist.
Klingt interessant, aber davon verstehe ich nicht viel.
Die andere Sache betrifft, z.B. "magic mushrooms", die anscheinend in den letzten Jahren erst so richtig in Mode gekommen sind. Alleine diese lächerliche Bezeichung ist gräßlich :roll: "Götterpilz" klingt da schon ernsthafter.
(...)
Es gibt Anleitungen wie die von Leary/Metzner/Albert, aus denen selbst hervorgeht, wie problematisch das Unterfangen sogar bei medizinischer Überwachung immer noch ist.
Das kenne ich nur aus Erzählungen der Literatur und eines Bekannten, der vor
25 Jahren so gut wie ALLES genommen hat. Der war oft tagelang wie weggetreten und fand sich irgendwo
irgendwie wieder dann. Er fand es nur bedauerlich, dass es eigentlich nichts gibt, wo er sich und seine
Konflikte wirklich vergessen kann.
Dieses Buch hier muss ich mal vor ca 15 Jahren gelesen haben.

Ich hätte viel zuviel Angst vor Kontrollverlust.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Was eher bei mir zutrifft ist gelegentlich Stimmungsregulierung ( z B über Essen und Bewegung) oder Stressregulierung. (Anforderung und Rückzug halbwegs regulieren).
Emotionen haben ja in einer aktuellen Situation meistens auch einen Sinn?
Da erschlägt man ja nicht den Boten, sondern guckt, was mit der Situation los ist.
Ja natürlich. Unerwünschte Gefühlsregungen zu unterdrücken scheint mir keine gute Idee.
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Hm, aber welche Themen sind es?
Mag sein, aus meiner Perspektive sieht das sehr negativ aus. Mir fiele spontan existenzielle Unsicherheit und Abhängigkeit ein, auch das große Thema "moderner" Gesellschaften: Macht, insbesondere Dominanz vs. Unterwerfung. Dazu ein riesiger Bereich interpersoneller Konflikte :(
Hm, stimmt schon. Es geht um Gruppen, die handeln und Richtlinien vorgeben, ob jetzt sehr kompetent oder nicht; und andere, die das so tun sollten. Das hat dann schon mit Anpassung und Unterdrückung zu tun hat. Und die mächtigen haben auch ihre Spielregeln und sind nicht so wirklich frei.
Ich denke aber, was ich noch dazu vermische, da Arbeit mein fast einziges und sehr raumgreifendes Bezugssystem ist, sind zutiefst persönliche Fragen:
Wie orientiere ich mich als Mensch?
BIN ich richtig?
Ich habe das weder in mir noch in meiner Familie gefunden und damals mich in Schule und Leistung gestürzt, darüber definiert. Diese Vermischung war aber nicht besonders hilfreich, oder bot zumindest keine echten Antworten.
Das sind keine ganz trivialen Fragen. Die Antworten werden derlei Institutionen nicht wohlfeil liefern können.

Was schonmal das Problem der Orientierung berührte. Schätzungsweise wird es zumindest ab einem gewissen Alter der eigenen Bemühung bedürfen.

Aber was bedeutet "richtig"? :(
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Ich kann mir auch vorstellen, dass es DAS war, wo meine Therapeutin meint, das soll ich raushalten. Also die Ebene raushalten.
Das ist schwierig, wenn das so etwas wie alternativlos ist als eine Art Forum, um Deine drängenden Fragen diskutiert zu bekommen :(
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Was dabei geholfen hätte, wäre eine genauere Erkenntnis: wie stecke ich da drin? wie bin ich hineingeraten? Und wo sonst lässt sich diese Ebene beantworten?
Man kann das banal beantworten, man wird ganz lapidar von den Eltern in eine Schule ihrer Wahl gesteckt, man trifft Studien- und Berufswahl mehr oder weniger frei, ob nun nur nach inhaltlichen Kriterien oder auch nach welchen mit Bezug auf den Ort, etc. etc.

Man kann aber genau das alles auch etwas mehr in Frage stellen.

