Gewaltkommunikation

Alles zu Deiner persönlichen Situation, Deinen Erlebnissen und was Dir auf dem Herzen liegt als Absoluter Beginner.
Kief

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Kief »

Alienhorse hat geschrieben:
Kief hat geschrieben:Ich habe keine spezifische Methode, sondern ich habe Schritt fuer Schritt anderen Menschen Grenzen gesetzt.
Darf ich mal fragen wie Du das machst?
[ ... ], denn, ich bin ganz Deiner Meinung, das muss schon im Vorfeld geklärt werden, aber kann man das lernen oder bist Du auch so ein naturtalent?
Naturtalent?
Alles andere als das! ;-)

Das Wichtigste fuer mich ist erstmal, andere Menschen zu verstehen.
Ich habe ein paar Abgruende an Menschen kennengelernt, und dadurch die Bandbreite des menschlichen Verhaltens besser verstanden.
Ich habe in den letzten Jahren erlebt, welches Verhalten wirklich persoenlichkeitsgestoert-extrem ist, und welches Verhalten ich dagegen ertraeglich und beinahe "normal" finde.
So habe ich in den letzten Jahren mehr Verstaendnis fuer Alltags-Dummheiten gewonnen, und bin nur noch in akuten Situationen wuetend auf jemanden.
Es ist also eine bewusste Arbeit, mich und meine Wut zu beruhigen, um ohne Anklage auf Menschen zuzugehen.

Das ist wichtig, damit ich Leute zu Konflikten ansprechen kann, ohne dabei Wut im Bauch zu haben, um im Gespraech deeskalativ und konstruktiv zu sein.
Ich nutze ich-Botschaften, gewaltfreie Kommunikation bekomme ich noch nicht so gut hin, und fuer meine emotionale Verfassung nehme ich mir Cesar Millan zum Vorbild. Klappt nicht immer waehrend Konflikten, aber zumindest ist es eine gute Vorbereitung, und kann oftmals eine Eskalation vermeiden.
So versuche ich in Gespraechen einerseits sanft und ruhig zu sein, um moeglichst wenig zu provozieren, und dennoch bestimmt und deutlich klarzustellen, was geht und was nicht geht.
Ich glaube, diese Gradwanderung ist es, was mir gut gelingt: ruhig, sanft und bestimmt Probleme anzusprechen. Solange ich nicht selbst aufgebracht bin.

Und natuerlich, dass ich nach Grenzen suche, die ich den anderen vermitteln kann.
Wenn ich aus akuten Situationen heraus komme, und Ruhe im Kopf hinbekomme, dann finde ich jene Kompromisse und Grenzen, die angemessen sind.
Ich habe ein Gespuer, wenn ich mal auf einen jener seltenen Menschen treffe, bei denen ein Kompromiss und eine Loesung voellig illusorisch ist. Bei allen anderen suche ich nach einem Kompromiss zu einer "friedlichen" Koexistenz.
Entsprechend gehe ich in die Gespraeche hinein mit der Einstellung:
"Wir koennen miteinander auskommen. Mir liegt daran, dass jenes passiert oder nicht passiert. Wenn das fuer Dich okay ist, dann bin ich gluecklich und zufrieden."

Im Gespraech mit einem Menschen, mit dem ich keinen Kompromiss moeglich sehe, dem habe ich sachlich, sanft und deutlich gesagt: "Dein Umgang mit meinen Vorschlaegen und Festhalten an Deinem Verhalten ist fuer mich nicht ertraeglich. Mit diesem Verhalten bist Du fuer mich zu anstrengend. So kann ich Dich in die Gruppe nicht integrieren, Du bist eine Belastung fuer mich und die Gruppe." Usw, dass er nicht mehr erwuenscht ist. *1
Ich habe durch meinen sanften Tonfall dafuer gesorgt, dass es nicht als Beleidigung rueberkommt, sondern als Klarstellung:
solange er so weitermacht wie bisher, ist er fuer uns untragbar.
Das gibt ihm die Moeglichkeit, meine Kritik aufzugreifen, dennoch wusste ich, dass er das nicht tut - weil er sich nicht aendern wollte.

