Levyn hat geschrieben: ↑09 Sep 2023 13:13
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑08 Sep 2023 21:08
Ich fürchte, in der Praxis sieht es doch eher so aus, wie NBUC und ich es sehen: Die Leute achten sehr wohl auf die Inhalte. Sie bewerten die Inhalte. Und sie nutzen sie als Bewertungsmaßstab für die ganze Person.
Aus persönlicher Erfahrung sehe ich das doch ein wenig anders. Die Leute achten selten auf die Inhalte und viel mehr auf die Energie. Ich sehe aber schon, dass jemand mit einem Randhobby schon einige Augenbrauen nach oben ziehen lässt und sich Vorurteilen entgegen gesetzt sieht. Werden die Vorurteile dann auch noch bestätigt, weil man irgendwie sonderbar wirkt, dann ist man direkt in einer Schublade aus der man schwer wieder rauskommt. Es kann aber auch anders laufen und die Vorurteile bestätigen sich gar nicht, weil man wie ein normaler Mensch rüberkommt.
Teils, teils.
Als Brony kann man sehr gut erkennen, ob jemand die Inhalte des Hobbys/Interesses komplett ignoriert oder nicht. Wenn sie ignoriert werden, heißt es: „Ist doch ganz egal, wovon du Fan bist, solange es dir Spaß macht!“ Wenn sie nicht ignoriert werden, geht es eher in die Richtung von: „Oh mein Gott, ein Pädo!“
Levyn hat geschrieben: ↑09 Sep 2023 13:13
Le Chiffre Zéro hat geschrieben: ↑08 Sep 2023 21:08
Es geht ja auch um die Außenwirkung. Welche Frau will einen Partner, dessen sie sich schämen oder den sie gar verstecken und verheimlichen muß?
Die Außenwirkung wird doch dadurch bestimmt wie jemand auftritt und nicht dadurch welche Hobbys jemand hat. Wer als Lappen daherkommt wird sowohl als Fußballer als auch als Modelleisenbahnbauer keinen Erfolg in sozialen Interaktionen haben.
Man kann auch als Nerd mit haufenweise Selbstbewußtsein eine miese Außenwirkung erzeugen.
Stellen wir uns einmal eine Party vor ein paar Jahren vor. Da schwärmen ein paar Partybesucher davon, wie toll sie
Ghost In The Shell oder
Alita Battle Angel finden – jeweils die Spielfilmumsetzung. Daneben sitzt einer, der sie allesamt geschlossen als Ignoranten bezeichnet, weil die Anime-Adaption viel besser ist und das Manga-Original gar um Größenordnungen besser, aber davon haben sie ja noch nie etwas gehört.
Oder die Partybesucher schwärmen von den
Deadpool-Filmen. Und neben ihnen sitzt einer, der ihnen vorwirft, ja überhaupt keine Ahnung zu haben. Eigentlich sind die Filme schon deswegen großer Mist, weil sie „Wade Walkers Backstory retconnen“, statt wirklich getreue Comic-Adaptionen zu sein.
Oder derjenige ist Eisenbahnenthusiast. Nun haben sich ein paar Leute, ihrerseits komplette Laien, zu ihm gesetzt, um mit ihm über Eisenbahn zu reden. Resultat: Alle 20 Sekunden fällt er ihnen ins Wort, weil sie ständig falsche Wörter benutzen und er sie korrigieren muß („Triebfahrzeugführer“ statt „Zugführer“, „kuppeln“ statt „koppeln“ usw.), damit sie aufhören, ihn weiterhin mit solchem Dummsprech zu nerven. Und generell zeigt er ihnen ständig, daß sie doch eigentlich gar keine Ahnung haben, so, wie sie beharrlich davon ausgehen, daß bei der Eisenbahn im Grunde alles so ist wie beim Auto, nur ein bißchen größer und auf Schienen.
Oder er ist Computerfreak. Natürlich kommen dann Leute und wollen, daß er sich um ihre PCs kümmert. Kostenlos, als Freundschaftsdienst. Er aber lehnt es hartnäckig ab, kostenlosen Windows-Support zu bieten – oder Windows-Support überhaupt –, und sagt, er supportet nur Linux-Systeme, die er selbst aufgesetzt und konfiguriert hat. („Kannst du nicht doch mal …“ – „
NEIN! Entweder mach’ ich da Linux drauf, oder ihr sucht euch einen anderen Dummen, der euer zerdaddeltes Drecks-Windows repariert! Oder meinetwegen nehmt Geld dafür in die Hand! Aber
ICH mach’ das
NICHT! Für lau schon gar nicht!“)
Neben ihm sitzt jeweils seine Freundin und will vor Scham im Boden versinken, weil sie
mit diesem Typen zusammen ist.