Wahrscheinlich wäre ich da auch besser gefahren, hätte ich die altehrwürdige Weisheit beherzigt: ألجار قبل آلدار، ألرفيق قبل آلطريق al-ǧāru qabla d-dāri, ar-rafīqu qabla ʾṭ-ṭarīqi "der Nachbar [kommt] vor dem Haus, der Gefährte [kommt] vor dem Weg", d.h. man soll sich beide zuerst aussuchen. Aber selbst das ist gar nicht so einfach :(
[+] Vorschlag der Therapeutin
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43 Meine Therapeutin meinte irgendwann auf meine Fragen und Einwände hin, ich könnte in ihrem Institut eine Ausbildung machen.
Diese Methode dreht sich zwar auch um das "Gespür für sich selbst", aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass das keine Antwort für mich ist.
Dann ersetze ich die eine Arbeit durch eine andere. Die eine Bezugsgruppe durch eine andere.
Wobei ich schon glaube, dass psychologische Arbeit oder Arbeit am Selbst sicher auch
Wenn Arbeit und Bezugsgruppe eine Verbesserung dargestellt hätten, wäre ja gut gewesen, aber wenn man sich nicht viel davon versprechen kann, kann das doch nicht überzeugen.
[+] Freiheit will und einen sinnvolleren Bezug und nicht unbedingt Unterwerfung
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43 Es gibt auch ein Buch, fällt mir ein, von Alexander Berzin- "Zwischen Freiheit und Unterwerfung"- es geht um das Lehrer-Schüler Verhältnis in der buddhistischen Schule. Vielleicht beschreibt das etwas, dass man etwas fürs Leben lernen will, aber dies auch in einem System geschieht mit Regeln und Ordnungen und einem, der "weiter und wissender ist", und einem anderen, der eine Ordnung auch lernt
Ich kannte den noch gar nicht. Müßte auch dessen Webseite erst einmal ein bißchen durchstöbern.

Vorläufig kann ich nur sagen, da er ja mit tibetischem Buddhismus befaßt ist, dürfte er primär ein Modell vor Augen haben, das auf einer klösterlichen Ordnung beruht. Das stelle ich mir strenger und weniger privat, oder gar familiär vor als was ich gewohnt war.
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben: 26 Jun 2020 09:29
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Bin ich wichtig, bin ich wertvoll, liege ich richtig? Sowas?
Das sind Fragen, die man sich stellen kann. Aber wiederum, aus meiner Sicht würde ich dafür aufschlußreiche Erfahrungen niemals in der Arbeitswelt erwarten.
Das ist das große Drama, wenn man nicht so richtig dazugehört und nicht so richtig weiß, wozu man gehört und orientiert ist. Man lässt sich von jedem x beliebigen verunsichern.
Auch von dahergelaufenen Leuten, die sagen ich bin blöd, oder mein Körper ist nicht in Ordnung ect.
Ist mir auch schon passiert, v.a. in jüngeren Jahren, da glaubt jeder Depp sich aufzuspielen und wichtigtun zu können. Da frage ich mich, hatte ich ein T-Shirt an, auf dem stand: Bitte klugscheißen! 💩

Irgendwann habe ich gelernt, draußen immer böse genug zu gucken, um mir ungebetene Kommentatoren vom Hals zu halten :twisted:

Auf seine eigne Art am schlimmsten war es natürlich noch früher in der Penne. Daran erinnern mich aber auch so manche Entgleisungen im iNetz. Denen fällt nichts originelleres ein als Witwenverbrennungen und daß sie dachten, ich würde meine Wäsche im Ganges statt in der Waschmaschine waschen 🥒
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Heute habe ich bei den Kollegen auch beobachtet, dass es ganz viel um Wertung und Moral ging. Meine Art von Kontakt sah dann aber in der Selbstbeobachtung auch nicht viel anders aus. Ich hab nur gemerkt, dass es mir schwer fällt, längere schöne Geschichten zu erzählen. Ich kann da eher negativ zentriert sein und neige dazu, die faule Seite des Apfels zu fokussieren. Ein gegenseitiges sich folgen ist da recht schwierig.
Was für Geschichten? Ich nehme mal an, es handelt sich dabei nicht um traditionelle Erzählstoffe, sondern sowas wie "einen Schwank aus eines Leben" -?
Dazu fiele mir auch nichts ein. Wie sich ein Axtkopf löste und glück-im-unglücklicherweise meinen Kopf nur leicht touchierte ist nicht so witzig.Geschweige mein Besuch als Zwölfjährige bei einem verrückten Professor, der mich völlig sinnloserweise (da mir ja doch nicht zu "helfen" ist 🙀) untersuchen sollte. Das war so ein 💩, da vergeht einem eher jeglicher Rest an Mitteilungsfreudigkeit..
Ja, es sind Geschichten so im Leben, z B über Famillie, oder Ausflüge, oder Hobbies oder was man witziges erlebt hat, oder wo es vielleicht mal *leicht* stressig oder blöd war, zum wundern.
Ich denke, mit diesen Geschichten werden nette Gemeinsamkeiten geschaffen, auf einer angenehmen
Ebene.
Die Arbeit selbst kann dann natürlich Thema sein, aber da scheiden sich auch die Geister und der Saft ist schnell raus.
Ich lade aber auch nicht zu Gemeinsamkeiten ein, und wenn mich jemand anspricht "warst du beim Friseur" werde ich schon schreckhaft, beim Gedanken an Friseur wird mir schlecht, und ich antworte
wahrheitsgemäß - "nein, ich hasse es da festzusitzen und färbe und schneide selbst." Das ist dann für die anderen jenseits der Vorstellung. Thema fehlender Friseur bei Corona war ja auch so ein großes "oh Gott, wie schlimm, geht ja gar nicht" - Thema.
Weiß auch nicht, warum das so ist. Ist das irgendein gesellschaftliches Ereignis?