Ich habe den Eindruck, wieder viel zu ausfuehrlich zu labern, daher mach ich hier mal Schluss. ;-)


CU, Kief

*1 (edit)
zum Thema Naturtalent:
ich bin jetzt seit zwei Jahren in einem Kommunikationsclub, in dem ich exzessiv derlei Formulierungen sehe, abbekomme und trainiere, bei denen es darum geht, Klartext zu reden, ohne den anderen zu verletzen.
Also die Kritikpunkte im Idealfall motivierend anzusprechen, womoeglich mit Humor, aber in jedem Fall respektvoll, so dass es moeglichst nicht als Beleidigung rueberkommt.
Ist echt anspruchsvoll, und das motivierend bekomme ich erst selten hin, oftmals mache ich noch Ausrutscher - dennoch ist das fuer mich die wertvollste Faehigkeit, die ich in den letzten Jahren gelernt habe.
Also nix Naturtalent!
SciFiGirl

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von SciFiGirl »

Johannes hat geschrieben: Dies passiert mir nicht zum ersten mal, sondern manchmal habe ich den Eindruck, dass ausgerechnet, wenn ich etwas sagen will, manche, meistens Frauen, das für die Gelegenheit halten, mir das Wort abzuschneiden und ihre Interessen anzumelden.
Ist mir umgekehrt auch schon passiert: ich berichtete etwas in einer Sitzung, als ein Kollege aufstand, zu einem anderen ging und ihm bezüglich einer Unterlage das Ohr abkaute. Da wir nur 4 Personen im Sitzungsraum waren, waren also zwei mit anderen Dingen beschäftigt. Als ich mich beschwerte, dass das gerade sehr rücksichtlos sei, schaute er mich völlig verständnislos an.

Hat also weniger mit "Männlein" - "Weiblein" als eben mit rücksichtslosem Verhalten zu tun.

Was Aggressivität anbelangt: man muss Aggressivität nicht unbedingt durch Schreien oder Körperhaltung zum Ausdruck bringen, diese manifestiert sich schon in der Tonlage. Ich kenne einen Mann, der bei jeder Kleinigkeit die er anderer Meinung ist, quasi unter die Decke geht. Er schreit nicht, aber der Tonfall ist wirklich genervt aggressiv. Da dieser Mann sonst eher sehr, sehr ruhig ist, kommt das dann doppelt überraschend - und ich empfinde das immer als extrem unangenehm. Dieses Unterschwellige finde ich sogar viel bedrohlicher als richtiges Schreien. Vielleicht bist du ja sonst auch eher der stille Typ, so dass du bei Abweichen von diesem Schema deinem Gegenüber dann besonders auffällst? Wie gesagt: auch ein Tonfall kann sehr, sehr aggressiv sein.
Chase

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Chase »

SciFiGirl hat geschrieben: Was Aggressivität anbelangt: man muss Aggressivität nicht unbedingt durch Schreien oder Körperhaltung zum Ausdruck bringen, diese manifestiert sich schon in der Tonlage. Ich kenne einen Mann, der bei jeder Kleinigkeit die er anderer Meinung ist, quasi unter die Decke geht. Er schreit nicht, aber der Tonfall ist wirklich genervt aggressiv. Da dieser Mann sonst eher sehr, sehr ruhig ist, kommt das dann doppelt überraschend - und ich empfinde das immer als extrem unangenehm. Dieses Unterschwellige finde ich sogar viel bedrohlicher als richtiges Schreien. Vielleicht bist du ja sonst auch eher der stille Typ, so dass du bei Abweichen von diesem Schema deinem Gegenüber dann besonders auffällst? Wie gesagt: auch ein Tonfall kann sehr, sehr aggressiv sein.
Ich kannte auch mal so jemanden. Immer sehr leise und bestimmt, aber wehe etwas ging ihm gegen den Strich (der Typ war sehr alte Schule). Wenn er gut drauf war klang er bisweilen schon leicht bedrohlich, aber wehe wehe er war nicht mehr gut drauf (und da konnten bereits Kleinigkeiten genügen), dann würde mir jetzt niemand einfallen, der sich von seiner unterschwelligen aber zugleich sehr bestimmt aggressiven Art nicht bedroht gefühlt hätte.
Manche Leute haben bereits angefangen zu zittern, wenn die nur seinen Namen gehört haben. Kein Spaß, das ist wirklich passiert.
Johannes

