Ich und die Familie

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
ERSTER BEITRAG DES THEMAS
Milkman

Ich und die Familie

Beitrag von Milkman »

Ich wohne ja seit fast 12 Jahren mehrere hundert km weg von meiner Restfamilie (Vater + Freundin und Bruder + Frau + Kind). Ich habe immer wieder überlegt, wieder zurückzuziehen, ich weiß, Vater und Bruder würden sich das auch wünschen. Ich habe es aber immer vertagt, weil ich vor dem Neustart bei 0 Schiss habe: neben neuem Job, neuer Bude und dem ersten eigenen Auto überhaupt müsste ich mir auch einen neuen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen (habe zu niemandem mehr Kontakt). In letzterem war ich noch nie gut.

Jetzt hat sich eine neue Sorge dazugesellt. Über die Jahre kann ich sagen, dass mein Bruder mich in allem quasi links überholt hat. Er ist mir Lichtjahre voraus, beruflich, familiär, finanziell, von allem nur das Beste.
Ich lebe dagegen immer noch wie ein Langzeitstudent, erwarte nicht zu viel vom Leben, sondern bin froh, wenn ich meinen Job habe, der mir meine Miete bezahlt, es mir (und meinen Katzen) gut geht und ich nebenher ein bisschen meinen Nerdhobbies frönen kann.

Wir sind diesbezüglich auch schon etwas aneinandergeraten, da er meinen Lebenswandel nicht ganz so toll findet (habe einen denkbar krummen beruflichen Werdegang und trotz Studium jetzt nur einen einfachen Angestelltenjob, bei ihm ging es konsequent bergauf und er verdient ein Vielfaches von mir in seinem Traumjob - an Wohneigentum o.ä. habe ich auch kein Interesse, er hat ein Haus usw.). Mein Vater sieht das ganz ähnlich, beide lassen das nur ab und an durchscheinen, aber ich weiß, dass es sie beschäftigt.

Meine Angst ist jetzt, wenn ich runterziehe, dass wir uns über das Thema entzweien werden. Auch, dass ich irgendwann missgünstig und neidisch werde, wenn ich seinen Luxus sehe - oder dass er umgekehrt aus nächster Nähe mitkriegt, welchen chaotischen Haushalt sein Bruder führt. Und dass ich für meine (momentan ein halbes Jahr alte) Nichte irgendwann nur der komische Onkel bin, der keine Frau und Kinder hat, in seiner Mietbutze wohnt, wo Mama und Papa doch ein Haus haben, und der nicht drei-, viermal im Jahr in Urlaub fährt.

Wie seht ihr das? Mache ich mir zuviel Gedanken?

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Brax
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Re: Ich und die Familie

Beitrag von Brax »

Ich würde nicht zurückziehen. Aber du musst es selbst wissen.

Nur, möchtest du das wirklich selbst (das kommt aus dem Text nicht so ganz raus), also vermisst du deine Familie?
Oder überlegst du das, weil du weißt, dass sie es sich wünschen?
Batman

Re: Ich und die Familie

Beitrag von Batman »

Hallo Dead Milkmann,

Du machst dir definitiv zu viele Gedanken.
Wie Brax schon sagte, möchtest du überhaupt zurück ?

Du musst dich vor deinem Bruder nicht rechtfertigen und auch nicht vor jemand anderem.
Weil er viel Geld verdient, ein tolles Haus und was sonst noch hat, ist er deswegen nicht besser. Dadurch wird er nicht glücklicher.

Wenn du dich wohlfühlst, dann ist doch alles gut ;)
Es ist dein Leben.

Deine Nichte freut sich über Besuche von ihrem Onkel und Ausflüge, die im Kopf bleiben mehr.
Als irgend ein Luxuszeug :lach:

:umarmung2:
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Antonia
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Re: Ich und die Familie

Beitrag von Antonia »

Kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen.

Es ist dein Leben! Was möchtest du, was macht dich glücklich, was ist dir wichtig im Leben?

Es tut dir nicht gut, dich mit deinem Bruder zu vergleichen. Wenn du was an deinem Leben ändern möchtest, dann tue es, weil du es möchtest, nicht der Familie zuliebe. Dein Bruder hat wahrscheinlich ganz andere Baustellen im Leben; ich glaube nicht, dass bei ihm nur alles gut läuft. Oft schaut man ja nicht hinter die Fassade.