Es gibt hier schon einige Friseure, die mehr auf sich halten, da bekommt man was zu trinken und kann fernsehen oder so, und nach ein paar Stunden geht man mit einer Frisur wie ein Bollywood-Sternchen raus :mrgreen:
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Bei mir gehts schon so ca. 6 Jahre und die anderen haben es noch nichtmals gemerkt, also scheint es nicht so auffallend abweichend zu sein.
Ich habe aber auch instinktive Abwehrreaktionen, wenn Themen aufkommen, wo andere vermutlich Gemeinsamkeiten finden / suchen. Das ist mir erst die Tage aufgefallen, dass ich dann erschrecke und das eher als Zumutung empfinde und der Fluss ist durchkreuzt.
Eigentlich weiß ich noch nichtmals, welche Brücken ich bauen mag / kann zu anderen.
Weiß ich auch nicht 🤷🏾‍♀️

Mir ist eher aufgefallen, daß ich in Schule und Uni manchmal von bestimmten Themen ausgeschlossen war, aber der Art, daß sich da welche unterhalten haben und gar keine andere Erwartung hatten als daß ich dazu nichts sagen würde. Welche Themen das waren, habe ich gnädig vergessen. Schätzungsweise alles nur erdenkliche von deren Liebesleben bis zu harmloseren Vergnügungen wie Mode. Da hätten sie sogar recht behalten, daß ich mich nicht dazu äußern würde :roll:
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben:Aber andere Leute machen auch miserable Erfahrungen (und thematisieren die nicht unbedingt in der Institutsküche
Das kann ich mir vorstellen, diese werden dann genug anderes fokussieren können und etwas gemeinsames mit anderen finden können.
Ich glaube, am Anfang dachte ich ja, dass Essen ein gutes verbindendes Thema sein kann. Aber als dann die ganzen Diäten und Ausnahmen kamen, war ich auch etwas resigniert. Essen verbindet ja alle, wie die Luft zum atmen.
Sollte man denken, aber viele Leute leben da ihre Neurosen aus. Ist ja relativ ungefährlich, wenn das viele so machen.

Wenn sie das Atmen für ich auch noch entdeckten, wären die bestimmt nur noch mit ihrer Tauchausrüstung unterwegs :specht:
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Ich verstehe nicht, bin ich denn so interesselos, dass mich die Themen der anderen kaum interessieren? Thema eines anderen: Dass man im Hochsommer zur Hochzeit des Parteivorstands im Karnevalsanzug geht? Da hab ich dann letzte Woche mal nachgefragt usw, aber mir würde sowas nie im Leben einfallen. In einem Karnevalsverein zu sein oder im Sommer zu einer Hochzeit zu gehen von jemand, der nicht eng verwandt oder befreundet ist.
Macht man diese Dinge denn die ganze Zeit nur, um sich zu überwinden und gesellschaftlich teilzunehmen oder haben die anderen daran Spaß?
Dieser Kollege meinte, danach gibt es einen Umtrunk, und das besaufen wiegt die Unannehmlichkeiten
wieder auf.
Aber bei mir ist Besauen in der Hitze im Karnevalsanzug null attraktiv. Es wäre so ein dermaßenes Minusgeschäft, mich da zu überwinden, nur um Brücken zu bauen.
Bei mir ist es bisher leider nie so "etwas Überwindung, aber danach kommt was positives, dass sich die Mühe lohnt". Es bleibt unsicher und unangenehm und ist irgendwie nicht so meins, was ich versucht hatte und was vielen anderen wohl Spaß zu machen scheint.
:lach: Das wäre ja fast schon wieder eine böse Ironisierung, bei einem Politiker bzw. einer Hochzeit karnevalsmäßig unterwegs zu sein :twisted: Aber ich glaube eher, wenn ich da als Funkenmariechen verkleidet auftauchte, "Aloha!" riefe und "Mir sin kölsche Mädcher" anstimmte, würden sie mich wegen Pietätlosigkeit verhaften lassen :pfarrer:
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43Meinen letzten Urlaub hab ich übrigens fast nur an Brücken verbracht :gruebel:
Aber die kommen ja auch nicht aus dem Nichts. Das ist ein großer Kraftakt, Planungsakt und Material- und Mittelaufwand, bis so eine Brücke mal steht.
Das ist richtig, da steckt viel Arbeit und Material drin.

