Reinhard hat geschrieben: ↑09 Mär 2021 21:30
Was ist denn Ausstrahlung eigentlich? Was ist damit gemeint?
…und täglich grüßt das Murmeltier! Denn wieder einmal möchte jemand etwas Irrationales rational und vor allem belastbar erläutert haben. Was meines Erachtens nicht nur schwierig ist, sondern in der Regel auch nur in die Hose gehen kann.
Nichtsdestotrotz möchte ich es mal versuchen. Ich definiere Ausstrahlung wie folgt:
Ausstrahlung ist die Wirkung einer Person auf ihre Mitmenschen aufgrund seiner Persönlichkeit.
Jetzt willst du sicherlich wissen, was ich unter Persönlichkeit verstehe und definiere.
Nun, ich finde das hier ist ein guter Anfang:
Ich finde ja, zwischen Aussehen, Verhalten, Ausdrucksweise und Umgang mit Dritten gibt es nicht mehr viel Raum, den man dem Konzept einer eigenständigen Ausstrahlung zuordnen könnte. Sieht für mich so aus, als wäre Ausstrahlung aus diesen vier zusammengesetzt, und vielleicht noch etwas, das mir nicht einfällt.
Wobei mir neben den vier von dir oben Genannten eben noch etwas einfällt. Denn das was du beschreibst ist nur das äußerliche Erscheinungsbild und Auftreten einer Person. Was in deiner Auflistung fehlt, sind jedoch die inneren Werte, Einstellungen und Eigenschaften eines Menschen. Das was landläufig als Charakter bekannt ist. Ohne das Eine funktioniert das Andere nicht in Sachen Ausstrahlung. Es ist nicht nur die Zusammensetzung sondern auch das Zusammenspiel all dieser Komponenten.
So viel zur Theorie.
Und wie könnte man es gegebenenfalls verbessern, wenn man das möchte?
…
Ein "verbessere deine Ausstrahlung" ist mir zu schwammig, damit kann ich nichts anfangen.
Na denn mal Butter bei die Fische. Aber Achtung, was folgt ist meine persönliche Meinung und hat keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit oder gar wissenschaftlicher Belastbar- und/oder Messbarkeit.
(Im übrigen glaube ich nicht, das Ausstrahlung in irgendeiner Weise wissenschaftlich messbar wäre.)
1. Selbstakzeptanz
Eine Grundvoraussetzung für eine positive Ausstrahlung ist die Selbstakzeptanz. Nur, wer sich selbst annehmen kann und zu sich steht, wirkt auch nach außen wirklich selbstsicher. Denn wie soll dich jemand mögen, wenn du dich selbst nicht magst? Schwer möglich. Deswegen ist es so wichtig, sich selbst zu akzeptieren, wie man ist und das mit all seinen Stärken und Schwächen, Vorzügen und Makeln.
Tipp: Konzentriere dich auf deine positiven Eigenschaften, nicht auf deine Schwächen und lerne so dich selbst zu lieben! Wenn dir das schwer fällt, nimm dir die Zeit und schreibe alles auf, was liebenswert an dir ist. Natürlich kannst du auch Familie und Freunde um Hilfe bitten.
2. Authenzität
Bleibe dir selbst treu und damit authentisch. Vertrete deine Ideale – auch wenn sie nicht jedem gefallen. Denn Menschen, die ethische Ziele und Werte haben, haben eine positive Ausstrahlung und wirken nicht gekünstelt auf andere. Wer seine persönliche Weltsicht mit Begeisterung und Engagement vertritt, wirkt auf andere bewundernswert und charmant.
Beachte jedoch: Extreme Ansichten -noch so souverän vertreten- wirken in der Regel jedoch nur bei denen positiv, die ähnliche oder gleiche Ansichten haben.
3. Stelle dich deinen Ängsten
Nichts bremst uns so sehr, wie unsere Ängste. Unsicherheiten blockieren die Selbstsicherheit. Deshalb ist es notwendig diese Ängste abzubauen, indem man sich ihnen stellt und sich ihrer bewusst wird (siehe auch Pkt.1) Denn auch hier gilt wieder: Je besser du dich selbst kennst, desto gelassener wirst du und desto mehr Charisma zeigst du. Das Gefühl, etwas Negatives überwunden zu haben, erfüllt nun mal mit Stolz und Freude und das signalisiert man dann auch nach außen.
Tipp: Mache eine Liste, auf der du notierst, was dir konkret Angst macht oder Probleme bereitet. Überlege ggfs. mit der Hilfe von Dritten mögliche Strategien, um Ängste zu überwinden oder zu lösen. Sind die Ängste von pathologischer Art, so scheue dich nicht davor auch professionelle Hilfe in Form eines Therapeuten zu suchen.