Geld macht nicht glücklich. Aber gute Beziehungen zu anderen Menschen. Und wenn du hier einen guten Freundeskreis hast, auf den du dich verlassen kannst, warum solltest du dann wegziehen? Macht dir denn dein Job Spaß? Wäre das ein Grund, sich in der Heimat neu zu orientieren?
Oder weil dein Vater langsam alt wird und du dich besser kümmern könntest?
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der eine sah nur Schmutz, der andere die Sterne.
indila

Re: Ich und die Familie

Beitrag von indila »

Hallo Antonia,

ich bin zwar vermutlich nicht in deiner Altersklasse und kann dir auch nichts dazu sagen, zu deiner Familie zu ziehen oder nicht, aber das Vergleichen mit meiner Schwester kenne ich nur zu gut.
Wir sind wirklich unterschiedlich und ich habe leider zu lange Zeit damit verbracht, mich mit ihr zu vergleichen und dabei immer schlechter abgeschnitten. In meiner Therapie musste ich lernen damit aufzuhören und wirklich zu mir selbst zu stehen. Es ging teilweise so weit, dass ich kein Wochenende mit meiner Schwester im selben Haus verbringen konnte, ohne dass ich in ein ziemliches Tief gefallen bin. Inzwischen ist es eher andersrum. Auch wenn sie rein objektiv vielleicht ein besseres Leben hat, mit einem guten Studium, einem festen Freund und vielen Reisen, beneidet sie mich darum, dass ich innerlich teilweise weiter bin und kaum mehr in negativen Gedankenschleifen festhänge.

Was ich damit sagen wollte, diese Vergleiche ziehen immer nur einen selbst runter und nützen niemandem irgendwas. Dein Bruder ist nicht besser als du. Er führt sein Leben, du führst deins. Niemand hat das Recht über jemand anderen zu urteilen und wenn er es tut, sagt das nur etwas über ihn selbst aus.

Viel Erfolg auf DEINEM Weg... Du bist gut, genau so wie du bist, auch wenn du es vielleicht noch nicht sehen kannst (fällt mir selber auch noch schwer...) :vielglueck:
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Antonia
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Re: Ich und die Familie

Beitrag von Antonia »

indila hat geschrieben: 08 Mai 2018 21:27 Hallo Antonia,

ich bin zwar vermutlich nicht in deiner Altersklasse und kann dir auch nichts dazu sagen,
ähm....ich habe den Thread nicht erstellt. Du meinst wohl Dead Milkman.
Zwei Gefangene sahen durch's Gitter in die Ferne,
der eine sah nur Schmutz, der andere die Sterne.
Milkman

Re: Ich und die Familie

Beitrag von Milkman »

Brax hat geschrieben: 08 Mai 2018 12:50 Nur, möchtest du das wirklich selbst (das kommt aus dem Text nicht so ganz raus), also vermisst du deine Familie?
Oder überlegst du das, weil du weißt, dass sie es sich wünschen?
Hey, danke für eure Postings und netten Worte.

Es war immer mein Wunsch zurückzuziehen, aber aus den erwähnten Ängsten habe ich das immer vor mir hergeschoben. Ich vermisse meine Familie und auch die Orte meiner Kindheit, die Landschaft, den Dialekt...
Das ist so was wie Nostalgie. Da habe ich auch Angst, dass die sich schnell in Luft auflösen könnte, wenn ich dort keinen guten Start hinlege (kein guter Job, keine schöne Wohnung, keine neuen sozialen Kontakte...).
Jobmäßig bin ich hier nicht mehr so glücklich wie ich es mal war, aber ich mache es immer noch gern.

Von meinem Vater möchte ich natürlich auch noch was haben, er ist jetzt 70 und soweit noch fit.
Antonia hat geschrieben: 08 Mai 2018 14:40 Es ist dein Leben! Was möchtest du, was macht dich glücklich, was ist dir wichtig im Leben?
Das ist die große Frage, auf die ich mit fast 40 immer noch keine Antwort habe. :oops:
Ich hatte nie große Pläne. Nie den einen Traumjob, den einen Lebensentwurf. Mittlerweile bin ich wie gesagt froh, wenn sich mein Leben ohne große Aufregungen entfaltet. Das würde ich in der alten Heimat sicher so fortsetzen wollen. Für hochfliegende Pläne ist mein bisheriger Lebensweg zu verkorkst.