Manche Brücken sind wirklich faszinierend.

Wenn in der Umgebung von Brücken nicht viel ist, finde ich auch beruhigend, auf's Wasser hinaus zu sehen :)
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 24 Jun 2020 18:31Da kann ich mir gut vorstellen, dass der Fokus bei dir woanders lag als bei vielen anderen Mitstudenten. Und untereinander, im Nicht Lehrer Verhältnis scheint ja nochmal was anderes zu verbinden. Frag mich nicht, was, das ist schwerer zu verstehen als eine Fremdsprache einer ganz anderen Kultur, für die es null Materialen gibt und alle anderen es schweigsam intuitiv lernen.
Ich kann's bis heute nicht sagen. Es gibt so viel zur Ethnographie von Umgangsformen, aber viele der "großen" Kulturen enthalten weiße Flecken. Wahrscheinlich weil man glaubt, an denen sei nicht so viel erklärungsbedürftig.
Es gibt ja auch bei uns solche "sozialen Codes", aber manchen Leuten scheinen die auch nicht geläufig zu sein, für andere zu selbstverständlich, um sie zu erklären.
Aber wie kann das sein, dass manche da selbstverständlich hineinwachsen und auch als zugehörig erkannt werden und andere auch dort aufwachsen, aber diese Akzeptanz und Zugehörigkeit nicht erhalten? :gruebel: Sind da wirklich in einer Gesellschaft verschiedene mentale Ethnien unterwegs?
Sozusagen. Es erscheint aber eher als Klassen- bzw. soziale Unterschiede, oder auch als individualisierte Probleme.

Wobei ich letzteres eher kritisch sähe. Es ist doch erstaunlich, wie manche Leute es schaffen, trotz schwerster Dysfunktionalitäten sich bei anderen Rückhalt zu verschaffen 😱 Ich verstehe nicht, wie man sich für sowas hergeben kann. Ich habe schon welche mit ganz anderen Ansinnen abgeblitzt. Aber gut, wahrscheinlich war das meinem Stand in manchen Gemeinschaften nicht gerade zuträglich :coolsmoke:
[+] Seitengedanke
kreisel hat geschrieben: 29 Jun 2020 09:43
Melli hat geschrieben:Die andere Sache betrifft, z.B. "magic mushrooms", die anscheinend in den letzten Jahren erst so richtig in Mode gekommen sind. Alleine diese lächerliche Bezeichung ist gräßlich :roll: "Götterpilz" klingt da schon ernsthafter.
(...)
Es gibt Anleitungen wie die von Leary/Metzner/Albert, aus denen selbst hervorgeht, wie problematisch das Unterfangen sogar bei medizinischer Überwachung immer noch ist.
Das kenne ich nur aus Erzählungen der Literatur und eines Bekannten, der vor 25 Jahren so gut wie ALLES genommen hat. Der war oft tagelang wie weggetreten und fand sich irgendwo irgendwie wieder dann. Er fand es nur bedauerlich, dass es eigentlich nichts gibt, wo er sich und seine Konflikte wirklich vergessen kann.
Dieses Buch hier muss ich mal vor ca 15 Jahren gelesen haben.
Ich hätte viel zuviel Angst vor Kontrollverlust.
Man müßte sich schon ganz extrem schädigen, gerade um traumatische Erinnerungen zu verlieren. Kontrolliert wäre das wohl schwerlich zu erreichen.

Ich finde es auch tragisch, selbst wenn man es positiv zu sehen versucht als Bewußtseinserweiterung, wird man wahrscheinlich nur mit Bewußtseinsverzerrungen oder -eintrübungen enden. Das gilt auch für alternative Entwicklungen wie bestimmte Atemtechniken.

Das Buch ist völlig an den Haaren herbeigezogen 👎🏾
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: Das sind keine ganz trivialen Fragen. Die Antworten werden derlei Institutionen nicht wohlfeil liefern können.

Was schonmal das Problem der Orientierung berührte. Schätzungsweise wird es zumindest ab einem gewissen Alter der eigenen Bemühung bedürfen.

Aber was bedeutet "richtig"? :(
Das Bemühen und orientieren können scheint aber auch oft verstört zu sein.
Ich weiß gar nicht so genau, ob die Neigung zum nicht bemühen so eine Art Charakterfrage
(eher anhänglich, passiv, leicht verstörbar) ist?
Oder ob das "nicht können" so eine Art Entwicklungsstörung beinhaltet und eine Unmündigkeit
nach sich zieht.
Wenn man z B im Stillstand ist durch ein Ereignis / Trauma und in so einer Art Zustand "verwirrtes Baby",
wird man schwer überlegen können, welchen Ort man selbstbestimmt wählt und wie man da ein Haus aufbaut.
Da wird schon die Orientierung zur Überforderung.
Wäre ja schön, wenn man an diesem Punkt weiterkommen könnte.