4. Optimismus und Lebensfreude
Mindestens genauso wichtig, wie die Zufriedenheit mit sich selbst, ist eine optimistische Grundeinstellung gegenüber deiner Umwelt und den Menschen denen darin begegnest. Also damit meine ich, dass du nicht schlecht über andere Menschen redest und versuchst jeden mit einer positiven und gegebenenfalls sogar liebevollen Einstellung zu betrachten. Versuche möglichst immer das Gute in Menschen, Dingen und Ereignissen zu sehen.
Tipp: Mache es dir zur Gewohnheit, zu bestimmten Zeiten in deinem Tagesablauf inne zu halten und sich nur auf das Positive des Tages zu konzentrieren. Versuche auch negativen Dingen etwas positives abzugewinnen.
5. Wie du mir, so ich dir
Begegne andere Menschen immer so, wie du selbst behandelt werden möchtest. Dieses Prinzip ist uralt aber immer noch unglaublich wirksam. So können wir uns besser in unser Gegenüber hineinversetzen und erkennen, was dieser sich wünscht und uns dementsprechend verhalten. Wenn man nach diesem Prinzip handeln, bleibt gar kein Platz mehr für Egoismus. Egoisten findet nun wirklich niemand sympathisch.
6. Gönne dir Dinge, die dir guttun
Es klingt banal, aber je bewusster man die schönen Seiten des Lebens genießt, desto positiver ist die eigene Ausstrahlung. Deshalb ist es wichtig Momente des Wohlbefinden mit allen Sinnen zu genießen. Das gibt Kraft und Zuversicht, um auch schlechtere Zeiten zu überstehen. Nimm dir regelmäßig Zeit für dich und tue genau das, was du in diesem Augenblick brauchst.
Tipp: Gönne dir Dinge, die dir gut tun, die Spaß bringen und dich erfüllen, auch ohne besonderen Grund oder als Selbstbelohnung weil du etwas geleistet hast. Es ist wichtig, dass du dich und deine Bedürfnisse an erste Stelle setzt, wenn kein anderer da ist der dich auch mal verwöhnen könnte. Denn hier gilt: Wenn nicht du, wer dann?
7. Strahle durch dein Äußeres
Achten auf dein Aussehen. Hygiene und ein gepflegtes Auftreten sind sowieso das A und O, aber auch durch die Entwicklung eines eigenen Stils kannst du anderen Menschen positiv auffallen.
Tipp: Wichtig ist, dass die Kleidung stets zum Anlass passt. Falsch angezogen fühlt man sich schnell unwohl und ein selbstbewusstes Auftreten wird dann zu einer echten Kunst. Außerdem sollte man darauf achten, dass man sich in seiner Kleidung wohlfühlt. Wer sich diesbezüglich unsicher fühlt, sollte vielleicht mal in eine Stilberatung investieren. Ja, auch als Mann.
8. Körpersprache
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass 55% der Sympathie, die wir für jemanden empfinden, durch Körpersprache hervorgerufen wird. Das ist doch etwas, was man gut für sich arbeiten lassen kann, wenn man einige grundsätzliche Dinge beachtet. Dazu zählt, ein aufrechter und sicherer Stand, keine Abwehrhaltung einnehmen (z.B Verschränken der Arme vor der Brust), immer Blickkontakt halten und negative Gesten, wie geballte Fäuste oder einen gestreckten Zeigefinger vermeiden. Wichtig ist auch die Mimik offen und freundlich zu halten, d.h. lächeln und nicken, wenn es angebracht ist.
Tipp: Arbeite an kleinen Ritualen. So kannst du dir vornehmen, dass du ab sofort jedem Menschen, dessen Blick sich mit deinem kreuzt, ein Lächeln schenkst. Oder, dass du in jedem Gespräch mit Freunden/ Bekannten/ Kollegen genau auf deine Körpersprache achtest und analysierst, ob du wirklich das kommunizierst hast, was du sagen / zeigen wolltest. Wenn du darin einigermaßen fit bist, dann kannst du später diese Technik auch bei Gesprächspartnern anwenden und von diesen lernen. Auch wenn es blöd klingt, so etwas kann vor dem Spiegel üben. Eine andere Möglichkeit ist der Besuch eines Rhetorikkurses, da wird nämlich auch offene Körpersprache vermittelt.
9. Vermeide Minuswörter
Vermeide nach Möglichkeit negative Aussagen -sei es nun direkt oder indirekt-, denn auch Kritik kann man positiv verpacken. Versuche daher alles so zu formulieren, dass du dem Anderen dennoch ein gutes Gefühl geben kannst und er dich dadurch positiv wahrnimmt.
