eine hat geschrieben: ↑26 Sep 2023 18:21
Liebe eine,
vielen Dank für diese Rückmeldung. Ich bekomme Dich nun deutlicher zu sehen, weil Du über Dich statt über mich sprichst. Dies ist die Kommunikation, welche ich anstrebe. Sich offen zeigen, über die eigenen Gedanken und Emotionen sprechen, soweit diese da sind und nicht erzählen, was alles beim Gegenüber vermeintlich ein Problem sei.
Ich kann es gut nachvollziehen, wenn Du Dir aufgrund Deiner Erfahrungen Sorgen machst - vielleicht sogar um mich - allerdings kann ich nicht auf Deine Sorgen reagieren, wenn Du sagst, wo ich überall Probleme hätte. Selbst wenn diese Punkte zuträfen - was sie nicht tun - kann ich nicht bei Dir anknüpfen, weil ich nicht erfahre wo Du bist, wie es Dir geht und warum Du das äußerst, was Du äußerst. Vor allem erfahre ich nichts über Deine Intention und deshalb fällt es mir dann schwer auf Dich einzugehen. Ich kann dann nur sagen, dass nichts von dem zutrifft, was Du in meine Äußerungen hineininterpretierst.
Ich bin hier und bereit mit Dir zu sprechen und freue mich, wenn Du ebenfalls mit mir - und nicht über mich - sprechen möchtest. Dann können wir in einem gemeinsamen Dialog mehr voneinander erfahren und den jeweils anderen wahrnehmen ohne ihn zu bewerten. Darum geht es mir. Ich möchte meinen Gesprächspartner verstehen und wünsche mir, dass er, wenn er mit mir spricht für einen Moment in der Lage ist seine Vorstellungen, Erfahrungen und eventuelle Ängste/Sorgen ruhen zu lassen. Sich für einen Moment auf meine Gedanken einzulassen und seine Vorstellungen dazu zu geben, statt dagegen. Damit es möglich ist erst einmal beide Sichtweisen zu verstehen.
Ja, ich höre Deine Sorge, dass die Gesellschaft immer mehr den Zusammenhalt verliert. Dass die Probleme immer schwieriger zu lösen sind, weil niemand mehr miteinander spricht. Da es keine neuen Menschen geben wird, können wir die bestehenden Probleme nur mit und nicht gegen die vorhanden Menschen lösen. Wenn ich auf einen Menschen zugehe und ihm sage, Du bist nicht in Ordnung und brauchst erst mal eine Therapie, bevor ich auch nur bereit bin mit Dir zu reden. Meinst Du wirklich, dass erhöhte die Chance miteinander ins Gespräch zu kommen? Ich sehe dies nicht. Im Gegenteil, diejenigen welche Du in eine Therapie stecken möchtest, werden über Dich im Zweifel das Gleiche sagen. Eine Kommunikation kann nur erfolgen, wenn alle Beteiligten sich einlassen wollen.
Ja, auch mir fällt es immer wieder schwer mich auf manche Kommunikationsstränge und einzelne Personen einzulassen. Insbesondere wenn es um Herzensangelegenheiten geht. In einer schriftlichen Kommunikation ist es für mich eine Herausforderung emotionale Aspekte einfließen zu lassen. In einer persönlichen Begegnung ist dies einfacher, da ich die Bandbreite nonverbaler Kommunikation nutzen kann. Im Text kann ich Emotionen nur schwer einbauen, weil Emotionen durch mich durchlaufen und ich nicht (mehr) an ihnen hängen bleibe. Ich bin bei einzelnen Sätzen - wenn ich sie lese oder schreibe - zwar emotional bewegt, möchte diese Bewegtheit allerdings nicht jedes Mal in den Satz hineinschreiben. Auch wenn ich um die Bedeutung weiß, dass es manchen Menschen leichter fällt sich mit emotionalen Äußerungen zu verbinden, als einer eher rationalen Schilderung von Empfindungen, ist es für mich nicht sinnvoll Emotionen hinzuzufügen, wenn ich beim wiederholten Lesen meines Beitrag, diese Emotionen schon längst vergessen habe.
Auch ich entscheide mich ggf. nicht in Form eines Beitrags zu kommunizieren, wenn es meine Energie nicht hergibt oder ich mir wenig Chancen ausrechne, dass der Kanal zu meinem Gesprächspartner offen genug ist, um gehört zu werden. Wie offen ich über verschiedene Aspekte spreche und welche Herausforderungen die Verwaltung dieses Forums für mich hat, ist auch für mich ein Prozess. Ich freue mich, wenn wir hier offen miteinander sprechen, statt übereinander. Ich habe bereits geäußert, dass ich auf viele Fragen keine Antworten habe und es mir darum geht wohlwollender und respektvoller miteinander umzugehen. Die Aussage, so einen Weg gehen zu wollen sei unrealistisch und deswegen sollte es gar nicht erst versucht werden, ist mir als Antwort zu wenig.