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Johannes »

Also, was ich so unterschwellig so raushöre ist, dass man sich einen rücksichtsvollen Umgang erst verdienen muss.
Richtig?
Chase

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Chase »

Johannes hat geschrieben:Also, was ich so unterschwellig so raushöre ist, dass man sich einen rücksichtsvollen Umgang erst verdienen muss.
Richtig?
Jain.

Einfach loslassen vom Thema und entspannt bleiben. Aufregen und sich reinsteigern ist eher etwas dafür wenn gleich die Fäuste fliegen sollen. Bei einer Frau kannst du das somit gleich als erstes mal vergessen. Da stehst nur du am Ende alleine als aggro Depp da, völlig egal wer mit was angefangen hat und sich wie genau verhalten hat. Das ist dann alles egal. Du verlierst.

Du kannst nur gewinnen, wenn du cool bleibst. Dich nicht aus der Ruhe bringen lässt und anderen zeigst das du über den Dingen stehst. :cooler:
Alienhorse

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Alienhorse »

Danke Kief!
Jetzt hab ich schon mal ne Vorstellung wie Du an die Sache rangehts und normalerweise mache ich das ähnlich, ich schau mir die Menschen an, analysiere in wie weit ein friedliches miteinander möglich ist und sortiere danach aus.
Problem ist dann allerdings dass man gewisse Leute schwer aussortieren kann, sei es aus beruflichen Gründen wie beim TE oder auch bei gewissen sozialen Arrangements, in die man sich nun mal einfügen muss.
Wahrscheinlich liegt da bei mir aber viel an meiner eigenen Persönlichkeit... einerseits harmoniesüchtig, andererseits "my way or highway" :verwirrt:
Kommunikationstraining ist sicher ne gute Sache. :good:
Johannes

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Johannes »

Chase hat geschrieben:
Johannes hat geschrieben:Also, was ich so unterschwellig so raushöre ist, dass man sich einen rücksichtsvollen Umgang erst verdienen muss.
Richtig?
Jain.

Einfach loslassen vom Thema und entspannt bleiben. Aufregen und sich reinsteigern ist eher etwas dafür wenn gleich die Fäuste fliegen sollen. Bei einer Frau kannst du das somit gleich als erstes mal vergessen. Da stehst nur du am Ende alleine als aggro Depp da, völlig egal wer mit was angefangen hat und sich wie genau verhalten hat. Das ist dann alles egal. Du verlierst.

Du kannst nur gewinnen, wenn du cool bleibst. Dich nicht aus der Ruhe bringen lässt und anderen zeigst das du über den Dingen stehst. :cooler:
Verstehe, ich soll einfach nachgeben.
__Markus

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von __Markus »

Warum nicht konfrontieren?
Du bist doch kein Kind das einfach kuscht, wenn Mama oder Papa etwas sagen. Wenn (wie Cassi bei ihrem Kollegen beschreibt), du selbst das Problem bist sollte sie das unter vier Augen ansprechen.
Sag ihr sie soll ihr Leben chillen und das du jetzt redest und ihr Termin sicher nicht so wichtig ist dermaßen unfreundlich zu sein, oder was ähnliches.