Tipp: Diese Art der Kommunikation kann man übrigens in Seminaren zur Mitarbeiterführung lernen.
10. Schaffe emotionale Nähe
Versuche eine emotionale Verbindung zu Menschen aufzubauen und das ohne bedränglich zu werden! Schaffe Nähe durch kurze Berührungen oder indem du die räumliche Distanz zu deinem Gegenüber verringerst. (Natürlich klappt dass erst wieder nach Corona.) Achte dabei aber IMMER auf die Reaktion des Anderen. Weicht er dir aus, versucht auf Distanz zu gehen oder nimmt eine Abwehrhaltung ein, solltest du es lieber ein bisschen ruhiger angehen lassen.
Tipp: Für ABs die grundsätzlich selbst ein Problem mit Nähe haben und/oder wie sie hergestellt werden kann, können dazu Übungen zur Überwindung von sozialen Phobien nutzen.
11. Halte dich an die Regeln
Es ist wichtig, dass man sich an die gängigen Etikette-Regeln hält, sonst fällt man sehr schnell unangenehm auf. Angefangen bei simplen Dingen wie dem richtigen Grüßen, Bitte und Danke, oder das Aufstehen bei einer Begrüßung mit Händedruck (nach Corona), über das richtige Verhalten bei Tisch bis hin zur Online-Etikette. Menschen, die sich der Etikette entsprechend verhalten und dabei souverän sind, fallen sehr schnell anderen Menschen auf, die ebenfalls Wert auf ein korrektes Verhalten legen.
12. Pflanze eine sich selbst erfüllende Prophezeiung
Visualisiere deine eigene positive Zukunft und überlege dir einen Weg, wie du deine ganz eigene Prophezeiung wahr werden lassen kannst.
Es ist wichtig, dass man sich selbst immer wieder Ziele zu setzt, die auch irgendwann erreicht werden können um so positive Gefühle und Selbstbestätigung zu erfahren. Denn nur wer positive Gefühle bereits selbst erfahren hat, kann diese auch glaubhaft und authentisch ausstrahlen.
Tipp: Vor einem großen Endziel, sollte man sich kleinere und realistische Zwischenziele setzen. Denn auch ein Marathonläufer hat nun mal nicht mit einer 42,1 km-Strecke begonnen.
13. Suche dir Unterstützung
Es ist keine Schande sich Hilfe zu suchen, wenn man selbst nicht weiter weiß! Denn es zeigt nur, dass du menschlich bist und bringt dich näher an Pkt.1.
Wenn du also Probleme damit hast, positiv zu denken, dich adäquat auszudrücken oder deine Körpersprache zu optimieren, suche dir Unterstützung! Freunde und Familie können dir durch andere Sichtweisen sehr helfen. Wende dich gegebenenfalls an einen Stilberater, Lifecoach oder Rhetoriktrainer. Es gibt nichts, was es nicht gibt! Es findet sich sicher jemand, der hilft persönliche Ziele (siehe Pkt. 9) zu erreichen. Nur den Mut dazu, den musst du schon selbst aufbringen.
So, das war meine kleine feine Liste zum Thema Ausstrahlung.
Viel Spaß beim Zerpflücken und madig machen.
Zum Abschluss möchte ich dir noch eine Frage beantworten:
Nein, eine positive(re) Ausstrahlung ist kein Garant dafür, dass es dann mit und in einer Beziehung funktioniert!
Eine positive Ausstrahlung ist allenfalls ein Einfallstor dafür, dass man interessant genug für ein weiteres und näheres Kennenlernen ist, weil man eben eine gewisse Sympathie ausstrahlt und sich nicht als misanthropisches Arschloch darstellt. Damit es jedoch mit einer Beziehung klappt muss auch noch gegenseitige Attraktivität hinzukommen. Es mag viele Menschen geben die eine positive Ausstrahlung haben, aber nur sehr wenige sind darüber hinaus auch noch beziehungstechnisch -also sexuell- attraktiv für jemanden. Und hat man auch diese Hürde genommen, dann sind auch diese beiden Aspekte kein Garant dafür, dass es dauerhaft in der Beziehung klappt und diese hält. Dafür sind noch solche Dinge wie korrespondierende Ziele, Ideen und Zukunftsansichten oder konstruktives Konfliktverhalten wie Kompromissbereitschaft, Gemeinsamkeiten oder aber ergänzende Gegensätze notwendig.
Du siehst also, (positive) Ausstrahlung ist nur ein Stellrädchen im Getriebe. Nur an diesem einen zu drehen, bringt die Maschine nicht zwangsläufig ans Laufen.