Ansonsten bleibt die Hilflosigkeit und die "großen tätigen anderen", die ihr Leben leben,
aber auch Dinge übernehmen müssen.
Ich mag nicht das Missverhältnis für die anderen, wenn ich es aus ihrer Sicht sehe.
Für die ist es auch eine Last, immer die Mitkümmerer und Gestalter + Sündenbock zu spielen.
Im Verhältnis Pflege- Behinderung ist es aber einsehbar.

"Richtig orientiert" würde ich so definieren, dass es sinnvoll und nutzbringend ist, irgendwie konstruktiv
etwas aufbaut, verständig an der Realität angepasst ist, und wo man sich am besten selber findet auch.
Melli hat geschrieben:Wahrscheinlich wäre ich da auch besser gefahren, hätte ich die altehrwürdige Weisheit beherzigt: ألجار قبل آلدار، ألرفيق قبل آلطريق al-ǧāru qabla d-dāri, ar-rafīqu qabla ʾṭ-ṭarīqi "der Nachbar [kommt] vor dem Haus, der Gefährte [kommt] vor dem Weg", d.h. man soll sich beide zuerst aussuchen. Aber selbst das ist gar nicht so einfach :(
Das würde Sinn machen, wenn man weiß, dass man bei größeren Projekten
mit viel Kontakt sich schonmal einig ist.
[+] Freiheit will und einen sinnvolleren Bezug und nicht unbedingt Unterwerfung
Melli hat geschrieben:Ich kannte den noch gar nicht. Müßte auch dessen Webseite erst einmal ein bißchen durchstöbern.

Vorläufig kann ich nur sagen, da er ja mit tibetischem Buddhismus befaßt ist, dürfte er primär ein Modell vor Augen haben, das auf einer klösterlichen Ordnung beruht. Das stelle ich mir strenger und weniger privat, oder gar familiär vor als was ich gewohnt war.
Ich fand die Webseite damals besser strukturiert, da hieß sie noch Berzin Archives und hatte ganz viel Textgliederung und auch genauere Erkenntnisse zu Emotion
und Unruhe in Emotion z. B.; durch die Videos jetzt wirkt es so zerfleddert.
Wegen Lehrer Schüler Beziehung, ah stimmt, hatte gar nicht daran gedacht, dass das eher
in einem klösterlichen Kontext stattfindet. Das ist sicher nochmal anders, als wenn es
persönlicher, familiärer gesehen wird.
Melli hat geschrieben: 26 Jun 2020 09:29 Auf seine eigne Art am schlimmsten war es natürlich noch früher in der Penne. Daran erinnern mich aber auch so manche Entgleisungen im iNetz. Denen fällt nichts originelleres ein als Witwenverbrennungen und daß sie dachten, ich würde meine Wäsche im Ganges statt in der Waschmaschine waschen
Schön tief in die Klischeekiste greifen, da ist nach unten aber kaum noch Platz :roll:
Melli hat geschrieben: Es gibt hier schon einige Friseure, die mehr auf sich halten, da bekommt man was zu trinken und kann fernsehen oder so, und nach ein paar Stunden geht man mit einer Frisur wie ein Bollywood-Sternchen raus :mrgreen:
:lol:
Wenn man sonst auch halsabwärts der Typ dafür ist, ok.
Melli hat geschrieben:Sollte man denken, aber viele Leute leben da ihre Neurosen aus. Ist ja relativ ungefährlich, wenn das viele so machen.

Wenn sie das Atmen für ich auch noch entdeckten, wären die bestimmt nur noch mit ihrer Tauchausrüstung unterwegs :specht:
wäre denkbar :verwirrt:
Melli hat geschrieben::lach: Das wäre ja fast schon wieder eine böse Ironisierung, bei einem Politiker bzw. einer Hochzeit karnevalsmäßig unterwegs zu sein :twisted: Aber ich glaube eher, wenn ich da als Funkenmariechen verkleidet auftauchte, "Aloha!" riefe und "Mir sin kölsche Mädcher" anstimmte, würden sie mich wegen Pietätlosigkeit verhaften lassen :pfarrer:
Achso, das war schon der Vorstand vom Karnevalsverein, nicht von einer Partei. Das wäre
dann schon etwas daneben, wenn die überall auftauchen würden. :mrgreen:
Wer bei uns im Dorf aber immer kostümiert auftauchen sollte, das galt als Ehrung, war der
Schützenverein.
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben:Es gibt ja auch bei uns solche "sozialen Codes", aber manchen Leuten scheinen die auch nicht geläufig zu sein, für andere zu selbstverständlich, um sie zu erklären.
Aber wie kann das sein, dass manche da selbstverständlich hineinwachsen und auch als zugehörig erkannt werden und andere auch dort aufwachsen, aber diese Akzeptanz und Zugehörigkeit nicht erhalten? :gruebel: Sind da wirklich in einer Gesellschaft verschiedene mentale Ethnien unterwegs?
Sozusagen. Es erscheint aber eher als Klassen- bzw. soziale Unterschiede, oder auch als individualisierte Probleme.