Ein bisschen Dominanz schadet in Gesprächen nie. Man soll nicht vollkommen auf die kacke hauen, aber bei solchen Sachen auch nicht unter Kriegen lassen. Wenn die entsprechende Person persönliche Probleme mit einem hat, ist ein Vier augen Gespräch sicher die bessere Idee.
soukous
Liebt es sich hier auszutauschen
Beiträge: 438
Registriert: 06 Mai 2008 09:30
Geschlecht: männlich
Ich bin ...: offen für alles.
Wohnort: Köln

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von soukous »

Johannes hat geschrieben: Ich hatte eben gerade wieder einmal die Situation, bei der mir in einer Teamsitzung von einer Kollegin das Wort abgeschnitten wurde, als ich gerade was zur Sache sagen wollte, mit der Begründung, dass sie nicht so viel Zeit heute hätte.
Als ich darum bat, dass ich bitte ausreden dürfe, übertönte sie mich einfach.
Eine Lösungsstrategie wäre auch, direkt auf das Geäußerte einzugehen und dem Gegner damit den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Eben weil Sie heute nicht so viel Zeit haben, werde ich mich im Folgenden sehr kurz fassen." (Und das auch tun.)

Du könntest nachdem ein paar Tage verstrichen sind, zu deiner Kollegin hingehen und Sie fragen: "Entschuldigung Sie, was hat Ihnen an meinen Wortmeldungen neulich missfallen? Was würden Sie sich wünschen?" Vielleicht erfährst du dadurch etwas neues. (Geht allerdings nur wenn das Verhältnis zwischen euch nicht allzu hierarchisch geprägt ist.)


Wenn ich mir deine folgenden Postings ansehe, Johannes, könnte es sein, dass du glaubst, dass es allein eine gewisse Geisteshaltung ausreicht, um Gesprächskonflikte meistern zu können? Das würde ich nicht so sehen. Ich finde nicht, dass gute Kommunikation eine bloße Sache der Einstellung oder der eigenen Gefühlsregulation ist. Da gehört mehr dazu.
Ich bin überzeugt, man muss schon in irgendeiner Weise ein "Lehr"objekt haben, von dem man bestimmte Gesprächs-Techniken abschaut. Sei das nun ein vorbildlicher Mensch, den man mit dieser Zielsetzung beobachtet oder ein Fachbuch, das man zu diesem Zweck liest. Und erst dann, wenn man einen Fundus erarbeitet hat, werden einem in Konfliktsituationen die passenden Ideen kommen. Ich persönlich finde, dass Barbara Berckhan und Eva Wlodarek zum Thema Schlagfertigkeit gute Bücher geschrieben haben.
Wenona

Re: Gewaltkommunikation

Beitrag von Wenona »

Ich habe jetzt ein Jahr lang in einem Betrieb gearbeitet, in dem solch ein Kommunikationsklima herrschte, und ich habe meine Konsequenzen daraus gezogen, indem ich gekündigt habe. Gegen solche aggressiven Menschen kommt man nicht an, jedenfalls ich nicht. Schon gar nicht, wenn sie einen gewissen Stand oder Status in der Firma haben. Ich möchte mit solchen Menschen nicht zusammenarbeiten. Konstruktive Diskussionen in Teamsitzungen sind mit diesen Mitarbeitern nicht möglich. Ich hätte es als Kündigungsgrund angeben sollen, habe ich leider nicht, aus Feigheit, oder eben einfach aus Erschöpfung heraus. Ich habe ein paar andere Gründe genannt, die auch eine Rolle spielten, in den Rahmenbedingungen. Wenn ich wüsste, dass sich dadurch etwas ändern würde, wenn ich es anspräche, bei der Kündigung, oder schon lange vorher, dann hätte ich es sicher getan. Aber so ist es doch vergebliche Mühe. Was ich zu sagen hatte, zählte eh nicht. Wo ich jetzt anfange, wird es voraussichtlich anders sein, weil dort die Hierarchien etwas anders verteilt sind, bzw. es eigentlich keine gibt. Ich habe schonmal in so einem Betrieb gearbeitet, und irgendwie funktioniert das für mich besser, weil alle auf Augenhöhe sind. Man muss sich weder durchsetzen noch einschleimen. Das Wort eines jeden zählt genausoviel wie das der anderen.
Wenn im privaten Bereich mir gegenüber jemand wiederholt verbal gewaltvoll ist (und das muss nichts mit Lautstärke zu tun haben), breche ich ebenfalls den Kontakt ab.
Das ist meine Art der Lösungsfindung, für alles andere bin ich nicht stark genug.