Was mich bedrückt, ist halt das Wissen, dass mein Bruder und mein Vater mich mittlerweile mit einer gewissen Missbilligung betrachten.
Den Gedanken "Hauptsache er ist glücklich und ihm geht's gut" haben sie wohl zu lange gehabt. Jetzt sind sie glaube ich eher fassungslos, dass ich mich mit meinen vergleichsweise bescheidenen Lebensumständen zufrieden gebe.
indila hat geschrieben: 08 Mai 2018 21:27 Viel Erfolg auf DEINEM Weg... Du bist gut, genau so wie du bist, auch wenn du es vielleicht noch nicht sehen kannst (fällt mir selber auch noch schwer...) :vielglueck:
Ich beziehe das mal auf mich und sage danke schön :)
indila

Re: Ich und die Familie

Beitrag von indila »

Antonia hat geschrieben: 09 Mai 2018 14:41
indila hat geschrieben: 08 Mai 2018 21:27 Hallo Antonia,

ich bin zwar vermutlich nicht in deiner Altersklasse und kann dir auch nichts dazu sagen,
ähm....ich habe den Thread nicht erstellt. Du meinst wohl Dead Milkman.
Oh Entschuldigung, ja klar habe ich ihn gemeint, war mir auch während dem Schreiben bewusst, dass es um einen Mann geht, nur den Namen habe ich wohl falsch abgeschrieben... Naja :gruebel:
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TheRealDeal
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Re: Ich und die Familie

Beitrag von TheRealDeal »

Hallo Dead Milkman, in seine Heimat zurück zu gehen macht schon Sinn. Ob mit 40, oder 70, kannst nur du entscheiden. Tue, was sich für dich richtig anfühlt. :vielglueck:

Ich bin auch zurück gegangen, um "meine" Katze in ihrem Lebensabend zu begleiten. Wir gehören halt zusammen, obwohl sie mir natürlich nicht gehört. Was andere Menschen davon halten, hat mich noch nie interessiert...
Angst verhindert nicht den Tod, aber sie verhindert das Leben.
Milkman

Re: Ich und die Familie

Beitrag von Milkman »

Nächste Woche gibt's mal wieder eine kleine Probe aufs Exempel, ich besuche meine Familie und meine Nichte wird mich dann das erste Mal mehr oder weniger "bewusst" erleben (sie ist jetzt 8 Monate alt).

Ich hab' echt schon ein wenig Bammel, keinen Draht zu ihr zu finden, jetzt bei dem Besuch, aber auch in den nächsten Jahren. Boah, wie wird man eigentlich Onkel? Das ist doch ein Status, den man sich auch "verdienen" muss, oder?

Thema Zurückziehen ist auch immer noch eins. Mal sehen, ob es dazu Nachfragen von Vater oder Bruder gibt...

Ach ja: zwei der besten Kumpels meines Bruders haben jetzt nach langer Singlezeit wieder eine Freundin gefunden, wie mein Bruder mich begeistert informiert hat.
Und nicht nur das, es wurde sich schon verlobt und im August heiraten beide. Irgendwie habe ich den Eindruck, wenn andere Langzeitsingles den Absprung schaffen, ist es gleich die ganz große Liebe, nur bei mir klappt das nicht. :verwirrt:
Stabil

Re: Ich und die Familie

Beitrag von Stabil »

Dead Milkman hat geschrieben: 23 Jul 2018 11:11 Nächste Woche gibt's mal wieder eine kleine Probe aufs Exempel, ich besuche meine Familie und meine Nichte wird mich dann das erste Mal mehr oder weniger "bewusst" erleben (sie ist jetzt 8 Monate alt).
Alles Gute für das Familientreffen.

Sei bitte nicht schockiert: Rund um 8 Monate fremdeln die Kleinen oft sehr. Das heisst, sie sind besonders scheu. Da haben sie gerade ein wenig besser gelernt, bekannte und fremde Gesichter zu unterscheiden und können noch nicht so gut damit umgehen. Gelassen bleiben - das wird schon.

Auch später sind Kinder, die man nicht fortlaufend sieht, immer wieder scheu. Einfach freundlich sein, locker bleiben und kommen lassen.