Wobei ich letzteres eher kritisch sähe. Es ist doch erstaunlich, wie manche Leute es schaffen, trotz schwerster Dysfunktionalitäten sich bei anderen Rückhalt zu verschaffen 😱 Ich verstehe nicht, wie man sich für sowas hergeben kann. Ich habe schon welche mit ganz anderen Ansinnen abgeblitzt. Aber gut, wahrscheinlich war das meinem Stand in manchen Gemeinschaften nicht gerade zuträglich :coolsmoke:
Das stimmt, manche kommen mit Dysfunktionalität, Manipulation ganz gut durch.
Sie bilden passende Pakte und können da sehr machtvoll agieren. Bis halt auch da gilt "Pack schlägt
sich Pack verträgt sich".
[+] Seitengedanke
Melli hat geschrieben:Man müßte sich schon ganz extrem schädigen, gerade um traumatische Erinnerungen zu verlieren. Kontrolliert wäre das wohl schwerlich zu erreichen.

Ich finde es auch tragisch, selbst wenn man es positiv zu sehen versucht als Bewußtseinserweiterung, wird man wahrscheinlich nur mit Bewußtseinsverzerrungen oder -eintrübungen enden. Das gilt auch für alternative Entwicklungen wie bestimmte Atemtechniken.

Das Buch ist völlig an den Haaren herbeigezogen
Wunderlösungen, schnell und einfach, gehen wohl leider nicht. Wenn man Pech hat, landet
man in der Selbstzerstörung.
Und etwas kurzes radikales, um Dinge loszuwerden, wäre eine schöne Idee, aber geht wohl auch nicht.
Wenn ich an die christlichen Glaubensleute denke, die flüchten sich glaub ich ins imagninäre, wo sie
sich als geheilt angesehen haben. In der Realität wirkte aber noch vieles weiter.

Ich fand das Buch auch eher komisch konstruiert. Keine "coole Charakterentwicklung",
eher destruktiv.
Interessanter in Bezug auf "ich ziehe mich aus der Gesellschaft zurück" fand ich die Geschichte
von Italo Calvino "Der Baron auf den Bäumen". Ist aber schon sehr lange her, als ich das las,
ich erinnere mich nicht mehr so richtig.
Melli

Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von Melli »

kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04
Melli hat geschrieben: 01 Jul 2020 22:14 Das sind keine ganz trivialen Fragen. Die Antworten werden derlei Institutionen nicht wohlfeil liefern können.
Was schonmal das Problem der Orientierung berührte. Schätzungsweise wird es zumindest ab einem gewissen Alter der eigenen Bemühung bedürfen.
Aber was bedeutet "richtig"? :(
Das Bemühen und orientieren können scheint aber auch oft verstört zu sein.
Das ist leider richtig.
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04 Ich weiß gar nicht so genau, ob die Neigung zum nicht bemühen so eine Art Charakterfrage (eher anhänglich, passiv, leicht verstörbar) ist?
Oder ob das "nicht können" so eine Art Entwicklungsstörung beinhaltet und eine Unmündigkeit nach sich zieht.
Wahrscheinlich kommen beide Szenarien vor.
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04 Wenn man z B im Stillstand ist durch ein Ereignis / Trauma und in so einer Art Zustand "verwirrtes Baby", wird man schwer überlegen können, welchen Ort man selbstbestimmt wählt und wie man da ein Haus aufbaut.
Da wird schon die Orientierung zur Überforderung.
Wäre ja schön, wenn man an diesem Punkt weiterkommen könnte.
Ansonsten bleibt die Hilflosigkeit und die "großen tätigen anderen", die ihr Leben leben, aber auch Dinge übernehmen müssen.
Ich mag nicht das Missverhältnis für die anderen, wenn ich es aus ihrer Sicht sehe.
Für die ist es auch eine Last, immer die Mitkümmerer und Gestalter + Sündenbock zu spielen.
Im Verhältnis Pflege- Behinderung ist es aber einsehbar.
Leider ist das so, was einer kaputt macht, muß ein anderer wieder gut machen :(