NBUC hat geschrieben: ↑09 Sep 2023 16:30
Meine (Teil)Aussage an der Stelle war: Und selbst wenn jemand wie in deiner beschriebenen Situation auf die komischen Nerdsachen als Außenstehender erst einmal initial neugierig wäre, ist dann für die große Menge des Mainstreams noch einmal ein kräftiger Sprung, so eine ggf . als unterhaltsam aber eben nerdig eingestufte Person dann auch als potentiellen Partner zu sehen.
Entsprechend haben damals diejenigen mit einem Fuß im Nerdkreis meist peinlich darauf geachtet, ihr sonstiges soziales Leben in Nerdgruppe und Ausgehgruppe zu teilen.
Das dürfte nicht einmal selten sein: Sollte eine Frau tatsächlich Gefallen an einem Nerd finden bzw. begreifen, ein wie großer Nerd ihr aktuelles OdB/ihr neuer Partner ist, enthält sie ihn ihrem übrigen Freundeskreis vor. Gründe: a) „Was sollen die denken?“ b) Er wird sich in ihren Freundeskreis eh nicht einfügen, weil die völlig anders drauf sind als er – oder er selbst schon geäußert hat, daß er Leute wie die im Freundeskreis dieser Frau selbst zutiefst suspekt findet.
NBUC hat geschrieben: ↑09 Sep 2023 16:30
Wenn das Gegenüber nun intellektuell beschränkt sein sollte oder kein Bock hat auf die Details, dann liegt der Vorwurf "will ... seine eigene Überlegenheit unterstreichen" natürlich nahe.
Der liegt schon nahe, wenn der Eisenbahnenthusiast es nicht schafft, jemandem, der von Eisenbahn keine Ahnung hat und glaubt, Eisenbahnsignale funktionierten genauso wie Verkehrsampeln, das gesamte Funktionsprinzip der PZB90 in einem einzigen einfachen Satz so zu erklären, als wäre derjenige fünf Jahre alt. Natürlich schafft er das nicht, weil das gar nicht möglich ist. Aber das Fazit seitens des Eisenbahnunkundigen ist klar:
Er will es gar nicht! Sonst würde er ja.
Levyn hat geschrieben: ↑09 Sep 2023 17:15
Gleich und gleich gesellt sich gern. Natürlich muss der Nerd da reinpassen, wenn er mit den Leuten zu tun haben will.
Das kann gleich aus zwei Gründen scheitern:
a) Dem Nerd mangelt es an sozialer Kompetenz.
b) So, wie der Nerd „den Leuten“ suspekt ist, sind „die Leute“ dem Nerd suspekt. Beide Seiten haben nicht vor, einander auf Augenhöhe zu begegnen.
Im übrigen kann das auch passieren, wenn „die Leute“ selbst Nerds sind, nur eben nicht von derselben Sorte wie dieser Nerd.
Levyn hat geschrieben: ↑10 Sep 2023 09:48
Ich glaube die meisten Menschen sind in der Lage zwischen einer Erklärung und einer Belehrung zu unterscheiden
Wenn sie glauben, es verstanden zu haben, weil es „für Fünfjährige“ erklärt wurde, ist es eine Erklärung. Unabhängig davon, ob sie es tatsächlich verstanden haben, also die Erläuterung hinreichend vollständig war.
In allen anderen Fällen ist es ein „aggressiver Versuch der Demonstration vermeintlicher intellektueller Überlegenheit inklusive Festigung des
status quo, indem der Adressat eben
nichts erklärt bekommt“.
Egil hat geschrieben: ↑10 Sep 2023 09:55
Ich schreibe ja beispielsweise Fantasy-Geschichten (OK, die letzten zwei Jahre nicht mehr). Erzähle ich davon, heißt es zwar "oh, cool, das wollte ich auch schon immer", näheres Interesse besteht aber nicht, und durch fröhliches, begeistertes Erzählen meinerseits kann ich perfekt initial interessierte Frauen vergraulen.
Theorie: Mit Fanfiction ginge das sogar noch schneller und effizienter.
← Das da sind keine Klaviertasten. Es sind Synthesizertasten. Doch, da gibt es Unterschiede.
Ich kann es euch erklären. Ich kann es aber nicht für euch verstehen. Das müßt ihr schon selbst tun.
INTJ nach Myers-Briggs