Tania hat geschrieben: ↑09 Aug 2019 09:26
Hilft es Dir (und dem Rest von Nerdistan), das Ganze unter "allgemein akzeptierte gesellschaftliche Konvention" abzulegen? Und sie einfach zu lernen - genauso wie "jede Anweisung wird mit einem Semikolon abgeschlossen" oder "dereferenziere keinen Pointer p, ohne zuvor
if (p!=NULL) zu schreiben".
Ich weiß nicht, ob es Nerdistan hilft, dafür ist Nerdistan zu neurodivers, daher kann ich nur für mich sprechen: Mir ist das ja auf
abstraktem Level durchaus klar, dass derartiges Frageverhalten eine "allgemein akzeptierte gesellschaftliche Konvention" ist. Es ist aber halt (noch (?)) nicht ins Gefühlslevel durchgerutscht, so wie z.B. das mit dem Semikolon in etwa C und Java, das einem in "Fleisch und Blut" übergegangen ist.
Ich muss es halt irgendwie schaffen, mir diese von mir erwähnten kontraproduktiven (bzw. aus Normalo-Sicht "schrägen", wie Hoppala ja richtigerweise geschrieben hat) Gedanken in den Momenten, in denen es "drauf ankommt" (in denen ich also gerade Bock hab und andere fremde Personen anwesend sind) aus dem Gehirn zu hämmern und stattdessen sowas denken wie "Hey, was soll schon schiefgehen, wenn ich die Person jetzt
trotz Chronometer in meinem Inventar anspreche - es ist ja keine Standuhr, die jene Person sehen und mich deshalb blöd anmachen könnte." (Außer ich hab gerade ein extremely hot chick vor mir, dann könnte da
eveeeeentuell doch eine Standuhr vorhanden sein.
Neben einem Chronometer ^^.) Aber wie schon gesagt: Das
fühlt sich halt sowas von
falsch an, das zu tun.
Vielleicht ist das auch alles eine viel zu verkopfte Analyse, und in Wahrheit ringt mich da einfach nur das Introversion-Feat zu Boden, das offenbar Default-Ausstattung meines Character Sheets war
. (Nicht, dass es nicht auch Vorteile hätte - man kommt deutlich besser mit nur wenigen Kontakten klar und es wird einem nicht so schnell langweilig, wenn man allein ist. Aber-man-kriegt-halt-einfach-keinen-f**king-lockeren-Umgang-im-Alltag-mit-Noch-Fremden-hin! Außer, man ist gerade saugut drauf, dann vielleicht... in einem von 5 Fällen.)
Tania hat geschrieben: ↑09 Aug 2019 09:26
Wenn Du ein gutes Programm schreiben willst, musst Du nicht nur den Algorithmus entwickeln und ihn in einer Sprache formulieren, die der Computer versteht, sondern Du musst auch die programming conventions beachten. Also so etwas wie "nutze aussagekräftige Bezeichner, der Name einer Klasse beginnt mit einem Großbuchstaben, andere Bezeichner mit einem Kleinbuchstaben, Konstanten bitte nur in Großbuchstaben und bitte kommentiere jeden Scheiss - auf jeden Fall aber jede Funktion und deren Parameter und Rückgabewerte". Klar, Dein Programm läuft auch, wenn Du die Konventionen nicht beachtest, aber Du wirst es dann sehr schwer haben, mit anderen Programmierern zu kooperieren.
Du bringst erstaunlich viele Computer-Metaphern. Hast du auch mal programmiert? Oder aus anderen Gründen zuviel Zeit mit Nerds abgehangen?
Tania hat geschrieben: ↑09 Aug 2019 09:26
Und ähnlich ist es im realen Leben. Um in Normalistan mit anderen Menschen zu kooperieren, ist es ausgesprochen hilfreich, deren Konventionen zu lernen und zu befolgen. Und eine davon ist eben:
beim Ansprechen eines unbekannten Menschen
zuerst Smalltalk,
dann Sachthemen,
dann persönliche Themen,
dann Emotionales.
Und zum nächsten Schritt erst übergehen, wenn der Andere beim vorhergehenden gefolgt ist oder sogar die Führung übernommen hat.
Moment... *notizenmach*
Das könnte evtl. helfen. So klar und präzise und deppentauglich (für Deppen wie mich
) hab ich das noch niemanden formulieren gehört...
Tania hat geschrieben: ↑09 Aug 2019 09:26
Dass Du sie ansprichst, weil Du ihr eigentlich perspektivisch an die Wäsche willst, ist ihr übrigens durchaus bewusst - es sei denn Du bist MEILENWEIT von ihrem Beuteschema entfernt. Eine 88jährige wird sicher nicht annehmen, dass Du scharf auf sie bist. Alle anderen werden im Laufe des oberflächlich-unverbindlichen Gesprächs signalisieren, ob es Grenzen gibt ("Ich lese gern Belletristik, aber
mein Freund mag auch SF") oder ob ein näheres Kennenlernen gewünscht ist ("Ich hab zwar Herr der Ringe gelesen, aber es bisher leider nicht geschafft, mal den Film anzusehen."
-> Steilvorlage für "ab und zu gibt es bei uns im Kino mal einen "Herr der Ringe" Marathon. Ich könnte Sie dann ja informieren. " - Ob es den gibt ist völlig egal - eigentliches Ziel der Aussage ist die Kontaktmöglichkeit).
Uff! Wir sind schon wieder da. Das ist eines von den Details, die ich wahrscheinlich nie kapieren werde: Subtext! Wenn mir jemand sagt "'ab und zu gibt es bei uns im Kino mal einen "Herr der Ringe" Marathon. Ich könnte Sie dann ja informieren.'", dann verstehe ich das tatsächlich ausschließlich als Sachinformation. Ich kann mir tausend Serien angucken und genau diesen Subtext dort, mit viel Zeit und Muße zusammenreimen - im Rückblick, in Ruhe, aber eben echt nicht in Echtzeit. Also: Ich käme niemals auf die Idee, dass die Person mir irgendwas "durch die Blume" mitteilen will. (Ich gehe davon aus, wenn sich mit mir jemand treffen will, dann fragt er das direkt. Wegen mir auch nach einem längeren Gespräch.)
Vielleicht komme ich zwei Tage später auf den Trichter: "Hey... warte mal... wollte mir die Person mit Satz X vielleicht irgendwas sagen???" ... *grübel* ... "Ach neeeein... bestimmt nicht. Ich meine: Wir reden hier schließlich von
mir, eh? Warum sollte irgendjemand was von
mir wollen..." (Beispiel: Als mir mal eine Familienfeier-Bekanntschaft (nichtverwandt) angeboten hat, "bei ihr zu übernachten", wenn ich mal nach S komme, wobei S = die Heimatstadt von besagtem Mädel. Ich weiß bis
heute nicht, was das zu bedeuten hatte...
)
Ich hoffe immer noch, dass das Übungssache* ist und ich nicht irgendeinen angeborenen Hirnfehler hab, was das angeht...
*Und das ist eine gute Überleitung (zum Fun-Part):
Tania hat geschrieben: ↑09 Aug 2019 09:26Nachteil dieser gesellschaftlichen Konvention: sie braucht etwas Übung. Vorteil: niemand muss korben oder wird gekorbt, denn es war ja eigentlich nur ein nettes unverbindliches Gespräch.
Klar, man kann auch Glück haben und im Zug neben einer Frau sitzen, die auf ein "Entschuldigung, ich hätte gern Sex mit lhnen" mit einem "Dachte ich auch gerade. Lass uns an der nächsten Station aussteigen und ein Zimmer nehmen" reagiert. Was natürlich echt praktisch wäre - wäre nicht die Chance, dass sie empört aufspringt und durch den ganzen Wagen "Sie widerliches Schwein, ich bin eine glückliche verheiratete Frau!!!" brüllt, ziemlich groß ....
Oder man hat nen
passenden Energy Drink dabei und kann die Situation so noch retten... ^^ (Aber wahrscheinlich braucht das
noch mehr Übung - und man muss mindestens zwanzig Sendungen mit Craig Ferguson (Late Late Show, wissenschon) geguckt, transkribiert, mit jemandem nachgesprochen/geübt und einen Master of Arts in Comedy draufgesattelt haben.)