In jüngeren Jahren habe ich mich auch ein paarmal geärgert, warum irgendetwas an mir hängenbleibt, ich das quasi "ausbaden" mußte. Diese Denkungsart löste sich dann aber in Rauch auf. Ich habe doch ganz gute Erfahrungen gemacht, gerade weil ich diese Last trug.
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04"Richtig orientiert" würde ich so definieren, dass es sinnvoll und nutzbringend ist, irgendwie konstruktiv etwas aufbaut, verständig an der Realität angepasst ist, und wo man sich am besten selber findet auch.
Ja, das wäre sehr wohl wünschenswert.
[+] Seitengedanke
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04
Melli hat geschrieben: 01 Jul 2020 22:14 Man müßte sich schon ganz extrem schädigen, gerade um traumatische Erinnerungen zu verlieren. Kontrolliert wäre das wohl schwerlich zu erreichen.
Ich finde es auch tragisch, selbst wenn man es positiv zu sehen versucht als Bewußtseinserweiterung, wird man wahrscheinlich nur mit Bewußtseinsverzerrungen oder -eintrübungen enden. Das gilt auch für alternative Entwicklungen wie bestimmte Atemtechniken.
Das Buch ist völlig an den Haaren herbeigezogen
Wunderlösungen, schnell und einfach, gehen wohl leider nicht. Wenn man Pech hat, landet man in der Selbstzerstörung.
Und etwas kurzes radikales, um Dinge loszuwerden, wäre eine schöne Idee, aber geht wohl auch nicht.
Da ist oft der Wunsch der Vater des Gedankens. Dafür gehen die Leute dann ungeahnte Risiken ein.
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04Wenn ich an die christlichen Glaubensleute denke, die flüchten sich glaub ich ins imagninäre, wo sie sich als geheilt angesehen haben. In der Realität wirkte aber noch vieles weiter.
Auch da ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Man wähnt sich das Ziel bereits erreicht habend.
kreisel hat geschrieben: 11 Jul 2020 07:04Ich fand das Buch auch eher komisch konstruiert. Keine "coole Charakterentwicklung", eher destruktiv.
Interessanter in Bezug auf "ich ziehe mich aus der Gesellschaft zurück" fand ich die Geschichte von Italo Calvino "Der Baron auf den Bäumen". Ist aber schon sehr lange her, als ich das las, ich erinnere mich nicht mehr so richtig.
Das scheint dem WP-Artikel nach sehr interessant zu sein.
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Re: Melancholia u. Soziales

Beitrag von kreisel »

Melli hat geschrieben: 01 Jul 2020 22:14Leider ist das so, was einer kaputt macht, muß ein anderer wieder gut machen :(

In jüngeren Jahren habe ich mich auch ein paarmal geärgert, warum irgendetwas an mir hängenbleibt, ich das quasi "ausbaden" mußte. Diese Denkungsart löste sich dann aber in Rauch auf. Ich habe doch ganz gute Erfahrungen gemacht, gerade weil ich diese Last trug.
Das ist doch eine gute Perspektive mit dem Erfahrung sammeln.
Ich würde halt so Bedingungen sehen wie: Wenn es einsichtig ist, dass es zu tun ist,
und es eine gute Verbindung gibt, und wenn man nicht selbst überfordert ist.
Die Ressourcen müssen halt da sein.

Ich glaub, bei dem Thema oben ist für mich sonst gerade nichts mehr offen.
Aber ich würde mal das Ding aus dem "ich frage mich" Thread rüber holen mit Lacan usw.,
da es sehr viel Soziales beinhaltet; und da ich denke, dass dieser Bereich eher für längeren
Austausch geeignet ist.
Melli hat geschrieben: Die Leerstelle im Diskurs wäre bei Lacan das Subjekt.
Achso.
Hmm, wäre denn das Subjekt auch ein Teil des Realen, also irgendwie auch unfassbar?
Und deswegen leer? Und deswegen eher unaussprechlich?
Ein Bekannter von mir meint, man könnte gar nicht "Ich" sagen, das wäre eigentlich schon gelogen.
Der ist aber kein Philosoph oder Anhänger von irgendwas, der macht sich halt auch nur Gedanken.
Melli hat geschrieben:
kreisel hat geschrieben: 12 Jul 2020 06:57Gleichzeitig gilt diese Art von Realem als so gewaltig und zerschmetternd.
Ja, es entzieht sich und ist bedrohlich.
Hier dachte ich gerade, ob es deswegen nötig ist, dass man ein "Urvertrauen" generiert.
Und ich dachte, dass Urvertrauen, wie es in der Psychologie gemeint ist (der klassisch deutschen, mit Freud
usw.), etwas hoch soziales ist, es ist eine soziale Einrichtung.