Was mir wichtig ist - gerade weil die Gesellschaft sich nicht ändern wird, wenn wir uns nicht ändern -, hier etwas dazu beizutragen einen Rahmen zu schaffen, dass wir füreinander ein wenig mehr Verständnis aufbringen, als es in der Gesellschaft üblich ist. Wo anfangen, wenn nicht bei uns? Kein Problem wird gelöst, indem wir Menschen verurteilen. Grenzen zu setzen, um andere Menschen zu schützen, halte ich ebenfalls für sinnvoll. Die Frage ist wann und wie? Ich sehe diese Grenzsetzung zunächst vor allem bei uns selbst, indem wir z.B. anders mit unseren Mitmenschen umgehen und aufhören sie zu bewerten.
Jedes Mal, wenn ich sage, es sei in Ordnung Menschen auszugrenzen, welche nicht meiner Meinung sind, dann zeige ich damit, dass diejenigen, welche Ausgrenzung propagieren - und von Dir z.B. als "rechts" bezeichnet werden - recht haben mit ihrem Verhalten, denn es ist offensichtlich legitim Menschen auszuschließen. Das ist einer der Fehlschlüsse in der öffentlichen Debatte. Ausgrenzung ist keine Lösung, sondern ermöglicht dadurch die Verschiebung des Diskurses immer weiter, bis es nicht mehr allein um Ausgrenzung geht, sondern um Gewalt gegen Andersdenkende und schließlich um Leben und Tod. Wer nicht mehr in der Lage ist sich mit Worten zu begegnen, wird sich irgendwann mit Waffen gegenüber stehen.
Die Lösung - zumindest für mich - bei all dem, was ich an Problemen und Konflikten sehe, ist eine radikale Kehrtwende und die Abwendung von Gewalt. Mehr Gewalt wird auch nur mehr Gewalt hervorbringen. Was haben die Ausgrenzungen von Mitgliedern im Forum gebracht? Einen Konflikt - der für viele Mitglieder vielleicht eher unbemerkt verläuft - zwischen dem AB-Treff und dem AB4-neu. Regelmäßige Verdächtigungen, ein Mitglied könne ein zuvor gesperrtes Mitglied sein, welches ausgeschlossen wurde, ist nur eine Auswirkung davon. All dies sind Probleme, weil versucht wurde Konflikte durch Ausgrenzung zu lösen. Nein, es geht nicht darum destruktives Verhalten hinzunehmen und untätig zu bleiben. Es wird immer ein Abwägen sein, wie es gelingen kann auf jemanden zuzugehen und ihm zuzuhören und nach Wegen zu suchen, um ihn zu einem anderen Verhalten einzuladen, welches nicht destruktiv ist sondern Verbindung zulässt und ermöglicht.
Soviel für den Moment. Mir ist es wichtig noch einmal herauszustellen, dass es uns beiden Wichtig ist, Menschen zu schützen und sie zu unterstützen, um sich selbst zu helfen. Nur über das Wie sind wir uns aktuell eher uneinig, weil ich bei Dir vor allem Ausgrenzung zu hören meine und dies für mich keine Lösung darstellt. Weil ich es als wichtiger erachte Konflikte auszutragen und zu klären, statt diesen auszuweichen, den Diskurs zu vermeide und genau dadurch die Verschiebung in einer immer menschenfeindlichere Richtung ermögliche. Keine Kommunikation ist keine Lösung. Auf der anderen Seite hörst Du mich sagen, dass jegliches Verhalten zu tolerieren sei und dass keinerlei Sanktionen ergriffen würden, wenn jemand rücksichtslos Intoleranz predigen sollte. Das ist nicht meine Position. Erst wenn klar ist, dass es nicht gelingt und keine Bereitschaft besteht, sich auf einen gemeinsamen respektvollen Umgang zu einigen, dann ist ggf. zu überlegen getrennte Wege zu gehen, wie auch immer dies im Detail dann aussehen wird.
Ich würde mich freuen, wenn Du mir sagst ob diese Form der Rückmeldung eher dem entspricht, wie Du möchtest, dass ich mit Dir kommuniziere und ob Du jetzt eher den Eindruck hast mit mir sprechen zu können, statt mit Ohnmächtig gegenüber zu stehen. Es mag sich jetzt noch nichts Deiner Vorstellung entsprechend verändert haben. Vielleicht hast Du trotzdem mehr den Eindruck, dass etwas von dem, was Du mir mitteilen möchtest bei mir angekommen ist?
Liebe Grüße
Kolinatan