Ich stelle mir das vor, dass ich so mit der Geburt in eine Art chaotisches verschlingendes Meer
geworfen werde und nicht weiß, was vorne und hinten ist, und dann die Eltern mit der
Zuwendung und dem Spiegeln eine Art Orientierung geben.
Ich bekomme einen Halt, eine Zugehörigkeit. (wenn es glatt läuft).
Ich bilde eine Identität (wenn es glatt läuft), aber irgendwas geht ja immer und ganz
ohne sozialen Kontakt würde man wohl lt. dieses fragwürdigen Versuches, wo Säuglinge
depriviert wurden, eingehen.

Würde man denn zwischen Subjekt und Identität unterscheiden lt. Lacan?
Könnte das Subjekt als "Rohmaterial" gemeint sein, und die Identität
aus Erfahrungen und sozialen Spiegelungen sich bilden? Dann wäre die Identität mehr
aus der Symbolwelt heraus entstanden?

Hmm, mein eigener Ansatz von Urvertrauen war eher, ich hätte gerne IN diesem Chaos
ein Urvertrauen, auf das Chaos selbst, quasi.
Ich möchte das reale beruhigt wissen und darin verwurzelt sein.

Das Soziale als Struktur und Orientierung und Beruhigungsmittel wirkt auf mich allzuoft auch sehr
eskapistisch und oft auch unzureichend, denn dieses chaotische Meer sprießt sofort dann wieder
hoch und überschwemmt, sobald irgendwas in dem eigenen Konstrukt bröckelt.

Andererseits, warum sollte man sich zu lange in Angst quälen und in etwas sehr niederschmetternden,
wenn man sich auch etwas aufbauen kann, wie z B ein Haus, was auch vor Naturgewalten
schützt?!
Melli hat geschrieben:Eine Symbolwelt würde man ohnehin bewohnen. Aber das Reale ist nicht mit der Realität gleichzusetzen. Das ist eine Versuchung, der man immer wieder erliegen möchte :shy:
Der Begriff bewohnen hier ist interessant.
Das ist wie im übertragenen Sinne ein Hausbau, weil ich Dinge strukturieren und in Worte fassen kann.
Es gilt ja auch als Therapiemethode, bei starken Beunruhigungen viel zu schreiben und in Worte zu fassen.
Melli hat geschrieben:Gerade etliches an Literatur, Film etc., was andere viel beschäftigen kann und dann ja wohl etwas ausdrückt was die bewegt, läßt mich völlig kalt.
Da muss man vielleicht sein eigenes Bezugssystem finden.
Ich kann mit vielem- leider- nichts anfangen. Ich hätte gerne den selben Spaß in Dingen
gefunden, wie ich ihn auch bei meiner Umgebung sehe (Party, Fußball, Mode, ect).
Man würde sich mit einfach verfügbaren Mitteln sicher und gut fühlen.

Das Gefühl des nicht verbinden könnens war ja auch schon als Kind da und keine Teenager Attitüde und
es war auch nicht später eine Philosophie "ach ich bin ja so anders und die anderen mit ihrem
komischen Volkssport".
Es ist einfach ein Gefühl- "es hilft nicht und macht nichts gutes mit mir". Sehr unschön,
wenn diese Verlorenheit und Aufruhr bleibt :?
wenn man sucht und nicht findet, aber viele andere scheinen zu suchen und zu finden,
andere wirken "angekommen".
Melli hat geschrieben:Der Begriff der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit paßte besser in die Ethnopsychoanalyse. Das überlappt sich nur teilweise mit Lacans Realem. Was aber eine interessante Frage wäre, wie die Zusammenhänge zwischen beidem aussähen.
Die beiden Dinge würde ich auch auch nicht als gleich sehen.
In der sozialen Wirklichkeit können sich z B "zwei Flöhe darüber streiten, wem der Hund gehört".
Das ist leider der große Schwachsinnigkeitsfaktor, wenn Mensch sich sozial zusammenfindet.
Welche Werte und Vorstellungen treiben an?
Wie das ganze (Streit um Besitz oder Streit um Macht) auf der realen Ebene aussieht, hm, das kann ich
mir kaum ausdenken. Bestenfalls wäre es nichtig.
Melli hat geschrieben:Internet ist schon eigenartig, auch in seinen Wandlungen. Das fing für mich mal mit Email als bequemerer Alternative zu Briefen auf Papier an. Die mußte man dann nicht mehr ausdrucken, eintüten, Marke drauf pappen und einwerfen (lassen).
Ja, das wurde schon sehr bequem mit Email.
Aber das handschriftliche war irgendwie auch interessant, so mit Muße und mehr mit Körper und Sinnen
beteiligt. Man musste genau überlegen, was man schreibt und schon, wo man hinwill, weil der Brief
musste in einem Wurf sitzen.
Man war über das mit Hand geschriebene auch mehr involviert. Oder wenn man nochmal einen Spaziergang machte, um den Brief einzuschmeißen.War schon cool. :shylove: